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Schlagwort: Letztversterbenden

Gemeinschaftliches Testament: Auch die (eigentlich übliche) gegenseitige Erbeinsetzung muss explizit erwähnt werden

Bei gemeinschaftlichen Testamenten setzen sich die Ehegatten üblicherweise gegenseitig zu Erben des Erstversterbenden ein und ihre Kinder zu Erben des Letztversterbenden. Dass dabei aber auf eine genaue und eindeutige Formulierung geachtet werden sollte, zeigt der Erbrechtsfall, der kürzlich vor dem Oberlandesgericht München (OLG) landete.

Ein Ehepaar hatte ein von ihm eigenhändig ge- und unterschriebenes Testament errichtet, in dem es unter anderem verfügte: „Wir (…) wollen, dass nach unserem Tod das Haus unser Sohn … bekommt. Er muss aber unserer Tochter 35 % ausbezahlen.“ Nach dem Tod der Ehefrau beantragte der Ehemann beim Nachlassgericht einen Alleinerbschein, was das Nachlassgericht jedoch ablehnte. Es war der Ansicht, dass das Testament keine Regelung für den ersten Erbfall enthielt – also den Tod eines der Ehegatten.

Das OLG bestätigte in der nächsten Instanz diese Entscheidung. Es stellte klar, dass das Testament keine ausdrückliche Erbeinsetzung des Ehemannes enthält und sich eine solche auch nicht durch Auslegung des Testaments ergibt. Die gegenseitige Erbeinsetzung kann nicht allein aufgrund der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments angenommen werden, wenn sonst keinerlei Anhaltspunkte im Testament zu finden sind. Insbesondere die Formulierung „nach unserem Tod“ hielt das Gericht nicht für einen solchen Anhaltspunkt, da dies auch im Sinne von „wenn wir beide tot sind …“ verstanden werden kann – und das kann ebenso gut zur Begründung dafür herangezogen werden, dass die Eheleute (gerade nur) den Tod des Letztversterbenden regeln wollten.

Hinweis: In dieser Entscheidung stellte das Gericht klar, dass es nicht ausreicht, dass Ehegatten sich in gemeinschaftlichen Testamenten üblicherweise gegenseitig selbst bedenken. Eine Erbeinsetzung, die in dem Testament nicht enthalten und nicht einmal angedeutet ist, kann auch nicht durch Auslegung hineingedeutet werden.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 12.11.2019 – 31 Wx 183/19

Thema: Erbrecht

Pflichtverstoß gegen den Erbvertrag: Schlusserbe erleidet keinen Schaden, wenn Immobilien ohne Zustimmung durch Vorerben verkauft werden

Erbvertragliche Regelungen schon zu Lebzeiten zu treffen, ist sinnvoll. Doch selbst dann ist nicht ausgeschlossen, dass es im Ernstfall zu Streitigkeiten kommt. Dass selbst innerhalb eines noch so einig scheinenden Familienverbunds über Schadensersatzregelungen bei Verstößen gegen das Ausgemachte nachgedacht werden sollte, zeigt der folgende Fall des Landgerichts Saarbrücken (LG).

Eine Frau hatte mit ihren Eltern einen Erbvertrag geschlossen, in dem sich die Eltern gegenseitig zu Erben einsetzen und die Tochter zur Erbin des letztversterbenden Elternteils. Im Gegenzug verzichtete die Tochter auf ihren Pflichtteil nach dem Tod des Erstversterbenden und die Eltern verpflichteten sich ihrerseits dazu, über die Veräußerung von Immobilien nicht ohne die Zustimmung der Tochter zu entscheiden. Nach dem Tod des Vaters adoptierte die Mutter jedoch ihre Enkelin – die Tochter ihrer Tochter – und verkaufte eine der Immobilien. Dagegen wehrte sich die Tochter und verlangte Schadensersatz aus dem Erbvertrag. Sie trug dabei vor, dass die Adoption ihrer Tochter nur zu dem Zweck erfolgt sei, über deren Pflichtteilsrecht den Wert ihres Erbes zu schmälern, und dass auch der Verkauf der Immobilie ein bewusster und vorsätzlicher Verstoß gegen die Verpflichtung im Erbvertrag darstellt.

