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Den Richtern vorausgeeilt: Arbeitgeber verhindert durch Entfernung von Abmahnungen ein Urteil über „wilden Streik“

Streiks werden in Deutschland durch die Gewerkschaften geführt. Alles andere ist jedenfalls bislang ein wilder Streik und kann zu Abmahnungen und Kündigungen führen.

Arbeitnehmer eines Automobilherstellers legten aus Protest gegen eine unternehmerische Entscheidung spontan ihre Arbeit nieder: Sie wollten gegen die geplante Auslagerung von Arbeitsplätzen protestieren. Die Gewerkschaft hatte die Aktionen allerdings nicht unterstützt.

Nach Ende des Streiks erteilte der Automobilhersteller 761 Abmahnungen, gegen die schließlich 30 Arbeitnehmer klagten. Sie vertraten die Auffassung, gegen eine unternehmerische Entscheidung auch ohne gewerkschaftlichen Streikbeschluss streiken zu dürfen, und beriefen sich auf ihr grundrechtlich geschütztes Streikrecht in Verbindung mit der Europäischen Sozialcharta. Die Arbeitnehmer verlangten die Entfernung der Abmahnungen aus den Personalakten. Der Arbeitgeber wollte es wohl nicht auf eine Entscheidung ankommen lassen und entfernte noch vor der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts freiwillig die Abmahnungen aus den Personalakten. Damit hätte der Rechtsstreit für die Arbeitnehmer eigentlich erledigt sein müssen. Da sie jedoch auf darauf beharrten, Recht zu haben, verloren sie schließlich die Klage. Denn deren Grundlage hatte sich durch die vorzeitige Entfernung der Abmahnungen aus den Personalakten schließlich schon erledigt, etwaige Feststellungsanträge liefen somit ins Leere. Und für die Klärung abstrakter Rechtsfragen, wie es den Arbeitnehmern scheinbar vorschwebte, ist ein Arbeitsgericht nun einmal nicht zuständig.

Hinweis: Der Arbeitgeber hatte die Notbremse gezogen und die Abmahnungen vor Erlass des Urteils aus den Personalakten entfernt. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Abmahnungen rechtmäßig waren. Arbeitnehmer sollten nur dann streiken, wenn die Gewerkschaften dazu aufrufen.

Quelle: LAG Bremen, Urt. v. 09.03.2017 – 2 Sa 67/16
Thema: Arbeitsrecht

Konkreter Trennungszeitpunkt: Korrektes Getrenntleben unterliegt innerhalb der ehelichen Wohnung exakten Anhaltspunkten

Haben sich Ehegatten getrennt, besteht selten darüber Streit, ob sie geschieden werden sollen. Aus unterschiedlichen Gründen kann es aber zu Streit kommen, wann die Trennung erfolgte. Wie ist dieser Streit zu lösen?

Die Frage ist relevant. Im Normalfall kann eine Ehe frühestens nach einem Jahr Trennung geschieden werden. Auch im ehelichen Güterrecht ist es wichtig, den Trennungszeitpunkt auf den Tag zu kennen. Verringert sich nämlich bei einem Ehegatten in der Zeit danach sein Vermögen, muss er darlegen und beweisen, dass dies nicht geschehen ist, um den anderen Ehegatten zu schädigen. Nur ist es mitunter schwer, den Trennungszeitpunkt genau zu bestimmen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Trennung nicht sofort räumlich, sondern erst einmal nur innerhalb der ehelichen Wohnung oder des ehelichen Hauses erfolgte.

Mit dieser Problematik hatte sich das Amtsgericht Heidelberg zu befassen. Im zu entscheidenden Fall benannte die Ehefrau einen bestimmten Tag als Tag der Trennung. Der Mann widersprach. Die Trennung sei nicht an dem von der Frau genannten bestimmten Tag erfolgt, sondern erst irgendwann in dem Monat darauf.

