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Schlagwort: Alleinerbe

Ungewollte Miterben: Anfechtung der Erbschaftsausschlagung aufgrund eines beachtlichen Irrtums

Hat ein Erbe die Erbschaft einmal form- und fristgerecht ausgeschlagen, kann er die sich hieraus ergebenden Folgen nur noch ändern, wenn er erfolgreich diese Ausschlagungserklärung anfechten kann. Hierfür ist erforderlich, dass der Erbe sich auf einen sogenannten „beachtlichen Irrtum“ bei der Ausschlagungserklärung berufen kann. Einen solchen beachtlichen sogenannten Inhaltsirrtum hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) in einem sehr speziellen Fall angenommen.

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Aufwendige Ermittlungen: Beiordnung eines Rechtsanwalts ist bei diffiziler Sachlage zur Testierfähigkeit gerechtfertigt

In erbrechtlichen Verfahren ist eine Vertretung durch einen Rechtsbeistand nicht zwingend erforderlich. Dies kann jedoch gerade bei schwierig gelagerten Fällen sehr hilfreich sein. Kann sich jemand eine anwaltliche Vertretung nicht leisten, stellt sich die Frage, wann das Gericht einen Anwalt beiordnen muss. Über eine solche Notwendigkeit hatte im Folgenden auch das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) zu entscheiden.

Eine Frau errichtete gemeinsam mit ihrem Ehemann ein gemeinschaftliches Testament, mit dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten und darüber hinaus einen ihrer Söhne zu ihrem alleinigen Schlusserben. Die weiteren vier Kinder erhielten Vermächtnisse. Zugleich bestimmten die Eheleute, dass der überlebende Ehegatte über das beiderseitige Vermögen jederzeit frei verfügen könne. Nach dem Tod ihres Ehemannes und nach Einrichtung einer Betreuung für sich errichtete die Frau ein weiteres notarielles Testament, mit dem sie ihre fünf Kinder zu jeweils gleichberechtigten Erben bestimmte. Der Sohn beantragte nach dem Tod der Frau einen Erbschein als Alleinerbe – er hielt das Testament für unwirksam, weil die Erblasserin zu diesem Zeitpunkt nach seiner Auffassung testierunfähig gewesen war. Eine seiner Schwestern wandte sich dagegen und beantragte die Beiordnung eines Rechtsanwalts, was jedoch in erster Instanz abgelehnt wurde.

Das OLG gab ihr in zweiter Instanz jedoch Recht. Es stellte darauf ab, dass der vorliegende Fall zumindest in tatsächlicher Hinsicht erhebliche Schwierigkeiten aufweist. Die Feststellung einer Testierunfähigkeit bedarf regelmäßig aufwendiger Ermittlungen sowie der tatsächlichen Bewertung komplexer Sachverhalte, was auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Vernehmung von Zeugen beinhalte.

Hinweis: Für die Beiordnung eines Rechtsanwalts in einem erbrechtlichen Verfahren muss im konkreten Einzelfall geprüft werden, ob dies erforderlich ist. Das Gericht muss also die Notwendigkeit anhand der konkreten objektiven und subjektiven Umstände im Hinblick auf die Schwierigkeit der Sachlage oder auf die Schwierigkeit der Rechtslage prüfen. Dabei können auch die subjektiven Fähigkeiten des Betroffenen oder die Tatsache, dass andere Beteiligte anwaltlich vertreten sind, ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts sein.

Quelle: OLG Naumburg, Beschl. v. 06.05.2019 – 2 Wx 43/18

Thema: Erbrecht

Strenge Anforderungen: Vernichtet ein Erbe das Testament, wird sein Erbnachweis deutlich erschwert

Bei handschriftlichen Testamenten ergeben sich besondere Schwierigkeiten, wenn die Originalurkunde nicht mehr vorhanden ist. Ob und auf welche Art und Weise das Testament in solchen Fällen nachgewiesen werden kann, bewertete das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) im folgenden Fall.

Nach dem Tod eines Mannes stritten dessen Witwe und sein Neffe über das Erbe. Die Ehefrau behauptete, dass die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament handschriftlich verfasst hätten, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und entferntere Cousins zu Schlusserben eingesetzt hatten. Dieses Testament habe sie nach seinem Tod im Beisein von zwei Zeuginnen geöffnet, für die Abwicklung des Kontos und die Ummeldung des Kfz verwandt und danach vernichtet, da sie der Meinung war, es nicht mehr zu benötigen. Der Neffe bestritt die Existenz eines solchen Testaments und war daher der Auffassung, dass er aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zum Erben geworden sei. Das Gericht verhörte die Zeugen und kam danach zu dem Schluss, dass nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls ein formwirksames Testament vorgelegen habe.

