Stellt sich nachträglich heraus, dass die Fläche eines Mietobjekts –Wohnung oder Geschäftsräume – geringer ist als im Mietvertrag vereinbart, kann der Mieter grundsätzlich geleistete Mietzahlungen anteilig zurückverlangen. Einige aktuelle Urteile hatten sich mit den Mieterrechten in dem Zusammenhang näher zu befassen.
Wird die Wohnungsgröße im Mietvertrag aufgeführt, liegt damit eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Wohnfläche vor. Daran ändert auch der häufige Zusatz „ca.“ nichts. Anders sieht es nur dann aus, wenn eine Gewähr für die Größe ausdrücklich ausgeschlossen wurde.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt eine Abweichung allerdings erst dann einen Mangel dar, wenn die wirkliche Fläche mehr als 10 % geringer ist als die im Mietvertrag vereinbarte Fläche. Ab dieser Grenze ist die Miete dann im Verhältnis gemindert.
Wie errechnet sich die „richtige“ Fläche?
Es existieren verschiedene Methoden zur Berechnung der Fläche, beispielsweise in der II. Berechnungsverordnung, der Wohnflächenverordnung (WoFlV), der DIN 283 oder auch nach bestimmten örtlichen Gebräuchen.
Sofern im Mietvertrag nicht ausdrücklich geregelt ist, wie die Fläche zu bestimmen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden, was gelten sollte.
In einem Fall, den das Landgericht Saarbrücken zu entscheiden hatte, ergab sich aus den Umständen, dass die Vertragsparteien sich auf die einfache Methode „Länge mal Breite“ verständigt hatten (LG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2015 – 10 S 160/14). Auch eine solche Berechnung ist zulässig.
Bei der Auslegung berücksichtigte das Landgericht insbesondere den Umstand, dass die im Jahr 1997 angemietete Wohnung in einem Zweifamilienhaus gelegen und der Eigentümer und Vermieter als Privatperson aufgetreten war. Beide Mietvertragsparteien waren ohne Fachkenntnisse, so dass nicht zu erwarten war, dass die in der Zeitungsannonce inserierte Flächenangabe nach der damals geltenden II. Berechnungsverordnung berechnet war. Der Maßstab der Flächenberechnung wurde anlässlich der Anmietung der Wohnung in keiner Weise diskutiert, vielmehr habe man sich vorgestellt, dass mit der Wohnfläche die Grundfläche gemeint sei. Es sprach daher, so das Gericht, alles dafür, dass die Parteien unter „Grundfläche“ denjenigen Wert verstanden, der sich aus der einfachen Multiplikation von Länge und Breite der Zimmerflächen ergab.
Dies galt natürlich nur für den entschiedenen Einzelfall, zeigt aber, dass der Begriff der „Wohnfläche“ stark auslegungsbedürftig ist und keinesfalls feststeht.
Sofern keine anderen Anhaltspunkte bestehen, soll für Mietverträge ab dem 01.01.2004 nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Wohnflächenverordnung herangezogen werden, bei älteren Verträgen die II. Berechnungsverordnung (BGH, Urteil vom 24. März 2004 – VIII ZR 44/03 –).
Anspruch des Mieters auf Rückzahlung
Eine Abweichung von mehr als 10 % zu Ungunsten des Mieters berechtigt diesen, wie gesagt, dazu, die Miete anteilig zurückzufordern. Beträgt die Mietfläche also beispielsweise nur 71,66 % der Angabe, kann der Mieter 28,44 % der Miete zurückverlangen (Landgericht Berlin, Beschluss vom 13.03.2015 – 65 S 477/14).
Weiteres Beispiel (Amtsgericht Koblenz, Urteil vom 26. März 2015 – 152 C 3763/14 –): Im Mietvertrag ist die Wohnfläche mit 65,74 qm angegeben, tatsächlich beträgt sie jedoch nur 55,65 qm. Es ergibt sich demnach, dass die Fläche nur 55,65 qm x 100 / 65,74 qm = 84,65 % der vereinbarten Fläche beträgt, also 15,35 % zu gering ist. Dementsprechend ist die Miete um 15,35 % gemindert.
Das Landgericht Berlin entschied im Übrigen, dass auch ein Mieter, der die Miete vom zuständigen Jobcenter als Sozialleistung erhalten hat, die Rückforderung in eigener Person beanspruchen darf.
Zwar müsse der Mieter die zurückerhaltene Miete später an das Jobcenter erstatten, dürfe aber zunächst aus seinem Rechtsverhältnis mit dem Vermieter den Rückzahlungsanspruch selbst geltend machen. Ein Sozialleistungsträger ist nach der Rechtsprechung im Verhältnis zu den Vertragsparteien stets „Dritter“ und nicht Partei. Zahlungen durch den Sozialleistungsträger – selbst wenn sie direkt an den Vermieter erfolgen – sind demnach immer Leistungen eines Dritten zur Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit (ein Mieter kann dementsprechend auch nicht das Jobcenter auf Mietzahlung verklagen).
Wann verjähren die Ansprüche des Mieters?
Es stellt sich, wenn feststeht, dass der Mieter Rückzahlungen beanspruchen kann, die Frage, wie lange in die Vergangenheit diese Ansprüche reichen.
Grundsätzlich verjähren Ansprüche nach drei Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Umständen Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig nicht erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Ansonsten verjähren Ansprüche in zehn Jahren von ihrer Entstehung an (§ 199 Abs. 4 BGB).
Kenntnis von dem Mangel und damit auch von der Möglichkeit einer Rückforderung hat ein Mieter erst dann, wenn er die Räume ausmisst oder ausmessen lässt und ein konkretes Messergebnis vorliegt. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Verjährungsfrist. Auch eine grobe Fahrlässigkeit, die zu einem früheren Verjährungsbeginn führen könnte, ist vorher nicht gegeben, weil ein Mieter nicht verpflichtet ist, seine Wohnung ohne Anlass zu vermessen (AG Koblenz, Urteil vom 26. März 2015 – 152 C 3763/14 –).
Das bedeutet: Ab dem Zeitpunkt der Vermessung können Rückforderungsansprüche bis zu zehn Jahre zurück in die Vergangenheit geltend gemacht werden.
Thema: Mietrecht
Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal