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Schlagwort: Arbeitsvertrag

Unverbindliches Wettbewerbsverbot: Arbeitgeber dürfen den Arbeitsplatzwechsel nicht ohne stichhaltige Begründungen erschweren

Führt ein unwirksames Wettbewerbsverbot auch zur Unwirksamkeit einer Vertragsstrafe? Ein spannender Fall für diese Arbeitnehmerin.

Es ging um eine seit 16 Jahren angestellte Reiseverkehrsfrau. Im Arbeitsvertrag hatten sich die Parteien auf ein Wettbewerbsverbot für die Dauer von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine Vertragsstrafe in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern bei Verstoß gegen das Verbot geeinigt. Auch eine Entschädigungszahlung durch den Arbeitgeber war für die Zeit des Verbots vereinbart worden. Als sich die Arbeitnehmerin dann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an das Wettbewerbsverbot hielt, klagte der Inhaber des Reisebüros die Vertragsstrafe ein. Er wollte drei Monatsgehälter von seiner Arbeitnehmerin erhalten – erfolglos.

Das Wettbewerbsverbot war unverbindlich, da es nicht dem Schutz der berechtigten geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers diente. Denn das Interesse, allein die Konkurrenz einzudämmen, reichte nicht aus. Der Arbeitgeber hätte darlegen müssen, dass das Wettbewerbsverbot dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dienen sollte oder dass das Verbot den Einbruch des Kundenkreises verhindern sollte. Beides war nicht geschehen. Das Gericht nahm an, dass vieles dafür sprach, dass der Arbeitgeber nur einen Arbeitsplatzwechsel erschweren wollte. Da das Wettbewerbsverbot damit unverbindlich war, hatte dies auch Auswirkung auf die Vertragsstrafenklausel. Diese war unwirksam, denn Voraussetzung eines Anspruchs auf Zahlung einer Vertragsstrafe ist, dass die Vereinbarung über das Wettbewerbsverbot eigenständig wirksam ist.

Hinweis: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote zu vereinbaren, kann für Arbeitgeber sinnvoll sein, ist es in den meisten Fällen jedoch nicht. Dann hat der ehemalige Arbeitgeber nämlich eine teure Karenzentschädigung an seinen Ex-Arbeitnehmer zu zahlen. Außerdem sind entsprechende vertragliche Regelungen nicht ganz einfach zu formulieren, wie auch dieser Fall zeigt.

Quelle: ArbG Solingen, Urt. v. 20.06.2017 – 3 Ca 153/17

Thema: Arbeitsrecht

Neues zu Ausschlussklauseln: Berührt eine Klausel den Mindestlohn nicht, entfaltet sie ihre volle Wirkung

Seit 2015 gibt es das Mindestlohngesetz, nach dem Arbeitnehmer auf den Mindestlohn gar nicht verzichten können oder dürfen. Und entsprechende Regelungen gab es bereits Jahre zuvor in einzelnen Branchen. Was ist aber mit den Ausschlussklauseln, die dieses nicht berücksichtigen?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber hatten im Arbeitsvertrag vereinbart, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Ebenso verfallen die Ansprüche, wenn sie nach Ablehnung der Gegenseite nicht innerhalb weiterer drei Monate eingeklagt werden. Nun machte der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung für nicht genommene Urlaubstage und auf eine Bezahlung für geleistete Überstunden geltend. Die Ausschlussfrist verpasste er jedoch. Nach seiner Ansicht musste er die Frist auch gar nicht einhalten, da die Klausel unwirksam sei, da sie Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausgeschlossen habe. Das Gericht hielt die Ausschlussklausel jedoch für wirksam und damit die Klage für verspätet.

Die Ausschlussklausel war insbesondere nicht insgesamt unwirksam. Vereinbarungen, die den Mindestlohnanspruch beschränken oder seine Geltendmachung ausschließen, sind unwirksam. Aber diese Regelung führt nur zur Unwirksamkeit der Klausel, soweit sie Mindestlohnansprüche betrifft. Ziel des Gesetzgebers war es, die Arbeitnehmer vor niedrigen Löhnen zu schützen, aber nicht generell Ausschlussklauseln zu untersagen.

