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Schlagwort: bgh

Kündigungsausschluss im Mietrecht: Formularmäßige Vereinbarung im Mietvertrag gilt bis zu einem Zeitraum von vier Jahren

Seitdem im Wohnraummietrecht Befristungen praktisch unmöglich sind, wird immer häufiger zum vereinbarten Kündigungsausschluss gegriffen.

In einem Mietvertrag über eine Doppelhaushälfte hatten die Parteien handschriftlich vereinbart, dass beide für die Dauer von vier Jahren auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags verzichteten. Die Kündigung sollte erstmals zum Ablauf des Zeitraums mit der vertraglichen Frist zulässig sein. Die Mieter kündigten trotzdem vorher und stellten die Mietzahlungen ein. Der Vermieter berief sich natürlich auf den Kündigungsausschluss, hielt die Kündigung somit für unwirksam und klagte erfolgreich seine Mieten ein.

Der Bundesgerichtshof beschloss, dass ein formularmäßiger Kündigungsausschluss dann unwirksam ist, wenn er einen Zeitraum von vier Jahren überschreitet. Vorliegend war die ordentliche Kündigung aber erstmals zum Ablauf des Vierjahreszeitraums zulässig. Daher waren die Parteien für die Dauer von vier Jahren an den Mietvertrag gebunden, konnten jedoch noch vor Verstreichen dieser Zeitspanne eine Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist aussprechen. Der Kündigungsausschluss war daher rechtmäßig, die Kündigung der Mieter dementsprechend nicht, weshalb der Vermieter seine Klage auf die Zahlung der Mieten gewann.

Hinweis: Ein vertraglicher Kündigungsausschluss sollte sowohl vom Vermieter als auch vom Mieter wohl durchdacht sein. Vier Jahre können eine lange Zeit sein, in der eine Kündigung und damit eine Beendigung des Mietverhältnisses nicht in Betracht kommen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 23.08.2016 – VIII ZR 23/16
Thema: Mietrecht

Minderjähriger Erbe: Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung umfasst auch das Recht zur Ausschlagung

Werden Kinder als Erben eingesetzt, stellt sich immer auch die Frage, ob die Sorgeberechtigten des Kindes – also in der Regel die Mutter und/oder der Vater – als Verwalter des ererbten Vermögens ausgeschlossen werden können.

Der Erblasser hatte einen unehelichen Sohn, für den er die Vaterschaft anerkannt hat. In seinem Testament setzte er seinen Sohn und seine Schwester als Erben ein – Letztere auch als Testamentsvollstreckerin. Er bestimmte zudem, dass die Mutter des Kindes von der Verwaltung des ererbten Vermögens für den Fall auszuschließen sei, sollte der Sohn im Erbfall die Volljährigkeit noch nicht erreicht haben. Nach dem Tod des Erblassers erklärte die Mutter im Namen ihres Sohns die Ausschlagung der Erbschaft und verlangte den Pflichtteil. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich nun mit der umstrittenen Frage beschäftigen, ob dies rechtmäßig war.

Das Gericht entschied, dass der Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung für vom Kind ererbtes Vermögen auch die Befugnis zur Ausschlagung der Erbschaft umfasst, da das Ausschlagungsrecht zur Vermögens- und nicht zur Personensorge gehört. Die im Namen des Kindes erklärte Ausschlagung der Erbschaft durch die Mutter war somit mangels Vertretungsmacht unwirksam.

Hinweis: Bei einer Erbeinsetzung durch Großeltern oder Paten kann es vorkommen, dass diese befürchten, dass die Sorgeberechtigten das Erbe nicht im Interesse des Kindes verwalten. Insbesondere im Fall einer Trennung oder Scheidung der Eltern möchten Erblasser häufig verhindern, dass der andere Elternteil über den Nachlass verfügen darf, der dem gemeinsamen Kind vererbt wird. Der BGH hat nun klargestellt, dass ein Erblasser den Sorgeberechtigten von jeder Art von Entscheidung bezüglich des Erbes durch entsprechende Bestimmungen in einem Testament ausschließen kann und diese Entscheidungen und die Vermögensverwaltung stattdessen ein vom Familiengericht bestellter Ergänzungspfleger übernimmt.

Quelle: BGH, Beschl. v. 29.06.2016 – XII ZB 300/15
zum Thema: Erbrecht

Versprochen ist versprochen! Eltern können bei fehlenden Kinderbetreuungsplätzen Haftungsansprüche geltend machen

Es gibt einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Wird Eltern ein solcher Platz nicht zur Verfügung gestellt, können sie Schadensersatz verlangen.

