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Stundung des Pflichtteils: Auch in Härtefällen müssen Ansprüche nicht sofort ausgezahlt werden

Aufgrund des gesetzlichen Erbrechts ist es grundsätzlich nicht möglich, Angehörige gänzlich vom Erbe auszuschließen: Sie erhalten vielmehr den gesetzlich festgelegten Pflichtteil.

Dies führt in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten, insbesondere wenn das Erbe hauptsächlich aus Immobilien oder Sachwerten besteht und dem Erben eine Auszahlung von Pflichtteilsansprüchen nicht ohne weiteres sofort möglich ist.

Grundsätzlich ist der Pflichtteilsanspruch zwar sofort fällig, jedoch sieht das Gesetz auch eine Stundungsmöglichkeit für Härtefälle vor. Als Beispiel für solche Härtefälle nennt das Gesetz Fälle, in denen die Auszahlung des Pflichtteils zwangsläufig zur Aufgabe des Familienheims oder zur Veräußerung eines Wirtschaftsguts führen würde, das für den Erben und seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet. In solchen Fällen müssen die Interessen abgewogen und die Interessen des Pflichtteilsberechtigten angemessen berücksichtigt werden. Hat der Pflichtteilsberechtigte beispielsweise einen dringenden und nachvollziehbaren Bedarf, seinen Anteil zu erhalten, oder hat er von dem Verstorbenen Unterhalt bekommen, wird eine Stundung in der Regel abgelehnt. Grundsätzlich kann dem Erben aber auch zugemutet werden, zur Auszahlung des Pflichtteils einen Kredit aufzunehmen.

Hinweis: Über die Stundung entscheidet das Nachlassgericht, sofern der Erbe diese beantragt. Das Gericht kann auch Ratenzahlung oder die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung anordnen. Um solche Fälle zu vermeiden, empfiehlt es sich jedoch, schon zu Lebzeiten des Erblassers einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren und den Pflichtteilsberechtigten anderweitig zu entschädigen.

zum Thema: Erbrecht

Unwirtschaftliche Kfz-Reparatur: Ein pauschaler Nachlass beeinflusst die Wirtschaftlichkeit einer Reparatur nicht

Gewährt eine Reparaturwerkstatt einem Geschädigten einen Preisnachlass, ist hierin kein objektives Kriterium zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit zu sehen.

Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall wurde das Fahrzeug des Geschädigten erheblich beschädigt. Der von ihm beauftragte Sachverständige ermittelte die Reparaturkosten mit 4.900 EUR und bezifferte den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs mit 2.100 EUR. Dem Geschädigten lag daran, sein Fahrzeug reparieren zu lassen. Er vereinbarte daher mit der Werkstatt einen Preisnachlass auf den Arbeitslohn. Zudem wurde sein Fahrzeug mit Gebrauchtteilen repariert. Obwohl der Mann die Reparaturkosten dadurch erheblich mindern konnte, zahlte die Haftpflichtversicherung dennoch nicht den tatsächlich entstandenen Aufwand von 2.700 EUR, sondern nur den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts – insgesamt etwa 1.850 EUR.

Das Landgericht Trier hat entschieden, dass der Geschädigte trotz seiner Mühen um Kostenreduktion keinen Anspruch auf die Erstattung der Reparaturkosten hat. Denn es ist grundsätzlich so, dass Reparaturkosten, die den Wiederbeschaffungswert um 130 % übersteigen, nicht erstattet werden können. Nach Auffassung des Gerichts waren dem Kläger die Reparaturkosten auch nicht dadurch zu erstatten, dass ihm die Werkstatt einen Nachlass auf den Arbeitslohn eingeräumt hatte. Ein solcher pauschaler Nachlass beeinflusst die nach objektiven Kriterien zu beurteilende Wirtschaftlichkeit einer Reparatur nicht, da eine nach diesen Gesichtspunkten unwirtschaftliche Reparatur durch die Gewährung eines pauschalen Nachlasses nicht wirtschaftlich wird. Reparaturkosten können nicht in einen wirtschaftlich vernünftigen und einen wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgesplittet werden.

Hinweis: Wird eine Reparatur innerhalb der 130-%-Grenze nur dadurch möglich, dass sie mit gebrauchten Ersatzteilen durchgeführt wird, ist dies nicht zu beanstanden – solange diese entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen erfolgt. Preisnachlässe oder Sonderkonditionen sind jedoch nicht zu berücksichtigen.

