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Schlagwort: Wechselmodell

Wer mehr betreut, zahlt weniger: Gesetzgebungsvorschlag zum Kindesunterhalt bei asymmetrischem Wechselmodell

Das Bundesjustizministerium hat im August 2023 ein Eckpunktepapier zur Reform des Unterhaltsrechts vorgelegt. Reformbedarf besteht, weil die bisherige „Düsseldorfer Tabelle“ als Normalfall vor Augen hat, dass nach einer Trennung ein Elternteil den Lebensmittelpunkt für die Kinder bietet (bisher klassisch: die Mutter) und der andere nur ein Umgangsrecht ausübt (bisher klassich: der Vater). In den letzten Jahren mehrten sich aber die Fälle, in denen auch nach der Trennung beide Elternteile die Alltagsbetreuung ausüben – sogar bis hin zu einer hälftigen Teilung. Da die Lösungen der Rechtsprechung in diesem sogenannten „asymmetrischen Wechselmodell“ uneinheitlich und oft ungerecht sind, will die Politik mit der Reform eine partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder fördern und die Betreuungsleistungen beider Eltern angemessen berücksichtigen. Das nun vorliegende Eckpunktepapier soll ein Anfang der Debatte sein.

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Falsche Loyalität: Wunsch der Kinder zur Abänderung der elterlichen Sorge muss sorgfältig überprüft werden

In allen Kindschaftssachen ist das Maß der Dinge das Wohl des Kindes. Diesen Rechtsbegriff im Alltag richtig anzuwenden, fällt immer wieder schwer. Denn wie der folgende Fall des Bundesgerichtshofs (BGH) beweist, haben die Beteiligten oft ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, was dem Wohl des Kindes dient.

Nach der Scheidung der Ehe lebten die drei minderjährigen Kinder bei der Mutter. Ihr wurde auch deren Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen. In der weiteren Folge beantragte dann der Vater die Abänderung dieser Entscheidung. Er wollte nicht nur, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf ihn übertragen wird, sondern verlangte vor allem die Etablierung des Wechselmodells. Für seinen Antrag sprach, dass die gemeinsamen Kinder den Wunsch äußerten, den Wohnsitz zu ihm zu wechseln. Nach Anhörung des Jugendamts und Einholung eines Sachverständigengutachtens hatte der Vater mit seinem Antrag dennoch keinen Erfolg. Auch der BGH entschied gegen ihn.

Zunächst einmal stellt der BGH in seiner Entscheidung unter anderem darauf ab, dass der Grundsatz der Kontinuität besondere Bedeutung im Zusammenhang mit Fällen wie dem vorliegenden hat. So gesehen und unter Beachtung der sonst relevanten allgemeinen Kriterien gab es keinen Grund, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater wechseln zu lassen, da die Kinder bei der Mutter lebten und dort gut versorgt wurden.

Und was war mit ihrem Wunsch, in den Haushalt des Vaters zu wechseln? Dieser Wunsch war nicht autonom von den Kindern gebildet, wie das Jugendamt und der Sachverständige herausgearbeitet hatten. Der Vater, ein „Übervater“, hatte ihnen immer und immer wieder suggeriert, dass er die Kinder bei sich haben wolle und dass bei ihm alles viel besser sei. So hatten sich die Kinder beeinflussen lassen und ihre Entscheidung auch aus einer falsch verstandenen Loyalität dem Vater gegenüber getroffen. In solchen Fällen aber sei der Kinderwille nicht das Maß der Dinge – die Kinder blieben deshalb bei der Mutter.

Hinweis: Kindschaftssachen sind wie hier oft sehr komplex und nehmen in der Praxis zu. Dass der Wille eines Kindes dahingehend überprüft werden muss, ob er auch wirklich eigenmotiviert ist, macht den Ausgang eines Verfahrens umso schwieriger zu prognostizieren.

Quelle: BGH, Beschl. v. 27.11.2019 – XII ZB 511/18

Thema: Familienrecht

Unterhaltsrecht: Wer hat das Recht, den Kindesunterhalt geltend zu machen?

Minderjährige können ihnen zustehende Ansprüche noch nicht selbst geltend machen. Vertreten werden sie normalerweise von ihren Eltern. Was aber gilt, wenn es um Unterhaltsansprüche geht, die sich gegen einen Elternteil richten?

Das Gesetz hat für diesen Fall vorgesehen, dass dann dem Elternteil die Vertretungsmacht für das Kind allein zusteht, in dessen Obhut sich das Kind mehrheitlich befindet. In den klassischen Fällen ergeben sich daraus keine Probleme.

Schwierig wird es, wenn sich die Eltern ihre Kinder teilen, das heißt, wenn die Kinder nicht ohne weiteres als unter der Obhut eines Elternteils stehend angesehen werden können. Denn nur, wenn das deutliche Gewicht der Betreuung bei nur einem Elternteil liegt, besitzt dieser das Recht, den Kindesunterhalt vom anderen zu verlangen. Andernfalls muss er sich erst in einem separaten gerichtlichen Verfahren dazu legitimieren lassen.

Gleiches gilt, wenn Kinder zwar bei einem Elternteil leben, aber zwischendurch längere Zeit beim anderen gewohnt haben. Für diese Zwischenphase kann der Ehegatte, bei dem die Kinder zumeist leben, nur dann Unterhalt verlangen, wenn entweder ein Pfleger bestellt wurde oder das Gericht vorab das Recht auf Geltendmachung von Kindesunterhalt für diese Zeit ausdrücklich zugesprochen hat. Die Zeitspanne belief sich bislang auf zwei Monate. Ob auch eine kürzere Spanne ausreicht, ist gerichtlich noch nicht entschieden.

Hinweis: Wird zwischen den Eltern ein Wechselmodell praktiziert, in dem die Kinder hälftig ihre Zeit bei ihren Elternteilen verbringen, kann kein Ehegatte ohne weiteres Kindesunterhalt verlangen. Reine Wechselmodelle sind aber (noch) selten. Je umfangreicher der Umgang mit den Kindern stattfindet, desto eher stellt sich die Frage, wie es um das Vertretungsrecht bestellt ist.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 06.07.2015 – 3 UF 155/14
Thema: Familienrecht