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Wegzug des unehelichen Kindes: Vater kann bei fehlender elterlicher Sorge nicht auf eine einstweilige Anordnung zählen

Sind die Eltern eines minderjährigen Kindes nicht miteinander verheiratet, steht der Kindesmutter die elterliche Sorge für das Kind zu. Unter erleichterten Umständen kann der Kindesvater verlangen, Mitinhaber dieser elterlichen Sorge zu werden.

Was aber kann er tun, wenn es ihm mit einer diesbezüglichen gerichtlichen Bestimmung eilt?

In guten Zeiten wird es oft vernachlässigt, grundlegende Vereinbarungen zu treffen, so auch in einem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall. Zwei nicht verheiratete Partner bekamen ein Kind. Der Mann erkannte die Vaterschaft an, seinen Anteil an der elterlichen Sorge verlangte er dabei allerdings nicht. Tatsächlich lief auch alles unproblematisch: Die junge Familie lebte zusammen und der Kindesvater nahm seine Aufgaben wahr. Dabei geriet völlig in Vergessenheit, dass der Kindesvater trotz der gelebten Routine nach außen nicht als Mitinhaber der elterlichen Sorge gilt.

Es kam, wie es kommen musste: Es ergaben sich Spannungen, die Eltern trennten sich, wobei das Kind bei der Mutter blieb. Diese hatte einen neuen, weiter entfernt lebenden Partner kennengelernt, zu dem sie – mit dem Kind – ziehen wollte. Erst jetzt fiel dem Vater wieder ein, nicht offiziell Mitinhaber der elterlichen Sorge zu sein. Prompt will er dies ändern, um dadurch den Umzug seines Kindes zu verhindern, das er sonst nicht mehr so oft sehen könnte.

Für eine schnelle gerichtliche Regelung gibt es die Möglichkeit einstweiliger Anordnungen. Das gilt bezüglich der elterlichen Sorge jedoch nur, wenn ein kindeswohlrelevanter Extremfall vorliegt. Ein Umzug ist kein solcher Extremfall. Zudem muss sich der Mann vorhalten lassen, dass er früher hätte aktiv werden können. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde ihm deshalb hier versagt.

Hinweis: Ob nach der Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge der Umzug des Kindes verhindert werden kann, ist fraglich. Sicher ist aber, dass der nichteheliche Vater, der Mitinhaber der elterlichen Sorge sein möchte, aktiv werden muss und nicht darauf vertrauen darf, dass die Harmonie der Beziehung immer Bestand hat.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 04.11.2015 – 12 UF 1302/15
Thema: Familienrecht

Kein deutscher Hoheitsakt: Deutschland haftet nicht für durch die Air Base Ramstein unterstützte Drohneneinsätze

Ein Luftangriff der US-Streitkräfte in Somalia hat die deutschen Gerichte beschäftigt.

Ein Somalier, dessen Vater 2012 bei einem Luftangriff der USA – mutmaßlich ausgeführt durch unbemannte Kampfdrohnen – als ziviles Opfer ums Leben gekommen war, hat vor dem Verwaltungsgericht Köln (VG) geklagt. Er warf der Bundesrepublik Deutschland vor, nicht alles ihr Mögliche getan zu haben, den Luftangriff und somit den Tod des Vaters zu verhindern. US-Drohneneinsätze in Afrika würden schließlich insbesondere von der Air Base Ramstein aus unterstützt. Trotz dieses Wissens ginge man nicht dagegen vor und habe daher die Schutzpflichten aus dem Grundgesetz verletzt. Das VG wies die Klage allerdings ab, da sie bereits an der fehlenden Klagebefugnis scheiterte.

Hinweis: Es fehlte ein hinreichender Bezug zu einer hoheitlichen Betätigung der Bundesrepublik. Allein die Überlassung von Immobilien an die US-Streitkräfte ist kein deutscher Hoheitsakt.

Quelle: VG Köln, Urt. v. 27.04.2016 – 4 K 5467/15
Thema: Sonstiges

GbR ist keine Vermietermehrheit: Eigenbedarfskündigungen durch Gesellschafter wird der Riegel vorgeschoben

Eigenbedarf kann nicht jeder als Kündigungsgrund geltend machen.