Hinweis: Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen sind vor allem bei Arbeitgebern sehr beliebt. In aller Regel müssen Ansprüche danach binnen drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, andernfalls sind sie verwirkt. Diese Frist sollten Arbeitnehmer im Blick haben.

Quelle: LAG Nürnberg, Urt. v. 09.05.2017 – 7 Sa 560/16

Thema: Arbeitsrecht

Erlaubte Wettbewerbstätigkeit: Parallele Tätigkeiten als Gymnasial- und Berufsschulkraft stehen zueinander nicht in Konkurrenz

Welcher Arbeitgeber hat es schon gerne, wenn der Mitarbeiter beim direkten Konkurrenten einen Nebenjob beginnt? Konflikte sind dann zwar vorprogrammiert – doch nicht immer ist eine solche Tätigkeit verboten.

Eine Gymnasiallehrerin hatte in ihrem Arbeitsvertrag ein vertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Nach ihrer Kündigung – aber noch während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses – nahm sie eine andere Lehrtätigkeit an einer Berufsschule als Deutschlehrerin auf. Das wollte sich der alte Arbeitgeber nicht gefallen lassen und durch eine einstweilige Verfügung erwirken, dass die Lehrerin ihre Tätigkeit einstellt.

 

Das Arbeitsgericht wies den Antrag aber zurück. Die Arbeit als Deutschlehrerin an einer staatlichen Berufsschule stellte keine wettbewerbswidrige Tätigkeit dar, die in Konkurrenz zu ihrer Tätigkeit als Lehrkraft an einem Gymnasium steht. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Tätigkeit setzt nämlich eine Interessenbeeinträchtigung des Arbeitgebers voraus. Ein Wettbewerbsverbot kann jedoch durch die in Art. 12 des Grundgesetzes geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nur auf unmittelbare Konkurrenztätigkeiten angewendet werden. Und eine solche Vergleichbarkeit der Tätigkeiten war in diesem Fall nicht gegeben – die pädagogische Ausrichtung war schlichtweg eine andere.

Hinweis: Das Urteil ist zwar für eine Lehrerin ergangen; die Grundsätze lassen sich jedoch auf jedes Arbeitsverhältnis übertragen. Eine Konkurrenztätigkeit muss – wie es das Wort schon sagt – stets konkurrenzfähig sein.

Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.04.2017 – 3 SaGa 7/16

Thema: Arbeitsrecht

Springertätigkeit nach Restrukturierung: Auch nach Jahrzehnten darf der Arbeitgeber auf sein vertragliches Direktionsrecht bestehen

Ein Blick in den Arbeitsvertrag erinnert auch lange Zeit nach Unterzeichnung daran, welche Rechte und Pflichten die einzelnen Vertragspartner haben.

Eine Bankangestellte wurde seit 1987 in der Hauptgeschäftsstelle einer Bank als Kundenberaterin eingesetzt. Nach einer Restrukturierungsphase fand sie sich als Springerin in mehreren Filialen wieder. Das empfand sie als Unrecht und klagte gegen die Versetzung. Das sah das Landesarbeitsgericht Köln allerdings anders. Denn im Arbeitsvertrag hatten die Parteien vereinbart, dass bei Vorliegen eines berechtigten betrieblichen Erfordernisses ein Einsatz der Bankmitarbeiterin in verschiedenen Zweigstellen erfolgen dürfe. Und nichts anderes war hier geschehen. Es müssen schon weitere Umstände hinzukommen, damit ein Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, nur für eine bestimmte Tätigkeit eingesetzt zu werden.

Hinweis: Die Nichtausübung des Direktionsrechts durch einen Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hat also nicht zur Folge, dass der Arbeitgeber von dem Recht keinen Gebrauch mehr machen darf.

