Alles hängt irgendwie mit allem zusammen? „Irgendwie“ vielleicht, aber das Rechtssystem basiert auf beweisbaren Fakten. Und eben diese gilt es vor Gericht abzuwägen. Ein Architekt könnte sich zwar womöglich mit Sonderabschreibungen auskennen – er muss es aber nicht. Insbesondere gehören derartige Kenntnisse nicht zu seinen Aufgaben bezüglich seiner Aufklärungspflicht Bauherren gegenüber. Und das musste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) im Folgenden darlegen.
Wer für die sogenannte Verkehrssicherung zu sorgen hat, sollte sich besser nicht starr auf allgemeine Richtgrößen verlassen, sondern lieber auf „Nummer sicher“ gehen. Der folgende Fall des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG) zeigt auf, wie wichtig es ist, den oft zitierten Einzelfall zu betrachten und sich in das Alltagsverhalten der Passanten hineinzuversetzen. Denn wer nicht mit Stolperfallen rechnen kann, hat im Ernstfall Schadensersatzansprüche.
Wer meint, im alkoholisierten Zustand rechtlich sicherzugehen, wenn er sich nur noch zu Fuß durch den Straßenverkehr bewegt, irrt gewaltig. In dunkler Kleidung an einem späten Herbstabend eine unbeleuchtete Landstraße entlangzulaufen, kann im Schadensfall doppelt wehtun – wie dieser Fall zeigt.
Im Oktober lief ein Fußgänger gegen 21:48 Uhr auf einer Landstraße – wie sich später herausstellte mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,07 ‰. Schließlich wurde der Mann rund 100 m vor einem Ortseingang von einem Fahrzeug erfasst und verletzt. Nach Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts (OLG) stehen dem Mann allerdings keine Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldansprüche zu.
Der Unfall war darauf zurückzuführen, dass der Fußgänger auf der Fahrbahn lief – und das zudem „alkoholbedingt verkehrsuntüchtig“. Was gern vergessen wird, kam hier zum Tragen: Jeden trifft die Verpflichtung, nicht im Zustand alkoholbedingter Verkehrsuntüchtigkeit am Straßenverkehr teilzunehmen – auch Fußgänger. Bei einer solchen absoluten alkoholbedingten Verkehrstüchtigkeit verweist der Beweis des ersten Anscheins darauf, dass dieser Umstand allein ursächlich für den Unfall war. Die von dem Pkw ausgehende Betriebsgefahr tritt in diesem Fall zurück.
Hinweis: Die Entscheidung des OLG entspricht der allgemeinen Rechtsprechung. Eine Alleinhaftung eines Fußgängers wurde nicht nur in Fällen des Alkoholkonsums (ab 1,10 ‰) gesehen, sondern auch dann, wenn der Fußgänger aufgrund dunkler Kleidung bei Dunkelheit nicht zu erkennen war. In solchen Fällen wurde das Verhalten des Fußgängers als derart grob fahrlässig angesehen, dass eine Mithaftung des Pkw-Fahrers ausgeschlossen werden konnte.
Quelle: Thüringer OLG, Urt. v. 15.06.2017 – 1 U 540/16
Auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann im Mietrecht eine Eigenbedarfskündigung aussprechen.
Vier Personen hatten eine GbR gegründet und ein Haus mit mehreren Wohnungen gekauft. Vor mehr als 20 Jahren begann die GbR mit der Sanierung des kompletten Anwesens und der Aufteilung der Wohnungen. Eine der Wohnungen war bis zuletzt nicht saniert worden. Den Mietern dieser Wohnung kündigte die GbR das Mietverhältnis und begründete diese Kündigung mit dem Eigenbedarf der Tochter eines der vier Gesellschafter. Als die Mieter nicht auszogen, erhob die GbR eine Räumungsklage. Schließlich musste der Bundesgerichtshof entscheiden.
Die Richter urteilten, dass auch eine GbR einen Eigenbedarfsgrund einer ihrer Gesellschafter oder dessen Angehöriger geltend machen kann. Dabei hat ein Vermieter grundsätzlich die Pflicht, den Mietern freie Wohnungen im Objekt anzubieten. Unterlässt er dies, führt das allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung: Der Mieter kann diesbezüglich allenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen. Im Ergebnis hatte die Räumungsklage also Erfolg – die Mieter mussten ausziehen.
Hinweis: Das sollte Vermieter nicht zu unberechtigten Eigenbedarfskündigungen verleiten. Denn die Rechtsfolgen könnten später gravierend sein. Vorgeschobene Eigenbedarfsgründe können zu erheblichen Schadensersatzansprüchen führen.