Im Wohnraummietrecht muss ein Vermieter für eine Kündigung einen Grund haben – dieser kann z.B. geltend gemachter Eigenbedarf sein. In dem hier entschiedenen Fall war das Gebäude nicht etwa durch eine Privatperson, sondern durch ein Unternehmen – eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus dem Immobilienbereich – erworben worden. Einer der Gesellschafter hatte daraufhin Eigenbedarf zugunsten seiner Tochter angemeldet und dem Wohnungsmieter das seit 1985 bestehende Mietverhältnis gekündigt.

Das Landgericht München I (LG) hat jedoch die Räumungsklage abgewiesen und widerspricht damit eindeutig dem Bundesgerichtshof, der den Kauf durch eine GbR mit dem Erwerb durch eine sogenannte einfache Vermietermehrheit gleichsetzt, der solche Eigenbedarfskündigungen durchaus zustehen. Das LG sieht diese Vergleichbarkeit als praxisfern an, da die besonderen Konstellationen einer GbR die Mieterrechte erheblich beschneiden können. Eine solche Form des Eigenbedarfs der Gesellschafter ist nicht mit dem gesetzlichen Schutzzweck vereinbar, der Mieter vor einem unkalkulierbaren Risiko von Eigenbedarfskündigungen durch einen nicht überschaubaren Personenkreis bewahren soll.

Hinweis: Eine GbR kann nach dieser Entscheidung grundsätzlich keinen Eigenbedarf zugunsten eines ihrer Gesellschafter oder deren Angehörigen geltend machen.

Quelle: LG München I, Urt. v. 07.10.2015 – 14 S 2969/15
Thema: Mietrecht

Gemeinschaftliches Testament: Ohne weitere Vorkehrungen tritt bei Ausschlagung die gesetzliche Erbfolge in Kraft

Bei gemeinschaftlichen Testamenten – sogenannten „Berliner Testamenten“ – setzen sich Ehe- oder Lebenspartner zunächst gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen, an wen das Vermögen mit dem Tod des zuletzt Versterbenden fallen soll (üblicherweise an die gemeinsamen Kinder).

Dabei sind juristisch jedoch verschiedene Ausgestaltungen möglich und es müssen viele Eventualitäten – wie etwa das Vorversterben eines Erben oder die Ausschlagung der Erbschaft durch einen Beteiligten – bedacht werden.

Ein Ehepaar errichtete ein Ehegattentestament, mit dem es sich gegenseitig zu alleinigen Erben und die Tochter des Mannes aus erster Ehe sowie den Neffen der Frau zu gleichen Teilen als Schlusserben des Letztversterbenden einsetzte. Nach dem Tod des Ehemannes schlug die Ehefrau die Erbschaft jedoch aus. Damit stellte sich die Frage, wer nun Erbe geworden war: die Tochter als Alleinerbin oder etwa Tochter und Neffe als hälftige Miterben?

Das Gericht entschied, dass in dem Testament keine Regelung für den Fall der Ausschlagung zu finden war. Insbesondere wurden die beiden Schlusserben, die Tochter und der Neffe, nicht zu Ersatzerben für den Fall der Ausschlagung bestimmt. Dies war weder ausdrücklich geregelt noch durch Auslegung des Testaments zu ermitteln. Somit kam die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung: Die Tochter wurde als einziger Abkömmling des Mannes dessen Alleinerbin. Der Ehefrau stand nach der Ausschlagung natürlich somit weder ein gesetzliches noch ein testamentarisches Erbrecht zu.

Hinweis: Bei gemeinschaftlichen Testamenten sind die Ehepartner nach dem Tod eines Partners grundsätzlich an die Bestimmungen im Testament gebunden und können diese nicht einseitig ändern oder widerrufen. Schlägt der Ehepartner die Erbschaft jedoch aus, erhält er die Verfügungsgewalt über das eigene Vermögen zurück. Eine Ausschlagung kann also auch taktisch eingesetzt werden. Daher empfiehlt es sich, rechtzeitig fachkundigen Rat einzuholen, damit auch im Fall der Ausschlagung durch den überlebenden Ehegatten die gewünschten Rechtsfolgen eintreten bzw. Vorkehrungen für eine nachträgliche Abänderungsmöglichkeit eines gemeinschaftlichen Testaments getroffen werden können.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 14.03.2014 – 15 W 136/13
Thema: Erbrecht

Grenz(wert)fälle: Das Alkoholverbot für Fahranfänger ist nicht so „absolut“, wie es sich nennt

Wie absolut das sogenannte absolute Alkoholverbot für Fahranfänger in der Realität bemessen werden kann, musste das Kammergericht Berlin (KG) vor kurzem erneut bewerten.

