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Verkehrssicherung nach Auftragserfüllung: Das Verlassen der Baustelle lässt die Haftung für den aufgestellten Bauzaun nicht entfallen

Ein Gebäude wird errichtet und ganz zu Beginn dafür ein Bauzaun erstellt. Doch wer ist für diesen im Laufe des Baus zuständig?

Der Eigentümer eines Pkw hatte Pech: Während eines Sturms stürzte ein Bauzaun auf sein Auto und es entstand ein Schaden von etwas über 2.000 EUR. Diesen Schaden verlangte er von der Baufirma, die mit Erstellung des Rohbaus beauftragt worden war, ersetzt. Denn diese Firma hatte den Bauzaun zur Sicherung der Baustelle schließlich aufgestellt. Diese weigerte sich aber zu zahlen, da eine andere Firma den Bauzaun zwischenzeitlich verstellt hatte. Ferner sei ihr Auftrag – nämlich die Erstellung des Rohbaus – erledigt und sie daher nicht mehr für die Kontrolle des Bauzauns zuständig.

Das sah das Gericht allerdings anders. Ein Bauunternehmer haftet für die Schäden, die durch einen von ihm aufgestellten Bauzaun verursacht werden. Die Verkehrssicherungspflicht trifft ihn selbst bei Fertigstellung seines eigentlichen Auftrags bis zur Entfernung der Bauzäune oder bis eine tatsächliche Übernahme dieser Pflicht durch einen Dritten erfolgt ist. Das Verlassen der Baustelle nach Fertigstellung des Rohbaus lässt die Haftung nicht entfallen.

Hinweis: Es zeigt sich wieder einmal, dass eine ordnungsgemäße Versicherung gegen solche Schäden ganz wichtig ist – auch für den Bauherrn. 

Quelle: AG München, Urt. v. 19.12.2016 – 251 C 15396/16

zum Thema: Mietrecht

Haus nur gegen Rente: Ein Testamentsvollstrecker kann das Vermächtnis bis zur Auflagenerfüllung verweigern

Gerade bei umfangreicheren oder komplizierteren Nachlässen empfiehlt es sich, einen Testamentsvollstrecker zu bestellen, der die Umsetzung des letzten Willens des Erblassers durchsetzt. Über die Befugnisse von Testamentsvollstreckern gibt es jedoch häufig Streit, da sich Erben und Vermächtnisnehmer in ihren Rechten beeinträchtigt sehen.

Ein Mann setzte in seinem notariellen Testament zwei seiner Kinder als Erben ein und vermachte einem weiteren Sohn vier verschiedene Immobilien. Die Vermächtnisse waren mit der Auflage verbunden, der Schwester des Erblassers eine lebenslängliche Rente und die Krankenversicherung zu zahlen. Darüber hinaus wurde in dem Testament die Testamentsvollstreckung angeordnet. Die Testamentsvollstreckerin übertrug einen Teil der Immobilien, weigerte sich dann aber, die letzte zu übertragen, bevor der Sohn nicht die vorgesehenen Zahlungen an die Schwester des Erblassers beglichen hatte. Dagegen klagte der Sohn.

Das Gericht gab der Testamentsvollstreckerin Recht. Mit der Annahme der Vermächtnisse hatte der Sohn auch gleichzeitig die Verpflichtungen aus der Auflage übernommen. Die Durchsetzung einer solchen Auflage gehört mit zum Aufgabenbereich einer Testamentsvollstreckerin, so dass diese hier auch berechtigt war, ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen, bis die Auflage erfüllt war.

Hinweis: Als Auflage können in einem Testament die unterschiedlichsten Dinge vorgesehen werden – etwa regelmäßige Zahlungen an Verwandte, die Grabpflege oder die Pflege von Haustieren des Erblassers. Im Gegensatz zum Vermächtnisnehmer hat der Begünstigte einer Auflage jedoch keinen Anspruch, die Leistung zu verlangen. Daher ist es besonders wichtig, dass ein Testamentsvollstrecker eine solche Auflagenerfüllung hinreichend überwacht. 

