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Schlagwort: AG Gießen

Trödel in der Mietimmobilie: Erst Geruchsbelästigung oder Gefährdung der Bausubstanz rechtfertigen eine fristlose Kündigung

Grundsätzlich muss eine gemietete Immobilie auch zum Wohnen benutzt werden. Verwendet der Mieter das Haus bzw. die Wohnung anderweitig, kann das Probleme hervorrufen – so wie im folgenden Fall. Hier musste das Amtsgericht Gießen (AG) darüber befinden, ob eine fristlose Kündigung des Wohnmietverhältnisses wegen der unberechtigten Lagerung von Gegenständen und Trödel rechtens ist.

Die Mieterin eines Einfamilienhauses betrieb bis vor rund 30 Jahren einen Handel mit Altgegenständen und Trödel. Einige Gegenstände aus dieser Zeit bewahrte sie in Kartons und auch lose aufgestellt im Dachgeschoss und in einem der beiden Kellerräume auf. Zudem befanden sich Gegenstände auf der Treppe im Haus sowie vor dem Eingangsbereich. Als der Vermieter Rauchmelder in den entsprechenden Zimmern anbringen wollte, reagierte die Mieterin nicht auf ein entsprechendes Schreiben. Dann wies der Vermieter darauf hin, dass die unberechtigte Lagerung von Gegenständen und Trödel im gemieteten Haus, im Keller, auf dem Dachboden, im Eingangsbereich außen und im Hof nicht rechtmäßig sei, und erteilte eine Abmahnung. Schließlich kündigte er das Mietverhältnis fristlos, da die Mieterin der Abmahnung nicht Folge geleistet habe. Die dann vom Vermieter eingereichte Räumungsklage war jedoch erfolglos.

Die Ablagerung von Müll und Gerümpel rechtfertigt nach Ansicht des AG erst dann eine fristlose Kündigung, wenn entweder Mitmieter durch Gerüche belästigt werden oder die Bausubstanz konkret gefährdet ist. Allein das „Zustellen“ des Mietobjekts durch Kartons und lose Gegenstände sowohl im Haus als auch außerhalb des Hauses ließ weder eine substantielle Schädigung der Mietsache noch eine besondere Gefährdungssituation erkennen.

Hinweis: Auch in einer Wohnung, die eigentlich nur zum Wohnen dienen soll, kann der Mieter sich frei entfalten. Natürlich gibt es Grenzen, und eine ausufernde Gewerbetätigkeit ist nicht erlaubt. Wo die Grenzen liegen, kann im Zweifel der Rechtsanwalt bestimmen.

Quelle: AG Gießen, Urt. v. 19.01.2021 – 39 C 114/20

Thema: Mietrecht

Unverheiratet: Mindestanforderungen an die gemeinsame elterliche Sorge

Sind die Eltern eines Kindes unverheiratet, steht von Gesetzes wegen die elterliche Sorge automatisch allein der Kindesmutter zu. Der Kindesvater muss bei Gericht einen Antrag stellen, um Mitinhaber der elterlichen Sorge zu werden, sollte die Kindesmutter sich seinem Wunsch auf gemeinsame elterliche Sorge widersetzen. Seinem Antrag ist zu entsprechen, wenn sein Anliegen dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Der Gesetzgeber hat bewusst die Hürde für den Vater ganz niedrig gelegt, der – ohne mit der Kindesmutter verheiratet zu sein – auch Inhaber der elterlichen Sorge für das gemeinsame Kind werden möchte. Die Grenzen zu finden, gestaltet sich in der Praxis oftmals nicht einfach. Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen den Eltern sind zwar durchaus ein Problem, aber nur selten ein ausreichender Grund, einen Sorgerechtsantrag des Vaters abweisen zu können.

Eher ist das sonstige Verhalten des Vaters zu betrachten. Bestreitet er zum Beispiel die Vaterschaft zunächst und muss aus diesem Grund ein gerichtliches Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft geführt werden, wirkt sich dies nicht negativ für ihn aus. Etwas anderes gilt, wenn er lügt und etwa wahrheitswidrig behauptet, er würde Kindesunterhalt zahlen. Vor allem aber ist von Bedeutung, in welchem Maße er sich um sein Kind kümmert und bemüht. Ein Vater, der keinen Kontakt zu seinem Kind sucht, darf auch nicht erwarten, dass er Mitinhaber der elterlichen Sorge wird.

Hinweis: Leider kommt es relativ häufig vor, dass Väter dann auf ihr Sorgerecht am nichtehelichen Kind pochen, wenn sie auf Unterhalt in Anspruch genommen werden. Dieser berechenbare Umstand allein darf sie ebenso wenig von der elterlichen Sorge ausschließen wie ihr Bemühen, einer Unterhaltspflicht zu entgehen, etwa, indem sie geltend machen, sie würden nicht über die dazu notwendigen finanziellen Mittel verfügen. Mangelndes tatsächliches Interesse ist aber zu berücksichtigen.

Quelle: AG Gießen, Beschl. v. 17.11.2014 – 243 F 514/14

Thema: Familienrecht