Quelle: LG Trier, Urt. v. 26.05.2015 – 1 S 91/14
Thema: Verkehrsrecht

Aus Betriebsrat gefeuert: Tätigkeit des Betriebsratsvorsitzenden darf nicht von persönlichen Vorteilen abhängig sein

Betriebsräten bekommt die Verquickung persönlicher Interessen mit den Interessen ihres Amts in den seltensten Fällen gut.

Der Betriebsratsvorsitzende in diesem Fall sprach bei einem Termin mit dem Arbeitgeber seine persönliche Situation an und forderte monatlich 150 EUR mehr Gehalt. Als die Geschäftsleitung der Forderung nicht nachkam, sagte der Betriebsratsvorsitzende, er könne sich um die betrieblich an ihn herangetragenen Themen erst dann als Betriebsratsvorsitzender kümmern, wenn über seine persönliche Forderung entschieden sei. Auch in einem weiteren Gespräch kam der Betriebsratsvorsitzende erneut auf seine vermeintlichen Ansprüche zurück. Wenn diese nicht erfüllt würden, werde er die Ausdehnung des Schichtmodells am Wochenende und die Verlängerung eines Ergänzungstarifvertrags boykottieren. Im weiteren Gesprächsverlauf sagte er, wenn er das Geld nicht bekäme, gehe er nach hinten und sage den Arbeitnehmern, dass sie ab sofort am Wochenende nicht mehr kommen bräuchten. Er werde dann gegen die Firma verhandeln.

Daraufhin beantragte der Arbeitgeber den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat – mit Erfolg. Der Betriebsratsvorsitzende mit seinem Verhalten hatte eine grobe Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten begangen und wurde daher aus dem Betriebsrat ausgeschlossen.

Hinweis: So schnell kann also ein Betriebsratsvorsitzender aus seinem eigenen Gremium ausgeschlossen werden. Ein Betriebsratsvorsitzender darf seine Tätigkeit aus dem Betriebsverfassungsgesetz nicht von persönlichen Vorteilen abhängig machen.

Quelle: LAG München, Urt. v. 17.01.2017 – 6 TaBV 97/16

Thema: Arbeitsrecht

Zugewinngemeinschaft: Die Rückübertragung eines Vermögenswerts kann nur ausnahmsweise verlangt werden

Hat ein Ehegatte dem anderen während der Ehe einen Vermögenswert übertragen, wird er das im Trennungsfall möglicherweise bereuen. Kann er den Vermögenswert dann wegen groben Undanks zurückverlangen? Und falls nein: Gibt es eine sonstige Entschädigung? Mit diesen Fragen hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu beschäftigen.

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Mann eine Lebensversicherung auf seine Frau übertragen. Als sich die beiden trennten, verlangte er eine Rückübertragung. Der BGH versagte den Anspruch: Die Übertragung sei nicht als Schenkung zu werten. Denn das setze die vollständige Hergabe des Vermögenswerts voraus, die hier nicht vorliegt. Schließlich hätte der Mann bei Fortbestand der Ehe über seine Frau ebenfalls an dem Geldzufluss aus der Versicherung profitiert.

Eine Absprache, wonach die Versicherung nur treuhänderisch auf die Frau übertragen worden sei, behauptete der Mann zwar, konnte diese aber nicht beweisen. Daher wurde die Übertragung vom BGH als ehebezogene Zuwendung behandelt.

Eine ehebezogene Zuwendung kann nur dann zurückverlangt werden, wenn Alternativen unzumutbar sind. Würden die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, wäre der übertragene Vermögenswert somit Teil der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Fließt der Wert auf diesem Weg folglich wieder hälftig zurück, wäre es nicht unzumutbar, wenn ein weitergehender Ausgleich unterbliebe. Das alles könne aber erst beurteilt werden, wenn die güterrechtliche Auseinandersetzung abgeschlossen sei. Da diese noch ausstand, lehnte der BGH den Anspruch des Mannes ab.

Hinweis: Überträgt der Mann in der Ehezeit einen Wert von 100.000 EUR und hat selbst (danach) kein Vermögen mehr, während die Frau dann über ein Vermögen von 100.000 EUR verfügt, und waren beide Ehegatten bei Eheschließung vermögenslos, hat nur die Frau in der Ehe einen Zugewinn erwirtschaftet und ihn dann in Höhe von 50.000 EUR auszugleichen. Der Mann erhält wertmäßig die Hälfte wieder, weshalb kein weitergehender Anspruch besteht. In allen anderen Konstellationen kann ein jedoch durchaus ein weitergehender Ausgleichsanspruch bestehen.

