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Schlagwort: Erblasserin

Handschriftlicher Nachtrag: Ein gültiges Testament muss nicht zwingend in einem Zug errichtet werden

Je früher man vorsorgt, dass nach dem eigenen Ableben alles seine Ordnung hat, desto höher ist natürlich auch das Risiko, dass sich im Laufe der noch verbleibenden Zeit etwas ändert – zum Beispiel die Anzahl liebgewonnener Familienmitlglieder. Ob es für die Wirksamkeit des Testaments aber auch erforderlich ist, die jeweiligen Bestandteile in ihrer zeitlichen Reihenfolge abzufassen, musste im Folgenden das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) entscheiden.

Die Erblasserin hatte zunächst ihre beiden Enkel zu Alleinerben eingesetzt. Das Testament war handgeschrieben und von der Erblasserin mit Datum und Unterschrift versehen. Nach der Geburt eines dritten Enkels wurde das Testament um diesen letztgeborenen Enkel als weiteren Erben handschriftlich ergänzt. Ob diese Ergänzung gültig war oder es sich hierbei um einen Formfehler handelte, musste gerichtlich geklärt werden.

Das OLG hat entschieden, dass eine solche Ergänzung eines bereits abgefassten Testaments zulässig ist, sofern die übrigen Formvoraussetzungen erfüllt sind. Es ist für die Wirksamkeit des Testaments nicht erforderlich, dass die letztwillige Verfügung in einem Zug erstellt wird.

Hinweis: Als Alternative zur physischen Vernichtung des ursprünglichen Testaments und vollständigen Errichtung eines neuen kommt auch die Modifikation eines bestehenden Textes in Betracht. Für die Formgültigkeit kommt es nur darauf an, dass zum Zeitpunkt des Todes eine die gesamten Erklärungen nach dem Willen des Erblassers deckende Unterschrift vorhanden ist.

Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 31.05.2021 – 3 W 53/21

Thema: Erbrecht

Keine Kürzung des Pflichtteils: Testamentarisch angeordnete Grabpflege ist nicht als Nachlassverbindlichkeit anzusehen

Mit der Frage, ob und wann Grabpflegekosten zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören und inwieweit diese bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen sind, musste sich zuletzt der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen.

Die Erblasserin, die einen adoptierten Sohn hinterließ, erstellte ein handschriftliches Testament. In diesem bestimmte sie eine Testamentsvollstreckerin, benannte mehrere Personen als Vermächtnisnehmer und ordnete darüber hinaus an, dass der Rest eines bei ihr vorhandenen Vermögens für die Beerdigung und eine 20 Jahre dauernde Grabpflege verwendet werden solle. Der Adoptivsohn, der bereits eine Zahlung auf seinen Pflichtteil erhalten hatte, war nun der Ansicht, dass die Grabpflegekosten, die zwischen 7.000 EUR und 11.000 EUR betragen sollten, keine Nachlassverbindlichkeiten seien und deshalb zur Ermittlung seines Zusatzpflichtteils nicht vorab in Abzug gebracht werden durften.

Dieser Rechtsansicht hat sich letztlich auch der BGH angeschlossen. Rechtlich klärte der BGH die Frage, dass Beerdigungskosten zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören. Beerdigungskosten sind aber lediglich die Kosten der Beerdigung selbst, also der Bestattung. Dies gilt selbst dann, wenn zugleich ein Vertrag über die Errichtung und die Dauereinrichtung einer Grabstätte abgeschlossen wird. Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte selbst zählen nicht mehr zu den Kosten der Beerdigung und können daher auch nicht zu einer Kürzung des Pflichtteilsanspruchs führen.

Hinweis: Ein anderer Fall liegt vor, wenn ein Erblasser in einem Testament die Anordnung zur Grabpflege getroffen und bereits zu Lebzeiten einen Grabpflegevertrag abgeschlossen hat, der dann für die Erben als Rechtsnachfolger verbindlich ist. In diesem Fall liegt eine Nachlassverbindlichkeit vor.

Quelle: BGH, Urt. v. 26.05.2021 – IV ZR 174/20

Thema: Erbrecht

Erben (un-)bekannt: Die ausreichende Wahrscheinlichkeit der gesetzlichen Erbfolge schließt eine Nachlasspflegschaft aus

Wenn über die Person der Erben Unklarheit besteht, kann das Nachlassgericht in einem solchen Fall die Nachlasspflegschaft anordnen. Es wird also eine Person benannt, die sich als gesetzlicher Vertreter der noch unbekannten Erben um die Verwaltung des Nachlasses kümmert und gegebenenfalls die Erben ermittelt.

Eine 1974 verstorbene Frau und ein im Jahre 2016 verstorbener Mann waren Eigentümer eines Grundstücks. Nach dem Tod des Mannes beantragte sein Nachlasspfleger auch eine Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben der verstorbenen Frau, da für sie keine lebenden Erben bekannt waren. Das Gericht weigerte sich jedoch, da die Frau von ihrem 1977 verstorbenen Ehemann und ihren 1989 und 2009 verstorbenen Kindern beerbt worden sei und somit eine Nachlasspflegschaft nicht in Betracht komme.

