Skip to main content

Schlagwort: Schlusserbeneinsetzung

Gemeinschaftliche Errichtung entscheidend: Gemeinschaftliches Testament kann auch aus mehreren Urkunden bestehen

Gemeinschaftliche Testamente von Eheleuten haben allein deshalb eine sondere Bedeutung, weil sie bei einer wechselbezüglichen Verfügung durch ihre Bindungswirkung nach Tod des Erstversterbenden nicht mehr abgeändert werden können. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) hatte im Folgenden in einem Erbfall die Frage zu klären, ob es sich bei insgesamt drei Urkunden überhaupt noch um ein gemeinschaftliches Testament der betreffenden Eheleute gehandelt haben kann.

Weiterlesen

Frage von Zeit und Willen: Wann der Tod eines Paars rechtlich als „gemeinsam“ zu bewerten ist

Der folgende Erbrechtsfall des Oberlandesgerichts München (OLG) zeigt einmal mehr: Die Auslegung von letztwilligen Verfügungen ist gerade bei privatschriftlich errichteten Testamenten neben den klaren und eindeutigen Formulierungen von grundlegender Bedeutung, um den Willen der Erblasser so genau wie möglich zu ermitteln.

Weiterlesen

Keine zeitliche Komponente: Oberlandesgericht unterscheidet „gemeinsames Ableben“ von „gleichzeitigem Ableben“

Einmal mehr hatte sich ein Gericht – hier das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) – mit einer testamentarischen Formulierung auseinanderzusetzen und diese rechtskonform auszulegen. Und einmal mehr ist hiernach klar: Je deutlicher ein Testament formuliert ist, desto sicherer ist es, dass der eigene letzte Wille auch so umgesetzt wird, wie man ihn gemeint hat.

Die Eheleute dieses Falls hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten. Darüber hinaus enthielt das Testament eine Regelung, dass im Fall eines „gemeinsamen Ablebens“ die Nichten der Eheleute zu Erben berufen werden. Im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens war streitig, ob es sich bei der Formulierung „im Fall eines gemeinsamen Ablebens“ um eine wirksame Schlusserbeneinsetzung handelt. Wäre dies nicht der Fall, wäre nach dem Tod des überlebenden Ehemannes die gesetzliche Erbfolge zu berücksichtigen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einer jüngeren Entscheidung geurteilt, dass aus der Formulierung „für den Fall des gleichzeitigen Ablebens“ durchaus keinerlei Hinweise auf eine Schlusserbeneinsetzung hergeleitet werden können. Anders sei es aber laut OLG bei der hier gewählten Formulierung. Eine Auslegung des Testaments ergebe, dass der Begriff „gemeinsam“ keine zeitliche Komponente enthalte, wie es im Fall des BGH angenommen wurde, sondern vielmehr in dem Sinne „wenn beide verstorben sind“ zu verstehen sei. Bei dieser Auslegung handelt es sich dann um eine wirksame Schlusserbeneinsetzung.

Hinweis: Zur Vermeidung einer Auslegung des Testaments hinsichtlich der Absicht einer Schlusserbeneinsetzung, die auch zu ungewünschten Ergebnissen führen kann, empfiehlt es sich, den Willen klar und unmissverständlich zu formulieren (z.B. „für den Fall, dass der Überlebende von uns verstirbt …“).

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.04.2021 – 3 Wx 193/20

Thema: Erbrecht

Nach Tod des Ehepartners: Änderungsoption muss im gemeinschaftlichen Testament zu Lebzeiten ausdrücklich vereinbart werden

Wechselbezügliche Verfügungen von Todes wegen entfalten bei Ehegatten eine besondere Bindungswirkung. Wer deshalb zu Lebzeiten nichts anderes vereinbart, kann eine solche wechselseitige Verfügung nach dem Tod eines Ehegatten nicht nachträglich ändern – so wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Bamberg (OLG).

