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Schlagwort: Ausschlagung

Feststellung widerlegbar: Nachlassgläubiger wird durch Erbenvermutung für den Fiskus nicht in seinen Rechten beeinträchtigt

Ein Nachlass kann nicht herrenlos sein. Existieren von vornherein keine Erben oder sind diese durch eine Ausschlagung weggefallen, steht als letzter möglicher Erbe der Fiskus fest. Dem Fiskus selbst steht ein Ausschlagungsrecht nicht zu. Stellt das Nachlassgericht fest, dass ein anderer Erbe als im konkreten Fall das Land Niedersachsen nicht vorhanden ist, handelt es sich hierbei aber lediglich um eine widerlegbare Vermutung. Das stellte das Oberlandesgericht Celle (OLG) im folgenden Fall eindeutig dar.

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Pflichtteil trotz Fristüberschreitung: Beachtlicher Irrtum über Erbenstellung ist juristischen Laien bei komplexen Fällen nicht anzulasten

Die sechswöchige Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Erbe Kenntnis davon erhält, dass er Erbe geworden ist. Im folgenden Fall des Landgerichts Wuppertal (LG) war die Erblasserin bereits im Januar 2015 verstorben. Die Ausschlagung der Erbschaft erfolgte erst im Januar 2019. Dass auch bei einem derart langen Zeitraum eine Ausschlagung noch möglich sein kann, war auf einen beachtlichen Irrtum der Ausschlagenden über ihre Stellung als Miterbin zurückzuführen.

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Erbschaftsausschlagung nur „offline“: Fristgerechte Anfechtung nur in beglaubigter Form und als Originalurkunde möglich

Möchte der Erbe die Erbschaft nicht annehmen, kann er dies durch eine Ausschlagung der Erbschaft erreichen – innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnisnahme über den Erbfall. Zudem besteht die Möglichkeit, eine bereits erfolgte Ausschlagung durch eine Anfechtungserklärung innerhalb derselben Fristsetzung zu beseitigen. Das Oberlandesgericht Bamberg (OLG) musste in einem solchen Fall nun klarstellen, dass im Erbrecht nicht nur vom Erblasser bei Testamentserstellung, sondern auch von Erben unverzichtbare Formvorschriften unbedingt einzuhalten sind.

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Kind erbt in Polen: Zur Wahrung von Kindesinteressen soll gängige Praxis ausländischer Gerichte gewahrt bleiben

Wenn ein minderjähriges Kind erbt, ist die Ausschlagung einer Erbschaft für das Kind durch dessen Eltern grundsätzlich genehmigungsbedürftig. Das kann anders aussehen, wenn die Erbschaft an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils anfällt, der das Kind vertritt. Was passiert, wenn ausländische Gerichte in solchen Fällen dennoch auf die bei ihnen gültige Genehmigungspflicht pochen, musste das Oberlandesgericht Hamm (OLG) im Folgenden entscheiden.

Der Vater eines minderjährigen Kindes war Erbe nach seiner in Polen verstorbenen Tante geworden und hatte die Erbschaft für sich ausgeschlagen. Polnische Gerichte verlangen in einem solchen Fall, dass die Ausschlagung der Erbschaft der weiteren (minderjährigen) Abkömmlinge durch das zuständige deutsche Familiengericht genehmigt wird – auch wenn dies nach deutschem Recht nicht erforderlich ist.

Nachdem das Amtsgericht die Genehmigung zunächst verweigert hatte, entschied das OLG in der Beschwerdeinstanz, dass eine solche familiengerichtliche Genehmigung zu erteilen sei. Nach den einschlägigen internationalen Vorschriften stehe im Vordergrund, dass keine Gefährdung der schutzwürdigen Interessen des betroffenen Kindes eintritt.

Hinweis: Polnische Gerichte verlangen in einem solchen Fall, dass die Ausschlagung der Erbschaft durch das zuständige deutsche Familiengericht genehmigt wird, auch wenn dies nach deutschem Recht nicht erforderlich ist. Nachdem das Amtsgericht die Genehmigung zunächst verweigert hat, entschied das Oberlandesgericht in der Beschwerdeinstanz, dass eine solche familiengerichtliche Genehmigung zu erteilen sei.

