Sittenwidriges Testament: Gerichtlich bestellte Betreuer müssen ihre Aufgaben ohne Erwartung von Zuwendungen erfüllen
Die „pflegende Erbschleicherin“ hat es zu vielfachen Ruhm in diversen Thrillern geschafft. Dass erst jetzt ein Gesetzentwurf in Arbeit ist, der solch einem Treiben beruflicher Betreuer Einhalt gebieten soll, heißt aber nicht, dass es nicht bereits schon jetzt unter scharfer Beobachtung steht. Denn einem solchen sittenwidrigen Geschäft hat auch das Oberlandesgericht Celle (OLG) erst kürzlich ein klares „Nein!“ entgegengehalten.
In dem zu entscheidenden Fall war der nicht verheiratete und kinderlose Erblasser 2012 verstorben. Seit dem Jahr 2005 war für den Erblasser eine Berufsbetreuerin bestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Erblasser bis zu seinem Tod auf einer gerontopsychiatrischen Pflegestation untergebracht. Im Mai 2005 errichtete der Erblasser noch ein notarielles Testament, in dem er seine Berufsbetreuerin sowie einen „Seniorenbetreuer“, der gelegentliche Besorgungen für den Erblasser erledigte, hälftig zu Miterben einsetzte. Nach dem Tod des Erblassers beantragte die zur Erbin berufene Berufsbetreuerin die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, den das Gericht jedoch rechtskräftig zurückwies. In der Folge wurde ein Nachlasspfleger eingesetzt, der mit der Ermittlung von Erben und der Sicherung des Nachlasses beauftragt war. Im Zuge dieser Tätigkeit kam es dann zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Nachlasspfleger und der Berufsbetreuerin, die in dieser Auseinandersetzung geltend machte, Miterbin nach dem verstorbenen Erblasser geworden zu sein.
Das OLG hat jedoch festgestellt, dass das notarielle Testament nicht nur wegen der damaligen Testierunfähigkeit des Erblassers unwirksam ist – darüber hinaus war das Testament auch wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Für die Prüfung der Sittenwidrigkeit komme es immer auf den konkreten Einzelfall an, wobei es nicht erforderlich sei, dass sich die Beteiligten bewusst darüber waren, dass das Rechtsgeschäft sittenwidrig sei. Es sei ebenso wenig erforderlich, dass mit dem Geschäft überhaupt eine Schädigungsabsicht verbunden sei. Ausreichend sei, dass der Handelnde die Tatsachen kenne, aus denen sich eine Sittenwidrigkeit objektiv ergeben könne. Ein Betreuer ist ein vom Vormundschaftsgericht gestellter staatlicher Beistand zur Fürsorge in rechtlichen und persönlichen Angelegenheiten. Aus diesem Grund muss von ihm auch erwartet werden, dass er seine Aufgabe auch ohne die Erwartung besonderer Zuwendungen von Seiten des Betreuten ausübt.
Hinweis: In einem aktuellen Gesetzentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ist ein Verbot vorgesehen, dass berufliche Betreuer Geld oder geldwerte Leistungen von den Betreuten annehmen dürfen.
Quelle: OLG Celle, Urt. v. 07.01.2021 – 6 U 22/20
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