Ein 20 Jahre alter Fahrzeugführer, der sich noch in der Probezeit befand, geriet in eine Polizeikontrolle. Auf die Frage, ob er Alkohol konsumiert habe, antwortete er, dass er in der Nacht zuvor Alkohol getrunken habe. Daraufhin erfolgte ein Atemalkoholtest, der einen Wert von 0,05 mg/l ergab. Der Betroffene wurde wegen des Verstoßes gegen das allgemein geltende Alkoholverbot für Fahranfänger zu einer Geldbuße von 500 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.

Das KG hat den Betroffenen auf dessen Beschwerde hin jedoch freigesprochen. Denn wo die pure Wortinterpretation Recht zu haben scheint, widerspricht die Wissenschaft und auch das Gericht. Denn dieses nimmt aufgrund entsprechender Expertenmeinungen ein Einsetzen der alkoholischen Wirkung im menschlichen Organismus erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 ‰ oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,1 mg/l an. Die hatte der Betroffene mit der gemessenen Atemalkoholkonzentration von 0,05 mg/l aber nicht erreicht.

In seiner Begründung bezieht sich der Senat zudem darauf, dass nach derzeitigem Stand der Wissenschaft Grenzwerte von 0,0 ‰ bzw. 0,0 mg/l, die das Einhalten des „absoluten“ Alkoholverbots belegen würden, nicht bestimmbar sind. Aus diesem Grund hatte die Alkoholkommission zum Alkoholverbot für Fahranfänger einst auch die tatsächlich messbaren Grenzwerte von 0,2 ‰ bzw. 0,1 mg/l empfohlen. Letztendlich folgt der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung damit der wissenschaftlichen Ansicht, dass eine Alkoholwirkung unterhalb von 0,2 ‰ bzw. 0,1 mg/l sowohl aus messtechnischen als auch aus medizinischen Gründen grundsätzlich ausscheidet.

Hinweis: Vorsicht – ab welchem Grenzwert eine Alkoholwirkung festzustellen ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt! Wie das KG haben auch das Amtsgericht (AG) Langenfeld und das AG Biberbach entschieden. Demgegenüber hat das AG Herne einen Betroffenen freigesprochen, bei dem ein Atemalkoholwert von 0,13 mg/l festgestellt wurde. Diese Entscheidung beruht allerdings auf Angaben eines von dem Gericht angehörten Sachverständigen, der den Grenzwert für das Einsetzen der alkoholischen Wirkung erst bei 0,26 ‰ annahm.

Quelle: KG, Beschl. v. 15.02.2016 – 3 Ws (B) 538/15 – 122 Ss 142/15 
Thema: Verkehrsrecht

Nicht verfassungswidrig: Berliner Neutralitätsgesetz verbietet Grundschullehrerin das Kopftuch im Unterricht

Beim Staat angestellte Personen haben eine besondere Neutralitätspflicht.

Eine Frau hatte sich als Grundschullehrerin beworben. Sie wurde allerdings abgelehnt, weil sie ein muslimisches Kopftuch trug. Das im Land Berlin geltende „Berliner Neutralitätsgesetz“ untersagt u.a. Lehrkräften an öffentlichen Schulen das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke. Das Arbeitsgericht sah daher weder eine Diskriminierung noch die Verfassungswidrigkeit des Neutralitätsgesetzes gegeben. Das Gesetz behandelt schließlich alle Religionen gleich. Außerdem gilt das Neutralitätsgesetz nicht für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen, weshalb die Frau dort einer Unterrichtstätigkeit nachgehen kann.

Hinweis: Dieses Urteil ist nicht ohne weiteres auf die Privatwirtschaft übertragbar. Da kann eine Ablehnung einer Bewerberin mit Kopftuch sehr schnell eine entschädigungspflichtige Benachteiligung darstellen.

