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Schlagwort: Nachlieferung

Dieselskandal: Autohändler muss zur Nachlieferung das Nachfolgemodell zur Verfügung stellen

Viel ist über den Abgas- oder auch Dieselskandal geschrieben und geurteilt worden. Dass dennoch längst nicht alle Fragen geklärt sind, zeigt dieser Fall des Oberlandesgerichts Köln (OLG). Dieses war mit der Beurteilung beauftragt worden, was passiert, wenn ein Autohaus sich weigert, ein Modell der Nachfolgegeneration zu liefern, und stattdessen auf das Softwareupdate verweist.

 

Die Käuferin und spätere Klägerin hatte von dem beklagten Autohaus einen neuen VW Touran der ersten Generation gekauft. Seit 2015 wird nur noch die Folgegeneration des Fahrzeugs hergestellt. Das von der Klägerin erworbene Fahrzeug war mit der von VW als „Umschaltlogik“ bezeichneten Software ausgestattet, die dazu führt, dass das Fahrzeug lediglich im Testmodus die gesetzlichen Abgasvorgaben erfüllt – nicht aber im Betriebsmodus. Die Klägerin hatte das Fahrzeug daher als mangelhaft beanstandet und die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs verlangt.

Das OLG hat das Autohaus auch durchaus zur Lieferung eines konkret spezifizierten Neufahrzeugs der Nachfolgegeneration verpflichtet. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass der Anspruch auf Nachlieferung in der Tat möglich ist, obwohl es kein Neufahrzeug der ersten Generation mehr gibt. Der Nachlieferungsanspruch kann durch Lieferung eines Nachfolgemodells erfüllt werden. Allerdings muss die Klägerin das alte Fahrzeug zurückgeben und Wertersatz für dessen Nutzungen zahlen.

Hinweis: Im vorliegenden Fall ging es um Nachlieferung – nicht um Nachbesserung! Dass die Nachlieferung gegenüber der Nachbesserung durch Aufspielen eines Softwareupdates unverhältnismäßig sei, konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen. Unverhältnismäßigkeit komme nur in Betracht, wenn das Softwareupdate grundsätzlich zur Mangelbeseitigung geeignet sei. Nach der Installation des Updates besteht nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht mehr die Gefahr der Versagung der Betriebserlaubnis. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Softwareupdate Folgeprobleme verbunden sind. Der Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 02.04.2020 – 18 U 60/19

 Thema: Verkehrsrecht

Abgasskandal in Berufung: Autohändler muss kein fabrikneues Ersatzfahrzeug anstelle des Softwareupdates stellen

Nachdem die ersten Urteile zum Abgasskandal gesprochen wurden, ist nun die Zeit der – wer hätte es gedacht? – Berufungsverfahren gekommen. In dem folgenden Fall war das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) gefragt. Lesen Sie selbst.


Der Käufer eines VW hatte gegen das Autohaus als Verkäufer mit dem Ziel geklagt, einen fabrikneuen Pkw im Austausch gegen sein Fahrzeug zu bekommen, in dem ein Motor der Baureihe EA 189 mit einer sogenannten Abschaltautomatik verbaut war.

Das OLG schloss sich der Vorinstanz, dem Landgericht Braunschweig, an und bestätigte, dass die Klage abzuweisen sei. Der Käufer hat keinen Anspruch gegen das Autohaus auf Nachlieferung eines mangelfreien fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeugs. Das Gericht geht zwar durchaus von einem vorliegenden Sachmangel aus. Ein Fahrzeug mit der vorliegenden Steuerungssoftware weise nicht die Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die der Käufer erwarten könne. Dennoch könne der Käufer im konkreten Fall keine Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs verlangen. Diese Ersatzlieferung wäre im Vergleich zur Nachbesserung des Fahrzeugs durch Aufspielen eines ebenfalls zur Mangelbeseitigung geeigneten Softwareupdates nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.

Hinweis: Im Verhältnis zu den Kosten des Aufspielens des Softwareupdates liegen die Kosten für die Beschaffung eines mangelfreien Fahrzeugs, von denen der Wert des zurückzugebenden Fahrzeugs abzuziehen ist, um mehr als das 117-fache höher. Dies ermögliche es dem Autohaus als Verkäufer, die vom Käufer gewählte Form des Gewährleistungsrechts zu verweigern. Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Hinweisbeschluss vom 22.02.2019 (VIII ZR 225/17) zur Frage der Verhältnismäßigkeit nicht abschließend geäußert, so dass hierzu nach wie vor dessen Grundsatzentscheidung erwartet wird.

Quelle: OLG Braunschweig, Urt. v. 13.06.2019 – 7 U 289/18

Thema: Verkehrsrecht

Vor Rücktritt und Schadensersatz: Verkäufer müssen den Einwand zur Unverhältnismäßigkeit der Reparatur rechtzeitig erheben

Ein Verkäufer kann die Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung nicht mehr einwenden, wenn der Käufer entweder den Rücktritt erklärt, eine Minderung begehrt oder gar Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat.

Nachdem der Käuferin ihr bei einem Autohaus gekauftes Fahrzeug mit Tageszulassung übergeben wurde, stellte sie fest, dass sowohl das Fahrzeugauspuffrohr als auch der Tank beschädigt waren. Dabei handelte es sich um einen Transport- oder Ladeschaden, der durch aufgebrachten Unterbodenschutz kaschiert, aber nicht fachgerecht beseitigt wurde. Die Kundin erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückerstattung des Kaufpreises.

Das Oberlandesgericht Hamm hat das Autohaus zur Rücknahme des Fahrzeugs gegen Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt. Denn nach dessen Auffassung gehört zur üblichen und berechtigterweise vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit eines mit Tageszulassung verkauften Fahrzeugs, dass ein Transportschaden vor Auslieferung fachgerecht beseitigt wird. Nachdem die Käuferin dem Autohaus erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, durfte sie berechtigterweise vom Kaufvertrag zurücktreten. Der Einwand des Autohauses zur Unverhältnismäßigkeit der Reparaturkosten erfolgte hierbei zu spät. Denn diesen Einwand muss der Verkäufer erheben, solange noch ein Nacherfüllungsanspruch besteht – also bevor der Käufer den Rücktritt oder gar Schadensersatz verlangt.

Hinweis: Das Urteil ist sowohl für Käufer als auch Verkäufer von besonderer Bedeutung. Ein Käufer, der sich für eine Art der Nacherfüllung (Rücktritt oder Schadensersatz) entschieden hat und dies gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hat, kann nicht zeitlich unbegrenzt seine Wahl ändern. Andererseits ist der Verkäufer verpflichtet, den Einwand der unverhältnismäßigen Kosten einer Instandsetzung rechtzeitig zu erheben – nämlich in der Zeit, in der ein Käufer entsprechend seiner rechtlichen Verpflichtung den Verkäufer zur Nachbesserung auffordert.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 21.07.2016 – 28 U 175/15
Thema: Verkehrsrecht