Skip to main content

Schlagwort: EuGH

EuGH entscheidet: Kopftuchverbot am Arbeitsplatz kann rechtmäßig sein

Erneut hat sich ein Gericht mit einem Kopftuchverbot am Arbeitsplatz beschäftigen müssen – dieses Mal war es sogar der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Eine Heilerziehungspflegerin sowie eine Verkaufsberaterin und Kassiererin trugen an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz in der Bundesrepublik ein islamisches Kopftuch. Die Arbeitgeber der beiden erteilten jeweils eine Weisung, das Kopftuch abzulegen. Es sollte eine politische, weltanschauliche und religiöse Neutralität durch die Mitarbeiterinnen demonstriert werden. Schließlich sollte das Bundesarbeitsgericht über die Fälle entscheiden. Das legte jedoch die Angelegenheiten dem EuGH vor.

Der EuGH vertrat in seiner Entscheidung eine vermittelnde Ansicht. Das Verbot des Tragens jeder sichtbaren Ausdrucksform politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen kann durch das Bedürfnis des Arbeitgebers gerechtfertigt sein, gegenüber den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden. Diese Rechtfertigung muss jedoch einem wirklichen Bedürfnis des Arbeitgebers entsprechen. Nach der Rechtsprechung des EuGH stellt eine entsprechende Regelung in einem Betrieb keine unmittelbare Diskriminierung dar, da sie unterschiedslos für jede Bekundung solcher Überzeugungen gilt und alle Arbeitnehmer des Unternehmens gleich behandelt, indem ihnen allgemein und undifferenziert vorgeschrieben wird, sich neutral zu kleiden, was das Tragen solcher Zeichen ausschließt.

In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob eine sich aus einer solchen internen Regel ergebende mittelbare Ungleichbehandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung mit dem Willen des Arbeitgebers gerechtfertigt werden kann, eine Unternehmenskultur politischer, weltanschaulicher und religiöser Neutralität gegenüber seinen Kunden zu verfolgen, um deren berechtigten Erwartungen Rechnung zu tragen. Dies ist unter bestimmten Voraussetzungen zu bejahen.

Hinweis: Das Urteil zeigt deutlich, dass Arbeitgeber ihr Recht durchsetzen können, dass keine religiösen Hinweise am Arbeitsplatz erfolgen sollen. Allerdings muss der Arbeitgeber dafür triftige Gründe haben.

Quelle: EuGH, Urt. v. 15.07.2021 – C-804/18 und C-341/19

Harte Landung: Ein erlittener Bandscheibenvorfall ist nicht als schadenspflichtiger Flugunfall zu werten

In den letzten Jahren sind die Fluggastrechte erfolgreich ausgebaut worden. Dass es deshalb nicht für jeden individuellen Schadensfall auch gleich Schadensersatz und Schmerzensgeld von einer Airline gibt, sorgte für die Klägerin im folgenden Fall für eine gleich doppelt harte Landung – zuerst auf der Landebahn, dann vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Eine Flugpassagierin machte geltend, dass sie wegen einer harten Landung einen Bandscheibenvorfall erlitten habe, und verlangte die Zahlung von 69.000 EUR von der Airline. Die Frau führte dabei an, dass die harte Landung einen Unfall im Sinne des Übereinkommens von Montreal darstelle. Dieses Abkommen regelt Haftungsfragen im internationalen zivilen Luftverkehr und gilt auch in der EU. Die Airline dagegen war der Auffassung, dass es sich nicht um einen Unfall handeln würde, sondern vielmehr um ein typisches Ereignis während eines Flugs.

Dieser Meinung hat sich der EuGH angeschlossen, der einen Pilotenfehler nicht erkennen konnte. Die harte Landung war auf dem Flughafen aus flugtechnischer Sicht sogar sicherer als eine zu weiche Landung. Es war einzig und allein entscheidend, ob die Landung korrekt nach den Vorschriften vorgenommen wurde – und genau das war der Fall gewesen.

Hinweis: Eine sogenannte harte Landung nach einem Flug ist also nicht immer als Unfall anzusehen, der zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet. Der Fall zeigt aber auch, dass gerade und insbesondere im Reiserecht der Rechtsanwalt des Vertrauens konsultiert werden sollte.