Wer einen bestimmten Tag als Trennungstag angibt – so das Gericht -, der muss dies nachweisen. Ein Getrenntleben kann auch innerhalb der ehelichen Wohnung herbeigeführt werden. Dazu muss geklärt sein, wie die Ehewohnung (getrennt voneinander!) genutzt wird. Es muss erläutert werden, wie die getrennte Haushaltsführung stattfindet, und es ist darzustellen, wie die Trennung finanziell vollzogen wurde. Wichtig ist unter anderem, dass jeder nur noch seine Lebensmittel einkauft und verwendet, sein Geschirr versorgt etc. Anhand dieser Details ist oft festzustellen, dass eine angenommene oder behauptete Trennung gemäß diesen strengen Kriterien der Rechtsprechung noch gar nicht vorliegt.

Hinweis: Getrenntleben setzt eine zumindest nahezu vollständige Trennung der Lebensbereiche der Ehegatten voraus. Wer ein bestimmtes Trennungsdatum angibt, wird sich mit dem Nachweis schwertun, wenn der andere Ehegatte dem widerspricht. Das gilt jedenfalls für eine Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung.

Quelle: AG Heidelberg, Beschl. v. 10.06.2016 – 36 F 15/15
Thema: Familienrecht

Kostenübernahmeerklärung unterschrieben: Trotz Erbausschlagung haftet die Tochter für ausstehende Pflegeheimkosten

Dieser Fall zeigt deutlich, dass jede Unterschrift genauestens überlegt sein sollte.

Eine ältere Frau musste in ein Pflegeheim. Anlässlich des Einzugs unterschrieb die Tochter eine Kostenübernahmeerklärung. Als die Mutter später verstarb, verlangte das Heim die Zahlung der rückständigen Kosten von rund 5.600 EUR. Die Tochter zahlte nicht, da sie die Erbschaft ausgeschlagen hatte. Trotzdem klagte das Heim den Betrag ein und gewann den Rechtsstreit. Denn die ausgeschlagene Erbschaft änderte nichts an der Tatsache, dass es einen direkten Anspruch gegen die Tochter aus der unterschriebenen Kostenübernahmeerklärung hat. Die Tochter musste daher die Pflegeheimkosten zahlen.

Hinweis: Heimkosten müssen also auch bei einer Ausschlagung der Erbschaft gezahlt werden, wenn zuvor eine Kostenübernahmeerklärung unterschrieben wurde.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.12.2016 – 4 U 36/16
Thema: Sonstiges

Nichts mit „Trick 17“: Abgelehnter Bauantrag für einen Carport kann nicht durch dessen Mobilität umgangen werden

Immer wieder kommen Bauherren auf die Idee, das Baurecht durch die Erstellung mobiler Anlagen zu umgehen. Das ist allerdings nicht in jedem Fall möglich.

In diesem Fall ging um ein größeres Grundstück. Der Eigentümer wollte eine Doppelgarage mit Werkstatt und einen Carport errichten. Der Antrag zum Bau des Carports hatte keinen Erfolg. Daraufhin stellte er auf dem Grundstück eine Metallkonstruktion mit Dachaufbauten aus Wellblech und Holzstreben auf. Die Unterkonstruktionen waren einseitig mit Rollen ausgestattet. Da diese „mobilen Unterstände“ im bauordnungsrechtlichen Außenbereich aufgestellt worden waren, ordnete die zuständige Behörde die Beseitigung an. Dagegen klagte der Eigentümer.

Seine Klage hatte allerdings keinen Erfolg, da die Beseitigungsverfügung rechtmäßig war. Bei dem mobilen Carport handelte es sich um bauliche Anlagen. Allein der Umstand, dass der Carport beweglich war, schloss diese Eigenschaft nicht aus. Die Anlage ruhte aufgrund ihrer eigenen Schwere auf dem Boden. Trotz der theoretischen Mobilität war sie als feste Anlage zu werten. Und da hierfür keine Baugenehmigung vorlag, durfte sie im Außenbereich nicht errichtet werden.

Hinweis: Tricks im Baurecht fallen irgendwann einmal auf. Bauherren sollten davon die Finger lassen.

Quelle: VG Cottbus, Urt. v. 12.01.2017 – 3 K 1038/15
Thema: Mietrecht

Stundung des Pflichtteils: Auch in Härtefällen müssen Ansprüche nicht sofort ausgezahlt werden

Aufgrund des gesetzlichen Erbrechts ist es grundsätzlich nicht möglich, Angehörige gänzlich vom Erbe auszuschließen: Sie erhalten vielmehr den gesetzlich festgelegten Pflichtteil.

