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Wechselndes Ungleichgewicht: Durch die Leistung von Kindesunterhalt kann ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt entstehen

Bei Trennung und Scheidung bleiben die Kinder meist bei einem Elternteil und der andere muss Kindes- und Ehegattenunterhalt zahlen.

Der Ehegatte, bei dem die Kinder verbleiben, leistet seinen Unterhalt an die Kinder durch deren Betreuung und Erziehung. Kann er aber zusätzlich noch zur Zahlung von Unterhalt an den die Kinder nicht betreuenden Ehegatten herangezogen werden?

Diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt für eine auf den ersten Blick eigenartige Sachlage entschieden und bejaht. Im zugrundeliegenden Fall verdiente der Kindesvater mehr als die Kindesmutter, bei der die beiden Töchter nach der Trennung weiter lebten. Die Mutter verlangte für die Kinder Kindesunterhalt, den der Vater daraufhin auch zahlte.

Folge war allerdings, dass das Einkommen des Mannes nach Abzug des von ihm zu zahlenden Kindesunterhalts unterhalb dessen lag, was die Kindesmutter neben der Betreuung der Kinder im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit verdiente. Da die Frau nun also wirtschaftlich besser stand als der Mann, verlangte dieser nun Unterhalt für sich.

Der BGH sprach ihm den Unterhalt zu. Es sei zwar ungewöhnlich, dass sich ein Unterhaltsanspruch erst ergebe, weil ein Ehegatte Kindesunterhalt zu zahlen habe. Dem sich durch diese Zahlung ergebenden Ungleichgewicht ist aber Rechnung zu tragen, weshalb die die Kinder betreuende Mutter dem Mann Unterhalt schuldet.

Hinweis: Die für die Praxis wichtige Entscheidung kann in der tatsächlichen Umsetzung mit Schwierigkeiten behaftet sein. Denn es ist bei der Unterhaltsbestimmung zu berücksichtigen, dass der die Kinder betreuende Elternteil Mehraufwendungen hat, weil er die Kinder beaufsichtigt und betreut, wenn er seinem Beruf nachgeht. Konstellationen, in denen der die Kinder betreuende Ehegatte Unterhalt zahlen soll, sind deshalb durch einen fachkundigen Berater zu prüfen und bearbeiten.

Quelle: BGH, Beschl. v. 11.11.2015 – XII ZB 7/15
Thema: Familienrecht

Gewerkschaftsmitgliedschaft: Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter nicht durch Prämienzahlungen zum Austritt bewegen

Ein Arbeitgeber darf Gewerkschaften nicht mit allen Mitteln bekämpfen.

Eine Arbeitgeberin führte Mitarbeitergespräche, in denen sie ihre Mitarbeiter fragte, ob diese Mitglieder der Gewerkschaft seien. In einem anschließenden Mitarbeiterbrief bot sie jedem Beschäftigten, der zu einem Austritt bereit war, eine einmalige „Mitarbeitertreueprämie“ von 50 EUR an. Außerdem ließ sie in einem Vorarbeiterbüro Vordrucke für den Austritt aus der Gewerkschaft auslegen. Die Gewerkschaft sah darin einen Verstoß gegen ihre Koalitionsfreiheit aus dem Grundgesetz und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Gericht war derselben Auffassung und stellte sich auf die Seite der Gewerkschaft. Die Arbeitgeberin durfte weder Prämien für einen Gewerkschaftsaustritt versprechen und entsprechende Kündigungsformulare auslegen noch in der vorliegenden Konstellation ihre Beschäftigten nach einer Gewerkschaftsmitgliedschaft befragen.

Hinweis: Arbeitgeber dürfen ihren Beschäftigten also kein Geld für einen Gewerkschaftsaustritt versprechen.

Quelle: ArbG Gelsenkirchen, Beschl. v. 09.03.2016 – 3 Ga 3/16
Thema: Arbeitsrecht

Abschaltung von Kernkraftwerken: Schuldhaft unterlassene Einlegung von Rechtsmitteln schließt Schadensersatz aus

Nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat sich die Politik darauf verständigt, mehrere Atomkraftwerke sofort abzuschalten, und ein Moratorium im Hinblick auf die Laufzeitverlängerung beschlossen.