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.04.2017 – 9 W 4/17

zum Thema: Erbrecht

Biker in Turnschuhen: Die Auslegung des allgemeinen Verkehrsbewusstseins bestimmt den Grad der Mitschuld

An einer innerstädtischen Kreuzung kam es zu einem Verkehrsunfall, zu dessen Zeitpunkt der beteiligte Motorradfahrer Turnschuhe trug. Aufgrund dieser Tatsache nahm die Versicherung eine Kürzung seiner Schmerzensgeldansprüche mit der Begründung vor, dass ihn ein Mitverschulden treffe, da er keine Motorradstiefel getragen habe.

Das Oberlandesgericht München (OLG) hat entschieden, dass den Motorradfahrer kein Mitverschulden trifft. Der Straßenverkehrsordnung (StVO) sei lediglich eine gesetzliche Helmpflicht zu entnehmen, aber darüber hinausgehend keine Pflicht, besondere Motorradschutzkleidung wie etwa Motorradstiefel zu tragen. Daraus allein ist ein Mitverschulden aber nicht grundsätzlich auszuschließen. Ein Mitverschulden ist nämlich bereits dann anzunehmen, wenn der Verletzte jene Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Dass festere Schuhe grundsätzlich einen besseren Schutz bieten, ist allgemein bekannt. Allerdings gibt es keine belastbaren Zahlen, wonach es hinsichtlich des hier maßgeblichen Zeitpunkts des Verkehrsunfalls im November 2012 dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprochen hätte, dass es für Leichtkraftradfahrer innerhalb geschlossener Ortschaften erforderlich ist, Motorradstiefel zu tragen.

Hinweis: Die Entscheidung des OLG entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte im Juni 2014 entschieden, dass einen Radfahrer kein Mitverschulden an seinen Kopfverletzungen trifft, weil er keinen Fahrradhelm getragen hat. Das Gericht begründete seine Entscheidung seinerzeit damit, dass auch zum damaligen Unfallzeitpunkt ein allgemeines Verkehrsbewusstsein nicht festgestellt werden konnte, das es erforderlich machte, einen Fahrradhelm zu tragen.

Quelle: OLG München, Urt. v. 19.05.2017 – 10 U 41256/16

zum Thema: Verkehrsrecht

Neutralität und Unparteilichkeit: Hessen untersagt das Tragen eines Kopftuchs in richterlichen Funktionen

Im Bundesland Hessen regelt nun ein Erlass, wann in der Justiz aus religiösen Gründen ein Kopftuch getragen werden darf und wann nicht.

Sobald sie auf der Richterbank sitzen und Sitzungsleitungen sowie Beweisaufnahmen durchführen oder Sitzungsvertretungen für die Staatsanwaltschaft übernehmen, dürfen Rechtsreferendarinnen in Hessen bei Verhandlungen im Gerichtssaal kein Kopftuch aus religiösen Gründen tragen. Dagegen ging eine Referendarin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor – vergeblich. Denn dieser Eingriff in ihre Grundrechte während bestimmter Tätigkeiten im Rechtsreferendariat war mit dem Kopftuchverbot zeitlich und örtlich begrenzt. Die weitaus überwiegenden Teile der Ausbildung waren davon nicht betroffen. Richter müssen unparteiisch und neutral sein. Und das gilt auch für Rechtsreferendare.

Hinweis: Die Rechtsreferendarin ist also mit ihrem Eilantrag gegen das Kopftuchverbot in der hessischen Justiz gescheitert. Wenn religiöse Zeichen verboten werden sollen, dann generell und am besten ohne einen aktuellen Anlass.

Quelle: BVerfG, Urt. v. 27.06.2017 – 2 BvR 1333/17

zum Thema: Arbeitsrecht

Haushaltsgegenstände: Fotos der begehrten Objekte ersetzen keine schriftlich exakte Beschreibung

Streit kann sich anlässlich Trennung und Scheidung unter anderem darüber ergeben, welcher Ehegatte welche Gegenstände des Haushalts für sich reklamieren kann. Unstimmigkeiten können schließlich in einem gerichtlichen Verfahren enden, in dem das Gericht die Zuteilung vornehmen soll. Doch wie genau ist zu bezeichnen, wer was für sich in Anspruch nimmt?

