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Konten des Erblassers: Banken gegenüber genügt ein Testament zum Nachweis der Erbenstellung

Nach einem Todesfall müssen nicht nur zahlreiche Vorgänge abgewickelt werden, es bedarf dazu auch der Vorlage verschiedener Dokumente. Banken, bei denen der Erblasser ein Konto hatte, verlangen von den Erben zum Nachweis ihrer Erbenstellung so zum Beispiel regelmäßig einen Erbschein.

Nach dem Tod ihrer Mutter wollten die Erben auf die Konten der Verstorbenen zugreifen und legten der Sparkasse dazu beglaubigte Abschriften des Testaments und des Eröffnungsprotokolls des Amtsgerichts vor. Die Sparkasse bestand jedoch auf einen Erbschein. Die Kosten für diesen Erbschein von 1.770 EUR wollten die Erben dann wiederum von der Sparkasse erstattet bekommen – und klagten dafür bis vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

Der BGH entschied nun, dass der Erbe gegenüber einer Bank sein Erbrecht durchaus auch mit einem eindeutigen eigenhändigen Testament nachweisen kann. Verlangt die Bank dennoch einen Erbschein, muss sie die Kosten für dessen Erteilung entsprechend erstatten. Das Gericht wies darauf hin, dass nur in einigen gesetzlich geregelten Fällen zwingend der Nachweis durch einen Erbschein zu erbringen ist. In allen anderen Fällen ist auch ein eröffnetes notarielles oder eigenhändiges Testament ausreichend.

Hinweis: Banken können den Nachweis durch einen Erbschein aufgrund dieser Rechtsprechung also ausschließlich in Fällen fordern, in denen berechtigte Zweifel an einem Testament bestehen. Das beschleunigt den Zugriff der Erben auf das Konto und macht das Verfahren kostengünstiger. Der BGH hat jedoch offengelassen, ob Banken die Vorlagepflicht eines Erbscheins nicht auch in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen regeln können.

Quelle: BGH, Urt. v. 05.04.2016 – XI ZR 440/15
Thema: Erbrecht

Gebrauch eines Kraftfahrzeugs: Der Haftpflichtversicherer haftet auch bei Schäden durch den Beifahrer

Der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer haftet grundsätzlich auch für einen Unfallschaden, den ein Insasse des versicherten Fahrzeugs durch das Öffnen der Beifahrertür verursacht.

Eine Frau hatte ihr Fahrzeug ordnungsgemäß auf einem Parkplatz vor ihrem Haus abgestellt. Daneben parkte ein anderes Fahrzeug ein. Beim Aussteigen stieß der Beifahrer dieses Autos mit der Tür gegen das geparkte Fahrzeug und beschädigte es. Die Haftpflichtversicherung des Einparkers meinte jedoch, dass nicht sie, sondern die Haftpflichtversicherung des Beifahrers für den Schaden aufzukommen habe.

Das Landgericht Saarbrücken war da anderer Auffassung und entschied, dass die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung durchaus eintrittspflichtig ist. Denn diese deckt den durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Schaden ab. Der Gebrauch des Kraftfahrzeugs schließt den Betrieb des Kraftfahrzeugs im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes ein – und dazu gehört anerkanntermaßen auch das Öffnen einer Tür beim Aussteigen aus einem Kraftfahrzeug. Insofern muss sich die Versicherung auch das Verhalten des Beifahrers zurechnen lassen. Der Umstand, dass vorliegend ein Fahrzeuginsasse, der weder Halter noch Fahrer des Fahrzeugs war, den Unfall durch das Öffnen der Beifahrertür verursacht hat, ist dabei kein Widerspruch. Dies gilt schon deshalb, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Fahrer im Idealfall das Fahrzeug so abgestellt hätte, dass ein Aussteigen auf der Beifahrerseite problemlos und ohne jegliche Gefährdung des daneben geparkten Fahrzeugs möglich gewesen wäre.

Hinweis: Wird beim Ein- oder Aussteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- bzw. Aussteigenden. Diese Sorgfaltsanforderungen gelten auch gegenüber Fußgängern und Radfahrern oder – wie dieser Fall zeigt – seitlich daneben geparkten Fahrzeugen beim Öffnen der rechten Fahrzeugtür.

Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 20.11.2015 – 13 S 117/15
zum Thema: Verkehrsrecht

Mindestlohn für Bereitschaftszeiten: Monatliche Durchschnittsberechnung ist ausreichend

Während der Bereitschaftszeiten muss sich ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz aufhalten und je nach Erforderlichkeit seine Arbeit aufnehmen. Müssen diese Zeiten mit dem Mindestlohn von 8,50 EUR pro Stunde vergütet werden?

Ein Rettungsassistent war in seiner Viertagewoche in Zwölfstundenschichten durchschnittlich 48 Stunden beschäftigt. Zusätzlich leistete er Bereitschaftszeiten ab. Sein Bruttomonatsgehalt belief sich mitsamt der Zulagen auf 2.680,31 EUR. Dann kam er auf die Idee, dass ihm für die Bereitschaftszeiten mehr als das gezahlte Geld zustehen würde, und er klagte seine Gehaltsdifferenz ein.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Klage jedoch ab. Zwar ist die Bereitschaftszeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten, der Anspruch des Rettungsassistenten war aber erfüllt. Denn für die 228 monatlichen Arbeitsstunden hätte er unter Zugrundelegung des Mindestlohns von 8,50 EUR insgesamt 1.938 EUR verdienen müssen. Er lag mit seinem tatsächlichen Verdienst jedoch weit darüber.

Hinweis: Die Entscheidung bedeutet einen weiteren Schritt hin zu mehr Klarheit beim Mindestlohn. Grundsätzlich sind die Bereitschaftszeiten auch mit dem Mindestlohn zu vergüten. Das BAG geht aber davon aus, dass eine monatliche Durchschnittsberechnung ausreichend ist.

Quelle: BAG, Urt. v. 29.06.2016 – 5 AZR 716/15
Thema: Arbeitsrecht

Mehr Zeit fürs Kind: Nur selten schlägt sich ein zeitlich erweiterter Umgang auf den Unterhalt nieder

Bei der Bestimmung des Kindesunterhalts wird davon ausgegangen, dass zwischen dem zur Zahlung verpflichteten Elternteil und dem Kind Umgang stattfindet. Der Umgang reduziert also nicht die Höhe des zu zahlenden Betrags. Gilt aber etwas anderes, wenn der Umgang das normale Maß übersteigt?

In der heutigen Zeit haben insbesondere die Väter glücklicherweise mehr Interesse an ihren Kindern als noch zuvor. Sie möchten sie aufwachsen sehen und sind bereit, dafür Zeit zu investieren. Das kann soweit gehen, dass sie ihre Arbeitszeit reduzieren und damit weniger Einkommen hinnehmen, um sich dem Nachwuchs widmen zu können. Das Umgangsrecht nehmen sie dann entsprechend umfassender wahr.

In dem Zusammenhang kann sich die Frage stellen: Nimmt dieser gesteigerte Umgang Einfluss auf die Höhe des zu zahlenden Unterhalts – bzw. wenn ja: inwiefern? Was gilt, wenn der Vater für eine intensivere Kindesbetreuung seinen Arbeitsumfang zum Beispiel auf 70 % mindert?

In der Rechtsprechung ist diese Frage noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Klar ist aber, dass der nach der Düsseldorfer Tabelle (einer bundesweit geltenden Unterhaltsleitlinie) zu zahlende Mindestunterhalt in jedem Fall zu zahlen ist. Wer also nicht mehr zu 100 % arbeitet, um sich somit mehr um seine Kinder kümmern zu können, kann damit nicht erreichen, dass er weniger als die niedrigsten Sätze der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen hat.

Hinweis: Was unter dem normalen Umgangsrecht zu verstehen ist, regelt das Gesetz bislang nicht. In der Praxis üblich ist jedoch ein 14-tägiger Umgang an den Wochenenden (von Freitag Abend bis Sonntag Abend) sowie während der Hälfte der Schulferien. Dieses Kontingent ist erst einmal zu erreichen, bevor sich die Frage stellt, was bei einem umfangreicheren Umgangsrecht gilt. Oft zeigt sich, dass bei Licht betrachtet der Umgang dann doch nicht nennenswert umfangreicher stattfindet als das genannte übliche Prozedere. Eine Reduktion des Unterhalts wird also häufiger eingefordert, als tatsächlich eine Berechtigung dazu besteht.

Quelle: KG, Beschl. v. 11.12.2015 – 13 UF 164/15
Thema: Familienrecht

Illegale Einreise: EU-Rückführungsrichtlinie verhindert Freiheitsentzug

Eine EU-Rückführungsrichtlinie sieht vor, dass gegen jeden sich illegal aufhaltenden Drittstaatsangehörigen eine sogenannte Rückkehrentscheidung zu erlassen ist, die wiederum grundsätzlich eine Frist für die freiwillige Rückkehr eröffnet.