Quelle: OLG Bremen, Beschl. v. 18.10.2016 – 4 UF 61/16

Thema: Familienrecht

Verjährungsfristen bei Behandlungsfehlern: Geltendmachung der Ansprüche bei einer Schlichtungsstelle hemmt den Fristablauf

Gerade bei Ansprüchen aufgrund ärztlicher Behandlungsfehler läuft die Zeit schneller ab, als es vielen Patienten lieb ist. Wie Verjährungsfristen unterbrochen werden können, zeigt dieser Fall.

Ein Patient erlitt einen Zeckenbiss und bekam ein halbes Jahr später starke Schmerzen im rechten Knie. Ein Facharzt für Orthopädie diagnostizierte allerdings lediglich einen Reizzustand und später eine Entzündung. Ein Jahr später wurde festgestellt, dass der Mann an einer Borreliose litt und die Infektion eine Arthritis in nahezu allen Körpergelenken ausgelöst hatte. Der Patient stellte daraufhin knapp drei Jahre später einen Schlichtungsantrag bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der zuständigen Ärztekammer. Dieses Verfahren lehnte die Haftpflichtversicherung des Arztes jedoch mehrere Monate später ab.

Zwischenzeitlich – also zwischen der Beantragung des Schlichtungsverfahrens und der Ablehnung durch die Versicherung – war die dreijährige Verjährungsfrist aus Sicht der Versicherung abgelaufen. Der Mann klagte trotzdem Schadensersatzansprüche gegen den Arzt ein. Die Richter urteilten, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bei einer von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstelle den Eintritt der Verjährung hemmt. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Arzt oder die hinter diesem stehende Haftpflichtversicherung auf das Verfahren einlässt. Allein der rechtzeitige Antrag bei der Schlichtungsstelle reichte hier also aus, um die Verjährung zu hemmen. Nun können die Gerichte über den Schadensersatzanspruch entscheiden.

Hinweis: Es muss also nicht gleich eine Klage eingereicht werden, um gegebene Fristen zu wahren. Macht ein Patient gegen seinen Arzt Schadensersatzansprüche bei einer von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstelle geltend, hemmt diese Geltendmachung den Eintritt der Verjährung.

Quelle: BGH, Urt. v. 17.01.2017 – VI ZR 239/15

Thema: Sonstiges

Unfall durch Glatteis: Unvermittelt auftauchende Einzelflächen führen nicht immer zum Schadensersatzanspruch

Nicht bei jedem Glätteunfall vor der Haustür haftet der Hauseigentümer.

Eine Frau rutschte auf einer Glatteisfläche auf einem Gehweg aus. Die Arbeitgeberin der Verunfallten verklagte den Hauseigentümer auf Schadensersatz wegen der geleisteten Entgeltfortzahlungskosten im Krankheitsfall. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht nämlich in solchen Fällen auf den Arbeitgeber über. Hier hatte die Arbeitgeberin allerdings Pech, da ihre Arbeitnehmerin überhaupt keinen Anspruch hatte, der hätte übergehen können. Es lag nämlich keine Verletzung der Räum- und Streupflicht seitens des Hauseigentümers vor. Dafür muss entweder eine allgemeine Glätte vorliegen oder es müssen Anhaltspunkte für eine ernsthafte drohende Gefahr aufgrund einzelner Glättestellen vorhanden sein. Da hier keine allgemeine Glätte vorherrschte, gab es lediglich eine einzige Glatteisfläche von ca. 1 x 1 m Größe vor dem Haus des Eigentümers. Ansonsten war der Bürgersteig nämlich trocken und geräumt. Der Eigentümer des Hauses musste den Bürgersteig morgens demnach nicht eingehender auf glatte Einzelflächen überprüfen, als dies ein Passant gemeinhin zu tun hat.

Hinweis: Da hat der Grundstückseigentümer viel Glück gehabt. Es empfiehlt sich stets, eine entsprechende Versicherung abzuschließen, die auch solche Schäden umfasst.

Quelle: BGH, Urt. v. 14.02.2017 – VI ZR 254/16

Thema: Mietrecht

Erbschaft für den Enkel: Trotz gültiger Enterbung des Sohns hat dessen Sohn einen Pflichtteilsanspruch

In besonderen im Gesetz genannten Ausnahmefällen kann ein Abkömmling nicht nur enterbt werden, es kann ihm auch der Pflichtteil entzogen werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Kinder dieses Abkömmlings nicht selbst einen Pflichteilsanspruch geltend machen können.

