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Schlagwort: OLG Frankfurt

Achtung: Einsatzfahrzeug!: Kein Schadensersatz nach Kollision mit auf dem Seitenstreifen fahrenden Polizeifahrzeug

Nutzt ein Einsatzfahrzeug der Polizei den Seitenstreifen, weil es zu einem Verkehrsunfall auf einer Bundesautobahn gerufen worden ist, ist die Nutzung des Seitenstreifens von Sonderrechten des Polizeieinsatzfahrzeugs gedeckt. Dabei ist es nicht entscheidend, dass sich zwischenzeitlich bereits Rettungsgassen gebildet haben.

Nach einem Verkehrsunfall auf einer Bundesautobahn fuhr ein Autofahrer vom mittleren auf den rechten Fahrstreifen, um den anderen Fahrzeugen folgend eine Rettungsgasse zu bilden. Hierbei geriet er mit dem rechten Kotflügel auf den Seitenstreifen, wo zu diesem Zeitpunkt ein Polizeifahrzeug mit Blaulicht fuhr. Es kam zur Kollision.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass dem die Spur wechselnden Fahrer keine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Land als Halter des Polizeieinsatzfahrzeugs zustehen. Der Unfall ist allein durch den Fahrer des die Fahrspur wechselnden Autos verursacht worden, weil er über die Begrenzungslinie hinaus auf den Seitenstreifen geraten ist. Damit hat er gegen das Gebot der Fahrbahnbenutzung verstoßen, weil er in der konkreten Situation nicht die durchgehende Linie überfahren durfte, die Fahr- und Seitenstreifen trennt. Ein weiteres Verschulden sah das Gericht darin, dass der Fahrer das auf dem Seitenstreifen mit Blaulicht und mäßiger Geschwindigkeit (45-50 km/h) fahrende Einsatzfahrzeug nicht bemerkt hat.

Hinweis: Polizei-, Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeugen können unter besonderen Umständen Sonderrechte zustehen, die sie allerdings nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausüben dürfen. Den Erfordernissen der Verkehrssicherheit kommt stets Vorrang gegenüber dem Interesse des Einsatzfahrzeugs am raschen Vorwärtskommen zu. Das Gericht hat vorliegend zutreffenderweise kein sorgfaltswidriges Verhalten der Polizeibeamten gesehen, weil diese den Seitenstreifen lediglich mit einer Geschwindigkeit von 45-50 km/h befuhren.

Quelle: OLG Frankfurt, Urt. v. 14.03.2016 – 1 U 248/13

Thema: Verkehrsrecht

Unterhalt: Vorsicht bei Vereinbarungen zu Lasten der Sozialhilfe

Hat ein Ehegatte für das tägliche Leben nach der Scheidung weniger Geld zur Verfügung als bisher, kann ihm ein Anspruch auf Unterhalt zustehen. Der andere Ehegatte mag geltend machen, es sei nicht seine Aufgabe, ein etwa vorhandenes Defizit auszugleichen.

Wollen die geschiedenen Ehegatten nicht miteinander streiten, stellen sie sich häufig die Frage, wann der Staat helfend einspringen muss.

Ehegatten müssen sich wegen etwaiger Unterhaltsansprüche nicht streiten, auch nicht gerichtlich. Die Möglichkeiten, sich außergerichtlich zu einigen, sind aber begrenzt. Eine Vereinbarung, nach der der Ehegatte, der Unterhalt benötigt, auf seinen Unterhaltsanspruch verzichtet, um sodann vom Staat Sozialhilfe zu erhalten, ist unwirksam. Was aber gilt, wenn unklar ist, ob ein Unterhaltsanspruch besteht und die Ehegatten diese Unklarheit beseitigen, indem sie eine Vereinbarung treffen, aufgrund derer keine Zahlungen zu leisten sind?

Geklärt ist in der Rechtsprechung, dass in unklaren Situationen Vereinbarungen über den Unterhalt geschlossen werden können. Wenn dadurch aber dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widersprochen wird, müssen die geschiedenen Ehegatten damit rechnen, dass ihre Vereinbarung als unwirksam behandelt wird.

Hinweis: Es ist naheliegend, dass Ehegatten sich nicht darauf verständigen dürfen, dass das Geld vom Sozialamt zu holen sei. Allerdings muss ein Unterhaltsstreit auch nicht unerbittlich bis zum letzten Cent geführt werden, um zu vermeiden, dass Leistungen des Staates in Anspruch genommen werden müssen. In Einzelfällen kann es aber angemessen sein, das Gericht entscheiden zu lassen, um dem Vorwurf einer einvernehmlichen Regelung zu Lasten der Sozialhilfe von vornherein zu entgehen.

Quelle: OLG Frankfurt, Beschl. v. 01.04.2015 – 4 UF 373/14

Thema: Familienrecht

Aufklärungsobliegenheit: Kein Kaskoschutzanspruch nach unerlaubtem Entfernen vom Unfallort

Entfernt sich der Versicherungsnehmer nach einem Unfall unerlaubt vom Unfallort, verletzt er seine Aufklärungspflicht – mit der Folge, dass der Kaskoversicherer nicht zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet ist.

Gegen 2:30 Uhr kam der Fahrer eines Pkw von der Fahrbahn ab und prallte mit seinem Fahrzeug gegen die Sandsteinmauer eines Hauses. Gegenüber seinem Kaskoversicherer gab er an, er hätte aufgrund einer die Straße überquerenden Katze das Steuer verrissen. Da er nachts niemanden wecken wollte, habe er sich zu seiner Wohnung begeben und sei am nächsten Morgen zu dem Grundstück zurückgegangen.

Trotz Klingelns habe ihm niemand geöffnet, so dass er einen Zettel im Briefkasten hinterlassen habe. Den an seinem Fahrzeug entstandenen Schaden verlangt er von seiner Kaskoversicherung ersetzt, die dies wegen einer Aufklärungsobliegenheitsverletzung ablehnte.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat dem Kaskoversicherer Recht gegeben. Nach den Allgemeinen Kraftfahrt-Bedingungen ist der Versicherungsnehmer gehalten, nach Eintritt des Versicherungsfalls an der Unfallstelle zu bleiben, bis die Polizei oder der Geschädigte eintreffen und die erforderlichen Feststellungen zum Unfallhergang und der Beteiligung des Versicherungsnehmers getroffen wurden. Der Pkw-Fahrer wusste, dass er die Sandsteinmauer gestreift und beschädigt hat. Dass er die Unfallstelle nicht verlassen darf, ist zudem jedem Kraftfahrer bekannt. Somit hatte er seine Aufklärungspflicht bereits verletzt, als er in der Nacht den Unfallort verließ. Dass er am nächsten Morgen beim Geschädigten geklingelt hat, ist unerheblich. Denn das Ermöglichen nachträglicher Feststellungen kann nur einen Versicherungsnehmer entlasten, der sich in erlaubter Weise vom Unfallort entfernt hat.

Hinweis: Diese Entscheidung entspricht der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung. Wie das OLG Frankfurt haben zuvor bereits das OLG Stuttgart und das OLG Naumburg entschieden, dass der Versicherungsnehmer bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort eine Aufklärungsobliegenheitsverletzung begeht.

Quelle: OLG Frankfurt, Urt. v. 02.04.2015 – 14 U 208/14
Thema: Verkehrsrecht

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