Nach Ansicht des OLG wog es im vorliegenden Fall besonders schwer, dass die Ehefrau das Testament selbst vernichtet hatte. Es wies auf den allgemeinen Rechtsgedanken hin, wonach derjenige, der einen Gegenstand vernichtet, von dem er erkennt oder jedenfalls erkennen muss, dass dieser einmal Beweisfunktion haben kann, die daraus ergebenden Folgen für seine Beweisführung in einem Gerichtsverfahren tragen muss. Die Zweifel gingen daher hier zu Lasten der Ehefrau. Das Gericht musste daher annehmen, dass kein wirksames Testament vorgelegen hatte und somit die gesetzliche Erbfolge eintrat.

Hinweis: Grundsätzlich ist es möglich die Errichtung, Form und Inhalt eines Testaments auch ohne die Vorlage der eigentlichen Urkunde zu beweisen – allerdings mit strengen Anforderungen. Es muss über Inhalt und Form des Testaments Gewissheit zu erlangen sein, wie in vergleichbarer Weise durch eine Vorlage im Original. Der Grund für diese hohen Anforderungen ist, dass derjenige, der von der Erbfolge ausgeschlossen wird, keine Einwendungen geltend machen kann, die sich erst anhand der Urkunde selbst ergeben können (z.B. die Eigenhändigkeit der Niederschrift oder Unterschrift). Der derartiger Nachweis wird daher sehr schwierig sein, so dass es sich empfiehlt, zumindest eine Kopie des Testaments anzufertigen und aufzubewahren.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 27.12.2018 – 20 W 250/17

zum Thema: Erbrecht

Auslegung eines Testaments: Selbst bei scheinbar klarem Wortlaut können die Umstände anderes ergeben

Die Unterscheidung zwischen der Anordnung einer Voll- und einer Vorerbschaft durch ein Testament ist zuweilen schwierig, da ein Vorerbe nicht im gleichen Ausmaß über das Erbe verfügen kann wie ein Vollerbe. Dass aus diesem Umstand heraus häufig Streitigkeiten entstehen, war Grundlage des folgenden Falls, den das Kammergericht Berlin (KG) zu entscheiden hatte.

Ein Ehepaar hatte sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Erben eingesetzt und ihre gemeinsamen Kinder zu Erben des Letztversterbenden. Der Sohn sollte dabei zudem „unbedingt“ ein bestimmtes Grundstück erhalten. Nach dem Tod des Mannes stritten die Kinder darüber, ob ihre Mutter lediglich Vorerbin oder Vollerbin war. Der Sohn befürchtete, dass die Mutter das Grundstück unentgeltlich auf den Sohn seiner Schwester übertragen wollte, und argumentierte daher, dass sie als Vorerbin dazu nicht berechtigt sei.

Das KG ging zunächst davon aus, dass die Ehefrau lediglich befreite Vorerbin war. Es stellte klar, dass der Wortlaut hier zwar eher für eine Vollerbschaft spricht – stellte aber gleichsam klar, dass es sich bei der Auslegung des Testaments auch bei einer ihrem Wortlaut nach scheinbar eindeutigen Willenserklärung an den Wortlaut nicht gebunden sieht. Denn hier hat sich aus den Umständen heraus ergeben, dass der Erklärende mit seinen Worten einen anderen Sinn verbunden hatte, als es dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht.

Nach der Beweisaufnahme befand das KG abschließend, dass es der Wille des Ehepaars gewesen war, dass der als Alleinerbe eingesetzte überlebende Ehepartner in seiner Verfügungsbefugnis über das Grundstück weitgehend unbeschränkt sein sollte, soweit es um die eigene finanzielle Absicherung der zukünftigen Lebensgestaltung geht. Mit dem Testament sollte jedoch zugleich der Zweck erreicht werden, dass der Sohn das Grundeigentum am gesamten Grundstück erhalten sollte, weil er auf dem Grundstück seinen Lebensmittelpunkt und die Schwester unstrittig kein Interesse an dem Grundstück hatte. Das Grundstück sollte innerhalb der Familie an den Sohn weitergegeben werden, sofern der überlebende Ehepartner nicht aus Gründen der Beschaffung finanzieller Mittel das Grundstück veräußern wolle.

Hinweis: Bei handschriftlichen Testamenten kann die Ermittlung des wahren Erblasserwillens häufig schwierig sein. Selbst scheinbar klare Formulierungen können aus juristischer Sicht anderes bedeuten, als der Erblasser beabsichtigt hat. Daher empfiehlt es sich entweder, fachkundigen Rat einzuholen und/oder die Beweggründe für eine Entscheidung im Testament mit aufzunehmen.