Quelle: ArbG Berlin, Urt. v. 14.04.2016 – 58 Ca 13376/15
Thema: Arbeitsrecht

Verkaufserlös nach Trennung: Gemeinsam angeschaffter Familienwagen gilt als Haushaltsgegenstand

Eine Trennung bringt Probleme mit sich, deren Lösungen naturgemäß nicht lange auf sich warten lassen wollen.

So kann sich zum Beispiel die Frage ergeben, ob ein Ehegatte das Familienauto ohne Zustimmung des anderen verkaufen kann.

Beim gemeinsamen Autokauf eines Paars entscheidet die geplante Verwendung über die Frage „Familienkutsche oder Cabriolet?“ In diesem Fall hatten sich Eltern einen größeren Wagen angeschafft, um damit die Familieneinkäufe zu erledigen, die Kinder und auch deren Freunde zu transportieren und damit in den Urlaub zu fahren. Als die Ehegatten sich trennen, können sie sich über ihre finanziellen Verhältnisse nicht einigen – insbesondere nicht über die Höhe des zu zahlenden Unterhalts. Um sich Liquidität zu verschaffen, will einer der Ehegatten das Familienauto verkaufen und den Erlös zur Deckung der Kosten des täglichen Lebens einsetzen. Geht das?

Wer die Papiere des Fahrzeugs hat, kann den Wagen prinzipiell verkaufen. Er darf in diesem Fall den Verkaufserlös allerdings nicht für sich allein behalten. Der Familienwagen ist juristisch ein Haushaltsgegenstand. Wurde dieser während der Ehe und wie beschrieben für den gemeinsamen Haushalt angeschafft, gilt er als gemeinsames Eigentum der Ehegatten. Somit ist der Erlös auch auf beide Ehegatten hälftig zu verteilen. Im Fall des Verkaufs kann der andere Ehegatte also die Auszahlung des hälftigen Verkaufserlöses verlangen.

Hinweis: Vorstehend beschriebene Situation gilt nur, wenn es sich um einen während der Ehe gekauften Wagen handelt. Hat ein Ehegatten bereits vor der Eheschließung einen Pkw gekauft, ist es allein sein Auto und er kann allein darüber verfügen – auch dann, wenn der Wagen in der Ehe überwiegend oder sogar ausschließlich für Familienzwecke genutzt wird. Außerdem ist auf die Nutzung des Pkw zu achten. Ein Pkw, den ein Ehegatte allein für sich benutzt – zum Beispiel für den Arbeitsweg -, ist ebenfalls nicht als Haushaltsgegenstand anzusehen.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.02.2016 – 16 UF 195/15
Thema: Familienrecht

Beweislastumkehr: Schmerzensgeld nach rechtswidriger Operation

Setzt sich ein Arzt über den Willen seines Patienten hinweg, muss er damit rechnen, vom Gericht verurteilt zu werden.

Im Jahr nach ihrer Geburt wurde bei einem kleinen Mädchen ein gutartiger Hirntumor teilweise entfernt. Ein Jahr später stellte sich heraus, dass der Resttumor gewachsen war. Zwei Universitätskliniken hielten eine weitreichendere Entfernung des Tumors aber für nicht richtig und rieten, nur eine sogenannte Drainierung der Zyste beim Voroperateur durchführen zu lassen. Dieser hielt sich allerdings nicht daran und entfernte den Tumor vollständig. Das Kind litt dann noch etwa zehn Jahre bis zu seinem Tod an schweren Nerven- und Gefäßverletzungen mit fast vollständiger Lähmung, Fehlstellungen der Hand- und Fußgelenke und Schluckstörungen, außerdem war es blind und konnte nicht sprechen. Die Eltern des Kindes verlangten nun Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 EUR sowie Schadensersatz.

Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nun im Gegensatz zur vorigen Instanz, dass eine rechtswidrig ausgeführte Operation, die zu einer Gesundheitsschädigung des Patienten führt, zu einer Beweislastumkehr führt. Das bedeutet, es ist somit Sache des Arztes zu beweisen, dass der Patient ohne den rechtswidrig ausgeführten Eingriff dieselben Beschwerden gehabt hätte, statt Aufgabe eines Klägers, das fachliche Versagen eines Mediziners nachzuweisen. Mit diesem Urteil hat der BGH diesen Fall zur Verhandlung über die Höhe der Schmerzensgeld- und Schadensersatzleistungen an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Hinweis: Im Fall eines groben Behandlungsfehlers kommt es stets zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des behandelnden Arztes.