Die Eheleute hatten hier ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben und ihren einzigen Sohn als Schlusserben eingesetzt haben. Das Testament enthielt darüber hinaus eine Klausel, in der sich die Ehegatten eine Änderung der Schlusserbeneinsetzung vorbehalten haben, sofern es durch den Sohn zu „familiären Zuwiderhandlungen“ kommen sollte. Dabei wurde ebenso betont, dass Erben außerhalb der Familie nicht in Betracht kommen sollten. Nachdem die Ehefrau vorverstorben war, errichtete der überlebende Ehemann ein weiteres notarielles Testament, in dem er seinen Sohn sowie seine eigene Lebensgefährtin, mit der er über mehrere Jahre ein außereheliches Verhältnis geführt hatte, zu Miterben einsetzte. In dem notariellen Testament ließ der Erblasser aufnehmen, dass er es als eine familiäre Zuwiderhandlung ansehen, dass sein Sohn ihn in den letzten zwei Jahren nur viermal besucht und sich auch sonst nicht um ihn gekümmert habe. Tatsächlich war das Verhältnis zwischen Vater und Sohn wohl insbesondere deshalb schlecht, weil der Vater die außereheliche Beziehung führte und der Sohn sich auf die Seite der Mutter gestellt hatte, die bis zu ihrem Tod sehr unter der Beziehung ihres Mannes gelitten habe.

Nachdem das Amtsgericht noch von einer familiären Zuwiderhandlung des Sohns ausgegangen war, entschied das OLG in bemerkenswerter Deutlichkeit, dass diese Einschätzung fehlerhaft war. Der Erblasser war an die wechselbezügliche Verfügung beider Ehegatten gebunden. Bei der Auslegung der Formulierung „familiäre Zuwiderhandlung“ komme es nur auf die übereinstimmende Intention beider Eheleute zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments an. Die Verfehlungen des Sohns, wie sie von der Lebensgefährtin des Erblassers dargestellt werden, waren nach Ansicht des OLG jedoch offenkundig weit davon entfernt, was die Eheleute sich bei der Erstellung dieser Klausel vorgestellt hätten. Hierzu hätte es einer nachhaltigen und tiefgreifenden Beeinträchtigung des Familienfriedens bedurft. Dieser ist aber gerade nicht von dem Sohn des Erblassers, sondern vielmehr durch den Erblasser selbst durch das Führen einer außerehelichen Beziehung beeinträchtigt worden. Insoweit hat er sich mit der Neutestierung zugunsten seiner Lebenspartnerin deutlich über den Willen der vorverstorbenen Ehefrau hinweggesetzt.

Hinweis: Eheleute müssen sich bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments bei wechselbezüglichen Verfügungen darüber im Klaren sein, dass diese nach dem Tod eines Ehepartners nach wie vor bindend sind. Wollen die Eheleute sich die Möglichkeit offenhalten, auch nach dem Tod des Ehepartners nachträglich Änderungen vorzunehmen, muss dies ausdrücklich zu Lebzeiten vereinbart werden.

Quelle: OLG Bamberg, Beschl. v. 09.10.2020 – 3 W 43/20

 Thema: Erbrecht

Testament verschollen: Der Scan des originalen Erbvertrags genügt als Nachweis des letzten Willens

Wird ein Testament zu Hause aufbewahrt, besteht stets die Gefahr, dass es verloren geht, vernichtet wird oder nach dem Erbfall nicht mehr auffindbar ist. Dass in solchen Fällen jedoch auch eine Kopie weiterhelfen kann, beweist das folgende Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG).

Ein Mann und seine erste Ehefrau setzten sich gegenseitig zu Alleinerben und als Schlusserben ihre drei Kinder ein. Der überlebende Ehegatte war nach dem Inhalt des betreffenden Erbvertrags berechtigt, nach dem Tod des anderen Ehegatten die Schlusserbeneinsetzung beliebig abzuändern. Nach dem Tod der Frau heiratete der Mann erneut und errichtete mit ihr ein Wohnhaus, für das beide als Miteigentümer eingetragen wurden. Nachdem der Mann verstarb, trug die zweite Ehefrau vor, dass sie ein gemeinsames Testament errichtet hatten, in dem sie als Erbin mehrerer Grundstücke und des Barvermögens eingesetzt wurde und den Kindern jeweils andere Grundstücke zugedacht wurden. Das Original konnte jedoch nicht mehr vorgelegt werden, weil es von dem Mann selbst oder jemand anderem vernichtet worden war. Die Ehefrau hatte jedoch einen Scan des Testaments. Die Kinder und die Ehefrau stritten dann vor Gericht über die Wirksamkeit dieser Testamentkopie.

