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Schlagwort: OLG Köln

Wenn einer bleibt: Über Rechte und Pflichten zur ehemals gemeinsamen Wohnung entscheidet der Mietvertrag

Das Mietverhältnis der Familienwohnung ist in vielerlei Hinsicht besonders, wenn es zu Trennung und Scheidung kommt. Es kommt plötzlich auf Dinge an, die in der „guten Zeit“ keiner bedacht hatte. Einer von vielen derartigen Punkten: die Mietkaution.

Die Ehegatten leben in einer gemieteten Wohnung. Es kommt zu Trennung und Scheidung. Einer der Ehegatten bleibt zunächst noch in der Wohnung, während der andere bereits ausgezogen ist. Später zieht dann auch der andere aus. Wer kann nun die Kaution für sich beanspruchen?

Ganz wesentlich ist der Blick in den Mietvertrag: Wer ist dort als Mieter aufgeführt? Das ist bereits wichtig für die Frage, wer dem Vermieter eine Kündigungserklärung abgeben muss. Denn entscheidend ist, wer formal der Mieter ist. Sind beide Ehegatten als Mieter eingetragen, müssen sie auch gemeinsam kündigen – unabhängig davon, was für einen Rosenkrieg sie anlässlich Trennung und Scheidung führen. Ebenso verhält es sich mit dem Kautionsguthaben: Waren beide Ehegatten Mieter, steht es beiden gemeinsam zu. War dagegen nur ein Ehegatte als Mieter eingetragen, kann dieser die Kaution für sich allein verlangen. Nicht maßgeblich ist, wer die Kaution bezahlt hat. Denn die Zahlung wird als Teil des Unterhalts angesehen.

Hinweis: Oft wird nicht beachtet, dass der Gesetzgeber den Mietern ein Recht eingeräumt hat, für die Zeit nach der Scheidung zu bestimmen, wer von ihnen hinsichtlich der gemeinsam gemieteten Wohnung künftig der alleinige Mieter ist. Teilen sie dem Vermieter übereinstimmend mit, welcher Ehegatte die Wohnung übernimmt, muss der Vermieter dies hinnehmen. Somit kann man Streitereien vermeiden, die sonst Jahre später noch auftreten können, wenn der in der Wohnung verbliebene Mieter schließlich auszieht und der Vermieter Ansprüche anmeldet, mit denen der längst ausgezogene Ehegatte eigentlich nichts zu tun hat, für die er aber dem Vermieter gegenüber einzustehen hat.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 02.05.2016 – II-25 UF 2/16
Thema: Familienrecht

„Wie machen sich die Kinder?“ Auch Elternteile ohne Sorgerecht können Auskunftsansprüche zustehen

Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder, wenn sie miteinander verheiratet sind.

Sind sie es nicht, hat die Mutter das Sorgerecht, der Vater nur dann, wenn es ausdrücklich so festgestellt wird. Derjenige, dem das Sorgerecht zusteht, kann sich über die Situation seines Kindes auch dann erkundigen, wenn der andere Elternteil dies nicht möchte. Welche Möglichkeiten aber hat dabei der Elternteil, dem das Sorgerecht nicht zusteht?

Das Gesetz hält für diesen Fall eine Regelung bereit. Danach kann bei Vorliegen berechtigten Interesses jeder Elternteil vom anderen Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen – sofern dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht. Genau darauf berief sich ein Vater vor dem Oberlandesgericht Köln, der nach schweren Auseinandersetzungen zu seinen drei Kindern aus einer nichtehelichen Beziehung jahrelang keinen Kontakt hatte. Es war auch nicht abzusehen, dass sich dies ändern werde. Das Gericht billigte dem Vater zu, dass er in Ermangelung der Mitinhaberschaft der elterlichen Sorge und mangels Umgangs mit den Kindern von der Mutter Informationen über die Kinder erhalten kann. Diese hat ihm deshalb zweimal jährlich schriftlich einen Bericht über die gesundheitliche Situation der beiden jüngeren Kinder zu überlassen sowie über deren Freizeitinteressen, Feriengestaltungen und schulische Situationen. Zudem seien die Zeugnisse in Kopie vorzulegen. Bei der älteren Tochter sind nur die Zeugnisse in Kopie zu überlassen. Sie hatte persönlich erklärt, dass sie keine weiteren Informationen hergeben wolle. Und dieser Wille der 15-Jährigen ist nach Ansicht des Gerichts zu akzeptieren.

Hinweis: Streit über den Umgang wie über die elterliche Sorge ist ebenso unerfreulich wie der über die Frage, wer wen über was die Kinder betreffend zu informieren hat. Wichtig ist immer, dass nicht nur der oft alles dominierende Streit auf der Elternebene im Blick ist, sondern insbesondere auch der Wille der Kinder.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 28.06.2016 – 10 UF 21/15
Thema: Familienrecht

Testament im Notizbuch: Überschrift, Datum und Unterschrift machen Notiz zur wirksamen letztwilligen Verfügung

Letztwillige Verfügungen werden immer wieder in ungewöhnlicher Form verfasst. Dann stellt sich für Erben und Gerichte die Frage, ob es sich dabei um ein wirksames Testament handelt.

Ein Mann hatte in einem Notizbuch, das er sonst für kurze Aufzeichnungen und Telefoneinträge verwendete, seinen letzten Willen aufgeschrieben und darin seinen früheren Chauffeur und Privatsekretär zum Alleinerben eingesetzt.

Das Gericht bezog sich in seiner Bewertung vor allem darauf, dass in dem Text die Worte „mein Wille“ und „Alleinerbe“ verwendet wurden, dass er datiert und der Text unterschrieben war. Da einfache Notizen in der Regel nicht unterschrieben werden, ging das Gericht im vorliegenden Fall davon aus, dass ein formwirksames handschriftliches Testament vorlag.