Im März 2011 teilte das zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit den Landesministerien den Beschluss der Bundesregierung und der beteiligten Ministerpräsidenten mit. Danach sollten die ältesten sieben Kernkraftwerke für mindestens drei Monate vom Netz genommen werden, weil im Hinblick auf deren Alter und hinsichtlich der Ereignisse in Japan ein Gefahrenverdacht vorläge. Das baden-württembergische Ministerium ordnete zudem die Einstellung der Kernkraftwerke Neckarwestheim I und Philippsburg I an.

Die Betreiberin der beiden Kernkraftwerke, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, wollte aus gesellschaftspolitischen Gründen nicht gegen die Entscheidung vorgehen und nahm die beiden Kernkraftwerke daraufhin vom Netz. Mit derselben Begründung fuhr sie die beiden Kernkraftwerke nach Ablauf der Anordnung im Juni 2011 nicht wieder hoch. Kurz darauf erlosch im August 2011 die Betriebserlaubnis beider Kraftwerke. Nun forderte die EnBW AG vom Land Baden-Württemberg und der Bundesrepublik über 261 Mio. EUR Schadensersatz für die Abschaltung ihrer Kernkraftwerke – erfolglos. Die EnBW AG hat keinen Amtshaftungsanspruch wegen der Abschaltung ihrer Kernkraftwerke nach der Katastrophe von Fukushima. Schließlich hatte sie selbst es zuvor schuldhaft unterlassen, den Schaden durch die Einlegung eines Rechtsmittels abzuwenden.

Hinweis: Eine Klage gegen die Abschaltung der Kernkraftwerke hätte unter Umständen sogar Erfolg gehabt. Sollte die Entscheidung bestandskräftig werden, wird sich vermutlich als Nächstes die Frage stellen, ob das Unternehmen Fehler gemacht hat und wer dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann.

Quelle: LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016 – 1 O 458/14
Thema: Sonstiges

Freiheitsentzug im Heim: Sicherheitserhöhende Maßnahmen bedürfen gerichtlicher Genehmigungen

Das Alter hat seine Tücken. Das gilt besonders dann, wenn ein alter Mensch dement wird. Ihm dann ein würdiges und seiner Situation gerecht werdendes Leben zu ermöglichen, ist nicht immer einfach. Das zeigen die Probleme des Alltags.

Viele alte Menschen müssen beispielsweise in einem Alten- bzw. Pflegeheim leben, wenn sich die Angehörigen nicht um sie kümmern können und sie allein nicht mehr zurechtkommen – sie zum Beispiel geistig so sehr abbauen, dass sie permanent beaufsichtigt werden müssen.

In einem Heim gibt es natürlich auch keine „Eins-zu-eins-Betreuung“. Das Pflegepersonal muss in der Regel relativ viele Patienten gleichzeitig betreuen. Das kann naturgemäß zu Problemen führen. Ist ein alter Mensch etwa infolge einer Krankheit oder einer Behinderung sturzgefährdet und somit dem Risiko erheblicher Verletzungen ausgesetzt, kann es aus Sicht des Heims wünschenswert sein, zu den Ruhezeiten ein Gitter am Bett anzubringen, um einen Sturz aus dem Bett zu vermeiden. Tagsüber kann eine am Rollstuhl angebrachte Sitzhose Stürze oder das Herunterrutschen schwacher Menschen verhindern. Beide Maßnahmen haben jedoch – so nachvollziehbar sie sind – freiheitsentziehende Wirkungen. Sie sind deshalb nur zulässig, wenn sie gerichtlich genehmigt werden. Die Genehmigung holt meist das Heim selber ein.

Wird geltend gemacht, das Gitter sei nicht erforderlich, da das Bett gegen ein Niederflurbett ausgetauscht werden könne, hilft dies nicht. Zwar liegt der alte Mensch dann so tief am Boden, dass ein Gitter nicht mehr nötig ist. Es kann aber nur die Heimaufsicht dem Heim vorschreiben, ein solches Niederflurbett vorzuhalten oder dessen Benutzung im Heim zu dulden. Der alte Mensch muss deshalb das Gitter dulden, wenn das Heim kein Niederflurbett für ihn hat und die Heimaufsicht sich nicht daran stört.

