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Schlagwort: bgh

Persönliche Erinnerungen: Altkanzler Kohl darf Tonbänder zurückverlangen

Einmal mehr hat Helmut Kohl vor Gericht gewonnen.

Der ehemalige Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hatte mit einem Journalisten einen Vertrag über die Memoiren des Altkanzlers abgeschlossen. Die Parteien trafen sich an über 100 Tagen und führten Gespräche, die auf ein Tonbandgerät aufgenommen wurden. Der Journalist nahm die Tonbänder mit nach Hause und plante die Buchveröffentlichung. Alsbald gab es Streit zwischen den Parteien und der ehemalige Bundeskanzler verlangte die Herausgabe sämtlicher Tonaufnahmen. Und das zu Recht, wie der Bundesgerichtshof urteilte. Die Anspruchsgrundlage ergab sich aus dem geschlossenen Vertrag, denn der Altkanzler alleine konnte über den Inhalt der Memoiren entscheiden. Der Journalist als Auftragnehmer musste auf die Interessen seines Auftraggebers achten. Insbesondere darf er keine Vorteile ziehen, die auf Kosten des Auftraggebers gehen. Deshalb musste er nun das Eigentum an den Tonbändern an Herrn Dr. Kohl übertragen.

Hinweis: Ein wohl richtiges Urteil, denn auf den Tonbändern finden sich persönliche Erinnerungen und Gedanken des ehemaligen Bundeskanzlers. Er allein hat darüber zu entscheiden, was damit geschehen darf.

Quelle: BGH, Urt. v. 10.07.2015 – V ZR 206/14

Thema: Sonstiges

Schattendasein: Nachbarschaftsgesetz schützt verdunkelnde Bäume vor Fällung

Ob Eigentümer die Entfernung von Bäumen, die zu einer Verschattung des Grundstücks führen, verlangen dürfen, musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.

Seit 1994 gehörte einem Ehepaar in Nordrhein-Westfalen ein Reihenhausbungalow. Der kleine Garten grenzte an eine öffentliche Grünanlage. Dort standen nun ca. 10 m von der Grenze entfernt zwei 25 m hohe und gesunde Eichen. Nun verlangten die Hauseigentümer von der Stadt die Beseitigung der Bäume, da ihr Garten durch die Bäume vollständig im Schatten lag. Die Bäume seien mit der konzeptionell nach Süden ausgerichteten Bungalowsiedlung nicht vereinbar. Das allerdings sah der BGH wie auch sämtliche Vorinstanzen anders. Denn sämtliche Gerichte erkannten keine Eigentumsverletzung durch die Stadt. Insbesondere hielten die Bäume den vorgeschriebenen Abstand von 4 m ein, den das Nachbarschaftsgesetz NRW vorschreibt. Auch allgemeine Abwägungen wurden herangezogen: Öffentliche Grünanlagen sind zum Zweck der Luftverbesserung, zur Schaffung von Naherholungsräumen und als Zuzugsort für Tiere wichtig. Die damit verbundene Verschattung ist hinzunehmen.

Hinweis: Die Stadt hatte alles richtig gemacht. Das Urteil wäre sicherlich anders ausgefallen, wenn die Bäume direkt an der Grenze gepflanzt worden wären. Da das nicht der Fall war, müssen die Hauseigentümer die Bäume und die damit verbundenen Schatten dulden.

Quelle: BGH, Urt. v. 10.07.2015 – V ZR 229/14

Thema: Mietrecht

Schadensersatz: Mieterkündigung durch vorgetäuschten Eigenbedarf kann teuer werden

Soll Wohnraum gekündigt werden, benötigt der Vermieter einen Kündigungsgrund. Wird Eigenbedarf angegeben, sollte dieser auch tatsächlich bestehen.

In dem Fall wurde eine Wohnung vermietet und einige Jahre später mit der Begründung gekündigt, dass sie für einen neuen Hausmeister benötigt werde. Nach einigen gerichtlichen Streitigkeiten schlossen Vermieter und Mieter einen Räumungsvergleich.

