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Resturlaub im Erbrecht: Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist vererbbar

Dass Vermögenswerte wie Geld oder Grundstücke beim Tod des Erblassers auf die Erben übergehen, ist offenkundig. Welche sonstigen Werte jedoch noch vererbbar sind, beschäftigt die Gerichte immer wieder. Lange Zeit war in der Rechtsprechung zum Beispiel umstritten, ob Urlaubsansprüche vererbt werden oder nicht.

Ein Mann hatte bei seinem Tod noch über 54 Urlaubstage. Seine Witwe und Alleinerbin wollte vom Arbeitgeber die Abgeltung dieser Urlaubsansprüche sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche einklagen, die sich auf über 30.000 EUR beliefen.

Das Gericht entschied, dass mit dem Tod des Erblassers sein Urlaubsanspruch nicht untergegangen war, sondern sich in einen vererbbaren „Anspruch auf Abgeltung“ umgewandelt hatte. Die Ehefrau hatte daher einen Anspruch auf die Auszahlung des Betrags.

Hinweis: Der Europäische Gerichtshof hat bereits vor einigen Jahren entschieden, dass der Urlaubsanspruch nicht mit dem Tod erlischt. Dem folgt nun auch die deutsche Rechtsprechung und gewährt den Erben finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub des Verstorbenen. Dabei müssen jedoch die Bestimmungen im Arbeitsvertrag genau berücksichtigt werden, soweit dort zum Beispiel der Verfall von Urlaubsansprüchen oder eine unterschiedliche Behandlung von Mindest- und Mehrurlaub geregelt ist.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 13.01.2016 – 4 Sa 888/15
Thema: Erbrecht

Verbotene Blitzer-App: Allein das Mitführen eines Smartphones mit aufgerufener App kann zum Bußgeld führen

Der Fahrer eines Pkw geriet in eine Verkehrskontrolle. Die Polizeibeamten stellten ein an der Windschutzscheibe befestigtes Mobiltelefon fest, bei dem eine „Blitzer-App“ in Betrieb war. Da sich der Fahrer allein im Fahrzeug befand, wurde gegen ihn ein Bußgeld von 75 EUR verhängt.

Das OLG Rostock entschied, dass die Verurteilung zu Recht erfolgte. Der Betroffene hatte als Führer eines Pkw ein Mobiltelefon eingeschaltet, in dem die verbotene „Blitzer-App“ aktiviert war. Mit diesem Programm wurde er während der Fahrt vor stationären Verkehrsüberwachungsanlagen und vor mobilen Überwachungsanlagen gewarnt, die zuvor von anderen Verkehrsteilnehmern in die Datenbank gemeldet und eingepflegt wurden. Die Verteidigung des Betroffenen, er habe diese App nicht benutzt, fand kein Gehör, weil er sich alleine im Fahrzeug befand und das Smartphone in Betrieb war.

Hinweis: Das OLG Rostock macht in seiner Entscheidung deutlich, dass die teilweise vertretene Auffassung, dass eine Ahndung nur bei solchen Geräten möglich sei, die bereits hersteller- und geräteseitig Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzeigen, nicht der obergerichtlichen Rechtsprechung entspricht. Denn auch ein Smartphone mit einer erst nachträglich installierten App ist in diesem Moment nichts anderes als ein Gerät, das eben nicht dem erlaubten Zweck entspricht.

Quelle: OLG Rostock, Beschl. v. 22.02.2017 – 21 Ss Owi 38/17
Thema: Verkehrsrecht

Grobe Beleidigung: Chefs muss die Weiterbeschäftigung auch nach langer Zugehörigkeit nicht zugemutet werden

Den Geschäftsführer zu beleidigen, ist für Arbeitnehmer keine wirklich gute Idee.