Drei Mütter planten, nach Ablauf ihrer jeweils einjährigen Elternzeiten ihre Vollzeitbeschäftigung wieder aufzunehmen. Deshalb meldeten sie ihre Kinder bei der Stadt an und verlangten von ihr einen Kinderbetreuungsplatz für die Zeit ab Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes. Zu den von den Frauen gewünschten Terminen stellte die Stadt jedoch keine Plätze zur Verfügung. Die Mütter verlangten daraufhin den Ersatz des ihnen entstandenen Verdienstausfalls unter Anrechnung von Abzügen für anderweitige Zuwendungen und ersparte Kosten.

Der Bundesgerichtshof hat ihnen Recht gegeben. Da der zuständige Träger der örtlichen Jugendhilfe – hier die Stadt – einem anspruchsberechtigten Kind trotz rechtzeitiger Anmeldung keinen Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt hatte, lag eine Amtspflichtverletzung vor: Wenn nicht genügend Plätze da sind, muss die Stadt diese eben schaffen!

Hinweis: Wird kein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt, besteht hinsichtlich des Verschuldens der Stadt zugunsten der Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins. Das bedeutet eine erhebliche Beweiserleichterung für Eltern.

Quelle: BGH, Urt. v. 20.10.2016 – III ZR 278/15, III ZR 302/15 und III ZR 303/15
Thema: Sonstiges

Eigeninteresse des Erblassers: Trotz gemeinschaftlichen Testaments sind ungleiche Schenkungen zu Lebzeiten möglich

Häufig haben Eltern ein Interesse daran, Teile ihres Vermögens schon zu Lebzeiten auf ihre Kinder zu übertragen. Werden die Kinder dabei jedoch ungleichmäßig bedacht, führt das nach dem Tod der Eltern regelmäßig zu Unfrieden und Streitigkeiten.

Ein Ehepaar hatte sich in einem gemeinschaftlichen Testament wechselseitig zu Erben eingesetzt und nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten ihre beiden Kinder je hälftig zu Schlusserben. Nach dem Tod der Mutter übertrug der Vater das Familienhaus mit Grundstück auf seine Tochter. Er behielt sich dabei ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor und verpflichtete die Tochter, ihn Zeit seines Lebens bei Bedarf in der Wohnung vollständig und unentgeltlich zu pflegen und zu betreuen bzw. für ihn kostenlos pflegen und betreuen zu lassen. Nachdem der Vater verstorben war, ohne jemals pflegebedürftig gewesen zu sein, verkaufte die Tochter das Haus. Ihr Bruder forderte nun die Hälfte des Erlöses, da nach der gesetzlichen Regelung ein Erbe Ersatz verlangen kann, wenn der Erblasser in der Absicht, den Erben zu beeinträchtigen, Schenkungen macht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) bezweifelte, dass überhaupt eine Schenkung vorlag. Es wies darauf hin, dass der Schenkungswert durch die Einräumung des Nießbrauchs und die Pflegeverpflichtung gemindert worden war. Zudem musste der Sohn nachweisen, dass der Erblasser bei der Übertragung des Grundstücks auf seine Tochter in der Absicht gehandelt hatte, seinen Sohn zu benachteiligen. Das ist nämlich nicht der Fall, wenn der Erblasser in einem berechtigten Eigeninteresse – also etwa dem Interesse an seiner Pflege – gehandelt hat. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, dass der Vater gar nicht pflegebedürftig geworden war. Denn nur dessen subjektive Prognose zum Zeitpunkt der Grundstücksüberlassung war hier maßgeblich. Da über diese Fragen noch nicht ausreichend Beweis erhoben worden war, verwies der BGH die Sache zur weiteren Entscheidung an das in der Vorinstanz mit der Sache befasste Gericht zurück.

Hinweis: Bei einem Erbvertrag oder einem gemeinschaftlichen Testament kann eine Partei nicht ohne die Zustimmung der anderen einseitig Bestimmungen abändern. Trotz dieser Bindung kann der überlebende Ehegatte jedoch zu seinen Lebzeiten über das Vermögen frei verfügen – es also verbrauchen, verkaufen oder verschenken. Die Grenze sind jedoch beeinträchtigende Schenkungen zu Lasten eines der Erben. Solche Verfügungen sind allerdings dann zulässig, wenn der Erblasser damit ein Eigeninteresse verfolgt – wie hier die Sicherung der Pflege oder Versorgung im Alter – oder eine sogenannte sittliche Pflicht erfüllt (z.B. Geschenk zur Hochzeit). Bei solchen Schenkungen kommt es also auf die Umstände des Einzelfalls an, weshalb es sich empfiehlt, rechtzeitig rechtlichen Rat einzuholen.