Quelle: KG, Beschl. v. 16.11.2018 – 6 W 54/18

Thema: Erbrecht

Deutliche Regelungen notwendig: Interpretationsfähige Andeutungen reichen für eine befreite Vorerbschaft nicht aus

Durch eine Vor- und Nacherbschaft kann der Erblasser sein Vermögen sozusagen zweimal vererben. Zunächst wird der Vorerbe zu seinem Erben, der jedoch nicht nach Belieben über das Erbe verfügen kann, und zu einem späteren Zeitpunkt dann zum Nacherben (in der Regel nach dem Tod des Vorerben). Um den Nachlass zu erhalten, darf der Vorerbe unter anderem keine Nachlassgegenstände verschenken und nicht über zum Nachlass gehörende Immobilien  verfügen. Von diesen Beschränkungen kann der Erblasser den Vorerben allerdings befreien, was jedoch häufig strittig ist – wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts München (OLG).

Ein Mann hatte aus erster Ehe eine Tochter und einen Sohn. Nach der Scheidung heiratete er eine Frau, die bereits einen Sohn aus einer früheren Beziehung hatte. In seinem Testament bestimmte er seine zweite Ehefrau zur Alleinerbin. Weiterhin verfügte er, dass „nach ihrem hoffentlich späten Ableben“ das Erbe je zur Hälfte an seine Tochter und den Sohn der Ehefrau gehen sollte. Nach seinem Tod wurde der Ehefrau ein Erbschein als von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen befreite Vorerbin ausgestellt. Dagegen wandte sich jedoch die Tochter, da nach ihrer Ansicht die Ehefrau nur nichtbefreite Vorerbin sei.

Das OLG gab der Tochter recht. Es stellte zunächst fest, dass in diesem Fall eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet worden war und dass der Regelfall der Vorerbschaft die nicht befreite Vorerbschaft ist. Daher bedarf es einer Anordnung des Erblassers, wenn er dem Vorerben Verfügungsbefugnisse einräumen will, die über die vom Gesetz vorgesehenen hinausreichen, Das war nach Ansicht des OLG in diesem Fall jedoch nicht erfolgt. Aus der Bezeichnung als Alleinerbe kann allein nicht der Schluss auf eine Befreiung gezogen werden. Weder der Umstand, neben der leiblichen Tochter auch das nicht verwandte Kind der zweiten Ehefrau bedacht zu haben, noch die Tatsache, der Ehefrau ein langes Leben zu wünschen, reichen aus, eine Befreiung der Vorerbin von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen anzunehmen.

Hinweis: Die Befreiung eines Vorerben muss im Testament selbst enthalten sein. Eine ausdrückliche Erklärung ist  nicht erforderlich und sogar eine stillschweigende Befreiung möglich. Jedoch muss dies irgendwie – wenn auch nur andeutungsweise oder versteckt – zum Ausdruck kommen. Trifft das zu, können auch sonstige, außerhalb des Testaments liegende Umstände zu dessen Auslegung herangezogen werden. In solchen Fällen ist es also der Auslegung durch die Gerichte überlassen, ob eine befreite oder unbefreite Vorerbschaft angenommen wird. Es empfiehlt sich daher, dies im Testament eindeutig zu regeln, damit sichergestellt wird, dass der tatsächliche Wille des Erblassers umgesetzt wird.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 09.01.2019 – 31 Wx 39/18

Thema: Erbrecht

Trotz Pflichtteilsstrafklausel: Klausel mit einer aufschiebend bedingten Enterbung verliert Wirkung nach dem Erbfall

Ehepaare setzen sich häufig gegenseitig als Alleinerben, ihre gemeinsamen Kinder erst zu Schlusserben nach dem Tod des letztversterbenden Ehepartners ein. Um zu verhindern, dass ein Kind beim Tod des erstversterbenden Elternteils schon seinen Pflichtteil beansprucht, werden üblicherweise Pflichtteilsstrafklauseln eingefügt. Diese bestimmen, dass ein Kind nach dem längerlebenden Ehegatten enterbt wird, sobald es nach dem zuerst versterbenden Ehegatten seinen Pflichtteil beansprucht.