In einem kleineren Familienbetrieb war ein Gas- und Wasserinstallateur beschäftigt. Der Installateur ging in das Büro des Geschäftsführers, um ihm eine Frage zu stellen. Er traf dort jedoch nur dessen Vater an, der zuvor das Unternehmen geleitet hatte. Das darauf folgende Gespräch endete in einer verbalen Auseinandersetzung, woraufhin der Arbeitnehmer am nächsten Tag nochmals zu einem der Geschäftsführer ging. Auch bei diesem Gespräch kam es zu einem Wortgefecht. Der Arbeitnehmer sagte, der Vater des Geschäftsführers habe sich am Tag zuvor „wie ein Arsch“ verhalten, und der Sohn sei auf dem besten Wege, ihm den Rang abzulaufen. Auf die Aussage des Geschäftsführers, bei einer Kündigung als „soziale Arschlöcher“ dazustehen, erwiderte der Installateur, dass dies der Betrieb bereits schon sei. Daraufhin erhielt der Arbeitnehmer die Kündigung, gegen die er klagte.

Das Arbeitsgericht bestätigte jedoch die außerordentliche fristlose Kündigung. Eine grobe Beleidigung – wie hier die Bezeichnung als „soziales Arschloch“ – stellt durchaus einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Diese kann auch nicht mit der Provokation des Vaters entschuldigt werden. Selbst eine lange Betriebszugehörigkeit führe nicht dazu, dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung zuzumuten.

Hinweis: Bei aller Emotionalität sollten alle Beteiligten versuchen, auf der Sachebene zu bleiben. Andernfalls kann es gerade für den Arbeitnehmer schnell zu einer Kündigungssituation kommen.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 24.01.2017 – 3 Sa 244/16
Thema: Arbeitsrecht

Trotz Vergleich: Auszug des minderjährigen Kindes ändert die Aufteilung von Bar- und Naturalunterhalt

Meist bleiben mit der Trennung der Eltern die Kinder im Haushalt eines Elternteils. Dieser leistet dann den Naturalunterhalt, indem er den Nachwuchs betreut. Der andere leistet den Barunterhalt, das heißt, er erbringt finanzielle Leistungen. Schwierigkeiten ergeben sich bei Abweichungen.

Mit einem solchen Fall hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu beschäftigen. Die minderjährige Tochter lebte bei der Mutter, der Vater zahlte Unterhalt. Dazu hatte er sich durch gerichtlich protokollierten Vergleich verpflichtet. Dann ergeben sich Probleme: Tochter und Mutter überwarfen sich, die Tochter zog zu einer Freundin und war nicht mehr dazu zu bewegen, zur Mutter zurückzukehren. Der Vater richtete ihr ein eigenes Konto ein und zahlte den Barunterhalt darauf ein. Zudem machte er geltend, die Mutter habe sich nun finanziell zu beteiligen. Diese war dazu zunächst nicht bereit. Das Kind könne ja schließlich wieder zu ihr ziehen.

Der BGH sprach der Mutter jedoch das Recht ab, zu bestimmen, in welcher Form sie Unterhalt leistet. Dieses Recht steht nur beiden sorgeberechtigten Eltern gemeinsam zu. Ob die Mutter Natural- oder Barunterhalt leistet, kann sie deshalb nur im Einvernehmen mit dem Vater bestimmen. Da das Einvernehmen nicht vorlag, hat sie nun den tatsächlichen Umständen folgend auch Barunterhalt zu zahlen.

Da nur der Vater Barunterhalt zahlt, so der BGH weiter, kann er von der Mutter den Betrag erstattet verlangen, der er nach dem Auszug der Tochter für sie mitgezahlt hatte. Es ist nun also für die Zeit nach dem Auszug der Unterhalt auf der Basis einer für beide Eltern bestehenden Zahlungspflicht neu zu bestimmen. Zahlt nach dieser Berechnung der Vater zu viel, kann er diesen Überschuss von der Mutter erstattet verlangen. Dass die Höhe des vom Vater zu zahlenden Betrags durch einen gerichtlichen Vergleich geregelt worden ist, ändere nichts. Der Vergleich ist gegebenenfalls abzuändern.

Hinweis: Wurde der zu zahlende Unterhalt durch eine gerichtliche Entscheidung (Beschluss oder Urteil) festgesetzt, ist die Verfahrenssituation eine andere. Bei Änderungen ist deshalb fachkundiger Rat einzuholen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 08.02.2017 – XII ZB 116/16
Thema: Familienrecht

Teurer Böllerwurf: Fußballvereine dürfen Vereinsstrafen anteilig auf die Verursacher umlegen

Für einen unerlaubten Böllerwurf im Stadion musste ein Fußballfan richtig viel Geld bezahlen.