Quelle: EuGH, Urt. v. 12.05.2021 – C-70/20

Thema: Sonstiges

Sozialversicherungsrechte: EuGH gibt Klarheit bei fragwürdiger Arbeitgeberzuständigkeit im internationalen Lkw-Verkehr

Mittlerweile haben die meisten mitbekommen, dass an vielen Ecken Nachbesserungsbedarf besteht, was den grenzüberschreitenden Arbeitnehmerverkehr der Europäischen Union angeht. Im folgenden Fall musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) dafür sorgen, dass Lkw-Fahrer Klarheit über das Dickicht an Firmen ihres Arbeitgebers erhalten. Und dieses Urteil wirft interessanterweise einige Grundsätze des deutschen Arbeitsrechts um.

Ein Unternehmen aus Zypern hatte mit einem in den Niederlanden ansässigen Transportunternehmen Verträge zur Verwaltung von Lkws geschlossen. Das in Zypern ansässige Unternehmen schloss zudem mit im internationalen Güterverkehr tätigen Lkw-Fahrern, die ihren Wohnsitz in den Niederlanden haben, Arbeitsverträge ab, in denen das Unternehmen als Arbeitgeber bezeichnet wurde. Als die Lkw-Fahrer ihre Lohnabrechnung aus Zypern erhielten, die Bezahlung jedoch aus den Niederlanden erfolgte, war strittig, welches Sozialversicherungsrecht auf die Lkw-Fahrer anzuwenden sei.

Der EuGH entschied, dass derjenige als Arbeitgeber anzusehen ist, der den Lkw-Fahrern gegenüber tatsächlich weisungsbefugt ist, die Lohnkosten trägt und berechtigt ist, die Fahrer zu entlassen. Arbeitgeber ist somit nicht automatisch das Unternehmen, das den Arbeitsvertrag mit den Lkw-Fahrern geschlossen hat und in dem Arbeitsvertrag formal als Arbeitgeber angegeben ist.

Hinweis: Wer der tatsächliche Vertragspartner ist, lässt sich häufig durch einen Blick in den Arbeitsvertrag ermitteln. Dass das allerdings nicht immer so einfach ist, zeigt dieser Fall. Im Zweifel kann der Rechtsanwalt helfen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 16.07.2020 – C-610/18

Thema: Arbeitsrecht

Flugverspätung nach Flugausfall: Wer von der Fluggesellschaft doppelt versetzt wird, hat laut EuGH auch doppelte Ausgleichsansprüche

Einmal mehr geht es im folgenden Fall des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) um die Rechte von Fluggästen. Was passiert, wenn nicht nur ein Flug annulliert wird, sondern sich zudem der alternativ angebotene Flug verspätet, mag laut kürzlich ergangenem Urteil so manche (Viel-)Flieger erfreuen.

Ein Direktflug mit Finnair von Helsinki nach Singapur wurde aufgrund eines in der Maschine aufgetretenen technischen Problems annulliert. Daraufhin erfolgte eine Umbuchung auf einen anderen Flug. Doch auch dieses Flugzeug litt durch den Ausfall der Servolenkung für das Steuerruder an zumindest temopärer Flugunfähigkeit – die Maschine verspätete sich dadurch um mehr als drei Stunden. Nun wollten die Fluggäste nicht nur je 600 EUR für den (ausgefallenen) ursprünglichen Flug, sondern verlangten zudem weitere 600 EUR wegen der Verspätung des Alternativflugs. Und hier war der EuGH in Geberlaune.

Die Richter urteilten, dass ein Fluggast, der eine Ausgleichsleistung für die Annullierung eines Flugs erhalten und einen Alternativflug akzeptiert, zudem einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung wegen Verspätung des Alternativflugs hat. Die entsprechende EU-Verordnung enthält nämlich keine Bestimmung, mit der die Rechte der Fluggäste beschränkt werden sollen, nur weil sie anderweitig als geplant befördert werden. Folglich haben sie auch einen Ausgleichsanspruch für den ihnen entstandenen zweiten Schaden.

Hinweis: Ein gutes Urteil für Flugreisende, denn sie können darauf hoffen, zwei Zahlungen zu erhalten.

Quelle: EuGH, Urt. v. 12.03.2020 – C-832/18

Thema: Sonstiges

Irrtümliche Visumspflicht: EuGH schließt Ausgleichsansprüche nach einer Beförderungsverweigerung nicht generell aus

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er bekanntlich was erleben. Ein böses Erwachen aus den schönen Urlaubsträumen kann beispielsweise dann drohen, wenn wichtige Reisedokumente vergessen wurden. Was aber passiert, wenn die Vorlage von Dokumenten gar nicht nötig gewesen wäre und die Reise somit nicht hätte unterbleiben müssen? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) gibt hierauf eine Antwort.