Quelle: BGH, Urt. v. 22.03.2016 – VI ZR 467/14
Thema: Sonstiges

Spitzfindigkeiten im Mietrecht: „Leer“ heißt nicht „geräumt“

Vor der Unterzeichnung eines Mietvertrags sollten Augen und Ohren immer aufmerksam geöffnet sein, wie der folgende Fall zeigt.

Ein Interessent wollte ein Wohn-Geschäftshaus kaufen bzw. alternativ dazu eine Teilfläche anmieten. Auf dieser Teilfläche standen verschiedene Gegenstände, die im Fall des Kaufs vom Käufer entsorgt werden sollten. Doch der Verkauf scheiterte. Stattdessen schlossen die Parteien einen Mietvertrag ab. Wenige Tage nach Beginn der Mietzeit gab der Mieter die Schlüssel jedoch zurück und berief sich dabei auf ein Sonderkündigungsrecht: Schließlich sei die Mietsache nicht geräumt übergeben worden.

Der Vermieter akzeptierte die Kündigung nicht und klagte die ausstehenden Zahlungen ein. Und das zu Recht: Der Mieter muss zahlen. Eine Zeugin hatte ausgesagt, dass der Eigentümer vor der Unterzeichnung des Mietvertrags darauf hingewiesen hatte, dass er nichts mehr aus dem Objekt räumen werde und dass dies somit Sache des Mieters sei.

Hinweis: Vorsicht auch bei der Angabe, dass eine Mietsache leer angemietet werde. Enthält ein Mietvertrag eine solche Vereinbarung, kann das im Einzelfall auch bedeuten, dass vorhandenes Inventar nicht mitvermietet wird und vom Vermieter entsorgt werden muss.

Quelle: OLG Koblenz, Urt. v. 11.11.2015 – 5 U 669/15
Thema: Mietrecht

Eindeutigkeit sichert ab: Handschriftlicher Brief zur Erbeinsetzung ist im Zweifel reine Auslegungssache

Zu Streitigkeiten bei handschriftlichen Testamenten kommt es häufig, sobald diese nicht eindeutig oder missverständlich formuliert wurden.

In einem solchen Fall muss das Gericht den Willen des Erblassers durch Auslegung ermitteln und sich dabei auf beweisbare Umstände stützen. Dies kann für die Beteiligten zu unbefriedigenden Entscheidungen führen.

Nach dem Tod einer Frau legte ein Bekannter einen Brief vor, in dem die Erblasserin Jahre zuvor an ihn geschrieben hatte, dass sie nach ihrem Tod ihr Vermögen einer bestimmten Person zur Verfügung stellen möchte. In diesem Brief hieß es darüber hinaus: „Sollte mir unerwartet etwas zustoßen, erhalten Sie dieses Schreiben als Vollmacht.“ Das Gericht musste nun entscheiden, ob es sich bei diesem Schreiben um ein wirksames Testament handelte.

Das Gericht wies darauf hin, dass grundsätzlich in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief der letzte Wille des Erblassers enthalten sein kann. Dies gilt jedoch nur, wenn dieses Schreiben einen ernstlichen Testierwillen erkennen lässt. Im vorliegenden Fall hatte das Gericht hieran jedoch Zweifel, da in dem Schreiben von einer Vollmachtserteilung die Rede war und man das Schreiben auch so verstehen konnte, dass es dem Adressaten lediglich mitteilt, dass die Erblasserin beabsichtigt, ein entsprechendes Testament zu errichten.

Hinweis: Zwar ist es für die Wirksamkeit eines handschriftlichen Testaments nicht erforderlich, dass es mit „Testament“ oder „Letzter Wille“ überschrieben wird – eine solche absichernde Bezeichnung kann jedoch im Zweifel darauf hindeuten, dass der Erblasser damit wirklich seine erbrechtlichen Angelegenheiten regeln wollte. Zweifel können auch dadurch ausgeräumt werden, dass solche Dokumente zur Verwahrung beim Amtsgericht eingereicht werden.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 31.03.2016 – 31 Wx 413/15z
Thema: Erbrecht