Quelle: BGH, Urt. v. 28.09.2016 – IV ZR 513/15
Thema: Erbrecht

Recht des leiblichen Vaters: Strenge Maßstäbe regeln den Anspruch auf Umgang

Werden Kinder während bestehender Ehe geboren, gelten sie als von der Mutter und dem mit ihr verheirateten Mann abstammend. Dieser ist dann zwar der rechtliche Vater, muss aber folglich nicht automatisch auch der leibliche sein. Ist er es nicht, stellt sich die Frage, welches Recht dann der leibliche Vater auf Umgang mit seinen Kindern hat.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich nun mit einem Fall beschäftigt, in dem ein aus Nigeria stammender Mann ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau in Deutschland hatte. Aus der Beziehung waren Zwillinge hervorgegangen. Der Mann lebt heute in Spanien. Die Frau und ihr Mann verweigern ihm den Umgang mit den Kindern.

Das Gesetz sieht in dieser Konstellation unter gewissen Umständen ein Umgangsrecht vor. Voraussetzung ist auf Seiten des leiblichen Vaters, dass er, der keine enge Bezugsperson der Kinder ist, dies aber auch nicht werden konnte, ernsthaftes Interesse an den Kindern gezeigt haben muss.

Das ist der Fall, wenn er nach der Geburt

  • zeitnah versucht hat, die Kinder kennenzulernen,
  • sich um Kontakt bemüht,
  • den Wunsch nach Umgang artikuliert,
  • sich zu den Kindern bekannt hat sowie
  • die Bereitschaft gezeigt hat, Verantwortung für die Kinder zu übernehmen – auch finanziell.

Treffen all diese Punkte zu, muss der Umgang natürlich vor allem auch dem Kindeswohl dienen. Dabei ist zu prüfen,

  • ob der Umgang für das Kind eine seelische Belastung darstellt,
  • ob er zu einer dem Kindeswohl abträglichen Weise zu dessen Verunsicherung führt und
  • wie er sich auf die Persönlichkeitsentwicklung und die Identitätsfindung auswirkt.

Der Maßstab ist streng. Tendenziell spricht mehr für als gegen den Umgang, da das Recht darauf grundsätzlich schwer wiegt.

Nach Vollendung des 14. Lebensjahres sind die Kinder persönlich anzuhören, wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Für jüngere Kinder gilt das dann, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die gerichtliche Entscheidung von Bedeutung sind oder die persönliche Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt ist.

Damit verwies der BGH den Fall zur Entscheidung zurück an das vorinstanzliche Oberlandesgericht, um diese Punkte zu prüfen und daran sein Urteil zu bemessen.

Hinweis: Die relevanten Fragen sind im Streitfall sehr genau zu prüfen. Der häufige Wunsch der Mutter und des rechtlichen Vaters, dem Kind die wahre Vaterschaft zu verschweigen, ist vom Gesetz nicht gedeckt.

Quelle: BGH, Beschl. v. 05.10.2016 – XII ZB 280/15
Thema: Familienrecht

Unterbrochene Eigentümerversammlung: Zwischenzeitliche Beratung mit dem Rechtsanwalt ist nur in Ausnahmefällen gestattet

Darf eine Wohnungseigentümerversammlung unterbrochen werden, damit einer der Eigentümer sich mit seinem Rechtsanwalt beraten kann? Ganz beiläufig wird in diesem Urteil eine sehr praxisrelevante Frage beantwortet.

Auf einer Wohnungseigentümerversammlung stritten sich die Parteien um die Bestellung einer Verwalterin. Mehrere Mitglieder baten um eine Unterbrechung der Versammlung, da sie sich mit ihrem Rechtsanwalt, der vor der Tür wartete, beraten wollten. Der Versammlungsleiter unterbrach daraufhin die Versammlung, und die Eigentümer, die nicht von dem Rechtsanwalt vertreten wurden, mussten den Saal verlassen. Nach der Unterbrechung wurde die Versammlung fortgesetzt und eine Verwalterin eingesetzt. Die Eigentümer, die den Saal während der Unterbrechung verlassen mussten, klagten nun gegen diesen Beschluss.