Darin verpflichtete sich der Vermieter, die Wohnung auf seine Kosten zu räumen und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Mieter verpflichtete sich, auf Räumungsschutzvorschriften zu verzichten. Ein ungewöhnliches Ergebnis, aber durchaus denkbar. Nun begann allerdings erst der Streit: Denn nach dem Auszug des Mieters zog nicht der angekündigte neue Hausmeister, sondern eine Familie in die Wohnung ein. Deswegen verlangte der Mieter Ersatz sowohl der Umzugs- als auch der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung entstanden sind, sowie Ersatz jener Kosten, die ihm durch den nunmehr längeren Arbeitsweg entstanden – alles in allem rund 26.000 EUR. Der Bundesgerichtshof verwies die Klage allerdings zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurück. Er urteilte, dass mit dem Räumungsvergleich keine eventuellen Schadensersatzansprüche wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs erledigt sein können.

Hinweis: Hier wird sich der Vermieter wohl darauf einstellen müssen, dass er zu zahlen hat. Und der Fall sei eine Warnung an alle Vermieter, die einen Eigenbedarf nur vortäuschen wollen.

Quelle: BGH, Urt. v. 10.06.2015 – VIII ZR 99/14
Thema: Mietrecht

BGH bestätigt EuGH: Musik in einer Praxis ist keine öffentliche Wiedergabe und daher GEMA-frei

Eigentlich möchte ein Arzt ja auch nur seiner Arbeit nachgehen. Ein Zahnarzt wurde dabei aber kürzlich gestört – allerdings nicht etwa von der selbst ausgewählten Musik in der Praxis, sondern vielmehr von der GEMA, der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte.

Der Zahnarzt spielte im Wartebereich seiner Praxis Musik aus dem Radio ab. Im Jahr 2003 hatten der Zahnarzt und die GEMA einen Lizenzvertrag abgeschlossen, in dem sie vereinbart hatten, dass der Arzt das Radio einschalten darf, wenn er dafür eine Vergütung zahlt. Die GEMA nimmt die Gebühren für Komponisten, Textdichter und Musikverleger ein. Im Dezember 2012 kündigte der Zahnarzt diesen Vertrag und bezog sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Danach stellt die Hintergrundmusik im Wartebereich keine öffentliche, vergütungspflichtige Wiedergabe dar. Die GEMA verklagte daraufhin den Zahnarzt auf Zahlung. Dies allerdings zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof urteilte. Der Zahnarzt durfte den Lizenzvertrag fristlos kündigen, weil die Geschäftsgrundlage durch die Entscheidung des EuGH entfallen war. Deshalb musste der Zahnarzt auch nichts zahlen.

Hinweis: Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen, da sie das Urteil des EuGH konsequent umsetzt.

Quelle: BGH, Urt. v. 18.06.2015 – I ZR 14/14

Unterlassungsanspruch: Privatpersonen müssen nicht als unfreiwillige Staffage auf Promifotos herhalten

Schnell noch ein Foto von mir und dem Star. Das haben viele gern, aber eben nicht alle.

Es geht um einen Artikel in einer Zeitung. Ein berühmter Profifußballer wurde auf Mallorca fotografiert und das Foto veröffentlicht. Es zeigte den Fußballer, im Hintergrund waren jedoch auch mehrere Personen auf Strandliegen zu sehen. Am rechten Bildrand, auf der Liege unmittelbar hinter dem Fußballer, war eine Frau in einem Bikini zu erkennen. Ein weiterer Artikel mit demselben Berichtsgegenstand und einem größeren Ausschnitt desselben Fotos wurde zudem im Internetportal veröffentlicht. Die Frau wollte nicht, dass sie auf dem Bild zu erkennen ist und wehrte sich dagegen. Sie klagte gegen den Herausgeber der Zeitung auf Unterlassung.

Und das Oberlandesgericht gab ihr Recht! Bilder einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Eine Verbreitung ohne Einwilligung ist dann möglich, wenn das Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist. Dabei darf dieser Begriff nicht zu eng verwendet werden. Es werden eher Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse umfasst, unterhaltende Beiträge sind davon nicht ausgenommen. Das hier veröffentlichte Foto zeigte die Frau jedoch in einer erkennbar privaten Situation. Es bestand keinerlei Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis. Deshalb durfte es nicht veröffentlicht werden und die Frau hat einen Unterlassungsanspruch für die Zukunft.

Hinweis: Da ist eine Zeitung wieder einmal über das Ziel hinaus geschossen. Trotzdem sollte niemals vergessen werden, dass Berichterstattungen, die im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse liegen, in Ordnung sind.