Maßnahmen zur zwangsweisen Abschiebung können sich dann anschließen.

Eine Frau war illegal in das französische Hoheitsgebiet eingereist. Es handelte sich um eine ghanaische Staatsangehörige, die an der Einfahrt zum Ärmelkanaltunnel an Bord eines Reisebusses, der aus Belgien kam und nach London fuhr, von der französischen Polizei aufgegriffen wurde. Da sie einen belgischen Reisepass mit dem Foto und Namen einer anderen Person vorzeigte und keinen Ausweis oder Reiseunterlagen auf ihren eigenen Namen mit sich führte, wurde sie zunächst wegen illegaler Einreise in das französische Hoheitsgebiet in Polizeigewahrsam genommen. Nunmehr klagte sie, dass sie rechtswidrig in Polizeigewahrsam genommen worden war.

Der Europäische Gerichtshof stellte sich auf ihre Seite. Die Rückführungsrichtlinie verbietet es, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen vor der Einleitung eines Rückkehrverfahrens allein deshalb eine Freiheitsstrafe verhängt wird, weil er illegal über den Schengenraum in einen EU-Staat eingereist ist. Dies gilt auch für durchreisende Drittstaatsangehörige, die bei der Ausreise festgenommen werden.

Hinweis: Dieses Urteil bedeutet jedoch nicht, dass eine Inhaftierung bei der Begehung anderer Straftaten als der eigentlichen Einreise verboten ist.

Quelle: EuGH, Urt. v. 07.06.2016 – C-47/15
Thema: Sonstiges

Maklerzuständigkeit: Verhandlungs- und Provisionsberechtigungen müssen von vornherein geklärt sein

Ein Makler bekommt für die Vermittlung eines Objekts eine Provision. Doch was, wenn er Objekte anderer Makler anbietet?

In diesem Fall geht um ein Berliner Hausgrundstück, das den Käufern von einem Makler angeboten worden, jedoch nicht in dessen Unterlagen enthalten war. Deshalb zahlten die Käufer die Maklerprovision nicht, und der Makler zog vor Gericht.

Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass ein Makler, der einem Interessenten ein Expose eines anderen Maklers übergibt, damit automatisch nicht zum Ausdruck bringt, im Erfolgsfall selbst eine Provision zu beanspruchen. Will der Makler im Erfolgsfall auch für Objekte, von denen er durch andere Makler weiß, eine Provision erhalten, muss er dies gegenüber dem Interessenten zum Ausdruck bringen. Dafür ist es erforderlich, dass der vollständige Name und die Anschrift des entsprechend verhandlungsbefugten Vertragspartners dem Interessenten gegenüber benannt werden.

Hinweis: Am besten ist es, wenn vor der Beauftragung eines Maklers ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wird. Dann wissen beide Parteien, woran sie sind, und spätere Rechtsstreitigkeiten können vermieden werden.

Quelle: BGH, Urt. v. 17.12.2015 – I ZR 172/14
Thema: Mietrecht

Hilfe beim Vererben: In welchen Fällen es sinnvoll ist, eine Testamentsvollstreckung zu bestimmen

Insbesondere bei einer Vielzahl von Erben oder einer komplizierten Erbmasse kann es sinnvoll sein, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen.

Ein Testamentsvollstrecker handelt als neutraler Dritter und sollte die Interessen aller Beteiligten im Auge behalten. Daher empfiehlt es sich, einen neutralen Freund oder Vertrauten als Testamentsvollstrecker zu bestimmen – nicht einen der Erben. Darüber hinaus sollte die Person Kenntnisse in erb- und steuerrechtlichen Angelegenheiten haben, um die Tätigkeit optimal ausüben zu können. Daher eignen sich hierzu insbesondere berufsmäßige Testamentsvollstrecker wie zum Beispiel spezialisierte Rechtsanwälte. Die genauen Befugnisse des Testamentsvollstreckers werden durch das Testament bestimmt. Der Erblasser sollte diesbezüglich also detaillierte Angaben machen. Grundsätzlich werden zwei Arten der Testamentsvollstreckung unterschieden:

die Auseinandersetzungsvollstreckung, bei der es lediglich um die Aufteilung des Nachlasses und die Begleichung der Erbschaftsteuer geht, und die Dauertestamentsvollstreckung, die sich vor allem dann anbietet, wenn es minderjährige oder behinderte Erben gibt oder eine Stiftung oder ein Unternehmen langzeitig verwaltet werden sollen.