Der Beschluss war laut Bundesgerichtshof jedoch ordnungsgemäß gefasst worden. Die Besprechung mit dem Rechtsanwalt war kein Teil der Eigentümerversammlung. Allerdings hätte der Versammlungsleiter die Versammlung nicht unterbrechen dürfen. Nur wenn ganz besondere Umstände vorliegen – etwa wenn der Beratungsbedarf erst aufgrund der in der Eigentümerversammlung geführten Diskussion entsteht -, kann eine Unterbrechung zum Zweck eines Mandantengesprächs in Betracht kommen. Die klagenden Eigentümer hatten allerdings vergessen, diesen Fehler innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist anzugreifen. Und so musste das Gericht erst gar nicht über diese Frage entscheiden.

Hinweis: Eine Wohnungseigentümerversammlung muss also grundsätzlich für ein Gespräch eines Wohnungseigentümers mit seinem Rechtsanwalt nicht unterbrochen werden. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Beratungsbedarf erst aufgrund der in der Versammlung geführten Diskussion entsteht.

Quelle: BGH, Urt. v. 08.07.2016 – V ZR 261/15
Thema: Mietrecht

Dezidierte Umgangsregelungen: Bei Nichteinhaltung der gerichtlichen Entscheidungen drohen Ordnungsmittel

Streit um den Kontakt zu den Kindern, also den Umgang mit ihnen, ist meist sehr nervenaufreibend. Das gilt vor allem dann, wenn sogar das Gericht angerufen werden muss, um zu regeln, wann die Kinder bei welchem Elternteil sind.

Ausgangssituation ist häufig die, dass sich Eltern nach Trennung und/oder Scheidung nicht darauf verständigen können, wer von ihnen wann die Kinder bei sich hat. In einem gerichtlichen Verfahren werden dann die offenen Fragen geklärt. Dezidiert geregelt wird,

  • ob die Kinder an den geraden oder an den ungeraden Wochenenden bei dem nicht betreuenden Elternteil zu Besuch sind,
  • ob sie bereits am Freitag oder erst am Samstag zu ihm kommen und zu welcher Uhrzeit,
  • wann sie am Sonntag wieder zu dem anderen Elternteil zurückgebracht werden,
  • wie wegen Krankheit ausfallende Wochenenden nachgeholt werden, und mitunter auch,
  • wie genau die Übergabe stattzufinden hat.

Wurde dies alles in qualvoll langer Sitzung bei Gericht mit hoher emotionaler Beteiligung der Eltern geregelt, heißt es danach oft fast lapidar und ohne eine ähnlich präzise Regelung, dass die Ferien zwischen den Eltern hälftig aufgeteilt werden sollen. Die Regelung wird protokolliert und das Gericht erteilt abschließend den Hinweis, dass ein Ordnungsmittel verhängt werden kann, wenn sich ein Elternteil nicht an diese Vereinbarung halten sollte.

Treffen sich die Eltern später erneut bei Gericht, um doch eine genaue Regelung der Ferienzeiten zu treffen, darf ein erneuter Hinweis auf etwaige Ordnungsmittel nicht vergessen werden. Denn nur dann kann für den Fall, dass die Ferien nicht wie vereinbart ablaufen, auch tatsächlich ein Ordnungsmittel verhängt werden.

Hinweis: Umgangsverfahren sind für alle Beteiligten unerfreulich. Eltern müssen im Dialog bleiben und versuchen, die Fragen miteinander zu klären, gegebenenfalls eben auch vor Gericht.

Quelle: BGH, Beschl. v. 03.08.2016 – XII ZB 86/15
Thema: Familienrecht

Fahrertür mit Lackschaden: Bis zur Mängelbeseitigung darf ein Käufer Warenabnahme und Bezahlung verweigern

Auch bei geringfügigen Mängeln kann ein Käufer die Zahlung des gesamten Kaufpreises verweigern.

Als sein neues Fahrzeug angeliefert wurde, war ein Käufer nicht sonderlich glücklich. Der Wagen hatte nämlich einen Lackschaden an der Fahrertür. Daraufhin erklärte er, dass er das Fahrzeug zurückweise und den Kaufpreis nicht bezahlen werde. Der Verkäufer war dagegen der Auffassung, es handele sich um einen Bagatellschaden, und verlangte die Überweisung des vollständigen Kaufpreises. Schließlich holte der Verkäufer das Fahrzeug jedoch ab, ließ den Lackschaden beheben und lieferte das Fahrzeug dann erneut aus. Der Käufer zahlte daraufhin den gesamten Kaufpreis.

Der Verkäufer verlangte nun aber den Ersatz der Transportkosten für die Abholung, die Wiederanlieferung des Fahrzeugs sowie Standgeld und Verzugszinsen – insgesamt etwas mehr als 1.000 EUR. Das Geld erhielt er allerdings nicht, da diese Kosten zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Kaufvertrags erforderlich und deshalb vom Verkäufer selbst zu tragen waren.

