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Schlagwort: verstoss

Sturz im Hotel: Für Ansprüche nach einem Unfall im Ausland kommt es auf die örtlichen Bauvorschriften an

Unfälle während einer Urlaubsreise im Ausland sind schon schlimm genug. Welches Recht dann zur Anwendung kommt, hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Ein gehbehinderter Deutscher hatte für sich und seine Lebensgefährtin eine Pauschalreise mit dem Flieger nach Lanzarote gebucht. Dem Mann fehlte ein Bein und er war auf eine Unterarmstütze angewiesen. Dann stürzte er und brach sich ein Handgelenk, als er zu Fuß eine Rollstuhlrampe am Hoteleingang hinunterging. Die Rampe war wegen des Regens nass und deshalb rutschig.

Der BGH entschied nun, dass es auf die Einhaltung der örtlichen Bauvorschriften ankommt. Liegt ein Verstoß gegen die örtlichen Bauvorschriften vor, kann dies zu einem Reisemangel und somit zu Ansprüchen des Urlaubers führen, auch wenn ein Warnschild an einer Gefahrenstelle aufgestellt wurde. Also muss geklärt werden, ob die Rollstuhlrampe den maßgeblichen spanischen Bauvorschriften entsprochen hatte. Deshalb verwies der BGH die Angelegenheit an die Vorinstanz zurück.

Hinweis: Es kommt bei Verletzungen also nicht auf die deutschen Bauvorschriften an, sondern auf die Vorschriften, die am Urlaubsort gelten. Und die können drastisch von deutschem Recht abweichen!

Quelle: BGH, Urt. v. 14.01.2020 – X ZR 110/18

Thema: Sonstiges

Landpacht und Kleingedrucktes: Wer Allgemeine Geschäftsbedingungen verfasst, muss sich am Transparenzgebot messen lassen

Der Landwirt des folgenden Falls wollte besonders schlau sein. Doch ein Verstoß gegen das Transparenzverbot ist mit augenzwinkernder Bauernschläue nunmal nicht zu rechtfertigen.

Ein Mann hatte vor vielen Jahren Land durch ein von ihm erstelltes Vertragsmuster gepachtet. Darin hatte er auch folgenden Passus eingefügt: „Dem Pächter wird … ein Vorpachtsrecht eingeräumt.“ Jahre später verpachtete der Eigentümer das Land dann an jemand anderes. Das wollte sich der ursprüngliche Pächter nicht gefallen lassen, machte von seinem vertraglichen Vorpachtrecht Gebrauch und klagte schließlich sein vermeintliches Recht ein – mit wenig Erfolg.

Die vereinbarte Klausel über das Vorpachtrecht stellte einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar und war nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist verpflichtet, den Regelungsgehalt einer Klausel möglichst klar und überschaubar darzustellen.

Hinweis: Das aus dem Transparenzgebot abgeleitete Bestimmtheitsgebot verlangt zudem, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist nicht festzustellen, für welche Fälle das Vorpachtrecht gelten und auf welchen Zeitraum es sich erstrecken soll, ist die Klausel wie hier unwirksam.

Quelle: BGH, Urt. v. 24.11.2017 – LwZR 5/16
Mietrecht

Gewerkschaftsmitgliedschaft: Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter nicht durch Prämienzahlungen zum Austritt bewegen

Ein Arbeitgeber darf Gewerkschaften nicht mit allen Mitteln bekämpfen.

Eine Arbeitgeberin führte Mitarbeitergespräche, in denen sie ihre Mitarbeiter fragte, ob diese Mitglieder der Gewerkschaft seien. In einem anschließenden Mitarbeiterbrief bot sie jedem Beschäftigten, der zu einem Austritt bereit war, eine einmalige „Mitarbeitertreueprämie“ von 50 EUR an. Außerdem ließ sie in einem Vorarbeiterbüro Vordrucke für den Austritt aus der Gewerkschaft auslegen. Die Gewerkschaft sah darin einen Verstoß gegen ihre Koalitionsfreiheit aus dem Grundgesetz und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Gericht war derselben Auffassung und stellte sich auf die Seite der Gewerkschaft. Die Arbeitgeberin durfte weder Prämien für einen Gewerkschaftsaustritt versprechen und entsprechende Kündigungsformulare auslegen noch in der vorliegenden Konstellation ihre Beschäftigten nach einer Gewerkschaftsmitgliedschaft befragen.