Ein Ehepaar setzte sich in einem Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmte, dass ihre beiden Kinder ein Geldvermächtnis in Höhe des Werts des gesetzlichen Erbteils bekommen sollten. Dieses sollte aber erst nach dem Tod des Letztversterbenden ausgezahlt werden. Weiterhin wurde bestimmt, dass, sofern eines der Kinder nach dem Tod des Zuerstversterbenden unter Ausschlagung des Vermächtnisses den Pflichtteil verlangt, dieses Kind und dessen Abkömmlinge von der Erbfolge am Überlebenden ausgeschlossen sind. Nachdem zunächst der Vater und dann die Mutter verstarben, forderte eines der Kinder zusätzlich auch den Pflichtteil nach dem Vermögen des Vaters. Das andere Kind wehrte sich dagegen und trug vor, dass die Forderung des Pflichtteils aufgrund des Erbvertrags zur Enterbung führt.

Das Gericht entschied, dass hier eine Pflichtteilsstrafklausel mit einer aufschiebend bedingten Enterbung vorlag. Diese Klausel kann jedoch nur Wirkung bis zum Tod des Letztversterbenden entfalten und somit zum Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge führen. Ziel einer solchen Klausel ist es, das Vermögen nach dem Tod des Vaters für die Mutter zusammenzuhalten. Da das Kind den Pflichtteil erst nach dem Tod der Mutter gefordert hatte, verstieß es also nicht gegen die Klausel und wurde neben dem Bruder Erbe zum hälftigen Teil.

Hinweis: Eine Pflichtteilsstrafklausel führt nur dazu, dass ein Kind nur für beide Elternteile den Pflichtteil verlangen kann – jedoch nicht, dass es ganz leer ausgeht. Nur durch eine notarielle Vereinbarung mit dem Kind kann dieses ganz auf seinen Pflichtteil verzichten. Wichtig ist dabei auch, ob die Klausel wie hier als aufschiebend bedingte Enterbung oder als auflösend bedingte Erbeinsetzung formuliert ist. Aufschiebende Bedingungen verlieren mit Eintritt des Erbfalls – also dem Tod des Letztversterbenden – ihre Gültigkeit, während auflösende Bedingungen auch darüber hinaus gelten können.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.08.2017 – 8 W 336/15

Thema: Erbrecht

Durchgestrichene Passagen: Ein Widerrufswillen sollte stets durch ein neues Testament abgesichert werden

Handschriftliche Testamente sind zwar leicht und schnell zu errichten, bergen aber auch immer die Gefahr, dass sie von Dritten gefälscht oder verändert werden können. Ein oft vorkommendes Problem ist dabei auch, dass Änderungen durch den Erblasser selbst im Dokument zu Unklarheiten führen.

Ein Mann hinterließ ein handschriftliches Testament, in dem er ein befreundetes Ehepaar zu seinen Alleinerben einsetzte. Die entsprechende Passage im Testament war jedoch mit einem anderen Kugelschreiber durchgestrichen worden als demjenigen, mit dem es erstellt wurde. Das Ehepaar beantragte einen Erbschein und trug vor, dass die Streichungen nicht vom Erblasser stammen bzw. nicht seinem wirklichen Willen entsprochen hätten. Die Lebensgefährtin des Erblassers wehrte sich gegen diese Behauptung und gab an, dass der Verstorbene die Streichungen durchaus vorgenommen hätte, um das Testament zu ändern.

Das Gericht ging jedoch davon aus, dass durch die Streichung kein wirksamer Widerruf der Erbeinsetzung vorlag. Nach der Beweisaufnahme stand nicht fest, dass der Erblasser die Erbeinsetzung selbst durchgestrichen hatte. Zwar konnten Zeugen bestätigen, dass er davon gesprochen hatte, sein Testament zu ändern – jedoch war niemand bei der Streichung zugegen. Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass das Durchstreichen eines Textes durch einen Erblasser nicht unbedingt dessen Widerrufsabsicht ausdrücken muss, sondern auch bedeuten kann, dass ein Widerruf erst mit der Errichtung eines neuen Testaments gelten soll. In diesem Fall ging das Gericht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass der Mann beabsichtigt hatte, eine Bekannte, die sich um ihn kümmerte, als Erbin einzusetzen, dazu aber nicht mehr gekommen war. Für diese Auslegung sprach nach Ansicht des Gerichts auch, dass das Erbe durch die Streichung ohne eine neue Erbenbestimmung an den Staat fallen würde.