Nach den einschlägigen internationalen Vorschriften können trotz Anwendbarkeit deutschen Rechts gesetzliche Regelungen, wie sie beispielweise in Polen gelten, bei einer solchen Entscheidung durchaus Berücksichtigung finden, um sicherzustellen, dass keine Gefährdung der schutzwürdigen Interessen des betroffenen Kindes eintritt. Eine solche Gefahr sah das OLG darin, dass nach polnischem Rechtsverständnis das Kind – trotz nach deutschem Recht wirksamer Ausschlagung der Erbschaft – die Schulden der Erblasserin in Polen erbt. Daher ist auch eine in Deutschland grundsätzlich nicht notwendige Genehmigung der Erbschaftsausschlagung in einem solchen Fall zum Schutz des Kindes zu erteilen.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 04.04.2020 – 13 WF 66/20

Thema: Erbrecht

Erbausschlagung zugunsten der Mutter: Der Irrtum über die Rechtsfolgen kann einen berechtigten Anfechtungsgrund darstellen

Die Ausschlagung einer Erbschaft kann nicht nur finanzielle, sondern auch taktische Gründe haben. Tritt der durch die Ausschlagung beabsichtigte Erfolg jedoch nicht ein, stellt sich die Frage, ob die Ausschlagung angefochten werden kann.

Ein Mann hinterließ eine Ehefrau und einen Sohn, der seinerseits die Erbschaft ausschlug. Als ihn das Gericht darüber informierte, dass nun an seiner Stelle seine Kinder erben würden, focht er die Ausschlagung jedoch an. Er erklärte, dass er davon ausgegangen sei, dass durch seine Ausschlagung seine Mutter zur Alleinerbin werde und er sich somit über die Rechtsfolgen geirrt habe.

Das Gericht gab ihm Recht. Zwar liegt grundsätzlich kein wirksamer Anfechtungsgrund vor, wenn der Ausschlagende sich im Hinblick auf die Person irrt, die in der gesetzlichen Erbfolge an seine Stelle tritt. Dies gilt jedoch nur, wenn der Irrtum die konkrete Person betrifft. Verkennt der Ausschlagende hingegen wie in diesem Fall die Rechtsfolgen seines Handelns, liegt ein beachtlicher Irrtum vor.

Hinweis: Welche Irrtümer als beachtlich angesehen werden, wird von der Rechtsprechung teilweise unterschiedlich beurteilt. Höchstrichterlich entschieden wurde, dass ein wirksamer Anfechtungsgrund vorliegt, wenn der Erbe irrig annimmt, er dürfe die Erbschaft nicht ausschlagen, um seinen Pflichtteilsanspruch nicht zu verlieren. Auch der Irrtum über Überschuldung des Nachlasses oder über die Erbquote wurde als beachtlich angesehen, nicht jedoch zum Beispiel der Irrtum über die zu zahlende Erbschaftsteuer. Bevor ein Erbe ausgeschlagen wird, sollte man sich daher genau über die Konsequenzen informieren, da die Entscheidung unter Umständen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.05.2017 – 20 W 197/16

  Erbrecht

Minderjähriger Erbe: Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung umfasst auch das Recht zur Ausschlagung

Werden Kinder als Erben eingesetzt, stellt sich immer auch die Frage, ob die Sorgeberechtigten des Kindes – also in der Regel die Mutter und/oder der Vater – als Verwalter des ererbten Vermögens ausgeschlossen werden können.

Der Erblasser hatte einen unehelichen Sohn, für den er die Vaterschaft anerkannt hat. In seinem Testament setzte er seinen Sohn und seine Schwester als Erben ein – Letztere auch als Testamentsvollstreckerin. Er bestimmte zudem, dass die Mutter des Kindes von der Verwaltung des ererbten Vermögens für den Fall auszuschließen sei, sollte der Sohn im Erbfall die Volljährigkeit noch nicht erreicht haben. Nach dem Tod des Erblassers erklärte die Mutter im Namen ihres Sohns die Ausschlagung der Erbschaft und verlangte den Pflichtteil. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich nun mit der umstrittenen Frage beschäftigen, ob dies rechtmäßig war.

Das Gericht entschied, dass der Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung für vom Kind ererbtes Vermögen auch die Befugnis zur Ausschlagung der Erbschaft umfasst, da das Ausschlagungsrecht zur Vermögens- und nicht zur Personensorge gehört. Die im Namen des Kindes erklärte Ausschlagung der Erbschaft durch die Mutter war somit mangels Vertretungsmacht unwirksam.

Hinweis: Bei einer Erbeinsetzung durch Großeltern oder Paten kann es vorkommen, dass diese befürchten, dass die Sorgeberechtigten das Erbe nicht im Interesse des Kindes verwalten. Insbesondere im Fall einer Trennung oder Scheidung der Eltern möchten Erblasser häufig verhindern, dass der andere Elternteil über den Nachlass verfügen darf, der dem gemeinsamen Kind vererbt wird. Der BGH hat nun klargestellt, dass ein Erblasser den Sorgeberechtigten von jeder Art von Entscheidung bezüglich des Erbes durch entsprechende Bestimmungen in einem Testament ausschließen kann und diese Entscheidungen und die Vermögensverwaltung stattdessen ein vom Familiengericht bestellter Ergänzungspfleger übernimmt.

Quelle: BGH, Beschl. v. 29.06.2016 – XII ZB 300/15
zum Thema: Erbrecht