Hinweis: Jeder sollte rechtzeitig eine Betreuungsvollmacht erstellen, in der er regelt, wer sich um ihn kümmert, wenn er selbst dazu nicht mehr in der Lage ist.

Quelle: LG Arnsberg, Beschl. v. 27.08.2015 – 5 T 229/15
Thema: Familienrecht

Nachbarhaus beschädigt: Eigentümer haftet selbst für unvermeidliche Schäden bei fachgerechtem Hausabriss

Lässt man das eigene Haus abreißen, kann dies trotz fachgerechter Ausführung zu unvermeidlichen Schäden am Nachbargebäude führen.

Der Eigentümer eines Grundstücks hatte einen Anbau an der Wand des Nachbarhauses ohne eine eigene Grenzwand errichtet. Nach dem Abriss durch ein Fachunternehmen wies das Gebäude des Nachbarn Putz- und Mauerschäden sowie Feuchtigkeitsschäden in Teilbereichen der Außenwand auf, an die angebaut worden war. Deshalb verlangte der Geschädigte nun Schadensersatz, den er auch erhielt. Die Schäden waren im Rahmen eines Auftrags der Nachbarn verursacht worden. Zwar beruhten sie nicht auf einem Fehlverhalten des Fachunternehmens, sondern waren eine aufgrund der baulichen Verbindung der Gebäude unvermeidliche Folge des Abrisses. Es handelte sich aber um neue und eigenständige Schäden.

Hinweis: Ein Grundstückseigentümer muss an seinen Nachbarn Schadensersatz für die Beschädigung einer Grenzwand nach Abrissarbeiten zahlen.

Quelle: BGH, Urt. v. 18.12.2015 – V ZR 55/15
Thema: Mietrecht

Amtliche Verwahrung: Gültigkeit eines Testaments trotz Rücknahme

Testamente können beim Amtsgericht in Verwahrung gegeben werden. Das bietet den Vorteil, dass sie nicht verlorengehen oder zerstört werden können. Der Nachteil ist jedoch, dass sie nicht mehr änderbar sind, da eine Rücknahme des Testaments aus der Verwahrung als Widerruf gilt und das Testament somit ungültig macht.

Eine Frau hinterlegte zwei notarielle Testamente zur Verwahrung beim Amtsgericht. Darin setzte sie ihre Enkelin, von der sie gepflegt wurde, zur Alleinerbin ein und bedachte ihre Tochter mit einem Geldbetrag. Ein paar Jahre später verlangte sie die Testamente vom Amtsgericht wieder heraus. Das Amtsgericht belehrte die Frau darüber, dass die Testamente durch die Rückgabe als widerrufen gelten, und vermerkte dies entsprechend auf den Testamenten. In den folgenden zwei Jahren verfasste die Frau noch mehrere Schreiben, die sich auf die Testamente bezogen, die Formulierung „Betrifft mein Testament. Ich muss mein Testament ändern …“ enthielten und das Vermächtnis der Tochter einschränkten. Als die Frau verstarb, machte die Enkelin geltend, sie sei aufgrund der notariellen Testamente Alleinerbin.

Das Gericht musste entscheiden, ob die Testamente durch die Rücknahme wirksam widerrufen worden waren oder nicht. Zwar wurde die Erblasserin über die Folgen des Widerrufs ausdrücklich belehrt, jedoch befand sie sich trotzdem über die Rechtsfolgen im Irrtum. Dies ergibt sich daraus, dass sie immer wieder auf die Testamente Bezug genommen hatte und es ihr offenkundig sehr wichtig war, die Angelegenheit zu regeln. Hätte sie die Rechtsfolge der Rücknahme verstanden und wäre ihr damit klar gewesen, dass das Testament damit als widerrufen gilt, wäre es nicht erforderlich gewesen, diesen Widerruf durch weitere Schreiben erneut zu erklären. Damit sah das Gericht die Testamente als weiterhin gültig und somit die Enkelin als Alleinerbin an.