Dies führt in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten, insbesondere wenn das Erbe hauptsächlich aus Immobilien oder Sachwerten besteht und dem Erben eine Auszahlung von Pflichtteilsansprüchen nicht ohne weiteres sofort möglich ist.

Grundsätzlich ist der Pflichtteilsanspruch zwar sofort fällig, jedoch sieht das Gesetz auch eine Stundungsmöglichkeit für Härtefälle vor. Als Beispiel für solche Härtefälle nennt das Gesetz Fälle, in denen die Auszahlung des Pflichtteils zwangsläufig zur Aufgabe des Familienheims oder zur Veräußerung eines Wirtschaftsguts führen würde, das für den Erben und seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet. In solchen Fällen müssen die Interessen abgewogen und die Interessen des Pflichtteilsberechtigten angemessen berücksichtigt werden. Hat der Pflichtteilsberechtigte beispielsweise einen dringenden und nachvollziehbaren Bedarf, seinen Anteil zu erhalten, oder hat er von dem Verstorbenen Unterhalt bekommen, wird eine Stundung in der Regel abgelehnt. Grundsätzlich kann dem Erben aber auch zugemutet werden, zur Auszahlung des Pflichtteils einen Kredit aufzunehmen.

Hinweis: Über die Stundung entscheidet das Nachlassgericht, sofern der Erbe diese beantragt. Das Gericht kann auch Ratenzahlung oder die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung anordnen. Um solche Fälle zu vermeiden, empfiehlt es sich jedoch, schon zu Lebzeiten des Erblassers einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren und den Pflichtteilsberechtigten anderweitig zu entschädigen.

zum Thema: Erbrecht

Unwirtschaftliche Kfz-Reparatur: Ein pauschaler Nachlass beeinflusst die Wirtschaftlichkeit einer Reparatur nicht

Gewährt eine Reparaturwerkstatt einem Geschädigten einen Preisnachlass, ist hierin kein objektives Kriterium zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit zu sehen.

Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall wurde das Fahrzeug des Geschädigten erheblich beschädigt. Der von ihm beauftragte Sachverständige ermittelte die Reparaturkosten mit 4.900 EUR und bezifferte den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs mit 2.100 EUR. Dem Geschädigten lag daran, sein Fahrzeug reparieren zu lassen. Er vereinbarte daher mit der Werkstatt einen Preisnachlass auf den Arbeitslohn. Zudem wurde sein Fahrzeug mit Gebrauchtteilen repariert. Obwohl der Mann die Reparaturkosten dadurch erheblich mindern konnte, zahlte die Haftpflichtversicherung dennoch nicht den tatsächlich entstandenen Aufwand von 2.700 EUR, sondern nur den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts – insgesamt etwa 1.850 EUR.

Das Landgericht Trier hat entschieden, dass der Geschädigte trotz seiner Mühen um Kostenreduktion keinen Anspruch auf die Erstattung der Reparaturkosten hat. Denn es ist grundsätzlich so, dass Reparaturkosten, die den Wiederbeschaffungswert um 130 % übersteigen, nicht erstattet werden können. Nach Auffassung des Gerichts waren dem Kläger die Reparaturkosten auch nicht dadurch zu erstatten, dass ihm die Werkstatt einen Nachlass auf den Arbeitslohn eingeräumt hatte. Ein solcher pauschaler Nachlass beeinflusst die nach objektiven Kriterien zu beurteilende Wirtschaftlichkeit einer Reparatur nicht, da eine nach diesen Gesichtspunkten unwirtschaftliche Reparatur durch die Gewährung eines pauschalen Nachlasses nicht wirtschaftlich wird. Reparaturkosten können nicht in einen wirtschaftlich vernünftigen und einen wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgesplittet werden.

Hinweis: Wird eine Reparatur innerhalb der 130-%-Grenze nur dadurch möglich, dass sie mit gebrauchten Ersatzteilen durchgeführt wird, ist dies nicht zu beanstanden – solange diese entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen erfolgt. Preisnachlässe oder Sonderkonditionen sind jedoch nicht zu berücksichtigen.