Die Problematik, um die es geht, ist beträchtlich. Die beteiligten Ehegatten wissen, was gemeint ist, wenn ein Ehegatte verlangt, dass ihm „die Küchenmaschine, die ihm zum 50. Geburtstag geschenkt wurde“, überlassen wird. Nur kann niemand einem solchen Gerät ansehen, wann es wem geschenkt wurde. Wird das betreffende Gerät nicht freiwillig herausgegeben, muss es von einem unbeteiligtem Dritten – dem Gerichtsvollzieher – aus der Wohnung genommen und weitergeleitet werden. Und spätestens dieser braucht dann auch eine klare Beschreibung, um zweifelsfrei erkennen zu können, was genau gemeint ist.

Haushaltsgegenstände exakt zu beschreiben, kann mitunter schwierig werden. Um sich diese Herausforderung zu vereinfachen, kam ein Ehemann auf die Idee, dem Gericht Fotos vorzulegen, auf denen die Geräte abgebildet waren. Statt einer genauen schriftlichen Beschreibung nahm er Bezug auf die entsprechenden Bilder. Das, so das Amtsgericht Bad Kissingen, genügt jedoch nicht bzw. ersetzt die geforderte Beschreibung nicht. Eine Vollstreckung erfolgt nun mal anhand der schriftlichen Entscheidungsformel des Gerichts. Deshalb ist es erforderlich, alle Gegenstände, die herausgegeben werden sollen, auch schriftlich zu präzisieren. Eine Ausnahme kann nur bei schwer zu beschreibenden Gegenständen gemacht werden. Normale Haushaltsgegenstände sind aber zumindest im Normalfall nicht schwer zu beschreiben.

Hinweis: Verfahren zur Verteilung von Haushaltsgegenständen sind in der Praxis selten. Sie werden unter anderem auch deshalb ungern geführt, weil es reichlich Arbeit machen kann, die begehrten Gegenstände exakt und klar zu beschreiben. Es hilft aber nichts – diese Arbeit muss im Streitfall schlicht und ergreifend geleistet werden.

Quelle: AG Bad Kissingen, Beschl. v. 03.05.2016 – 1 F 618/15

zum Thema: Familienrecht

Unangemessene Benachteiligung: In Unternehmensdarlehen formularmäßig vereinbarte Bearbeitungsgebühr ist unwirksam

Unternehmen wehrten sich gegen die laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühr ihrer Banken, die diese für Darlehen vertraglich verlangten.

Darlehensverträge beinhalteten Formularklauseln, nach denen Darlehensnehmer ein laufzeitunabhängiges „Bearbeitungsentgelt“ bzw. eine „Bearbeitungsgebühr“ zu entrichten hatten. Nun klagten die Unternehmen jedoch auf Rückzahlung dieses Entgelts – mit Erfolg.

Bei den betreffenden Klauseln handelte es sich um sogenannte Preisnebenabreden, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterlagen und dieser nicht standhielten. Denn die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte war mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Es lag eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners vor. Auch bei Unternehmerdarlehensverträgen gibt es keine Gründe, die diese gesetzliche Vermutung widerlegen würden.

Hinweis: Die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte bei Darlehen ist also auch gegenüber Unternehmen unwirksam. Nun sollten solche auch prüfen, ob sie von ihrer Bank Geld zurückbekommen können.

Quelle: BGH, Urt. v. 04.07.2017 – XI ZR 562/15 u. XI ZR 233/16

zum Thema: Sonstiges

Unregistrierte Photovoltaikanlage: Das Unterlassen der Meldung bei der Bundesnetzagentur kann teuer werden

Wer es unterlässt, seine Photovoltaikanlage zu melden, kann zur Rückzahlung bereits geleisteter Einspeisevergütungen aufgefordert werden.

