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Schlagwort: Anforderungen

Auffällig geschludert: Alibibewerbungen führen nicht zur Entbindung von der Mindestunterhaltspflicht

Unterhalt ist auf der Basis der erzielten Einkünfte zu zahlen. Hat jemand keine Arbeit, muss er sich eine suchen. Kein Einkommen zu erzielen und deshalb keinen Unterhalt zahlen können, kann nur jemand geltend machen, der sich nachweislich ausreichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und dabei erfolglos war. Doch welche Anforderungen bestehen dabei?

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) ging dieser Frage nach. Ein Vater arbeitete über eine Zeitarbeitsfirma bei niedrigem Einkommen im Schichtdienst. Er war einem minderjährigen Sohn gegenüber unterhaltspflichtig. Geltend gemacht wurde, wenn sich der Vater mehr Mühe gegeben hätte, könnte er eine besser bezahlte Arbeitsstelle haben und damit vor allem auch den Mindestunterhalt für sein Kind zahlen. Er sei deshalb so zu behandeln, als verdiene er mehr.

Das Gericht folgte dieser Argumentation: Der Vater konnte nicht im nötigen Maße ernsthafte und intensive Bemühungen um einen besseren Arbeitsplatz nachweisen. Dabei erwähnte das Gericht nur am Rande, dass es quantitativ mehr Bewerbungen erwartet hätte; vielmehr bemängelte es die Qualität der bisherigen Bewerbungen. Diese ist nämlich als unzureichend zu betrachten. Eine geltend gemachte Leseschwäche des Vaters wollte das OLG hier nicht berücksichtigen, da der Mann sich diesbezüglich hätte helfen lassen können. Ferner ließen die Bewerbungen einen individuellen Zuschnitt auf das jeweils angeschriebene Unternehmen vermissen; unter anderem waren etliche Fehler vor allem bei der Adressierung erfolgt. Solchen Bewerbungen fehlt in den Augen des Gerichts das nötige ernsthafte Interesse an einem Bewerbungserfolg. Da es sich obendrein um Blindbewerbungen gehandelt hatte und nicht um vakante Ausschreibungen in Internetportalen oder örtlichen und regionalen Zeitungen, bewertete das Gericht die Bemühungen als wertlos und sprach den Unterhalt wie verlangt zu. Denn hier nahm es an, dass der Mann bei einem zielgerichteteren Verhalten durchaus eine besser bezahlte Stelle finden könne.

Hinweis: Mitunter kann neben der normalen Erwerbstätigkeit noch eine Nebentätigkeit verlangt werden. Das entfiel vorliegend, weil der Mann im Schichtdienst arbeitete, der diese Möglichkeit ausschloss.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 21.09.2016 – 7 WF 175/16
Thema: Familienrecht

Abmahnung, Konfliktbewältigung

Abmahnung, Konfliktbewältigung

Die arbeitsrechtliche Abmahnung spielt insbesondere bei verhaltensbedingten Kündigungen eine entscheidende Rolle. Oft bedarf es einer formell und inhaltlich wirksamen Abmahnung als Voraussetzung für eine spätere Kündigung. Wir beraten Unternehmen und Angestellte in allen Fragen rund um das Thema Abmahnung sowie des wirkungsvollen Umgangs mit Abmahnungen, sei es zur Vorbereitung erwünschter Handlungsoptionen oder die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen.

Sinn und Funktion der Abmahnung

Eine gesetzliche Regelung zur Abmahnung gibt es nicht. Vielmehr wurde sie von der Rechtsprechung entwickelt. Eine ausgesprochene Abmahnung hat das Ziel, den Arbeitnehmer an seine arbeitsvertraglichen Pflichten und deren zukünftige Einhaltung anzuhalten, sie hat also eine Rügefunktion. Der Abmahnung kommt aber auch eine Warnfunktion zu, die dem Arbeitnehmer zeigen soll, dass sein Arbeitsverhältnis durch sein Verhalten gefährdet ist. Die dritte Funktion kommt der Dokumentation zu. So hat der Arbeitgeber stets die konkreten Umstände darzulegen, die von der Abmahnung umfasst werden sollen.

Bekanntgabe einer Trennungsabsicht

In letzter Zeit ist in der Praxis aber auch vermehrt zu beobachten, dass eine Abmahnung faktisch den ersten Schritt des Arbeitgebers darstellt, dem Arbeitnehmer eine bereits gefasste Trennungsabsicht mitzuteilen. Es soll dann mit dem Ausspruch einer Abmahnung zugleich auch ein psychologischer Prozess in Gang gesetzt werden, bei dem der Arbeitnehmer die bestehende Vertragsbeziehung überdenkt und zur Führung diesbezüglicher Gespräche mit dem Arbeitgeber angehalten wird. Hierbei steht dann arbeitgeberseitig das Interesse an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses häufig bereits im Vordergrund.