Hinweis: Arbeitgeber dürfen ihren Beschäftigten also kein Geld für einen Gewerkschaftsaustritt versprechen.

Quelle: ArbG Gelsenkirchen, Beschl. v. 09.03.2016 – 3 Ga 3/16
Thema: Arbeitsrecht

Eigensorgfalt für Fußgänger: Erkennbare Unebenheiten und Höhendifferenzen auf Gehwegen sind hinzunehmen

Bei der Frage, in welchem Umfang Fußgänger Unebenheiten und Niveauunterschiede auf Straßen, Plätzen und Gehwegen hinnehmen müssen, ist immer der individuelle Einzelfall entscheidend.

Ein Fußgänger ging nach seinen Angaben in Begleitung zweier Zeugen innerorts bei völliger Dunkelheit auf einem Gehweg. Der Gruppe von Fußgängern kam ein Radfahrer entgegen. Um ihn passieren zu lassen, ging der Fußgänger zur Seite an den Bordstein und knickte aufgrund eines fehlenden Bordsteinstücks mit dem Fuß um. Von der verkehrssicherungspflichtigen Gemeinde verlangte er daher Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken konnte allerdings keinen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten feststellen und hat die Ansprüche des Fußgängers daher zurückgewiesen. Das Gericht ging davon aus, dass der Fußgänger die konkrete Schadensstelle zu der behaupteten Uhr- und Jahreszeit mit Blick auf Ausmaß und Lage im Bereich des Bordsteins bei der gebotenen Aufmerksamkeit ohne weiteres hätte erkennen können. Die Benutzung der Bordsteinkante ist mit Blick auf die zum Fahrbahnrand hin gegebene Höhendifferenz per se nicht völlig gefahrenfrei, so dass ein umso höheres Maß an Eigensorgfalt geboten ist, um Übertritte oder ein Abrutschen von der Bordsteinkante zu vermeiden.

Hinweis: Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht hängt maßgeblich von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrswegs und dessen Bedeutung ab. Sie umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustands, wobei jedoch eine absolute Gefahrlosigkeit nicht gefordert werden kann. Eine solche ist auch unter Einsatz zumutbarer Mittel nicht zu erreichen. Vielmehr sind die öffentlichen Verkehrswege grundsätzlich in dem Zustand hinzunehmen, in dem sie sich dem Benutzer erkennbar darbieten, wobei sich der Benutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen muss.

Quelle: OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.11.2015 – 4 U 110/14 
Thema: Verkehrsrecht

Mängelbeseitigungsansprüche: Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz wird teuer

Seit Jahren versucht der Bundesgerichtshof (BGH) die Schwarzarbeit einzudämmen. Nun gibt es ein weiteres wichtiges Urteil zur Rückforderung von Schwarzarbeitergeld.

Ein Dachgeschoss sollte ausgebaut werden. Der Eigentümer schloss mit einem Handwerker einen Vertrag, der die Zahlung von 10.000 EUR vereinbarte – und zwar ohne Umsatzsteuer! Gesagt, getan: Die Arbeiten wurden erledigt und es wurde eine Rechnung ohne Steuerausweis erteilt. Der Eigentümer zahlte den Betrag, forderte aber dann 8.300 EUR wegen Mängeln bei der Bauausführung zurück. Schließlich klagte er das Geld ein und die Angelegenheit ging bis zum BGH.

Der wies die Klage ab. Es gibt wegen des bewussten Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz weder Zahlungs- noch Mängelbeseitigungsansprüche. Das war schon vorher klar. Nun urteilten die Richter aber zudem, dass ein Besteller, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen bezahlt hat, vom Unternehmer grundsätzlich zwar die Herausgabe der Leistungen verlangen kann. Sie erklärten aber auch, dass dies nicht gilt, wenn mit der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wurde. Denn entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die Schwarzarbeit zu verhindern, verstößt nicht nur die vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistung – und somit auch die Zahlung.

Hinweis: Das Geld ist weg! Der Unternehmer muss es trotz mangelhafter Arbeiten nicht zurückzahlen. Das ist laut BGH die logische Folge bei einem Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.

Quelle: BGH, Urt. v. 11.06.2015 – VII ZR 216/14