In jedem Fall ist der Testamentsvollstrecker gesetzlich verpflichtet, unverzüglich ein Nachlassverzeichnis zu erstellen und den Erben regelmäßig Auskunft über den Sachstand zu geben. Zudem haftet er gegebenenfalls für Fehlentscheidungen.

Nachteilig bei der Testamentsvollstreckung ist vor allem, dass ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich vergütet werden muss. Die Vergütung kann im Testament bestimmt werden oder richtet sich nach den einschlägigen Tabellen wie der Rheinischen Tabelle und liegt üblicherweise bei etwa 1-3 % des Nachlasses. Die Erben können sich bei einer Testamentsvollstreckung zudem ausgeschlossen fühlen, da der Testamentsvollstrecker selbständig ohne ihre Zustimmung handeln kann und auch nicht der Kontrolle des Nachlassgerichts unterliegt. Dies kann jedoch vermieden werden, wenn der Testamentsvollstrecker entsprechend feinfühlig und professionell vorgeht.

Eine Testamentsvollstreckung hat den Vorteil, dass der Wille des Erblassers genau so umgesetzt wird, wie er es gewünscht hat, und zudem Streitigkeiten unter den Erben vermieden werden. Darüber hinaus wird die Arbeitsbelastung für die Erben minimiert und – vor allem bei einem erfahrenen Testamentsvollstrecker – gewährleistet, dass die rechtlichen Vorgaben und Pflichten eingehalten werden.

Hinweis: Ob eine Testamentsvollstreckung sinnvoll ist, hängt somit ganz davon ab, wie der Nachlass beschaffen ist. Gerade bei einem komplexen Nachlass und/oder schutzbedürftigen Erben sollte über einen professionellen Testamentsvollstrecker rechtzeitig nachgedacht werden.

Thema: Erbrecht

Vereinzeltes Fortbestehen: Ausnahmen bei der generellen Nichtigkeit erfolgreich angefochtener Testamente

Letztwillige Verfügungen können aus verschiedenen Gründen angefochten werden, zum Beispiel wenn der Erblasser getäuscht oder bedroht wurde oder – wie im folgenden Fall – wenn der Erblasser ein Kind übergangen hat, das erst nach der Testamentserrichtung geboren wurde.

Ein Mann hatte mit seiner Frau zwei Kinder. Ungefähr ein Jahr vor der Geburt des zweiten Kindes errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seinen erstgeborenen Sohn zum Alleinerben erklärte und seine Frau aus steuerlichen Gründen enterbte. Nach dem Tod des Erblassers focht die Ehefrau das Testament mit der Begründung an, dass der Mann sein zweites Kind nicht übergehen wollte.

Das Gericht musste nun zunächst die Frage klären, ob der Mann sein zweites Kind bewusst enterbt hatte. Allein die Tatsache, dass er sein Testament nach der Geburt seines zweiten Kindes nicht geändert hatte, ließ nach Auffassung des Gerichts nicht darauf schließen, dass er dieses Kind habe übergehen wollen – er war schließlich kurz nach dessen Geburt im Alter von nur 47 Jahren gestorben. Die Anfechtung war somit zulässig.

Im zweiten Schritt musste das Gericht nun darüber entscheiden, welche Auswirkungen diese Anfechtung hat. Es stellte zwar fest, dass eine Anfechtung generell zur Nichtigkeit des gesamten Testaments führt. Es bleiben unter Umständen jedoch einzelne Verfügungen für den Fall wirksam, wenn positiv zu bewerten ist, dass sie der Erblasser auch getroffen hätte, wenn er zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments Kenntnis von dem weiteren Pflichtteilsberechtigten gehabt hätte. Da der Verstorbene nach Auffassung des Gerichts die Enterbung der Ehefrau aus steuerlichen Gründen auch angeordnet hätte, wäre das zweite Kind schon geboren gewesen, blieb diese einzelne Verfügung daher bestehen. Ansonsten war das Testament nichtig: Die Kinder wurden jeweils zur Hälfte zu Erben.