Das OLG allerdings sah hierin kein Problem und ging davon aus, dass die vorgelegte Testamentskopie einem nicht mehr auffindbaren wirksamen Original entsprach. Ein Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass der Scan aus dem Jahr 2003 nicht nachträglich verändert worden war, um etwa – wie die Kinder behaupteten – die Unterschrift des Mannes hineinzukopieren. Das Gericht sah zudem keine Anhaltspunkte für die Fälschung des Originals und wies auch darauf hin, dass es sich um ein sehr detailliertes und ausgewogenes Testament handelte, das auch die Kinder begünstigte, so dass es fernliegend war, dass die Ehefrau diese Regelungen gefälscht hatte.

Hinweis: Die Wirksamkeit eines Testaments wird nicht davon berührt, dass die Urkunde ohne Wollen und Zutun der Erblasser vernichtet worden oder verloren gegangen ist. Ist ein Testament also im Original nicht mehr auffindbar, können Errichtung und Inhalt des Testaments mit allen zulässigen Beweismitteln belegt werden, wobei an den Nachweis allerdings strenge Anforderungen gestellt werden – auch durch Vorlage einer Kopie. Mehr Sicherheit bietet hier die Hinterlegung des Testaments beim Nachlassgericht.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 05.09.2019 – 3 W 79/18

Thema: Erbrecht

Wechselbezügliche Verfügungen: Die Anfechtung eines Ehegattentestaments durch Dritte ist Bedingungen unterworfen

Wechselbezügliche Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten binden die Ehepartner über den Tod hinaus und können nur durch Anfechtung beseitigt werden. Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, ob auch Dritte – etwa die Kinder eines Ehepaars – solche wechselbezüglichen Verfügungen anfechten können.

Sowohl Klägerin als auch Beklagte sind leibliche Töchter des Ehepaars. Dieses Ehepaar hatte ein handschriftliches gemeinschaftliches Testament verfasst, in dem es sich gegenseitig als Erben und eine der Töchter als Schlusserbin des Letztversterbenden einsetzte. Die andere Tochter wurde in diesem Testament enterbt. Der Mann verfasste dann später ein Einzeltestament, in dem er seine Ehefrau als Alleinerbin einsetzte. Nach seinem Tod legte die Ehefrau dem Nachlassgericht nur dieses nachträgliche Einzeltestament vor. Als dann schließlich auch die Mutter verstarb, fand die Tochter mehr als ein Jahr darauf im Tresor der Eltern das gemeinschaftliche Testament, woraufhin ihre enterbte Schwester dem Nachlassgericht gegenüber die Anfechtung des Testaments wegen eines Motivirrtums ihrer Eltern erklärte: Diese seien damals wütend auf sie gewesen, weil sie entgegen deren Wunsch Sozialpädagogik statt Medizin studiert und ihre Eltern außerdem erfolgreich auf Unterhaltsleistung verklagt hatte. Bereits etwa ein Jahr später hätten sich ihre Eltern jedoch wieder mit ihr versöhnt.

Das Gericht stellte klar, dass auch Dritte derartige wechselbezügliche Verfügungen prinzipiell anfechten können. Dabei ist jedoch entscheidend, ob die wechselbezügliche Verfügung des Erstversterbenden oder des Letztversterbenden angefochten wird. Die Richter entschieden daher in diesem Fall, dass die enterbte Tochter die Verfügung der Mutter zur Schlusserbeneinsetzung nicht anfechten konnte. Denn dieses Recht besteht nur, wenn das Recht des Erblassers, die Verfügung aus demselben Grund anzufechten, zur Zeit des Erbfalls noch nicht erloschen ist. Hier war die Jahresfrist für eine solche Selbstanfechtung durch die Mutter jedoch bereits abgelaufen, da die Mutter selbst den behaupteten Motivirrtum als Anfechtungsgrund bei der Versöhnung mit der Tochter hätte erkennen können.