Hinweis: Sowohl ein notarielles als auch ein eigenhändig verfasstes Testament kann in amtliche Verwahrung beim zuständigen Amtsgericht gegeben werden. Für die Verwahrung muss eine pauschale Gebühr in Höhe von 75 EUR entrichtet werden. Die Verwahrung bietet einen hohen Schutz davor, dass das Testament nicht gefunden, vernichtet oder gefälscht wird, und vermeidet somit Streitigkeiten im Erbfall. Möchte man ein amtlich verwahrtes Testament ändern, muss das Testament persönlich herausverlangt und ein neues, geändertes in amtliche Verwahrung geben werden.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.2015 – I-3 Wx 285/14
Thema: Erbrecht

Telematiktarife: Was das Angebot der Kfz-Versicherer für junge Fahranfänger wirklich beinhaltet

Immer mehr Kfz-Versicherungen bieten sogenannte Telematiktarife an, mit denen insbesondere junge Autofahrer Versicherungskosten einsparen können. Nach Angaben der Kfz-Versicherungen soll es möglich sein, bis zu 40 % der Versicherungsprämie zu sparen.

Ist mit der Versicherung ein Telematiktarif vereinbart, wird entweder eine kleine Box im Auto des Versicherungsnehmers eingebaut oder eine App auf seinem Smartphone installiert. Hiermit wird geprüft, ob der Fahrer ausreichend Abstand zum Vordermann einhält, das Tempolimit beachtet und nicht zu stark abbremst oder beschleunigt. Weiterhin kann festgestellt werden, zu welchen Tageszeiten der Versicherungsnehmer fährt – also beispielsweise, ob er zu besonders unfallträchtigen Zeitpunkten wie Freitag- oder Samstagnacht mit seinem Pkw unterwegs ist.

Bei einer nachweislich sicheren Fahrweise erhält der Kunde bis zu 40 % der jährlichen Prämie zurückerstattet. Dafür muss der Fahrer seine Aufzeichnungen aber regelmäßig – das heißt einmal im Monat – an den Versicherer weitergeben.

Hinweis: Bevor ein Telematiktarif abgeschlossen wird, sollte überprüft werden, welche Kosten für die Installation einer Box bzw. einer App auf den Versicherungsnehmer zukommen. Des Weiteren ist das Thema Datensicherheit von besonderer Bedeutung. Gewährleistet sein muss, dass die Daten nicht an die Schadensabteilungen des Versicherers weitergegeben oder für die Ermittlung der Fahrleistung genutzt werden. Wird eine Telematikbox fest in das Fahrzeug eingebaut, kann diese dabei helfen, einen Unfall sofort zu melden oder ein gestohlenes Auto wiederzufinden.

Thema: Verkehrsrecht

Verspätung nach Fliegertausch: Anspruch auf Ausgleich, wenn außergewöhnliche Umstände den Flug nicht direkt betreffen

Wieder einmal gibt es einen neuen Fall wegen einer Flugzeugverspätung.

Es ging um einen Flug von Frankfurt nach Hanoi, der einen Tag verspätet am Zielort eintraf. Grund für die Verspätung: Die Fluggesellschaft hatte sich zuvor für den Ersatz eines Flugzeugs entschieden, das nach mehreren Blitzeinschlägen repariert werden musste. Die Fluggesellschaft setzte dann jedoch das ursprünglich für den Flug von Frankfurt nach Hanoi eingeplante Flugzeug ein. Da keine weitere Ersatzmaschine zur Verfügung stand, fehlte es somit an einem Flugzeug für den Flug nach Hanoi. Zwei Fluggäste klagten daraufhin auf Ausgleichszahlungen – zu Recht.

Das Amtsgericht urteilte, dass bei einer Verspätung grundsätzlich Entschädigungszahlungen anfallen können. Eine Ausnahme für diese Grundsätzlichkeit bilden außergewöhnliche Umstände – wie z.B. Blitzeinschlag. Hier jedoch betrafen die durch Blitzeinschlag entstandenen Schäden nicht das ursprünglich für den Flug vorgesehene Flugzeug, sondern ein ganz anderes. Daher war die Verspätung des Hanoi-Flugs auch nicht auf Blitzeinschläge zurückzuführen, sondern auf die betriebswirtschaftliche Entscheidung zugunsten eines Flugzeugtauschs. Und genau deshalb bestand hier ein Anspruch auf Entschädigung.