Ein Landwirt betrieb auf seinem Grundstück eine Photovoltaikdachanlage und speiste seit 2012 den damit erzeugten Strom in das Stromnetz ein. Vor der Inbetriebnahme der Anlage hatte der Mann ein Schreiben unterzeichnet, in dem er die Frage bejahte, seinen Standort und die Leistung der Anlage der Bundesnetzagentur gemeldet zu haben. Daraufhin zahlte ihm die Netzbetreiberin eine Einspeisevergütung nach den Fördersätzen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von ca. 52.000 EUR. Dann stellte sich jedoch heraus, dass die Anlage bei der Bundesnetzagentur gar nicht angemeldet worden war. Die Stromgesellschaft rechnete daraufhin neu ab und forderte rund 45.000 EUR von dem Landwirt zurück. Denn der tatsächliche Wert des eingespeisten Stroms betrug nur knapp 7.000 EUR.

Tatsächlich bestand der Anspruch des Netzbetreibers auf Rückzahlung der Einspeisevergütung wegen unterbliebener Meldung einer Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur. Der Betrag musste von dem Landwirt zurückgezahlt werden.

Hinweis: Für viele Betreiber von Photovoltaikanlagen kann es nun teuer werden. Es besteht ein Anspruch des Netzbetreibers auf Rückzahlung von Einspeisevergütungen, wenn die Meldung einer Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur unterblieben ist.

Quelle: BGH, Urt. v. 05.07.2017 – VIII ZR 147/16

zum Thema: Mietrecht

Nicht weit genug gedacht: Bei vorverstorbenem Erben ist die Bestimmung des Ersatzerben oft reine Auslegungssache

Auch wenn der Erblasser ein Testament hinterlassen hat, kommt es immer wieder vor, dass darin nicht alle Eventualitäten bedacht wurden und das Testament somit ausgelegt werden muss. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der vorgesehene Erbe vor dem Erblasser verstirbt und für diesen im Testament kein Ersatz genannt wurde.

Eine verwitwete und kinderlose Frau verstarb und hinterließ in ihrem handschriftlichen Testament ihr Vermögen mehreren Cousinen. Eine dieser Cousinen war jedoch bereits vor der Erblasserin verstorben, so dass ihre Tochter nun geltend machte, ihre Ersatzerbin zu sein. Ein Cousin, der im Testament nicht bedacht worden war, bestritt dies und trug vor, dass im Testament keine Ersatzerbfolge angeordnet wurde und somit die gesetzliche Erbfolge eingreifen würde.

Das Gericht entschied, dass in der Tat keine Regelung über Ersatzerben getroffen wurde und daher der mutmaßliche Wille der Erblasserin durch Auslegung ermittelt werden musste. Dabei war es entscheidend, ob die Cousine persönlich oder als Vertreterin ihres Familienstamms bedacht werden sollte. Da die Erblasserin allen Cousinen mütterlicherseits annähernd den gleichen Anteil ihres Vermögens hinterließ, sah das Gericht dies als Indiz, dass alle Stämme zu gleichen Teilen bedacht werden sollten. Es erklärte somit die Tochter zur Ersatzerbin.

Hinweis: Wurde kein Ersatzerbe bestimmt, gibt es eine gesetzliche Auslegungsregel. Diese besagt, dass im Zweifel die Abkömmlinge eines bereits verstorbenen Erben an dessen Stelle treten. Diese Regel gilt jedoch nur, wenn der verstorbene Erbe ein Abkömmling des Erblassers war. Ist der verstorbene Erbe hingegen ein naher Verwandter oder überhaupt kein Familienmitglied, findet die Regel keine Anwendung. Daher sollte möglichst nicht nur für den Fall des Vorversterbens eines Erben, sondern auch für den Fall ein Ersatzerbe bestimmt werden, dass er das Erbe ausschlägt. 