Quelle: LG Trier, Urt. v. 26.05.2015 – 1 S 91/14
Thema: Verkehrsrecht

Aus Betriebsrat gefeuert: Tätigkeit des Betriebsratsvorsitzenden darf nicht von persönlichen Vorteilen abhängig sein

Betriebsräten bekommt die Verquickung persönlicher Interessen mit den Interessen ihres Amts in den seltensten Fällen gut.

Der Betriebsratsvorsitzende in diesem Fall sprach bei einem Termin mit dem Arbeitgeber seine persönliche Situation an und forderte monatlich 150 EUR mehr Gehalt. Als die Geschäftsleitung der Forderung nicht nachkam, sagte der Betriebsratsvorsitzende, er könne sich um die betrieblich an ihn herangetragenen Themen erst dann als Betriebsratsvorsitzender kümmern, wenn über seine persönliche Forderung entschieden sei. Auch in einem weiteren Gespräch kam der Betriebsratsvorsitzende erneut auf seine vermeintlichen Ansprüche zurück. Wenn diese nicht erfüllt würden, werde er die Ausdehnung des Schichtmodells am Wochenende und die Verlängerung eines Ergänzungstarifvertrags boykottieren. Im weiteren Gesprächsverlauf sagte er, wenn er das Geld nicht bekäme, gehe er nach hinten und sage den Arbeitnehmern, dass sie ab sofort am Wochenende nicht mehr kommen bräuchten. Er werde dann gegen die Firma verhandeln.

Daraufhin beantragte der Arbeitgeber den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat – mit Erfolg. Der Betriebsratsvorsitzende mit seinem Verhalten hatte eine grobe Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten begangen und wurde daher aus dem Betriebsrat ausgeschlossen.

Hinweis: So schnell kann also ein Betriebsratsvorsitzender aus seinem eigenen Gremium ausgeschlossen werden. Ein Betriebsratsvorsitzender darf seine Tätigkeit aus dem Betriebsverfassungsgesetz nicht von persönlichen Vorteilen abhängig machen.

Quelle: LAG München, Urt. v. 17.01.2017 – 6 TaBV 97/16

Thema: Arbeitsrecht

Zugewinngemeinschaft: Die Rückübertragung eines Vermögenswerts kann nur ausnahmsweise verlangt werden

Hat ein Ehegatte dem anderen während der Ehe einen Vermögenswert übertragen, wird er das im Trennungsfall möglicherweise bereuen. Kann er den Vermögenswert dann wegen groben Undanks zurückverlangen? Und falls nein: Gibt es eine sonstige Entschädigung? Mit diesen Fragen hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu beschäftigen.

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Mann eine Lebensversicherung auf seine Frau übertragen. Als sich die beiden trennten, verlangte er eine Rückübertragung. Der BGH versagte den Anspruch: Die Übertragung sei nicht als Schenkung zu werten. Denn das setze die vollständige Hergabe des Vermögenswerts voraus, die hier nicht vorliegt. Schließlich hätte der Mann bei Fortbestand der Ehe über seine Frau ebenfalls an dem Geldzufluss aus der Versicherung profitiert.

Eine Absprache, wonach die Versicherung nur treuhänderisch auf die Frau übertragen worden sei, behauptete der Mann zwar, konnte diese aber nicht beweisen. Daher wurde die Übertragung vom BGH als ehebezogene Zuwendung behandelt.

Eine ehebezogene Zuwendung kann nur dann zurückverlangt werden, wenn Alternativen unzumutbar sind. Würden die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, wäre der übertragene Vermögenswert somit Teil der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Fließt der Wert auf diesem Weg folglich wieder hälftig zurück, wäre es nicht unzumutbar, wenn ein weitergehender Ausgleich unterbliebe. Das alles könne aber erst beurteilt werden, wenn die güterrechtliche Auseinandersetzung abgeschlossen sei. Da diese noch ausstand, lehnte der BGH den Anspruch des Mannes ab.

Hinweis: Überträgt der Mann in der Ehezeit einen Wert von 100.000 EUR und hat selbst (danach) kein Vermögen mehr, während die Frau dann über ein Vermögen von 100.000 EUR verfügt, und waren beide Ehegatten bei Eheschließung vermögenslos, hat nur die Frau in der Ehe einen Zugewinn erwirtschaftet und ihn dann in Höhe von 50.000 EUR auszugleichen. Der Mann erhält wertmäßig die Hälfte wieder, weshalb kein weitergehender Anspruch besteht. In allen anderen Konstellationen kann ein jedoch durchaus ein weitergehender Ausgleichsanspruch bestehen.