Wegen diverser Verstöße verhängte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB) gegen den 1. FC Köln eine Verbandsstrafe, die sich aus vier Einzelstrafen zu den unterschiedlichen Vergehen zusammensetzte und sich schließlich auf insgesamt 80.000 EUR belief. Auf die Strafe wurden jedoch rund 20.000 EUR angerechnet, die der Verein in die Anschaffung eines Kamerasystems zur Überwachung investiert hatte, so dass der Verein noch ca. 60.000 EUR zahlen musste.

Eine der Einzelstrafen belief sich auf 40.000 EUR. Grund hierfür war ein Fan, der bei einem Spiel einen Knallkörper gezündet hatte, der aufgrund seiner enormen Sprengkraft sogar dem Sprengstoffgesetz unterfiel. Insgesamt sieben Zuschauer wurden dabei verletzt. Der Verein forderte von dem Anhänger insgesamt etwa 30.000 EUR zurück. Das mit der Sache befasste Gericht verurteilte den Fußballfan durchaus – jedoch zur Zahlung von nur rund 20.000 EUR. Als Bemessungsgrundlage gab laut Gericht hierbei das Verhältnis der Einzelstrafe zur letztlichen Gesamtstrafe den Ausschlag.

Hinweis: Ab sofort sollten Fußballfans mit der Verwendung verbotener Pyrotechnik doppelt vorsichtig sein. Sie kann nicht nur Menschenleben gefährden, sondern neben Stadionverboten auch empfindliche Geldforderungen nach sich ziehen.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 09.03.2017 – 7 U 54/15

Thema: Sonstiges

Falsches Baujahr angegeben: Rückabwicklung des Hauskaufs wegen Arglist zur Beschaffenheit der Kaufsache

Verkäufer von Immobilien sollten nach diesem Urteil bei der Angabe des Baujahrs des Gebäudes stets die Wahrheit sagen.

In einem notariellen Kaufvertrag hatte die Hausverkäuferin als Baujahr das Jahr 1997 angegeben. Tatsächlich war das Haus jedoch bereits im Jahr 1995 erstmals bezogen worden. Deshalb verlangten die Käufer nun die Rückabwicklung des Kaufvertrags und die Rückzahlung von etwa 600.000 EUR.

Schließlich klagten sie das Geld ein und gewannen den Rechtsstreit. Käufer müssen sich darauf verlassen können, dass ein Haus dem technischen Stand des vereinbarten Baujahrs entspricht. Auch der im Kaufvertrag vereinbarte „Ausschluss der Sachmängelgewährleistung“ schützte den Verkäufer nicht. Dieser galt nicht für eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache. Außerdem hatte die Verkäuferin arglistig gehandelt.

Hinweis: Der Kaufvertrag über ein Haus ist also rückabzuwickeln, wenn der Verkäufer ein falsches Baujahr angibt.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 02.03.2017 – 22 U 82/16

Thema: Mietrecht

Erkennbarer Erbwille: Tierheim wird trotz zwischenzeitlichen Trägerwechsels nach Insolvenz zum Alleinerben

Neben natürlichen Personen können auch sogenannte „juristische Personen“ – wie etwa ein gemeinnütziger Verein, eine Gesellschaft oder Religionsgemeinschaft – als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt werden.

Ein unverheirateter und kinderloser Mann hinterließ nach seinem Tod ein notarielles Testament, in dem er ein Tierheim zum Alleinerben erklärte. Dieses Tierheim hatte jedoch bereits vor seinem Tod Insolvenz angemeldet, der entsprechende Verein wurde aufgelöst. Das Tierheim selbst wurde jedoch von einem neuen Betreiber gekauft und fortgeführt. Daher ging der neue Betreiber davon aus, nun der Alleinerbe zu sein – und beantragte einen Erbschein. Doch dagegen wehrte sich der Insolvenzverwalter.