Quelle: BGH, Urt. v. 21.04.2015 – VI ZR 245/14

Thema: Sonstiges

Freigabeerklärung: Wohnungskündigung trotz Verbraucherinsolvenz

Ist ein Mieter mit zwei Monatsmieten im Zahlungsrückstand, kann der Vermieter ihm fristlos kündigen. Besonderheiten gelten aber, wenn sich der Mieter in einem Verbraucherinsolvenzverfahren befindet. Mit einem solchen Verfahren kann er nach einigen Jahren schuldenfrei sein.

Über das Vermögen eines langjährigen Mieters wurde im Jahr 2010 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Es wurde eine Treuhänderin für das Vermögen bestellt, die im Juli 2010 die sogenannte „Freigabe“ des Mietverhältnisses erklärte. Daraufhin kündigte die Vermieterin im Oktober 2012 unter Berufung auf die seit März 2009 aufgelaufenen Mietrückstände. Es ging also um fehlende Zahlungen, die mit dem Verbraucherinsolvenzverfahren „erledigt“ werden sollten. Denn klar ist, dass nach der Beendigung des Verfahrens der Mieter diese Zahlungen nicht mehr leisten muss.

Schließlich kam es zu einem Räumungsrechtsstreit und der Bundesgerichtshof urteilte, dass es zwar grundsätzlich eine Kündigungssperre gibt, diese jedoch mit Wirksamwerden der Enthaftungserklärung (auch Freigabeerklärung genannt) entfällt. Eine außerordentliche Kündigung kann also auch auf Mietrückstände gestützt werden, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufen sind.

Hinweis: Eine bittere Pille für insolvente Mieter. Sie müssen nun mit einer Kündigung des Mietverhältnisses rechnen, wenn sie sich nicht um einen Ausgleich der alten Mietschulden kümmern. Das wiederum könnte von einem Amt übernommen werden, um eine drohende Obdachlosigkeit zu verhindern.

Quelle: BGH, Urt. v. 17.06.2015 – VIII ZR 19/14

Thema: Mietrecht

Rauchwarnmelder: Mieter muss Ersatz selbstinstallierter Geräte durch den Vermieter dulden

In immer mehr Wohnungen werden Rauchwarnmelder installiert. Nun ging es um die Frage, ob Mieter den Einbau von Rauchmeldern durch ihre Vermieter auch dann dulden müssen, wenn sie ihre Wohnung schon selbst mit Warnmeldern ausgestattet haben.

Mieter hatten bereits Rauchwarnmelder in ihren Mietwohnungen installiert, als ihre Vermietungsgesellschaft erklärte, sämtliche Wohnungen einheitlich mit von Ihnen ausgewählten Rauchwarnmeldern ausstatten zu wollen. Die Mieter wollten das nicht dulden, sie hatten ja schon entsprechende Geräte. Schließlich musste der Bundesgerichtshof entscheiden.

Das Gericht führte aus, dass die von der Vermieterin beabsichtigten Maßnahmen bauliche Veränderungen darstellen, die zu einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts und einer dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse führen. Deshalb müssen die Mieter den Einbau auch dulden. Durch die spätere gemeinsame Wartung wird ferner ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet.

Hinweis: Der Vermieter hat es also in der Hand, eigene Rauchmelder zu installieren und der Mieter muss den Einbau trotz bereits vorhandener selbst eingebauter Melder dulden.

Quelle: BGH, Urt. v. 17.06.2015 – VIII ZR 216/14

Thema: Mietrecht

Mängelbeseitigungsansprüche: Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz wird teuer

Seit Jahren versucht der Bundesgerichtshof (BGH) die Schwarzarbeit einzudämmen. Nun gibt es ein weiteres wichtiges Urteil zur Rückforderung von Schwarzarbeitergeld.

Ein Dachgeschoss sollte ausgebaut werden. Der Eigentümer schloss mit einem Handwerker einen Vertrag, der die Zahlung von 10.000 EUR vereinbarte – und zwar ohne Umsatzsteuer! Gesagt, getan: Die Arbeiten wurden erledigt und es wurde eine Rechnung ohne Steuerausweis erteilt. Der Eigentümer zahlte den Betrag, forderte aber dann 8.300 EUR wegen Mängeln bei der Bauausführung zurück. Schließlich klagte er das Geld ein und die Angelegenheit ging bis zum BGH.