Das LG entschied jedoch, dass der Verkauf der Immobilie zwar einen Pflichtverstoß gegen den Erbvertrag darstellt, da er ohne Zustimmung der Tochter erfolgte, dass ihr dadurch aber kein Schaden entstanden ist. Es führte aus, dass die bloße Erbanwärterstellung für sich genommen keinen Vermögenswert hat, denn die Tochter hat als Schlusserbin lediglich die Möglichkeit, später Erbin zu werden, indem sie den letztversterbenden Erblasser überlebt. Somit hat sich durch den Verkauf des Hauses das Vermögen der Tochter nicht verringert – es ist ihr somit auch kein Schaden entstanden.

Hinweis: Das Gericht verwies dabei darauf, dass es den Vertragsparteien freigestanden hätte, in dem Erbvertrag die Höhe des Schadensersatzes zu regeln. Hätten sie dies getan, hätte der Tochter auch ein entsprechender Schadensersatz zugestanden. Denkbar ist es also, in einem solchen Erbvertrag als Vertragsstrafe vorzusehen, dass der Verkaufserlös einer Immobilie, die ohne Zustimmung verkauft wurde, an die Kinder auszuzahlen ist. Ebenso können entsprechende Regelungen für den Fall getroffen werden, dass die Immobilie ohne Zustimmung verschenkt wird. Möglich ist es zudem, eine entsprechende Sicherung im Grundbuch einzutragen. Dies hatte der Notar in diesem Fall auch vorgeschlagen, die Vertragsparteien hatten dies aber „wegen des familiären Verhältnisses und aus Kostengründen nicht gewünscht“.

Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 27.09.2018 – 14 O 35/17

Thema: Erbrecht

Gemeinschaftliches Testament: Auch eine späte Unterschrift schützt nicht vor der Bindung der Verpflichtungen

Zwischen Eheleuten ist es üblich, das Erbe gemeinsam zu regeln. Trotzdem kann es nach dem Tod eines Partners vorkommen, dass der überlebende Ehegatte über das gemeinsame Vermögen anders verfügen möchte als ursprünglich gemeinsam festgelegt. Daher stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit er an die gemeinsame Festlegung gebunden ist.

Ein Mann hatte mit seiner ersten Ehefrau, der Mutter seiner Söhne, ein Testament errichtet. Das Testament war mit „Gemeinschaftliches Testament“ überschrieben und bestimmte, dass die Eheleute sich gegenseitig zu Erben einsetzen, und als Erben des Letztversterbenden schließlich die gemeinsamen Kinder. Die Ehefrau hatte dieses Testament erst sechs Jahre später unterschrieben und den Satz hinzugefügt: „Das vorstehende Testament meines Ehemannes soll auch als mein Testament gelten“. Nach dem Tod der ersten Frau heiratete der Mann erneut und setzte seine zweite Frau zur Alleinerbin ein. Als der Mann starb, stritten sich die Söhne und seine zweite Ehefrau nun logischerweise darum, wer jetzt Erbe geworden war.

Das Gericht ging davon aus, dass das Testament, das der Mann mit seiner ersten Ehefrau errichtet hatte, in der Tat ein gemeinschaftliches Testament war – auch wenn die Ehefrau es erst Jahre später unterschrieben hatte. Daher war der Mann an die darin enthaltenen Verfügungen gebunden und konnte sie nicht widerrufen. Er war somit nicht berechtigt, seine zweite Frau als Alleinerbin einzusetzen.

Hinweis: Üblicherweise wird ein gemeinschaftliches Testament in der Weise errichtet, dass einer der Ehegatten das Testament schreibt und beide Ehegatten es unterschreiben. Wie dieser Fall zeigt, ist jedoch auch ein späterer Beitritt möglich. Vorher sollte man sich überlegen, ob wirklich ein gemeinschaftliches Testament gewollt ist, und die Konsequenzen der Bindungswirkung genau überdenken.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 01.12.2011 – 31 Wx 249/10
Thema: Erbrecht