Quelle: OLG München, Beschl. v. 26.04.2017 – 31 Wx 378/16

zum Thema: Erbrecht

Hinterbliebenengeld: Ein besonders persönliches Näheverhältnis zum Getöteten ist Bedingung

Mit Wirkung zum 22.07.2017 ist das sogenannte „Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld“ in Kraft getreten.

Das Hinterbliebenengeld soll im Fall einer fremdverursachten Tötung ein symbolisches Zeichen der Anerkennung für das zugefügte seelische Leid von Hinterbliebenen darstellen, die zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis gestanden haben. Der Anspruch ist rein auf den Todesfall beschränkt, so dass schwere Verletzungen nicht erfasst werden. Die Verursachung des Todes sowohl aus der Verschuldens- als auch aus der Gefährdungshaftung führt zu einem Anspruch auf Hinterbliebenengeld.

Die Voraussetzung hierfür ist ein besonderes persönliches Näheverhältnis des Anspruchstellers. Dies wird bei Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern, Elternteilen und Kindern des Getöteten vermutet. Für andere Personen (z.B. bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften) muss das besondere persönliche Näheverhältnis gegenüber dem Verursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherer nachgewiesen werden.

Konkrete Vorgaben zur Höhe des Hinterbliebenengeldes enthält das Gesetz nicht. Der Gesetzgeber hat die Bemessung der Höhe des Hinterbliebenengeldes den Gerichten überlassen.

Hinweis: In welcher Höhe Hinterbliebenengeld letztendlich zugesprochen werden wird, ist fraglich und muss durch die Rechtsprechung entwickelt werden. Es wird allerdings vermutet, dass ein Betrag von etwa 10.000 EUR ausgeurteilt werden kann.

Quelle: Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld, BGBl. I 2017, 2421

zum Thema: Verkehrsrecht

Tarifeinheitsgesetz weitgehend rechtmäßig: Die ernsthafte und wirksame Interessenvertretung der Minderheitsgewerkschaft bleibt Pflicht

Gelten in einem Unternehmen gleich mehrere Tarifverträge durch unterschiedliche Arbeitnehmervertretungen, gestaltete sich bislang eine Einigung im Arbeitskampf als schwierig. Das sogenannte Tarifeinheitsgesetz soll hier nun Abhilfe schaffen.

Das Tarifeinheitsgesetz regelt, dass in einem Betrieb, in dem gleich mehrere Tarifverträge gelten, der Tarifvertrag jener Gewerkschaft mit der Mehrheit an Mitgliedern den Tarifvertrag der Minderheitsgewerkschaft verdrängt. Gegen diese relativ neue gesetzliche Regelung klagten gleich mehrere kleinere Gewerkschaften – mit dem Argument, dass die im Grundgesetz (GG) verankerte Koalitionsfreiheit für Gewerkschaften aus Art. 9 Abs. 3 GG unzulässig eingeschränkt werde.

Das sah das Bundesarbeitsgericht jedoch in weiten Teilen anders. Mit dem Grundgesetz unvereinbar ist das Gesetz nur insofern, als dass Vorkehrungen dagegen fehlen, dass die Interessen der Angehörigen einzelner Berufsgruppen oder Branchen bei der Verdrängung bestehender Tarifverträge einseitig vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber hat daher hierzu bis zum 31.12.2018 eine Neuregelung zu treffen. Bis dahin darf ein Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft im Fall einer Kollision den Tarifvertrag einer Minderheitengewerkschaft nur dann verdrängen, wenn deren Belange im Tarifvertrag ernsthaft und wirksam berücksichtigt werden. Das Tarifeinheitsgesetz ist also weitgehend verfassungsgemäß.

Hinweis: Endlich steht also fest, dass die komplizierten Regelungen des Tarifeinheitsgesetzes überwiegend rechtmäßig sind. Eine Entscheidung, auf die Arbeitgeber, Bahn- und Flugreisende wohl lange gewartet haben. Streiks kleinerer Gewerkschaften dürften künftig unterbleiben.

Quelle: BVerfG, Urt. v. 11.07.2017 – 1 BvR 1571/15 u.a.

zum Thema: Arbeitsrecht