Hinweis: Bei der Anfechtung einer letztwilligen Verfügung sollte genau überlegt werden, welche Konsequenzen diese hat. Bei der Nichtigkeit eines Testaments können die gesetzliche Erbfolge, die Regelungen aus einem früheren Testament oder auch einzelne Regelungen aus dem angefochtenen Testament zum Tragen kommen. In kompliziert gelagerten Fällen sollte daher besser fachkundiger Rat eingeholt werden.

Quelle: OLG Schleswig, Beschl. v. 07.12.2015 – 3 Wx 108/15
Thema: Erbrecht

Lerneffekt für Biker: Bei saisonaler Fahrzeugnutzung kann eine Fahrtenbuchauflage verlängert werden

Da der Verursacher eines Geschwindigkeitsvergehens (27 km/h über der erlaubten Geschwindigkeit) nicht ermittelt werden konnte, wurde dem Halter des betreffenden Motorrads eine Fahrtenbuchauflage für einen Zeitraum von 15 Monaten auferlegt. Dieser jedoch hielt die Fahrtenbuchauflage für unverhältnismäßig.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts war die Entscheidung der Behörde jedoch rechtmäßig. Es ist anerkannt, dass die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs von einer gewissen Dauer sein muss. Erst so kann das verfolgte Ziel erreicht werden, den Halter im Fall eines erneuten Verstoßes zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugnutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers anzuhalten.

Es liegt nach Auffassung des Gerichts auf der Hand, dass der Effekt durch die eigentlich vorgesehene Mindestdauer von „nur“ sechs Monaten bei Motorrädern aufgrund ihrer typischen saisonalen Nutzung vielfach nicht erreicht wird. Im Extremfall – nämlich dann, wenn die Dauer der Fahrtenbuchauflage in vollem Umfang in die Abmeldezeit für das Motorrad fiele – liefe die Anordnung vollständig ins Leere – schließlich wird der Fahrzeughalter durch die Fahrtenbuchverpflichtung in der Zeit, in der sein Fahrzeug unbenutzt bleibt, nicht belastet.

Hinweis: Mit einer Fahrtenbuchauflage soll Sorge dafür getragen werden, dass künftig die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich ist. Fahrern des Fahrzeugs, das einer Fahrtenbuchauflage unterliegt, soll zugleich vor Augen geführt werden, dass sie im Fall der Begehung eines Verkehrsverstoßes damit rechnen müssen, aufgrund ihrer Eintragung im Fahrtenbuch als Täter ermittelt und mit Sanktionen belegt zu werden.

Quelle: BVerwG, Urt. v. 28.05.2015 – 3 C 13/14
Thema: Verkehrsrecht

Milderes Mittel: Eine Abmahnung gegen das gesamte Betriebsratsgremium ist zulässig

Welche rechtlichen Auswirkungen die Abmahnung eines Betriebsratsgremiums hat, zeigt dieser Fall.

Ein Betriebsrat wollte sehr kurzfristig eine Abteilungsversammlung durchführen. Ein Beschluss wurde gefasst und der Arbeitgeberin mitgeteilt. Diese bat um eine Verschiebung der Sitzung, der Betriebsrat stimmte dieser zu. Trotzdem war die Arbeitgeberin verärgert und erteilte dem Betriebsrat eine Abmahnung: Die kurzfristige Anberaumung der Versammlung sei rechtswidrig und Lage und Ort der Versammlung mindestens sieben Tage vorher anzuzeigen. Der Betriebsrat hielt die Abmahnung für unwirksam und klagte dagegen – vergebens.

Ein Arbeitgeber kann seinem Betriebsrat keine Weisungen erteilen und ihm insbesondere keine nicht vom Gesetz gestützten Pflichten auferlegen. Ist ein Arbeitgeber mit seinem Betriebsrat nicht einverstanden, bleibt ihm bei einer groben Pflichtverletzung letzten Endes nur der Antrag auf Auflösung des Betriebsrats. Daher kann eine Abmahnung ein durchaus milderes Mittel darstellen, dem hier auch das Gericht nichts entgegenbringen konnte.

Hinweis: Eine Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte können die einzelnen Gremiumsmitglieder im Übrigen nicht verlangen, da der gesamt abgemahnte Betriebsrat über gar keine entsprechende Personalakte verfügt, die Abmahnung dem weiteren beruflichen Werdegang der einzelnen Mitglieder somit nicht hinderlich im Wege stehen und auch der Arbeitgeber aus der Abmahnung keinerlei Rechte herleiten kann.

Quelle: ArbG Solingen, Beschl. v. 18.02.2016 – 3 BV 15/15 lev
Thema: Arbeitsrecht