Der abgemahnte Arbeitnehmer sollte also kritisch hinterfragen, ob es tatsächlich ausschließlich um das konkret abgemahnte Fehlverhalten geht oder ob hiermit bereits die erste Runde von Verhandlungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sei es durch Aufhebungsvertrag bzw. Abwicklungsvertrag oder durch eine später erfolgende Kündigung und die diesbezüglichen Modalitäten eröffnet werden soll. Häufig bringt der Arbeitgeber zum Beispiel mit der an die Adresse des Arbeitnehmers ausgesprochenen Empfehlung, wegen der Abmahnung doch einen Arbeitsrechtler aufzusuchen, zum Ausdruck, dass das Arbeitsverhältnis aus seiner Sicht bereits so sehr belastet ist, dass es, möglichst unter Hinzuziehung von spezialisierten Rechtsanwälten oder Fachanwälten für Arbeitsrecht, in einer zweiten Stufe seiner Beendigung zugeführt werden kann.

Unsere spezialisierten Rechtsanwälte und Fachanwälte finden erforderlichenfalls die tatsächliche Motivation der Abmahnung für Sie schnell heraus und besprechen sodann mit Ihnen alle in Betracht kommenden Handlungsoptionen, Chancen, Risiken und Verfahrensstrategien.

Formelle Anforderungen an die Abmahnung

Auch wenn kein Schriftformerfordernis hinsichtlich der Abmahnung besteht, ist es insbesondere zu späteren Dokumentationspflichten ratsam, eine Abmahnung stets schriftlich zu verfassen. Denn in einem späteren Kündigungsschutzprozess nach verhaltensbedingter Kündigung obliegt dem Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass eine einschlägige und wirksame Abmahnung vorliegt. Es ist zwingend notwendig, dass in der Abmahnung das zu rügende Fehlverhalten konkret bezeichnet wird. So muss es für den Arbeitnehmer deutlich erkennbar sein, welche Leistungsmängel ihm zum Vorwurf gemacht werden, welches Verhalten nicht gebilligt wird und in welcher Hinsicht die Leistungen nicht den Anforderungen entsprechen. Es genügt dabei nicht, dass die Pflichtverletzungen nur pauschal bezeichnet werden.

Zweite Mindestvoraussetzung für eine wirksame Abmahnung ist die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen im Falle eines erneuten Verstoßes. Es ist dabei ausreichend, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, dass im Wiederholungsfalle der Ausspruch einer Kündigung möglich sein kann. Fehlt die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen handelt es sich nicht mehr um einen Abmahnung, sondern nur um eine sogenannte Ermahnung. Fehlt also entweder die konkrete Bezeichnung des Fehlverhaltens oder die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, ist die Abmahnung unwirksam.

Gefahr der Verwirkung

Wichtig ist auch, dass dem Arbeitnehmer die Abmahnung zeitnah nach dem zu rügenden Verstoß zugeht, um nicht Gefahr zu laufen, dass das Recht zum Ausspruch der Abmahnung verwirkt. Der Arbeitgeber darf also nicht längere Zeit untätig bleiben und durch sein Verhalten bei dem Arbeitnehmer den Anschein erwecken, dass eine Sanktionierung nicht (mehr) erfolgen würde. Konkrete Fristen und zeitliche Vorgaben gibt es hierfür allerdings nicht, sodass stets auf den Einzelfall abzustellen ist.

Konkrete zeitliche Vorgaben seitens des Gesetzgebers gibt es auch nicht für die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen des Arbeitnehmers. Reagiert der Arbeitnehmer jedoch über einen längeren Zeitraum nicht, so kann sein Recht, sich gegen die Abmahnung zu wehren, der Verwirkung unterliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber nach den Umständen und dem Zeitablauf nicht mehr damit rechnen musste, dass der Arbeitnehmer Einwendungen gegen die Abmahnung erhebt. Da Abmahnungen mitunter recht lange in den Personalakten verbleiben, kann dies insbesondere dann negative Konsequenzen haben, wenn – möglicherweise auch erst Jahre später – wegen eines erneuten Verstoßes, der bereits einschlägig abgemahnt war, eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen wird. Ist das Recht des Arbeitnehmers, im Kündigungsschutzprozess die Unwirksamkeit einer vorangegangenen Abmahnung geltend machen zu können, bereits verwirkt, wird die vorangegangene Abmahnung zumeist als wirksam behandelt, mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer hierdurch dann wesentliche Einwendungen gegen die Kündigung abgeschnitten sind.

Unsere spezialisierten Rechtsanwälte und Fachanwälte beraten Unternehmen und Angestellte in allen Fragen rund um das Thema Abmahnung sowie des wirkungsvollen Umgangs mit Abmahnungen, sei es im Vorfeld von Kündigungen oder die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen.

Rainer Tschersich

Rainer Tschersich

T. 0202-38902-12

Arbeitsrecht
  • Rechtsanwalt Peter Kania

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  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

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