Bei der Anfechtung der Verfügung des Vaters sah es jedoch anders aus: Beim Erstversterbenden tritt die Bindungswirkung der wechselseitigen Verfügungen nicht ein, da er zu Lebzeiten die Verfügungen widerrufen kann. Das Widerrufsrecht endet mit dem Tod – das Anfechtungsrecht eines Dritten jedoch nicht. Dies hätte nämlich zur Folge, dass eine Anfechtung durch Dritte immer und unabhängig davon ausgeschlossen wäre, ob der Erblasser Kenntnis von Tatsachen hatte, die ein Anfechtungsrecht begründen. Damit wäre es nicht mehr möglich, dem wahren Willen des Erblassers Geltung zu verschaffen. Für einen solch umfassenden Ausschluss der Drittanfechtung bei derartigen Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament lässt sich dem Gesetz jedoch nach Auffassung des Gerichts nichts entnehmen.

Das Gericht verwies die Sache also an das Berufungsgericht zurück, damit dieses ermittelt, ob der Vater sich in einem solchen Motivirrtum befunden hatte. Ist dies der Fall, könnte die enterbte Tochter wirksam anfechten – und ihre Schwester wäre nicht wirksam als Alleinerbin eingesetzt worden.
Hinweis: Gemeinschaftliche Verfügungen können widerrufen werden, solange beide Ehegatten leben – und zwar von beiden ohne Angabe von Gründen. Nach dem Tod eines Ehegatten kann der Überlebende sich gegen diese Verfügungen nur mehr durch Anfechtung wehren. Dazu benötigt er jedoch einen Anfechtungsgrund und muss die entsprechende Frist beachten. Gleiches gilt für einen Dritten, der die Verfügungen des Überlebenden anfechten will. Das Anfechtungsrecht kann also bereits beim Erbfall erloschen sein, wenn der Erblasser den Anfechtungsgrund kannte und nichts unternommen hat. Will ein Dritter jedoch die Verfügungen des Vorverstorbenen angreifen, gilt diese Frist nicht. Sie kann also nie bereits mit dem Tod des Vorverstorbenen abgelaufen sein. In diesem Fall muss der Dritte nur nachweisen, dass sich der Erstversterbende in einem Irrtum befand.

Quelle: BGH, Urt. v. 25.05.2016 – IV ZR 205/15

Thema: Erbrecht

Gemeinschaftliches Testament: Bindungswirkung verfällt bei Vorversterben des Schlusserben

Bei gemeinschaftlichen Testamenten ist der überlebende Ehegatte an die (wechselseitigen) Bestimmungen im Testament gebunden und kann nach dem Tod des Partners nicht mehr frei über sein Vermögen verfügen. Daraus ergeben sich in der Praxis häufig Probleme.

Ein Ehepaar hatte sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt. Nach dem Tod der Ehefrau verfasste der Mann jedoch ein neues Testament, in dem er die gemeinsamen Kinder enterbte und seinen Bruder sowie ein Tierheim bedachte. Der Sohn verstarb vor dem Vater, so dass dessen Schwester nach dem Tod des Vaters geltend machte, Alleinerbin zu sein.

Das Gericht wies darauf hin, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des anderen Ehegatten auch an die Schlusserbeneinsetzung gebunden ist und diese somit nicht eigenmächtig abändern kann. Im vorliegenden Fall war jedoch der Schlusserbe – also der Sohn – bereits verstorben. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass im Testament für diesen Fall keine Regelung getroffen worden war und auch nicht die Abkömmlinge des Sohns automatisch an dessen Stelle treten. Der Erblasser kann vielmehr über den frei gewordenen hälftigen Erbteil (aber auch nur über diesen) gänzlich neu verfügen und somit die Tochter hinsichtlich dieses Erbteils enterben. Bezüglich des anderen Erbteils ist er jedoch an die Bestimmungen aus dem gemeinschaftlichen Testament gebunden, so dass die Tochter ein Anrecht auf diesen Teil hat.

Hinweis: Für den Fall, dass der eigentlich vorgesehene Erbe verstirbt oder das Erbe ausschlägt, empfiehlt es sich, in gemeinschaftlichen Testamenten auch Regelungen zu Ersatzerben aufzunehmen. Andernfalls gilt die gesetzliche Erbfolge, was unter Umständen nicht dem Willen der Erblasser entspricht. Im (seltenen) Fall, dass alle Schlusserben ausfallen, ist der überlebende Ehegatte jedoch von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments befreit und kann wirksam ein neues Testament errichten.

Quelle: KG Berlin, Beschl. v. 19.12.2014 – 6 W 155/14
Thema: Erbrecht