Das Gericht vernahm daraufhin einen Zeugen, der aussagte, dass es dem Erblasser vor allem darum ging, den Tieren in dem Tierheim zu helfen. Wer juristisch der Träger des Tierheims war, hatte ihn dabei wenig beschäftigt. Entscheidend war für das Gericht daher, dass ein Erblasser bei einer Zuwendung an eine juristische Person den Zweck fördern will, dem eben jene juristische Person dient – und genau dieser Zweck wurde eben von dem neuen Träger fortgeführt. Somit entspricht es dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Mannes, dass die Erbschaft den Tieren zugutekommt und nicht den Gläubigern des insolventen Vereins. Daher war der beantragte Erbschein auch entsprechend auszustellen.

Hinweis: Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich bei der testamentarischen Zuwendung an juristische Personen, Regelungen für eine mögliche Insolvenz oder Rechtsnachfolge vorzusehen. Möchte man zudem eine ganz bestimmte Organisation bedenken, ist es ratsam, diese im Testament möglichst genau zu benennen – etwa unter Angabe der Vereinsregisternummer. Allgemein gilt: Organisationen, die vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt wurden, sind bei testamentarischen Zuwendungen oder auch Schenkungen zu Lebzeiten von der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer befreit.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2017 – I-3 Wx 257/16

Thema: Erbrecht

Unfall mit Rettungsfahrern: Sonderrechte greifen nur bei Wahrung größtmöglicher Sorgfalt und kompletter Signalgebung

Will der Fahrer eines Rettungswagens die für ihn geltenden Sonderrechte in Anspruch nehmen, muss er beweisen, dass er neben dem Blaulicht auch das Einsatzhorn genutzt hat.

Auf einer großen innerstädtischen Kreuzung kam es zu einem Verkehrsunfall. Der Fahrer eines Rettungswagens fuhr bei für ihn bestehendem Rotlicht in die Kreuzung ein. Ein Pkw-Fahrer, der bei Grün in die Kreuzung eingefahren war, konnte gerade noch rechtzeitig bremsen. Der ihm nachfolgende Pkw-Fahrer fuhr allerdings auf dieses Fahrzeug auf. Daraufhin verlangte er von der Versicherung des Rettungswagens 50 % des ihm entstandenen Schadens.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dem Geschädigten Recht gegeben. Zwar habe der auffahrende Pkw-Fahrer entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand zu dem vorausfahrenden Pkw nicht eingehalten oder er war unaufmerksam, so dass eine 50%ige Mithaftung seinerseits in jedem Fall gegeben ist. Aber auch den Fahrer des Rettungswagens trifft ein Mitverschulden, da er nicht beweisen konnte, dass er neben dem Blaulicht auch das Einsatzhorn verwendet hatte.

Die für Rettungswagen bestehenden Sonderrechte gelten aber nur dann, wenn der Fahrer des Fahrzeugs die größtmögliche Sorgfalt walten lässt, was zwingend voraussetzt, dass nicht nur der Einsatz des optischen Warnsignals durch das Blaulicht, sondern auch das akustische Warnsignal in Form des Einsatzhorns verwendet wird.

Hinweis: Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Dass ihnen insofern zustehende Sonderrecht darf aber nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden. Will der Fahrer eines Rettungswagens bei Rotlicht eine Kreuzung überqueren, muss er – auch wenn er die Sonderrechte genießt – stets größtmögliche Sorgfalt beachten, da ihm nicht automatisch ein Vorfahrtsrecht zukommt.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.01.2017 –  I-1 U 46/16

Thema: Verkehrsrecht

Zeugnistext nach Vergleich: Ein Titel ist nur vollstreckungsfähig, wenn gegen dessen konkreten Inhalt verstoßen wurde

Hält der Arbeitgeber sich nicht an einen geschlossenen Vergleich, stellt sich für den Arbeitnehmer die Frage, was dann zu tun ist.