Hinweis: Ein Käufer kann also auch bei geringfügigen Mängeln die Beseitigung der Mängel verlangen und bis dahin die Zahlung des gesamten Kaufpreises sowie die Abnahme der Sache verweigern.

Quelle: BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 211/15
Thema: Sonstiges

Stromverbrauchswerte der Heizung: Die Heizkosten- und nicht die Betriebskostenverordnung bestimmt den Umlagemaßstab

Mit diesem Urteil bürdet der Bundesgerichtshof (BGH) den Verwaltern eine erhebliche Mehrarbeit auf.

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft wurde der für die zentrale Heizungsanlage erforderliche Betriebsstrom über den allgemeinen Stromzähler erfasst. Ein Zwischenzähler war nicht eingebaut. Damit wurde der Betriebsstrom auch nicht in der Heizkostenabrechnung, sondern in der Betriebskostenabrechnung unter der Position „Allgemeinstrom“ berücksichtigt und nach Miteigentumsanteilen verteilt. Das passte einem der Eigentümer nicht. Er beantragte, die Heizkostenabrechnung für ungültig zu erklären. Der BGH hat ihn darin bestätigt: Nach Ansicht der Richter sind die Kosten des Betriebsstroms einer zentralen Heizungsanlage nach der Maßgabe der Heizkostenverordnung – und nicht der Betriebskostenverordnung – zu verteilen.

Hinweis: Im Zweifelsfall sind die Kosten zu schätzen. Das kann entweder unter Zugrundelegung eines Bruchteils der Brennstoffkosten geschehen oder mit einer Berechnung, die sich an den Stromverbrauchswerten der angeschlossenen Geräte und der Heizetagen orientiert.

Quelle: BGH, Urt. v. 03.06.2016 – V ZR 166/15
Thema: Mietrecht

Erbrecht unehelicher Kinder: Eine Exhumierung ist zum Zweck eines Vaterschaftstests durchaus zulässig

Uneheliche Kinder wurden im deutschen Erbrecht lange Zeit benachteiligt, sind aber inzwischen nach verschiedenen Gesetzesänderungen ehelichen Kindern rechtlich gleichgestellt. In der Praxis kann es jedoch schwierig sein, die Abstammung nachzuweisen.

Eine Frau behauptete, dass der verstorbene Erblasser ihr biologischer Vater gewesen sei. Dies wollte sie anhand einer DNA-Untersuchung klären lassen, um somit ihren Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Sie trug vor, dass ihre Mutter ihr an ihrem 18. Geburtstag die Vaterschaft offenbart und der Verstorbene sie in seinen letzten Lebensjahren wie eine Tochter behandelt habe. Der eheliche Sohn des Erblassers verweigerte jedoch eine Gewebeprobenentnahme zum DNA-Abgleich, so dass die Tochter beantragte, zu diesem Zweck ihren mutmaßlichen Vater exhumieren zu lassen.

Das Gericht entschied, dass das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen im Fall einer für die Feststellung der Vaterschaft erforderlichen DNA-Untersuchung hinter das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung zurücktritt – eine Exhumierung ist somit zulässig. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tochter bereits seit langer Zeit über die mögliche Vaterschaft informiert war, oder die Tatsache, dass sie mit der Vaterschaftsfeststellung vor allem die Geltendmachung ihres Erbrechts verfolgt.

Hinweis: Für alle Erbfälle, die nach dem 29.05.2009 eingetreten sind, gilt die Regelung, dass uneheliche Kinder den ehelichen im Erbrecht gleichgestellt sind. Wurden sie im Erbvertrag oder im Testament nicht bedacht, steht ihnen grundsätzlich ein Pflichteilsrecht zu. Voraussetzung ist jedoch, dass eine Vaterschaft anerkannt oder gerichtlich festgestellt wurde. Eine biologische Verwandtschaft ist hingegen nicht erforderlich, so dass auch adoptierte Kinder gleichgestellt sind. Inzwischen werden auch beim Standesamt eingetragene nichteheliche Kinder in das Zentrale Testamentsregister der Bundesnotarkammer überführt und dort elektronisch gespeichert. Im Erbfall wird das Nachlassgericht somit auch über die Existenz eines nichtehelichen oder adoptierten Kindes informiert.

Quelle: BGH, Beschl. v. 29.10.2014 – XII ZB 20/14
Thema: Erbrecht