Auch durch das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) als nächste Instanz wurde die Anordnung einer Nachlasspflegschaft abgelehnt, da nach Ansicht des Gerichts die Erben der Erblasserin im Rechtssinne nicht unbekannt waren. Bei klaren tatsächlichen Verhältnissen reicht es aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit feststeht, wer Erbe geworden ist, um die Erben als bekannt anzusehen. Da keine Anhaltspunkte für eine Verfügung von Todes wegen bestanden und die damaligen familiären Verhältnisse der Erblasserin bekannt waren, ging das OLG davon aus, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit entsprechend der gesetzlichen Erbfolge beerbt worden war. Dass deren Erben wiederum unbekannt sind, spielt nach Ansicht des Gerichts nur eine Rolle für die Frage, ob eine Nachlasspflegschaft für einen oder mehrere dieser Erbeserben einzurichten ist. Das jedoch war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Hinweis: Die Entscheidung darüber, ob ein Nachlasspfleger bestellt wird, obliegt dem Gericht. Nach der gesetzlichen Regelung muss das Gericht einen Nachlasspfleger bestellen, sofern ein Bedürfnis besteht, für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen.

Quelle: OLG Braunschweig, Urt. v. 23.10.2019 – 1 W 26/19

Thema: Erbrecht

Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten: Der Erbe hat an der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses aktiv mitzuwirken

Zur wirksamen Durchsetzung seiner Ansprüche ist der Pflichtteilsberechtigte darauf angewiesen, den Wert des Nachlasses zu kennen. Daher stehen ihm auch Auskunftsansprüche gegen den Erben zu. Wie genau diese Ansprüche jedoch zu erfüllen sind, ist häufig ein Streitthema zwischen den Beteiligten.

 

Ein Sohn verlangte nach dem Tod seiner Mutter seinen Pflichtteil von ihrem zweiten Ehemann und Erben. Der Ehemann erteilte dem Sohn daraufhin mithilfe eines notariellen Nachlassverzeichnisses Auskunft über den Wert des Nachlasses. Dieses Verzeichnis erschien dem Sohn jedoch unvollständig, da er der Ansicht war, dass es weniger Vermögen auswies, als zu erwarten war. Er führte auch an, dass der zuständige Notar keine eigenen Nachforschungen betrieben hatte und zum Beispiel nicht die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre eingesehen und berücksichtigt hatte.

Das Gericht gab dem Sohn der Erblasserin Recht und entschied, dass das vorgelegte Nachlassverzeichnis nicht ausreichend war. Doch der Maßstab für die Beurteilung, ob die Auskunft vollständig gegeben wurde, wird nicht nur durch die Pflichten bestimmt, die den Notar bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses treffen, sondern richtet sich vor allem nach dem Kenntnisstand und den Erkenntnismöglichkeiten des Erben. Sonst wäre es dem Erben möglich, seine Auskunftspflichten gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten einzuschränken, indem er dem Notar unvollständige Auskunft gibt. Dem Ehemann ist aufgrund seiner Stellung als Erbe die eigenständige Einholung von Kontoauszügen möglich und im Rahmen der Auskunftserteilung auch zumutbar, denn er hat sich das zur Auskunftserteilung erforderliche Wissen zu verschaffen und an der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses aktiv mitzuwirken.

Hinweis: Ein notarielles Verzeichnis soll dem Pflichtteilsberechtigten einen höheren Grad an Richtigkeit der Auskunft gewährleisten als die Privatauskunft des Erben. Der Notar muss dabei eine eigene Bestandsaufnahme machen und nicht nur die Erklärungen des Erben aufnehmen. So haben bereits mehrere Gerichte entschieden, dass der Notar zum Beispiel die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre auswerten oder Grundbuchauszüge einholen muss.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 30.04.2018 – 1 W 65/18

Thema: Erbrecht

Auslegung eines Testaments: Die vage Formulierung „für einen guten Zweck“ reicht nicht für eine Erbeinsetzung aus

Unklare Formulierungen in Testamenten führen immer wieder zu Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen.

Eine kinderlos und verwitwet verstorbene Frau hatte in ihrem Testament bestimmt, dass mehrere größere Geldbeträge Verwandten zukommen sollen. Das Testament enthielt zudem die Anweisung: „Mein Vermögen soll in eine Stiftung für einen guten Zweck eingehen und ein Teil zur Sanierung eines sakralen Baues.“ Die Gemeinde, in der die Frau zuletzt gewohnt hatte, machte nun geltend, dass sie dadurch zur Erbin eingesetzt worden war.

Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Es führte aus, dass die Formulierung so vage und ungenau war, dass sich daraus keine Erbeinsetzung ableiten ließe. Selbst mithilfe einer ergänzenden Auslegung des Testaments lässt sich nicht bestimmen, welche „Stiftung für einen guten Zweck“ von der Erblasserin gemeint war.

Hinweis: Grundsätzlich ist es unzulässig, die Bestimmung des Erben in einem Testament einem Dritten zu überlassen. Das ist nur dann möglich, wenn dieser Dritte klar benannt ist und durch den Erblasser ein begrenzter Personenkreis sowie klare und nachvollziehbare Kriterien für die Bestimmung des Erben vorgegeben wurden. Ein Erbe muss im Testament zwar nicht namentlich benannt, aber so genau umschrieben werden, dass für eine Willkür kein Raum bleibt. Auch die Auslegung des Testaments durch das Gericht hilft in so einem Fall nicht weiter, denn der Erblasser muss wenigstens das Ziel der Zuwendung irgendwie zum Ausdruck gebracht haben. Die Gerichte dürfen nicht etwas in ein Testament hineinlesen, das dort nicht angelegt ist. Sofern sich der Erblasser nicht festlegen möchte, hilft es nur, statt einer Erbeinsetzung „Vermächtnisse“ anzuordnen, da für diese das Verbot der Bestimmung durch Dritte nicht gilt.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.07.2017 – 20 W 343/15
Thema: Erbrecht

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