Ein Mann hatte seine beiden Söhne durch ein notarielles Testament enterbt und ihnen auch wirksam den Pflichtteil entzogen, da sie mehrfach straffällig geworden waren. Als Erben setzte er im Testament seine Lebensgefährtin und seinen Bruder ein. Der eine Sohn verstarb kinderlos. Der andere war wegen gefährlicher Körperverletzung gegen den Erblasser verurteilt worden. Nach dem Tod des Erblassers machte jedoch dessen Enkel – Kind des enterbten, noch lebenden Sohns – seinen Pflichtteil geltend.

Das Gericht stellte zum einen klar, dass der Enkel den Pflichtteil verlangen konnte, da dieser seinem Vater entzogen worden war. Diese Entziehung war aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung auch durchaus wirksam. Um den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen, war es zudem nicht erforderlich nachzuweisen, dass der Enkel der biologische Sohn und damit auch der biologische Enkel des Verstorbenen war – es reichte vielmehr der Nachweis der rechtlichen Abstammung durch Anerkennung der Vaterschaft aus.

Von der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Enterbung des näheren Abkömmlings – also des Sohns – zum Einrücken des entfernteren Abkömmlings – also des Enkels – in die Stellung als gesetzlicher Erbe führt. Da der Enkel im Testament nicht bedacht worden war, konnte er statt seines Vaters den Pflichtteilsanspruch geltend machen.

Hinweis: In diesem Fall kam als Besonderheit hinzu, dass der Enkel mit dem Verstorbenen gar nicht biologisch verwandt war bzw. dies nicht belegt hat. Das ist jedoch nach Auffassung des Gerichts unerheblich, da er der gesetzliche Erbe des eigentlich Pflichtteilsberechtigten war.

Quelle: LG Hagen, Urt. v. 08.02.2017 – 3 O 171/14

Thema: Erbrecht

Behaupteter Spurwechsel: Den Anscheinsbeweis zu widerlegen, ist Aufgabe des Auffahrenden

Bestreitet der Vorausfahrende den vom Auffahrenden behaupteten Spurwechsel, den dieser zudem nicht beweisen kann, bleibt für die Abwägung allein der Auffahrunfall maßgeblich. Es ist nicht Sache des Vorausfahrenden zu beweisen, dass ein Spurwechsel nicht stattgefunden hat.

Auf einer Autobahn kam es zu einem Verkehrsunfall. Der Schädiger fuhr auf das vor ihm fahrende Fahrzeug des Geschädigten und behauptete, dieser habe kurz zuvor einen Spurwechsel vorgenommen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nunmehr entschieden, dass für den Fall, dass der Auffahrende nicht beweisen kann, dass der Geschädigte kurz zuvor einen Spurwechsel durchgeführt hat, den Auffahrenden die Alleinhaftung trifft. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann auch bei Auffahrunfällen auf der Autobahn der Anscheinsbeweis dafür sprechen, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft allein verursacht hat. Das „Kerngeschehen Auffahrunfall“ reicht für die Annahme eines Anscheinsbeweises dann allerdings nicht aus, wenn atypische Umstände vorliegen. Hierzu gehört auch ein durchgeführter Spurwechsel. Steht allerdings nicht fest, ob solche atypischen Umstände vorliegen, steht der Anwendung des Anscheinsbeweises nichts entgegen.

Es obliegt demjenigen, zu dessen Lasten ein solcher Anscheinsbeweis angewendet werden soll, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass Umstände vorlagen, die gegen den Charakter des ersten Anscheins sprechen. Er hat den Anscheinsbeweis also zu erschüttern. Bestreitet der Geschädigte den behaupteten Spurwechsel jedoch und kann der Auffahrende diesen nicht beweisen, ist bei der Abwägung allein ein Auffahrunfall mit seinen generellen Wesenszügen maßgeblich.

Hinweis: Bei einem Anscheinsbeweis handelt es sich um eine Beweiserleichterung für den Geschädigten. Soll der Anscheinsbeweis zur Anwendung kommen, muss ein allgemeiner Erfahrungssatz festgestellt werden, aufgrund dessen sich der Schluss aufdrängt, eine bestimmte Folge sei auf eine bestimmte Ursache oder umgekehrt zurückzuführen. Kann der Schädiger den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis nicht erschüttern, bleibt es in der Regel bei seiner vollen Haftung.