Ein kasachischer Staatsangehöriger wollte von Zypern aus mit einer rumänischen Fluggesellschaft nach Rumänien reisen. Er hatte sämtliche erforderlichen Dokumente dabei, trotzdem wurde ihm die Einreise nach Rumänien verweigert. Die Angestellten der Fluggesellschaft teilten ihm nämlich mit, dass er ohne ein nationales Visum nicht nach Rumänien einreisen könne. Das war jedoch objektiv falsch. Deshalb verlangte der Mann Ersatz des Schadens, der ihm infolge der Nichtbeförderung entstanden war.

Der EuGH musste beurteilen, ob in solcherlei Fällen Ausgleichszahlungen überhaupt in Betracht kommen. Dabei gelangte er zu der Auffassung, dass die Begründung für die Beförderungsverweigerung, angeblich unzureichende Reisedokumente vorgelegt zu haben, nicht grundsätzlich alle Ausgleichsansprüche des Fluggasts ausschließe. Es liefe nämlich dem Zweck der EU-Verordnung zuwider, wenn Luftfahrtunternehmen einseitig und abschließend beurteilen und entscheiden dürften, ob Gründe für eine Nichtbeförderung überhaupt vorlägen. Was die Gesamtbewertung dieses Falls angeht, ist daher nun das national zuständige Gericht gefragt. Erst dieses kann die entscheidende Frage final beantworten, ob für die Nichtbeförderung vertretbare Gründe vorlagen – oder eben nicht.

Hinweis: Alleine die Weigerung, einen Fluggast zu befördern, weil angebliche Reisedokumente fehlen, schließt nicht grundsätzlich Ausgleichszahlungen aus. Es kommt auf den Einzelfall an.
 
 

Quelle: EuGH, Urt. v. 30.04.2020 – C-584/18

Thema: Sonstiges

Videoüberwachung von Gemeinschaftsräumen: Verarbeitung personenbezogener Daten kann auch ohne Einwilligung Betroffener zulässig sein

Dass die Videoüberwachung das Zeug zum Klassiker hat, liegt in der Natur von technischen Neuerungen, die schnell an ihre rechtlichen Fragen und folglich an deren Grenzen stoßen. Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Grundsatzurteil zur Videoüberwachung von Gemeinschafträumen in einer Wohnungseigentumsanlage bzw. in einem Mietshaus gefällt.

Ein Mann wohnte in einer Eigentumswohnung in Rumänien. Die übrigen Eigentümer beschlossen dann die Installierung von Videoüberwachungskameras in den Gemeinschaftsbereichen des Gebäudes. Die erste Kamera war auf die Fassade des Gebäudes gerichtet, während die zweite und die dritte Kamera im Foyer des Erdgeschosses und im Aufzug des Gebäudes installiert wurden. Dagegen klagte der Mann.

Das Landgericht Bukarest beschloss, das Verfahren auszusetzen und die Angelegenheit dem EuGH vorzulegen. Der entschied, dass das EU-Recht so auszulegen ist, dass nationale Vorschriften rechtmäßig sind, auch wenn ohne Einwilligung der betroffenen Personen ein Videoüberwachungssystem in den Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes installiert wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn berechtigte Interessen wahrgenommen werden, die darin bestehen, den Schutz und die Sicherheit von Personen und Eigentum zu gewährleisten. Dies zu prüfen, obliegt den jeweils vorlegenden Gerichten.

Hinweis: Grundsätzlich kann es also auch ohne Einwilligung der betroffenen Personen rechtmäßig sein, ein Videoüberwachungssystem in den Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes zu installieren.

Quelle: EuGH, Urt. v. 11.12.2019 – C-708/18

Thema: Mietrecht

Vertrag bei Einstieg: Auch ohne Fahrkartenkauf gehen Zugreisende ein gültiges Vertragsverhältnis ein

Wie so oft bei Rechtsfragen war auch im folgenden Fall offen, ab welchem Zeitpunkt und durch welche Umstände ein Vertrag überhaupt zustande kommt, gegen den dann folglich auch verstoßen werden kann. Zu kompliziert? Na dann einfacher: Wann genau gehen „Schwarzfahrer“ und Bahnunternehmen eigentlich einen gültigen Vertrag ein? Da die Beantwortung dieser Frage nicht an Grenzen stößt, sondern sie vielmehr überschreitet, musste hier der Europäische Gerichtshof (EuGH) ran.