Hinweis: Ein Testament kann zu Lebzeiten des Erblassers jederzeit ganz oder in Teilen widerrufen werden. Dies kann dadurch erfolgen, dass ein neues Testament errichtet oder das alte vernichtet wird. Ein Testament kann auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser daran Veränderungen vornimmt, also z.B. indem er den Text durchstreicht. In diesem Fall ist ein entsprechender Aufhebungswille des Erblassers zu vermuten. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wie im vorliegenden Fall geschehen. Um Unklarheiten zu vermeiden, empfiehlt es sich daher, bei Änderungen ein neues – vor allem datiertes! – Testament zu verfassen und ältere Versionen endgültig zu vernichten.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.09.2017 – I-3 Wx 63/16

Thema: Erbrecht

Motoryacht als Hochzeitsgeschenk: Anstandsgeschenk misst sich nicht am Totalwert, sondern an der Relation zum Gesamterbe

Verschenkt ein Erblasser zu Lebzeiten sein Vermögen, obwohl er durch einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Testament gebunden ist, kommt es dabei auch darauf an, ob es sich dabei um zulässige, sogenannte „Anstandsgeschenke“ handelt.

Ein vermögender Mann hatte in einem Erbvertrag seinen Sohn aus erster Ehe als Alleinerben eingesetzt. Zur Hochzeit mit seiner zweiten Ehefrau schenkte er dieser eine Motoryacht mit Beiboot im Wert von ca. 500.000 EUR. Nach dem Tod des Mannes stritten Sohn und Witwe nun darum, ob der Mann berechtigt war, etwas so Wertvolles aus dem als Nachlass vorgesehenen Vermögen zu verschenken.

Das Gericht entschied, dass es sich um eine zulässige Anstandsschenkung handelte. Grundsätzlich zeichnen sich Anstandsgeschenke zwar durch einen eher geringen Wert aus. Nach Ansicht des Gerichts muss dieser Wert jedoch nicht objektiv bestimmt werden, sondern im Verhältnis zu dem verfolgten Zweck, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schenkers und seinem verbleibenden Vermögen. Da sich der Wert des Hochzeitsgeschenks in diesem Fall auf weniger als 5 % des Vermögens des Ehemannes belief, war das Geschenk hier auch angemessen. Der Ehemann handelte somit nicht in der Absicht, die Erberwartung seines Sohns zu beeinträchtigen, und die Ehefrau durfte die Yacht behalten.

Hinweis: Auch in diesem Fall lag ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers für die Schenkung vor. Solch ein Eigeninteresse können nicht nur Gegenleistungen wie zum Beispiel die langjährige Pflege sein, sondern auch Pflicht- oder Anstandsschenkungen. Anstandsgeschenke sind zum Beispiel übliche Geschenke zu Geburtstagen, Hochzeiten oder Weihnachten, aber auch Spenden und Trinkgelder. Was üblich ist, richtet sich jedoch nach dem Einzelfall sowie den jeweiligen örtlichen und sozialen Verkehrssitten und kann gegebenenfalls auch sehr teure Geschenke umfassen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.01.2017 – I-7 U 40/16

Thema: Erbrecht

Selbstverfasstes Testament: Fehlt es der Erbenbestimmung an Eindeutigkeit, steht der letzte Wille auf wackeligen Füßen

Bei selbstverfassten Testamenten kommt es immer wieder vor, dass Formulierungen gewählt werden, die rechtlich nicht korrekt oder nicht eindeutig genug sind. Die ungewollte Folge: Die Bestimmungen sind unwirksam.

Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament errichtet, in dem es Folgendes festlegte: „Wir bestimmen gegenseitig, dass der Überlebende der Alleinerbe des Verstorbenen sein soll. Nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Ehegatten soll derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat, der Alleinerbe sein.“ Nach dem Tod des Ehemannes kümmerte sich dessen Bruder um die Frau und half unter anderem bei der Organisation der Beerdigung. Der Bruder der Frau wiederum trat dem entgegen und führte an, dass der Bruder des Mannes die Frau nicht gepflegt habe und er selbst sie auch durch Besuche und Telefonate unterstützt habe.

Das Gericht sah die Bestimmung im Testament als unwirksam an. Sowohl die Begriffe der „Pflege“ und des „Begleitens“ als auch der Zeitraum, auf den sich dies beziehen sollte, waren unklar. Da der Bruder des Mannes die Frau nur allgemein unterstützt hatte, kam er nach jeglicher Deutung nicht als Alleinerbe in Frage.

Hinweis: Der Erblasser muss seine Erben in der letztwilligen Verfügung selbst bestimmen. Der Erbe muss zwar nicht namentlich genannt sein, er muss aber zumindest anhand des Inhalts der Verfügung zuverlässig festgestellt werden können – gegebenenfalls unter Berücksichtigung von außerhalb der Urkunde liegenden Umständen. Bei der Formulierung empfiehlt es sich, rechtskundigen Rat einzuholen, damit der letzte Wille auch tatsächlich wunschgemäß umgesetzt werden kann.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 14.11.2016 – 2 Wx 536/16

Thema: Erbrecht