Wer über Antworten auf offene Fragen mutmaßen muss, sucht nach Anhaltspunkten, die nahelegen, was mit großer Wahrscheinlichkeit gemeint gewesen war. So auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG), das mit der Interpretation eines handschriftlich verfassten letzten Willens betraut wurde. Und siehe da: Die Bestimmung von Ersatzerben gab dem Gericht einen Wink in die vermutet richtige Richtung.
Leben die Kinder nach Trennung bzw. Scheidung bei einem Elternteil, hat der andere ein Recht auf regelmäßigen Umgang. Wurde eine entsprechende Regelung getroffen, geht der Streit meist weiter, sobald die Vereinbarung nicht eingehalten wird. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, was im Krankheitsfall des Kindes gilt – so auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Schleswig (OLG).
Die Mutter hatte dem Vater das gemeinsame Kind zu dem gerichtlich geregelten Umgangstermin nicht herausgegeben mit dem Argument, es habe eine fiebrige Erkältung. Der Vater meinte jedoch, dass die Mutter ihm das Kind dennoch hätte überlassen müssen. Hält sich ein Elternteil nämlich nicht an eine Umgangsvereinbarung, kann der andere als Sanktion die Verhängung eines Ordnungsgeldes und ersatzweise Ordnungshaft beantragen. Das tat der Vater. Die Mutter machte geltend, sie habe es nicht zu vertreten, dass das Kind krank sei und deshalb nicht zum Vater könne. Das sah das Gericht anders.
Das OLG teilte die Ansicht des Vaters, dass sich die Mutter sich nicht an die gerichtliche Regelung hielt. Sie muss nachweisen, dass sie gehindert ist, den Umgang zu ermöglichen. Und das bedeutet, dass sie ein ärztliches Attest vorlegen muss, das hierzu Auskunft in drei Punkten erteilt: Zum einen muss das Attest die Erkrankung (Diagnose), zum anderen die voraussichtliche Dauer der Erkrankung und schließlich auch die Transportunfähigkeit des Kindes ausweisen. Denn ohne den letzten Punkt kann ein Attest nicht ausschließen, dass das Kind die Krankheit nicht auch während des Umgangs beim anderen Elternteil auskurieren kann. Im zur Entscheidung anstehenden Fall fehlte es an einem solchen qualifizierten Attest. Deshalb hatte die Mutter ein Ordnungsgeld zu zahlen.
Hinweis: In der Praxis wird bei einer Umgangsregelung oftmals vergessen, auch zu bestimmen, was im Fall eines ausgefallenen Umgangs eintritt – zum Beispiel, ob dieser dann ersatzlos entfällt oder ob es zu einem Ersatztermin kommt.
Quelle: OLG Schleswig, Beschl. v. 21.08.2018 – 10 WF 122/18
Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder, wenn sie miteinander verheiratet sind.
Sind sie es nicht, hat die Mutter das Sorgerecht, der Vater nur dann, wenn es ausdrücklich so festgestellt wird. Derjenige, dem das Sorgerecht zusteht, kann sich über die Situation seines Kindes auch dann erkundigen, wenn der andere Elternteil dies nicht möchte. Welche Möglichkeiten aber hat dabei der Elternteil, dem das Sorgerecht nicht zusteht?
Das Gesetz hält für diesen Fall eine Regelung bereit. Danach kann bei Vorliegen berechtigten Interesses jeder Elternteil vom anderen Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen – sofern dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht. Genau darauf berief sich ein Vater vor dem Oberlandesgericht Köln, der nach schweren Auseinandersetzungen zu seinen drei Kindern aus einer nichtehelichen Beziehung jahrelang keinen Kontakt hatte. Es war auch nicht abzusehen, dass sich dies ändern werde. Das Gericht billigte dem Vater zu, dass er in Ermangelung der Mitinhaberschaft der elterlichen Sorge und mangels Umgangs mit den Kindern von der Mutter Informationen über die Kinder erhalten kann. Diese hat ihm deshalb zweimal jährlich schriftlich einen Bericht über die gesundheitliche Situation der beiden jüngeren Kinder zu überlassen sowie über deren Freizeitinteressen, Feriengestaltungen und schulische Situationen. Zudem seien die Zeugnisse in Kopie vorzulegen. Bei der älteren Tochter sind nur die Zeugnisse in Kopie zu überlassen. Sie hatte persönlich erklärt, dass sie keine weiteren Informationen hergeben wolle. Und dieser Wille der 15-Jährigen ist nach Ansicht des Gerichts zu akzeptieren.
Hinweis: Streit über den Umgang wie über die elterliche Sorge ist ebenso unerfreulich wie der über die Frage, wer wen über was die Kinder betreffend zu informieren hat. Wichtig ist immer, dass nicht nur der oft alles dominierende Streit auf der Elternebene im Blick ist, sondern insbesondere auch der Wille der Kinder.
Streit um den Kontakt zu den Kindern, also den Umgang mit ihnen, ist meist sehr nervenaufreibend. Das gilt vor allem dann, wenn sogar das Gericht angerufen werden muss, um zu regeln, wann die Kinder bei welchem Elternteil sind.
Ausgangssituation ist häufig die, dass sich Eltern nach Trennung und/oder Scheidung nicht darauf verständigen können, wer von ihnen wann die Kinder bei sich hat. In einem gerichtlichen Verfahren werden dann die offenen Fragen geklärt. Dezidiert geregelt wird,
ob die Kinder an den geraden oder an den ungeraden Wochenenden bei dem nicht betreuenden Elternteil zu Besuch sind,
ob sie bereits am Freitag oder erst am Samstag zu ihm kommen und zu welcher Uhrzeit,
wann sie am Sonntag wieder zu dem anderen Elternteil zurückgebracht werden,
wie wegen Krankheit ausfallende Wochenenden nachgeholt werden, und mitunter auch,
wie genau die Übergabe stattzufinden hat.
Wurde dies alles in qualvoll langer Sitzung bei Gericht mit hoher emotionaler Beteiligung der Eltern geregelt, heißt es danach oft fast lapidar und ohne eine ähnlich präzise Regelung, dass die Ferien zwischen den Eltern hälftig aufgeteilt werden sollen. Die Regelung wird protokolliert und das Gericht erteilt abschließend den Hinweis, dass ein Ordnungsmittel verhängt werden kann, wenn sich ein Elternteil nicht an diese Vereinbarung halten sollte.
Treffen sich die Eltern später erneut bei Gericht, um doch eine genaue Regelung der Ferienzeiten zu treffen, darf ein erneuter Hinweis auf etwaige Ordnungsmittel nicht vergessen werden. Denn nur dann kann für den Fall, dass die Ferien nicht wie vereinbart ablaufen, auch tatsächlich ein Ordnungsmittel verhängt werden.
Hinweis: Umgangsverfahren sind für alle Beteiligten unerfreulich. Eltern müssen im Dialog bleiben und versuchen, die Fragen miteinander zu klären, gegebenenfalls eben auch vor Gericht.
Quelle: BGH, Beschl. v. 03.08.2016 – XII ZB 86/15 Thema: Familienrecht