Nach den Beförderungsbedingungen der Nationalen Gesellschaft der belgischen Eisenbahnen müssen Fahrgäste, die ohne gültigen Fahrschein Bahn fahren, ein erhöhtes Entgelt zahlen – das gibt zumindest eine Vertragsstrafenklausel in den Beförderungsbedingungen vor. Ein belgisches Gericht wollte nun vom EuGH wissen, ob und wann ein entsprechender Beförderungsvertrag in solchen Fällen überhaupt zustande kommt, damit eine solche Vertragsstrafe durch Verstoß auch rechtmäßig ist.

Die europäischen Richter urteilten, dass gleich zwei deckungsgleiche Willenserklärungen beim Einsteigen in einen Zug vorliegen. Einer fährt, der andere will gefahren werden: Dabei gewährt das Eisenbahnunternehmen zum einen den freien Zugang zu seinen Zügen, zum anderen geht der Fahrgast auf dieses Angebot durch den Einstieg in den Zug ein – das Vertragsverhältnis ist geschlossen. Die Fahrkarte ist hierbei nur das Instrument, das den Beförderungsvertrag verkörpert. Doch durch die Willenserklärungen entsteht auch ohne dieses Instrument ein Vertrag. Und deshalb gelten die Beförderungsbedingungen als Vertragsbestandteil, und eine Vertragsstrafe kann vereinbart werden. In welcher Höhe eine solche Vertragsstrafe rechtmäßig ist, muss das zuständige belgische Gericht nun entscheiden.

Hinweis: Der relevante Fall spielte sich zwar in Belgien ab, ist jedoch für ganz Europa maßgeblich. Steigt also auch hierzulande ein Fahrgast ohne gültigen Fahrschein in einen Zug ein, schließt er damit einen Vertrag. Gut zu wissen!

Quelle: EuGH, Urt. v. 07.11.2019 – C-349/18

Thema: Sonstiges

Vertrag bei Einstieg: Auch ohne Fahrkartenkauf gehen Zugreisende ein gültiges Vertragsverhältnis ein

Wie so oft bei Rechtsfragen war auch im folgenden Fall offen, ab welchem Zeitpunkt und durch welche Umstände ein Vertrag überhaupt zustande kommt, gegen den dann folglich auch verstoßen werden kann. Zu kompliziert? Na dann einfacher: Wann genau gehen „Schwarzfahrer“ und Bahnunternehmen eigentlich einen gültigen Vertrag ein? Da die Beantwortung dieser Frage nicht an Grenzen stößt, sondern sie vielmehr überschreitet, musste hier der Europäische Gerichtshof (EuGH) ran.

Nach den Beförderungsbedingungen der Nationalen Gesellschaft der belgischen Eisenbahnen müssen Fahrgäste, die ohne gültigen Fahrschein Bahn fahren, ein erhöhtes Entgelt zahlen – das gibt zumindest eine Vertragsstrafenklausel in den Beförderungsbedingungen vor. Ein belgisches Gericht wollte nun vom EuGH wissen, ob und wann ein entsprechender Beförderungsvertrag in solchen Fällen überhaupt zustande kommt, damit eine solche Vertragsstrafe durch Verstoß auch rechtmäßig ist.

Die europäischen Richter urteilten, dass gleich zwei deckungsgleiche Willenserklärungen beim Einsteigen in einen Zug vorliegen. Einer fährt, der andere will gefahren werden: Dabei gewährt das Eisenbahnunternehmen zum einen den freien Zugang zu seinen Zügen, zum anderen geht der Fahrgast auf dieses Angebot durch den Einstieg in den Zug ein – das Vertragsverhältnis ist geschlossen. Die Fahrkarte ist hierbei nur das Instrument, das den Beförderungsvertrag verkörpert. Doch durch die Willenserklärungen entsteht auch ohne dieses Instrument ein Vertrag. Und deshalb gelten die Beförderungsbedingungen als Vertragsbestandteil, und eine Vertragsstrafe kann vereinbart werden. In welcher Höhe eine solche Vertragsstrafe rechtmäßig ist, muss das zuständige belgische Gericht nun entscheiden.

Hinweis: Der relevante Fall spielte sich zwar in Belgien ab, ist jedoch für ganz Europa maßgeblich. Steigt also auch hierzulande ein Fahrgast ohne gültigen Fahrschein in einen Zug ein, schließt er damit einen Vertrag. Gut zu wissen!