Quelle: OLG Bremen, Beschl. v. 18.10.2016 – 4 UF 61/16

Thema: Familienrecht

Verjährungsfristen bei Behandlungsfehlern: Geltendmachung der Ansprüche bei einer Schlichtungsstelle hemmt den Fristablauf

Gerade bei Ansprüchen aufgrund ärztlicher Behandlungsfehler läuft die Zeit schneller ab, als es vielen Patienten lieb ist. Wie Verjährungsfristen unterbrochen werden können, zeigt dieser Fall.

Ein Patient erlitt einen Zeckenbiss und bekam ein halbes Jahr später starke Schmerzen im rechten Knie. Ein Facharzt für Orthopädie diagnostizierte allerdings lediglich einen Reizzustand und später eine Entzündung. Ein Jahr später wurde festgestellt, dass der Mann an einer Borreliose litt und die Infektion eine Arthritis in nahezu allen Körpergelenken ausgelöst hatte. Der Patient stellte daraufhin knapp drei Jahre später einen Schlichtungsantrag bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der zuständigen Ärztekammer. Dieses Verfahren lehnte die Haftpflichtversicherung des Arztes jedoch mehrere Monate später ab.

Zwischenzeitlich – also zwischen der Beantragung des Schlichtungsverfahrens und der Ablehnung durch die Versicherung – war die dreijährige Verjährungsfrist aus Sicht der Versicherung abgelaufen. Der Mann klagte trotzdem Schadensersatzansprüche gegen den Arzt ein. Die Richter urteilten, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bei einer von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstelle den Eintritt der Verjährung hemmt. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Arzt oder die hinter diesem stehende Haftpflichtversicherung auf das Verfahren einlässt. Allein der rechtzeitige Antrag bei der Schlichtungsstelle reichte hier also aus, um die Verjährung zu hemmen. Nun können die Gerichte über den Schadensersatzanspruch entscheiden.

Hinweis: Es muss also nicht gleich eine Klage eingereicht werden, um gegebene Fristen zu wahren. Macht ein Patient gegen seinen Arzt Schadensersatzansprüche bei einer von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstelle geltend, hemmt diese Geltendmachung den Eintritt der Verjährung.

Quelle: BGH, Urt. v. 17.01.2017 – VI ZR 239/15

Thema: Sonstiges

Unfall durch Glatteis: Unvermittelt auftauchende Einzelflächen führen nicht immer zum Schadensersatzanspruch

Nicht bei jedem Glätteunfall vor der Haustür haftet der Hauseigentümer.

Eine Frau rutschte auf einer Glatteisfläche auf einem Gehweg aus. Die Arbeitgeberin der Verunfallten verklagte den Hauseigentümer auf Schadensersatz wegen der geleisteten Entgeltfortzahlungskosten im Krankheitsfall. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht nämlich in solchen Fällen auf den Arbeitgeber über. Hier hatte die Arbeitgeberin allerdings Pech, da ihre Arbeitnehmerin überhaupt keinen Anspruch hatte, der hätte übergehen können. Es lag nämlich keine Verletzung der Räum- und Streupflicht seitens des Hauseigentümers vor. Dafür muss entweder eine allgemeine Glätte vorliegen oder es müssen Anhaltspunkte für eine ernsthafte drohende Gefahr aufgrund einzelner Glättestellen vorhanden sein. Da hier keine allgemeine Glätte vorherrschte, gab es lediglich eine einzige Glatteisfläche von ca. 1 x 1 m Größe vor dem Haus des Eigentümers. Ansonsten war der Bürgersteig nämlich trocken und geräumt. Der Eigentümer des Hauses musste den Bürgersteig morgens demnach nicht eingehender auf glatte Einzelflächen überprüfen, als dies ein Passant gemeinhin zu tun hat.

Hinweis: Da hat der Grundstückseigentümer viel Glück gehabt. Es empfiehlt sich stets, eine entsprechende Versicherung abzuschließen, die auch solche Schäden umfasst.

Quelle: BGH, Urt. v. 14.02.2017 – VI ZR 254/16

Thema: Mietrecht