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Schlagwort: wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Studium nach Berufsausbildung: Sobald der Lebensunterhalt selbst bestritten werden kann, steht der Elternunterhalt infrage

Dass Kindern Unterhalt zu gewähren ist, bis sie in der Lage sind, ihr Leben selbst zu finanzieren, klingt einfacher, als es ist. Denn was genau als hierbei „normaler“ Ausbildungsweg und was als nicht zulässige Abweichung ohne Finanzierung durch die Eltern anzusehen ist, beschäftigt Gerichte immer wieder – so wie hier das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG).

Eine junge Frau schloss die Schule mit der mittleren Reife ab und durchlief erfolgreich eine vierjährige Ausbildung zur Erzieherin. Als eine erhaltene Stellenzusage zurückgezogen wurde und andere Bewerbungen erfolglos blieben, nutzte sie eine unterdessen gesetzlich eröffnete Möglichkeit: Sie begann nach bestandener Aufnahmeprüfung ohne Fachabitur und ohne Berufspraxis das Studium der Sozialen Arbeit. Das entschied sie jedoch ohne vorherige Absprache mit den Eltern und nahm Bafög-Leistungen in Anspruch. Das Amt verlangte von den Eltern der Tochter daraufhin Unterhalt, also die Erstattung der staatlichen Leistungen. Doch hier war das Gericht anderer Meinung.

Das OLG stellte in seiner Entscheidung zunächst klar, dass Eltern ihren Kindern die Finanzierung einer Berufsausbildung schulden, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den Neigungen der Kinder am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern bewegt. Der Werdegang in der Reihenfolge „Mittlere Reife, Ausbildung, Studium“ ist dabei jedoch nicht mehr zu finanzieren. Wer angemessen die Schule mit dem Ziel der mittleren Reife besucht hat und danach eine Ausbildung durchläuft, kann seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten. Eltern ist nicht zuzumuten, danach noch ein Studium zu finanzieren. Ausnahmen sind zwar denkbar, eine solche sah der Senat im zur Entscheidung vorgelegten Fall nicht – zumal das Studium nicht aufgenommen worden wäre, hätte die junge Frau die erst zugesagte Stelle erhalten.

Hinweis: Das Ausbildungsverhalten junger Menschen hat sich verändert. Die Fälle des Ausbildungswegs Abitur – Lehre – Studium sind häufig. Aber auch dann ist nicht immer für das Studium zu zahlen.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.11.2018 – 11 UF 159/18

Thema: Familienrecht

Mindestunterhalt trotz Erwerbsminderung: Nur konkrete Gründe können Eltern von der Pflicht zu Nebenverdiensten befreien

Der Kindesunterhalt für ein minderjähriges Kind setzt sich aus Natural- und Barunterhalt zusammen. Den Naturalunterhalt leistet der Elternteil, bei dem das Kind lebt; er besteht aus der Pflege, Erziehung und Betreuung des Kindes. Den Barunterhalt leistet der andere Elternteil durch Geldzahlungen; seine Höhe richtet sich nach dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu bestimmen, ist häufig ein Problem. In einem aktuellen Fall musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) damit auseinandersetzen, was gilt, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil eine Rente wegen Erwerbsminderung bezieht.

Das Kind lebte beim Kindesvater. Die 1964 geborene Kindesmutter war wegen einer psychischen Erkrankung zu 70 % schwerbehindert und bezog daher eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die naheliegende Frage, ob nur diese Rente für die Unterhaltsbestimmung herangezogen werden konnte, verneinte das Gericht. Nach der maßgeblichen gesetzlichen Regelung erhält die genannte Rente, wer nicht mindestens drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Das bedeutet aber auch, dass damit nicht ausgeschlossen ist, dass eine Erwerbstätigkeit von bis zu drei Stunden noch ausgeübt werden kann. Jeder Elternteil ist verpflichtet, alles zu unternehmen, was ihm möglich ist, um den Mindestunterhalt seines Kindes zu sichern, soweit er Barunterhalt zu leisten hat. Leistet er weniger, muss er darlegen und beweisen, dass und warum er dazu nicht in der Lage ist. Da die Frau hier eben genau keine näheren Angaben hierzu machte, dass und warum sie nicht drei Stunden pro Tag arbeiten und entsprechend im Rahmen eines Minijobs Geld verdienen kann, ging der BGH daher auch von fiktiven Einkünften aus.

Hinweis: Die Entscheidung zeigt, wie streng die Rechtsprechung die Verpflichtung nimmt, Unterhalt für die minderjährigen Kinder zu zahlen. Wer sich dieser Verantwortung entziehen will, muss ganz besonders gute und vor allem plausible Gründe vorbringen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 09.11.2016 – XII ZB 227/15

Thema: Familienrecht

Befristeter Kündigungsausschluss : Die Suche nach einem Nachmieter obliegt dem Mieter

Dass ein Mieter seinem Vermieter drei Nachmieter vorzustellen hat, von denen dieser einen zu akzeptieren hat, ist ein Gerücht.

In einem gerade entschiedenen Fall ging es um ein angemietetes Haus, für das ein Staffelmietvertrag und ein zeitlich befristeter Kündigungsausschluss vereinbart worden waren. Als der Mieter eine neue, weit entfernte Arbeitsstelle antrat, akzeptierte die Vermieterin die ausgesprochene Kündigung unter der Bedingung, dass der Mieter einen geeigneten Nachmieter stellen würde. Der entsprechende Nachmieter müsste allerdings eine schriftliche Erklärung zu den Familienverhältnissen, eine Selbstauskunft nebst Verdienstbescheinigung, den bisherigen Mietvertrag, Personalausweiskopien, eine Bonitätsauskunft sowie eine Bescheinigung vorlegen, dass er den Mietvertrag vorbehaltlos unterschreiben wird. Sodann kam es, wie es kommen musste: Der Interessent lehnte die Erteilung der geforderten Auskünfte ab. Es wurde also kein Nachmieter gefunden und der Mieter somit auch nicht aus dem Mietverhältnis entlassen. Dieser war inzwischen aber längst ausgezogen und hatte seine Mietzahlungen eingestellt. Nun klagte die Vermieterin die Miete ein – die Angelegenheit landete vor dem Bundesgerichtshof.

Dieser verwies die Angelegenheit zwar an die Vorinstanzen zurück, sagte aber deutlich, dass es allein Sache des Mieters wäre, in dieser Vertragskonstellation einen geeigneten Nachfolger zu suchen. Gegebenenfalls muss sich der Mieter eines Maklers bedienen. Auf jeden Fall muss der Vermieter die Chance erhalten, sich ein hinreichendes Bild über die persönliche Zuverlässigkeit und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nachmieters zu verschaffen.

Hinweis: In den meisten Fällen funktioniert das Stellen eines Nachmieters nicht. Das sollten die Parteien in solchen Fällen stets berücksichtigen. Zu unterschiedlich sind die Anforderungen von Mieter und Vermieter an einen redlichen Nachfolger.

Quelle: BGH, Urt. v. 07.10.2015 – VIII ZR 247/14

Thema: Mietrecht