Quelle: EuGH, Urt. v. 07.11.2019 – C-349/18

Thema: Sonstiges

EU-Richtlinie: Onlinehändler müssen nicht zwingend telefonisch erreichbar sein, wenn andere Kontaktwege offenstehen

Wer Onlinekäufe tätigt, weiß, dass der Wunsch zur Kontaktaufnahme oftmals erst nach mehreren Klicks erfüllt werden kann. Wie es sich mit der EU-Konformität solcher digtalen Irrwege verhält, wollte der Bundesgerichtshof (BGH) am folgenden Beispiel vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) geklärt wissen.

Ein Verbraucherverband war der Auffassung, Amazon würde gegen geltendes Recht verstoßen, da die Onlineplattform die Verbraucher nicht in klarer und verständlicher Weise über ihre Telefonnummer und ihre Telefaxnummer informierte. Der Rückrufservice von Amazon erfülle nach Ansicht der Verbraucherschützer somit nicht seine Informationspflichten, da für den Verbraucher eine Vielzahl von Schritten erforderlich sei, um mit einem Ansprechpartner des Unternehmens in Kontakt zu treten. Deshalb wollte nun der BGH vom EuGH wissen, ob ein Online-Unternehmer verpflichtet sei, einen Telefon- oder Telefaxanschluss bzw. ein E-Mail-Konto neu einzurichten, damit die Verbraucher mit ihm in Kontakt treten können.

Laut EuGH ist ein Unternehmer jedoch nach der entsprechenden EU-Richtlinie nicht dazu verpflichtet, einen Telefonanschluss oder Telefaxanschluss bzw. ein E-Mail-Konto neu einzurichten. Die Richtlinie verpflichtet nur dann zur Übermittlung der Telefon- oder Telefaxnummer bzw. einer E-Mail-Adresse, wenn der Unternehmer bereits über diese Kommunikationsmittel mit den Verbrauchern verfügt. Die Richtlinie verpflichtet ihn dazu, dem Verbraucher ein Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen, das eine direkte und effiziente Kommunikation gewährleistet. Um diese Pflichten zu erfüllen, darf das Unternehmen jedoch auch auf andere Kommunikationsmittel als die in der Richtlinie genannten zurückgreifen.

Hinweis: Amazon und vergleichbare Online-Plattformen sind demnach nicht verpflichtet, dem Verbraucher vor Vertragsabschluss stets eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17

Thema: Sonstiges

EU-Fluggastrechteverordnung: Für Gesamtbuchung verantwortliches EU-Reiseunternehmen haftet bei Verspätungen EU-externer Partner

Wie es sich mit Entschädigungsansprüchen von Flugreisenden verhält, die innerhalb der EU starten und erst in einem Drittstaat Schäden durch Flugverspätungen erleiden, musste kürzlich der Europäische Gerichtshof (EuGH) klären.

Ein Mann buchte bei einer tschechischen Airline einen Flug von Prag über Abu Dhabi nach Bangkok. Der erste Teilflug mit Umstieg, der von der tschechischen Airline durchgeführt wurde und von Prag nach Abu Dhabi ging, war pünktlich. Der zweite Teilflug, der von Etihad Airways, einem Luftfahrtunternehmen außerhalb der EU, durchgeführt wurde und von Abu Dhabi nach Bangkok ging, hatte bei der Ankunft mehr als acht Stunden Verspätung. Dabei führte Etihad Airways den Flug für das tschechische Luftfahrtunternehmen durch. Der Passagier wollte nun Ansprüche gegen das tschechische Luftfahrtunternehmen durchsetzen. Das Gericht in Prag wollte vom EuGH nun wissen, ob das tschechische Unternehmen zur Zahlung des Ausgleichs nach der EU-Fluggastrechteverordnung verpflichtet ist.

Der EuGH bejahte dies. Bei Flugverbindungen von einem EU-Mitgliedstaat in einen Drittstaat mit Umstieg in einem anderen Drittstaat, die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, ist das Luftfahrtunternehmen des ersten Teilflugs zu einem Ausgleich verpflichtet. Das gilt zumindest dann, wenn es bei der Ankunft des zweiten Teilflugs, der von einem Luftfahrtunternehmen von außerhalb der Gemeinschaft durchgeführt wurde, zu einer erheblichen Verspätung gekommen ist.

Hinweis: Immer, wenn ein Flugzeug mehr als drei Stunden Verspätung hat, sollten Passagiere darüber nachdenken, Entschädigungsansprüche geltend zu machen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 11.07.2019 – C-502/18

Thema: Sonstiges