Ein Arbeitnehmer hatte gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses geklagt und sich mit seinem Arbeitgeber vor Gericht in einem Vergleich geeinigt. In diesem Vergleich hatten die Parteien festgelegt, dass der Arbeitnehmer ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer sehr guten Führungs- und Leistungsbeurteilung erhalten solle. Das vom Arbeitgeber formulierte Zeugnis fiel dann auch ganz ordentlich aus, stellte den Arbeitnehmer jedoch nicht zufrieden. Er war der Auffassung, dass der Arbeitgeber damit seiner Verpflichtung aus dem Vergleich nicht nachgekommen war, und beantragte bei Gericht, dass gegen den Arbeitgeber ein Zwangsgeld festgesetzt werden sollte – und hilfsweise Zwangshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer. Das Bundesarbeitsgericht setzte ein solches Zwangsgeld allerdings nicht fest, denn der Vergleichstext war zu unbestimmt und nicht vollstreckungsfähig. Es ist und bleibt Sache des Arbeitgebers, einzelne Zeugnisformulierungen selbst auszuwählen. Das kann nicht auf das Gericht verlagert werden.

Hinweis: Aus einem gerichtlichen Titel lässt sich also nur dann vollstrecken, wenn der Inhalt auch vollstreckungsfähig ist. Das ist bei einem Zeugnis nur dann der Fall, wenn der gesamte Zeugnistext im Vergleich aufgenommen wurde.

Quelle: BAG, Urt. v. 14.02.2017 – 9 AZB 49/16

Thema: Arbeitsrecht

Eintritt in die Volljährigkeit: Das mündige Kind kann die Auszahlung des Kindergeldes von seinen Eltern verlangen

Kindergeld ist eine staatliche Leistung, die für die Kinder gezahlt wird, aber nicht an sie. Bezogen wird es stattdessen von einem der Elternteile. Ist ein Kind volljährig geworden, kann es aber die direkte Auszahlung des Kindergeldes verlangen.

Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart kürzlich so entschieden. Das Kindergeld bezog dabei der Vater. Das volljährige Kind studierte und verlangte von ihm die Weiterleitung, also auch die Auszahlung. Und das mit dem Fall betraute Gericht verpflichtete den Vater auch zur Zahlung.

Minderjährige Kinder, die bei einem Elternteil leben, erhalten von diesem den ihnen zustehenden Unterhalt als sogenannten „Naturalunterhalt“ in Form der Betreuung. Der andere Elternteil muss diesen Unterhalt zahlen und erbringt damit den sogenannten „Barunterhalt“. Diese beiden Unterhaltsarten sind dem Gesetz nach einander gleichgestellt. Hinzu kommt nun noch das staatliche Kindergeld. Dieses erhält zumeist der Elternteil, bei dem das Kind lebt. Da durch dieses Kindergeld sowohl die betreuende als auch die zahlende Unterhaltsleistung unterstützt werden sollen, behält der betreuende Elternteil das komplette Kindergeld; im Gegenzug reduziert sich dafür auch der Unterhalt, den der Barunterhaltspflichtige zu entrichten hat, um die Hälfte dieses Kindergeldbetrags.

Letzten Endes soll das Kindergeld – man ahnt es bei der Bezeichnung fast – dem Kind zugutekommen. Dieses hat mit Eintritt seiner Volljährigkeit den Anspruch, dass ihm das Kindergeld von dem beziehenden Elternteil ausbezahlt wird. Denn ab sofort sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig – das heißt, die Möglichkeit des Naturalunterhalts erlischt mit der Tatsache, dass dem nun erwachsenen Kind gegenüber keine Betreuungsleistungen mehr zu erbringen sind.

Ist gerichtlich oder sonst verbindlich geregelt, welcher Unterhalt von den Eltern an das Kind zu zahlen ist, ist dies in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Auszahlung des Kindergeldes kann also unabhängig davon verlangt werden, in welcher Höhe Kindesunterhalt zu zahlen ist.

Hinweis: Wichtig ist beim Kindesunterhalt, wie lange dieser zu zahlen ist. Wechsel in der Ausbildung sind teilweise hinzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch das Kindergeld von Bedeutung. Die Rechtsprechung neigt zu der Ansicht, dass Unterhalt maximal so lange zu zahlen ist, wie Kindergeld bezogen werden kann.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.01.2017 – 17 UF 193/16

Thema: Familienrecht