Der wies die Klage ab. Es gibt wegen des bewussten Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz weder Zahlungs- noch Mängelbeseitigungsansprüche. Das war schon vorher klar. Nun urteilten die Richter aber zudem, dass ein Besteller, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen bezahlt hat, vom Unternehmer grundsätzlich zwar die Herausgabe der Leistungen verlangen kann. Sie erklärten aber auch, dass dies nicht gilt, wenn mit der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wurde. Denn entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die Schwarzarbeit zu verhindern, verstößt nicht nur die vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistung – und somit auch die Zahlung.

Hinweis: Das Geld ist weg! Der Unternehmer muss es trotz mangelhafter Arbeiten nicht zurückzahlen. Das ist laut BGH die logische Folge bei einem Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.

Quelle: BGH, Urt. v. 11.06.2015 – VII ZR 216/14

Versorgungsausgleich: Scheidung bei bereits laufendem Rentenbezug nur eines Ehegatten

Bei einer Scheidung wird von Gesetzes wegen automatisch der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dazu werden die in der Ehezeit von jedem Ehegatten erworbenen Rentenanwartschaften ermittelt. Die Hälfte eines jeden Anrechts wird dann auf den anderen Ehegatten übertragen. Unter Billigkeitsgesichtspunkten kann von dieser Regel abgewichen werden.

Dies gilt zum Beispiel, sobald ein Ehegatte wegen einer Erkrankung eine Invaliditätsrente bezieht, während der andere Ehegatte weder Invalide noch altersbedingt rentenberechtigt ist. In diesem Fall wird aufgrund des gesetzlichen Regelwerks die Invaliditätsrente gekürzt, was die tatsächliche Senkung des laufenden Einkommens des invaliden Ehegatten zur Folge hat, während der andere Ehegatte noch gar keine Leistung erhält.

Die bereits laufende Rente zu kürzen, ist nicht unbillig. Von einer Unbilligkeit kann erst bei Vorliegen weiterer besonderer Umstände ausgegangen werden:

Wenn der Ehegatte, dessen Versorgung gekürzt werden soll, dringend auf die volle Leistung angewiesen ist und
wenn der andere Ehegatte für seine eigene, spätere Altersversorgung durch Einkommen und/oder Vermögen gar nicht auf die finanzielle Beteiligung seines invaliden Ehegatten angewiesen ist.

Hinweis: Die in dieser Hinsicht von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen sind sehr hoch und liegen nur sehr selten vor. Es kann vor diesem Hintergrund sinnvoll sein, von einer Scheidung zumindest vorübergehend abzusehen. Dazu bedarf es dann klarer vertraglicher Absprachen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 08.04.2015 – XII ZB 428/12

Verkehrssicherungspflicht: Für Legionellen im Trinkwasser können Vermieter haftbar gemacht werden

Legionellen im Trinkwasser führen weltweit immer wieder zu Erkrankungen und Todesfällen. Deswegen gibt es auch in Deutschland eine Trinkwasserverordnung, die die Grenzwerte für Legionellen vorschreibt.

Der Mieter einer Wohnung hatte im Jahr 2008 eine Lungenentzündung erlitten, hervorgerufen durch Legionellen im Trinkwasser. Nachdem er an dieser Erkrankung verstorben war, verlangte dessen Alleinerbin vom Vermieter Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von fast 25.000 EUR. Sie war der Auffassung, dass der Vermieter das Trinkwasser nicht regelmäßig kontrolliert habe. In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen – der Bundesgerichtshof (BGH) hob diese Urteile jedoch auf und verwies die Angelegenheit zurück. Denn grundsätzlich kommt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters in Betracht. Das gilt erst recht, wenn – wie in diesem Fall – das zuständige Bezirksamt eine starke Legionellenkontamination festgestellt hatte.

Hinweis: Der entscheidende Paragraph der Trinkwasserverordnung trat zwar erst im November 2011 in Kraft. Der BGH sagt aber deutlich, dass auch vor diesem Datum bereits eine Verpflichtung des Vermieters zur Untersuchung des Trinkwassers auf Legionellen bestanden hatte.

Quelle: BGH, Urt. v. 06.05.2015 – VIII ZR 161/14