Quelle: LAG Köln, Urt. v. 06.09.2016 – 12 Sa 414/16
Thema: Arbeitsrecht

Verstoß gegen das Arbeitnehmerentsendegesetz: Eine generelle Verfallklausel ist bei Geltendmachung des Mindestentgeltanspruchs unwirksam

Verfallklauseln sind insbesondere bei Arbeitgebern sehr beliebt. Sie regeln, dass ein Arbeitnehmer, der eine bestimmte Frist verpasst, seinen entsprechenden Anspruch nicht mehr durchsetzen kann.

So auch in diesem Fall, in dem der Arbeitsvertrag einer Pflegekraft eine Verfallklausel enthielt, nach der beiderseitige Ansprüche binnen drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden müssen. Bei Ablehnung könne dabei innerhalb weiterer drei Monate Klage eingereicht werden. Die Arbeitnehmerin war bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses für etwa einen Monat krankgeschrieben. Der Arbeitgeber glaubte ihr die Krankheit jedoch nicht und verweigerte deshalb die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Erst ein halbes Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses klagte die Arbeitnehmerin ihre Ansprüche ein. Der Arbeitgeber war seinerseits nun der Auffassung, die Ansprüche seien verfallen. Damit kam er aber nicht weiter.

Denn in diesem Fall gab es eine Besonderheit: Die vom Arbeitgeber verwendete Klausel im Arbeitsvertrag verstieß gegen § 9 Satz 3 des Arbeitnehmerentsendegesetzes. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestentgeltanspruchs sind demnach ausschließlich im Tarifvertrag oder in der Mindestlohnverordnung erlaubt. Deshalb war die Verfallklausel hier unwirksam. Die Arbeitnehmerin hat also ihr Geld noch erhalten.

Hinweis: Seit dem 01.10.2016 darf in Ausschlussfristen keine Schriftform mehr vorgeschrieben werden. Aufgrund einer neuen Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich die Textform zulässig. Was merkwürdig klingt, gewinnt durch die moderne Technik an Logik. Denn dieser kleine Unterschied bedeutet, dass Ansprüche auch per Fax, E-Mail oder SMS geltend gemacht werden können.

Quelle: BAG, Urt. v. 24.08.2016 – 5 AZR 703/15
Thema: Arbeitsrecht

Festgehalt statt Provision: Stillschweigende Vertragsänderungen können nach Jahren nur schwer beanstandet werden

Nicht alles, was vor Jahren im Arbeitsvertrag niedergeschrieben wurde, muss auch heute noch gelten.

In einem vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG) entschiedenen Fall ging es um Provisionsansprüche. Ein Verkaufssacharbeiter erhielt nach seinem Arbeitsvertrag neben 15 Monatsgehältern in Höhe von ca. 2.500 EUR eine Provision in Höhe von 2 % des Nettoumsatzes. Die Arbeitgeberin zahlte allerdings monatlich stets den gleichen Betrag in Höhe von etwas über 4.000 EUR brutto aus. Die Lohnabrechnungen unterschieden dabei nicht zwischen Grundgehalt und Provision; es stand dort einfach nur „Gehalt“. Auch Provisionsabrechnungen gab es nicht. Als dann Jahre später das Arbeitsverhältnis beendet wurde, verlangte der Mitarbeiter die Zahlung von Provisionen für zwei Jahre in Höhe von ca. 100.000 EUR. Das LAG wies seine Klage zurück. Zwar war ursprünglich im Arbeitsvertrag eine Provision vereinbart worden, darauf aber könne sich der Arbeitnehmer zumindest nachträglich nicht mehr berufen. Stillschweigend war die Vergütungsvereinbarung abgeändert worden. Denn durch das Prozedere, dem Arbeitnehmer monatlich ein Festgehalt zu zahlen, woraufhin dieser innerhalb von 17 Jahren auch keine Provisionsabrechnungen verlangt hatte, war der Vertrag geändert worden.

Hinweis: Natürlich ist dieser Fall ein Ausnahmefall. Andererseits ist gut zu erkennen, dass Rechte verwirken und Vertragsvereinbarungen auch stillschweigend geändert werden können.

Quelle: LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.07.2015 – 6 Sa 409/14
Thema: Arbeitsrecht

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