In einem Sorgerechts- oder Umgangsverfahren wird Kindern in der Regel ein Verfahrensbeistand bestellt. Eine ältere Begrifflichkeit dazu ist „Anwalt des Kindes“, wobei das deshalb missverständlich ist, weil häufig Sozialpädagogen diese Rolle freiberuflich einnehmen. Dass es selbst für ein Gericht schwierig ist, auf die Bestellung eines solchen Verfahrensbeistands zu verzichten, weil es meint, den Kindeswillen klar zu kennen, zeigt der folgende Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG).
Ein häufiges Problem bei getroffenen Umgangsregelungen liegt in den Übergaben der Kinder. Diese sollen harmonisch und einvernehmlich erfolgen – was naturgemäß nicht immer gelingt. Zur Entspannung wird dann mitunter ein Umgangspfleger eingesetzt, der bei den Übergaben zugegen ist. Welche Besonderheiten in Coronazeiten gelten, zeigt das folgende Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main (AG).
Ein Umgangspfleger hatte die Aufgabe übertragen bekommen, bei Ausübung des Umgangs für den geregelten Wechsel der Kinder vom einen Elternteil zum anderen zu sorgen. Das wurde so auch praktiziert – bis zum Beginn der Coronapandemie, denn der Umgangspfleger gehörte zur Risikogruppe. Er hielt es deshalb für besser und auch ausreichend, bei den Übergaben nicht mehr vor Ort zugegen zu sein. Stattdessen solle der Vater ihn anrufen, wenn er vor dem Haus der Mutter stünde, so dass der Umgangspfleger dann die Mutter anrufe und ihr dies mitteile. So solle der Wechsel der Kinder ohne direkten Kontakt der Eltern untereinander funktionieren. Das Besondere an dem Fall: Da sich die Eltern auf diese Vorgehensweise nicht einigen konnten, war es der im Umgangsverfahren bestellte Verfahrensbeistand der Kinder, der bei Gericht beantragte, die vorher andere gerichtliche Vereinbarung auf den beschriebenen Vorgang abzuändern.
Das AG sprach dem Verfahrensbeistand das Recht zu, einen solchen Änderungsantrag zu stellen. Es kam also nicht darauf an, ob einer der Elternteile ihn bei Gericht einbrachte. Und das Gericht hielt den vorgeschlagenen Weg für stimmig und richtig, so dass es ihm entsprach. In der Krisenzeit habe die Übergabe deshalb ohne physische Präsenz des Umgangspflegers in der vorliegenden Fallkonstellation zu erfolgen.
Hinweis: Umgangspfleger zu finden, ist mitunter schwer. Wohl vor diesem Hintergrund kam es im zur Entscheidung anstehenden Fall nicht in Betracht, den zur Coronarisikogruppe gehörenden Umgangspfleger einfach durch einen nicht gefährdeten auszutauschen.
Quelle: AG Frankfurt am Main, Beschl. v. 09.04.2020 – 456 F 5092/20
Streit um den Kontakt zu den Kindern, also den Umgang mit ihnen, ist meist sehr nervenaufreibend. Das gilt vor allem dann, wenn sogar das Gericht angerufen werden muss, um zu regeln, wann die Kinder bei welchem Elternteil sind.
Ausgangssituation ist häufig die, dass sich Eltern nach Trennung und/oder Scheidung nicht darauf verständigen können, wer von ihnen wann die Kinder bei sich hat. In einem gerichtlichen Verfahren werden dann die offenen Fragen geklärt. Dezidiert geregelt wird,
ob die Kinder an den geraden oder an den ungeraden Wochenenden bei dem nicht betreuenden Elternteil zu Besuch sind,
ob sie bereits am Freitag oder erst am Samstag zu ihm kommen und zu welcher Uhrzeit,
wann sie am Sonntag wieder zu dem anderen Elternteil zurückgebracht werden,
wie wegen Krankheit ausfallende Wochenenden nachgeholt werden, und mitunter auch,
wie genau die Übergabe stattzufinden hat.
Wurde dies alles in qualvoll langer Sitzung bei Gericht mit hoher emotionaler Beteiligung der Eltern geregelt, heißt es danach oft fast lapidar und ohne eine ähnlich präzise Regelung, dass die Ferien zwischen den Eltern hälftig aufgeteilt werden sollen. Die Regelung wird protokolliert und das Gericht erteilt abschließend den Hinweis, dass ein Ordnungsmittel verhängt werden kann, wenn sich ein Elternteil nicht an diese Vereinbarung halten sollte.
Treffen sich die Eltern später erneut bei Gericht, um doch eine genaue Regelung der Ferienzeiten zu treffen, darf ein erneuter Hinweis auf etwaige Ordnungsmittel nicht vergessen werden. Denn nur dann kann für den Fall, dass die Ferien nicht wie vereinbart ablaufen, auch tatsächlich ein Ordnungsmittel verhängt werden.
Hinweis: Umgangsverfahren sind für alle Beteiligten unerfreulich. Eltern müssen im Dialog bleiben und versuchen, die Fragen miteinander zu klären, gegebenenfalls eben auch vor Gericht.
Quelle: BGH, Beschl. v. 03.08.2016 – XII ZB 86/15 Thema: Familienrecht