Hinweis: Der geschilderte Fall war besonders interessant, da der Erblasser der Bruder und millionenschwere Erbe der ehemaligen persischen Kaiserin Soraya war. Unabhängig davon muss bei solchen unüblichen oder ungewöhnlichen Testamenten stets ermittelt werden, ob der Erblasser damit wirklich seinem letzten Willen Ausdruck verleihen wollte, er also mit Testierwillen gehandelt hat. Je ungewöhnlicher die verwendeten Mittel sind, desto eher wird man diesen Testierwillen anzweifeln. Es empfiehlt sich daher, übliche DIN-A4-Bögen zu verwenden und das Testament an einem sicheren Ort aufzubewahren bzw. beim Nachlassgericht zu hinterlegen.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 22.02.2016 – 2 Wx 12/16
Thema: Erbrecht

Anscheinsbeweis: Wer seine Fahrertür unvorsichtig öffnet, haftet im Ernstfall

Wer die Fahrertür öffnen will, muss den Verkehrsraum vorher durch die Rückspiegel und erforderlichenfalls durch die Fenster beobachten. Reicht der Rückblick nicht weit genug, darf er die Tür langsam nur spaltbreit (bis zu 10 cm) und dann erst weiter öffnen, wenn dadurch mit Gewissheit niemand gefährdet wird.

Der Fahrer eines Pkw öffnete seine Fahrertür in dem Moment, als ein Pkw an dem geparkten Fahrzeug vorbei fuhr. Der Pkw-Fahrer meinte nun, der andere Fahrer sei zu dicht an seinem Fahrzeug vorbeigefahren und habe somit Schuld an dem Unfall.

Kommt es im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Aussteigen zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, spricht der Anscheinsbeweis gegen den Aussteigenden. Dass die Fahrertür des geparkten Fahrzeugs bereits bei Annäherung leicht, aber erkennbar geöffnet gewesen war, konnte hier nicht bewiesen werden. Das Oberlandesgericht Köln vertritt die Ansicht, dass die für beide Richtungen freigegebene Fahrbahn laut eines Sachverständigengutachtens mit einer Breite von nur 3,35 m nicht als großzügig beurteilt werden kann. Daher kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass dem fließenden Verkehr ein Seitenabstand von mindestens 1 m zu parkenden Fahrzeugen zumutbar sei. Dieser fließende Verkehr hat dem ruhenden gegenüber Vorrang. Er darf auf die Beachtung dieses Vorrechts vertrauen und muss deshalb beim Vorbeifahren nicht mit einem plötzlichen weiträumigen Öffnen von Fahrzeugtüren rechnen – maximal mit dem zur Rückschau genügenden Öffnen eines Türspalts, und auch das nur, wenn das Fahrzeug nicht zweifelsfrei leer ist.

Hinweis: Wer in ein Fahrzeug ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist. Der Beweis des ersten Anscheins spricht daher für ein alleiniges Verschulden desjenigen, der hiergegen verstößt. Ein Seitenabstand zum geparkten Fahrzeug von 50 cm sollte in jedem Fall eingehalten werden.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 10.07.2014 – 19 U 57/14

Unfallmanipulation: Unbeherrschbarer, gefährlicher Unfallhergang spricht gegen eine Absprache

Die Unbeherrschbarkeit und die besondere Gefahrenträchtigkeit des Unfallhergangs sind wichtige Umstände, die gegen eine Unfallmanipulation sprechen.

Im Bereich einer Baustelle auf einer Bundesautobahn kam es zu einem Verkehrsunfall, weil ein Pkw-Fahrer von der rechten auf die linke Spur hinüberzog und dort mit einem anderen Fahrzeug kollidierte, das daraufhin gegen die Leitplanke fuhr. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers lehnte die Zahlung von Schadensersatz mit der Begründung ab, der Unfall sei vorsätzlich herbeigeführt worden.

Das Oberlandesgericht Köln (OLG) sprach den Schadensersatz dennoch zu. In der Entscheidung weisen die Richter darauf hin, dass wesentliche, für einen fingierten Unfall typische Beweisanzeichen fehlen. Von Bedeutung war für das OLG der Unfallablauf. Zum einen ist die Kollision nicht durch ein Fahrmanöver des Fahrers eingeleitet worden, der auf der linken Fahrspur fuhr. Dies ergab sich nach Vernehmung der Unfallzeugen. Weiterhin haben die Zeugen in ihren Aussagen einen Unfallablauf dargestellt, der mit einer offensichtlichen und erheblichen Gefahr für Leib und Leben der beteiligten Fahrer verbunden war. Diese bestehende Unbeherrschbarkeit und insbesondere die Gefahrenlage des Unfallereignisses sind wichtige Umstände, die gegen einen manipulierten und somit vorsätzlich herbeigeführten Unfall sprechen. Schließlich hat ein vom Gericht bestellter Sachverständiger bestätigt, dass der Unfallhergang, den der Fahrer des auf der linken Spur fahrenden Autos geschildert hatte, zutreffend sein kann. Auch aus der Vernehmung beider Fahrer ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sie den Unfallhergang abgesprochen hatten.

Hinweis: Ob ein Unfall vorsätzlich herbeigeführt und insofern manipuliert ist, sodass Schadenersatzansprüche ausgeschlossen werden können, ist anhand des Einzelfalls zu beurteilen. Gerichte müssen mit Hilfe von Indizien klären, ob von einem gestellten Unfall auszugehen ist. Einzelne Indizien müssen ein Mosaik bilden, das in der Gesamtheit auf eine Unfallmanipulation hinweist.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 22.04.2015 – 11 U 154/14