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Schlagwort: Staat

Verbesserte Verhältnisse: Wer zwischen den Instanzen zu Geld kommt, sollte nicht auf erneute Verfahrenskostenhilfe zählen

Wer finanziell schlecht dasteht und ein gerichtliches Verfahren führen muss, um seine Ansprüche durchzusetzen, erhält Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens werden dann ganz oder teilweise vom Staat übernommen. Dass es dabei aber einige Besonderheiten zu beachten gibt, zeigt der folgende Fall des Bundesgerichtshofs (BGH) deutlich auf.

Eine Frau verlangte von ihrem Mann Zugewinnausgleich. Für das gerichtliche Verfahren beantragte sie bei Gericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den eigentlichen Antrag, den sie erst einreichte, als das Gericht diese Unterstützung bewilligt hatte. Als sie das Verfahren in erster Instanz verlor, wollte sie in die Beschwerde gehen und beantragte daher zunächst die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Diese aber wurde ihr verweigert. In der Zwischenzeit hatten sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nämlich dahingehend verbessert, dass sie nicht mehr bedürftig war. Wo hier die Zeit scheinbar Besserung brachte, wurde sie für die Frau in einem anderen Gesichtspunkt zur Falle: Zwischen der Ablehnung des Antrags auf Zugewinnausgleich und dem Zeitpunkt der Versagung der Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war so viel Zeit vergangen, dass die Frist zur Einlegung einer Beschwerde abgelaufen war. Dies versuchte die Frau zu „retten“, indem sie die Wiedereinsetzung in der vorigen Stand beantragte. Sie argumentierte, dass sie habe annehmen dürfen, für die zweite Instanz auch Verfahrenskostenhilfe zu erhalten, nachdem sie ihr für die erste Instanz bewilligt worden sei. Deshalb sei die Frist ohne ihr Verschulden abgelaufen.

Da schüttelten die Richter des BGH jedoch die Köpfe. Wären die finanziellen Verhältnisse in der zweiten Instanz in etwa dieselben gewesen wie in der ersten, sei der Standpunkt der Frau zutreffend. Hier war sie aber durch einen Immobilienverkauf zu Geld gekommen. Wegen dieser erheblichen Veränderung ihrer Situation habe sie selbst einsehen müssen, dass ihr für das weitere Verfahren keine staatliche Unterstützung zustehe.

Hinweis: Dumm gelaufen, denn wegen der Fristversäumnis kann die Frau gegen die Erstentscheidung nun nicht mehr angehen und erhält somit final auch keinen Zugewinnausgleich.

Quelle: BGH, Beschl. v. 11.09.2019 – XII ZB 120/19

Thema: Familienrecht

Nicht verfassungswidrig: Berliner Neutralitätsgesetz verbietet Grundschullehrerin das Kopftuch im Unterricht

Beim Staat angestellte Personen haben eine besondere Neutralitätspflicht.

Eine Frau hatte sich als Grundschullehrerin beworben. Sie wurde allerdings abgelehnt, weil sie ein muslimisches Kopftuch trug. Das im Land Berlin geltende „Berliner Neutralitätsgesetz“ untersagt u.a. Lehrkräften an öffentlichen Schulen das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke. Das Arbeitsgericht sah daher weder eine Diskriminierung noch die Verfassungswidrigkeit des Neutralitätsgesetzes gegeben. Das Gesetz behandelt schließlich alle Religionen gleich. Außerdem gilt das Neutralitätsgesetz nicht für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen, weshalb die Frau dort einer Unterrichtstätigkeit nachgehen kann.

Hinweis: Dieses Urteil ist nicht ohne weiteres auf die Privatwirtschaft übertragbar. Da kann eine Ablehnung einer Bewerberin mit Kopftuch sehr schnell eine entschädigungspflichtige Benachteiligung darstellen.

Quelle: ArbG Berlin, Urt. v. 14.04.2016 – 58 Ca 13376/15
Thema: Arbeitsrecht