Hinweis: Bei einer Flugverspätung von über drei Stunden besteht ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen, sofern keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen. Bei der Höhe der Entschädigung kommt es dabei auf die Länge der Flugstrecke an.

Quelle: AG Frankfurt/Main, Urt. v. 11.02.2015 – 29 C 3128/14 (21)
Thema: Sonstiges

Überbelegung durch Flüchtlinge: Bloße Mutmaßungen zu künftig möglichen Schäden führen nicht zu einstweiliger Verfügung

Flüchtlinge müssen irgendwo unterkommen, das kann auch in Eigentumswohnungen sein.

In einer Wohnungseigentumsanlage gab es eine etwa 80 m² große Wohnung, bestehend aus zwei getrennten Schlafräumen und den üblichen Nebenräumen. Sie wurde an elf Asylbewerber vermietet. Dagegen wandten sich die übrigen Wohnungseigentümer. Sie befürchteten unter anderem, dass die starke Belegung dazu führen würde, dass die Gemeinschaftsflächen gegenüber einer normalen Wohnnutzung über Gebühr beansprucht werden. Schließlich beantragten die Wohnungseigentümer den Erlass einer einstweiligen Verfügung, der jedoch abgewiesen wurde. Bloße Mutmaßungen von künftigen Beeinträchtigungen reichen nicht aus, um gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen zu können.

Hinweis: Das Landgericht musste also nicht zu der Frage der Überbelegung der Wohnung entscheiden.

Quelle: LG München I, Beschl. v. 12.10.2015 – 1 T 17164/15
Thema: Mietrecht

Unterlagen verschwiegen: Schadensersatzpflicht bei verspäteter Vorlage eines Testaments

In einem Nachlass finden sich üblicherweise zahlreiche Dokumente des Verstorbenen, die unter Umständen auch für die Erbfolge von Bedeutung sein können. Häufig werden solche Unterlagen jedoch nicht genau genug durchgesehen.

Ein Mann hatte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin ein Testament errichtet, das jedoch unwirksam war. Als die Frau verstarb, fand der Mann in ihren Unterlagen ein Ehegattentestament, das sie zuvor mit ihrem damaligen, inzwischen verstorbenen Mann errichtet hatte. Der Mann hielt es für unwichtig, da er davon ausging, dass das neue gemeinsame Testament wirksam war, und verwahrte die Unterlagen im Keller. Die Töchter seiner verstorbenen Lebensgefährtin glaubten jedoch, dass sie die rechtmäßigen Erbinnen seien, und zogen deshalb vor Gericht. In dem Verfahren stellte sich zwar heraus, dass sie nicht zu Erbinnen eingesetzt worden waren, so dass ihnen die Verfahrenskosten auferlegt wurden. Diese Kosten wollten sie jedoch von dem Mann ersetzt bekommen, da der Rechtsstreit nur nötig war, weil er nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestellt hatte.

Das Gericht entschied, dass der Mann fahrlässig gehandelt hatte, da er die Unterlagen nicht richtig gesichtet hatte – selbst dann nicht, als es zum Rechtsstreit kam – und das in diesen Unterlagen befindliche Testament nicht vorgelegt hatte. Er hat damit seine Ablieferungspflicht verletzt und schuldet daher Schadensersatz für die Kosten des Rechtsstreits.

Hinweis: Jeder ist verpflichtet, ein Testament, das sich in seinem Besitz befindet, unverzüglich nach Kenntnis vom Tod des Erblassers beim zuständigen Nachlassgericht abzuliefern. Tut er das nicht, können strafrechtliche Konsequenzen und der Verlust von Erbansprüchen drohen. Darüber hinaus können hohe Schadensersatzforderungen der Erben auf ihn zukommen. Finden Sie also in einem Nachlass Unterlagen, die ein Testament sein könnten, sollten Sie diese unverzüglich abliefern – unabhängig davon, ob Sie es für wirksam halten oder nicht.

Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 12.03.2008 – 13 U 123/07
Thema: Erbrecht