Quelle: BGH, Urt. v. 13.12.2016 – VI ZR 32/16

Thema: Verkehrsrecht

Diskriminierung extrem dicker Menschen: Das Bundesarbeitsgericht muss über Adipositas als Behinderung entscheiden

Ein schweres Übergewicht kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Behinderung im Sinne des Diskriminierungsrechts darstellen. Wann das möglich ist, zeigt dieser Fall.

Ein Mann hatte einen Body-Mass-Index (BMI) von über 40, was einer schweren Adipositas – also einem extremen Übergewicht – entsprach. Er war im öffentlichen Dienst zunächst befristet für zwei Jahre als Kraftfahrer eingestellt worden. Als das Arbeitsverhältnis auslief, bat der Mann um eine Änderung der Beschäftigung. Diese wurde jedoch abgelehnt. Die Vertrauensärztin bestätigte, dass bei diesem starken Übergewicht mittelfristig mit einer Gesundheitsgefährdung zu rechnen sei.

Der übergewichtige Mann klagte nun vor dem Arbeitsgericht und machte die Unwirksamkeit der Befristung geltend. Die Arbeitgeberin habe ihn wegen seines Übergewichts und damit wegen einer Behinderung benachteiligt. Dieser Auffassung hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) nicht angeschlossen. Eine Behinderung im Sinne des allgemeinen Gleichbehandlungsrechts setzt eine Einschränkung voraus, die auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen von Dauer zurückzuführen ist. Die Beeinträchtigung muss den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben hindern. Das war hier jedoch nicht der Fall.

Hinweis: Ein schweres Übergewicht stellt also per se keine Behinderung im Sinne des Diskriminierungsrechts dar. Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn das Übergewicht bestimmte Einschränkungen von langer Dauer mit sich bringt. Das LAG ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu.

Quelle: LAG Niedersachsen, Urt. v. 29.11.2016 – 10 Sa 216/16

Thema: Arbeitsrecht

Definitionsdetails im Umgangsrecht: Negative Kontaktaufnahme, die keinen Umgang darstellt, ist nicht zwangsläufig sanktionierbar

Es ist leider nicht selbstverständlich, dass der Umgang zwischen den Kindern und jenem Elternteil, bei dem sie nicht leben, funktioniert. Der Gesetzgeber stellt daher Regelungen bereit, um den reibungslosen Ablauf zu gewährleisten oder zumindest zu ermöglichen. Doch oftmals ist das Papier geduldiger als der Lebensalltag, wie dieser Fall beweist.

Hier hatte sich das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) mit zerstrittenen Eltern auseinanderzusetzen. Der Vater hatte am ersten Freitag eines jeden Monats begleiteten Umgang mit den Kindern – unter der Voraussetzung, dass er den Termin jeweils eine Woche vorher der Umgangspflegerin bestätigt. Zudem war ausdrücklich bestimmt, dass er sich während des Umgangs den Kindern gegenüber über die Mutter nicht negativ äußert. Für den Fall der Zuwiderhandlung war die Möglichkeit der Anordnung eines Ordnungsgeldes in der gerichtlichen Entscheidung angeordnet.

Der Vater folgte diesen Anordnungen jedoch nicht, nahm zu den Kindern auf deren Schulweg aus seinem Auto heraus Kontakt auf und äußerte sich dabei einmal negativ über die Mutter. Diese beantragte daraufhin die Verhängung eines Ordnungsgeldes.

Das OLG kam dem Antrag jedoch nicht nach. Umgang setze voraus, dass es über eine gewisse Zeit zu einem Beisammensein komme. Das ist noch nicht der Fall, wenn wie hier lediglich aus dem Auto heraus eine Kontaktaufnahme erfolgt. Gerichtlich ist entschieden worden, dass negative Äußerungen über die Mutter während des Umgangs zu unterbleiben haben und bei einem Verstoß gegen diese Anordnung ein Ordnungsgeld verhängt werden kann. Bei negativen Äußerungen im Rahmen einer Kontaktaufnahme, die nicht als Umgang anzusehen ist, kann diese Sanktion daher nicht verhängt werden.

Hinweis: Problemen bei der Ausübung des Umgangs beizukommen, kann sehr schwer werden. Gerade dann entscheiden die Formulierungen. Es sind alle Eventualitäten möglichst genau zu prognostizieren und zu regeln. Weiterhin ist darauf zu achten, dass für den Fall von Zuwiderhandlungen Ordnungsmittel angeordnet werden können. Fachmännischer Rat gerade bei den Formulierungen ist wichtig.

Quelle: OLG Frankfurt, Beschl. v. 31.10.2016 – 2 WF 302/16

Thema: Familienrecht