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Schlagwort: Eigenbedarfskündigung

Umgehung des Mieterschutzes: Kündigung wegen künstlich herbeigeführten Eigenbedarfs unwirksam

Eine Eigenbedarfskündigung ist ein probates Mittel, um Mieter aus einer Wohnung oder einem Haus zu kündigen. Das ist insoweit auch in Ordnung, da Miete eben kein Eigentum darstellt. Wie der Name es aber bereits sagt: Es muss bei der Eigenbedarfskündigung der entsprechende Bedarf auch bestehen und im Zweifel nachgewiesen werden. In einem der besonders umkämpften Wohngebiete musste das dortige Landgericht Berlin (LG) der wahren Motivlage nach einer solchen Kündigung auf die Spur kommen.

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Alternativwohnung bei Eigenbedarf: Vermieter darf nicht eigeninitiativ über (Nicht-)Tauglichkeit von Wohnungen im selben Haus befinden

Der Vermieter muss bei einer Eigenbedarfskündigung in vielen Fällen eine alternative Wohnung anbieten. Dass dieses Unterfangen beileibe nicht so einfach ist, zeigt der folgende Fall des Landgerichts Berlin (LG).

Eine Vermieterin hatte das Mietverhältnis über eine Wohnung in Berlin wegen Eigenbedarfs gekündigt. Nun entbrannte Streit darüber, ob sie ihrer Pflicht zum Anbieten einer Alternativwohnung rechtmäßig nachgekommen war. Denn in dem Mietshaus gab es eine freie Alternativwohnung, die die Vermieterin dem Mieter allerdings nicht angeboten hatte, weil die Wohnung zu klein und daher mit der alten Wohnung nicht vergleichbar war.

Das LG befand nun, dass eine berechtigte Eigenbedarfskündigung die Nebenpflicht des Vermieters auslöst, dass er dem Mieter zur Vermietung freistehende oder im Kündigungszeitraum frei werdende Wohnungen im selben Haus oder in derselben Wohnanlage grundsätzlich anzubieten habe. Eine Entscheidung darüber, was für den Mieter angemessen oder interessensgerecht sei, stünde dem Vermieter dabei nicht zu. Denn sonst hätte er es allein in der Hand, über den Umfang der vertraglichen Nebenpflicht zu entscheiden. Der Vermieter dürfe demnach nicht voraussetzen, dass sich das Interesse des Mieters von vornherein auf Ersatzwohnungen beschränke, die nach Zimmerzahl, Wohnfläche und Ausstattung der bisherigen Wohnung entsprächen.

Hinweis: Die Pflicht des Vermieters, über eine alternative Wohnung für den Mieter nachzudenken, wird in der Praxis häufig vergessen. Und genau daran scheitern viele Eigenbedarfskündigungen.

Quelle: LG Berlin, Urt. v. 11.03.2020 – 64 S 197/18

Thema: Mietrecht

Erzwungener Wohnungswechsel I: Bundesgerichtshof besteht auf umfassende Sachverhaltsaufklärungen bei Härtefällen

Gegen so manche durchaus gerechtfertigte Kündigung eines Mietverhältnisses kann der Mieter bei einer Räumung Härtefallgründe entgegensetzen. Wie das aussehen kann, hat kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH) dargelegt.

Die Mieterin war im Jahr 1937 geboren und seit 1974 Bewohnerin einer 73 m2 großen Dreizimmerwohnung in Berlin. Die Wohnung teilte sie sich mit ihren beiden über 50 Jahre alten Söhnen. Dann wechselte der Eigentümer. Der neue Vermieter – Ehemann und Vater zweier kleiner Kinder – bewohnte mit seiner Familie bislang zur Miete eine nur 57 m2 große Zweizimmerwohnung. Als er eine (mal im Wortsinn verständliche) Eigenbedarfskündigung aussprach und die alte Frau mit ihren beiden Söhnen aus der Mietwohnung ausziehen sollte, widersprach die Mieterin. Ein Umzug sei ihr aufgrund ihres Alters, ihrer Verwurzelung in der Umgebung durch die lange Mietdauer sowie wegen einer Demenzerkrankung, die sich durch den Umzug weiter zu verschlechtern drohe, nicht zumutbar.

Der BGH hat sich mit diesem Fall nun auch grundsätzlich mit Härtefallregelungen befasst und die Angelegenheit zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Da sowohl auf Seiten des Vermieters als auf Seiten des Mieters grundrechtlich geschützte Belange betroffen sind –  auf der einen Seite das Eigentum, auf der anderen Seite die Gesundheit -, seien sowohl eine umfassende Sachverhaltsaufklärung als auch eine besonders sorgfältige Abwägung erforderlich. Allgemeine Fallgruppen, in denen generell die Interessen einer Partei überwiegen (etwa ein bestimmtes Alter des Mieters oder eine bestimmte Mietdauer), ließen sich hier nämlich nicht bilden. Werden bei einem erzwungenen Wohnungswechsel vom Mieter ihm drohende schwerwiegende Gesundheitsgefahren geltend gemacht, haben sich die Gerichte mittels sachverständiger Hilfe ein genaues Bild davon zu verschaffen, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen mit einem Umzug verbunden sind. Dazu zählt insbesondere auch, welchen Schweregrad die zu erwartenden Gesundheitsbeeinträchtigungen voraussichtlich erreichen werden und mit welcher Wahrscheinlichkeit diese eintreten können. Ein Sachverständigengutachten ist dabei regelmäßig von Amts wegen einzuholen.

Hinweis: Wenn ein Mieter, der eine Wohnung verlassen soll, eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands durch ärztliches Attest belegen kann, ist im Regelfall also ein Sachverständigengutachten durch das Gericht einzuholen.

Quelle: BGH, Urt. v. 22.05.2019 – VIII ZR 180/18

Thema: Mietrecht

Verspäteter Auszug: Die Nutzungsentschädigung an den Vermieter kann höher ausfallen als die ursprüngliche Miete

Ist das Mietverhältnis beendet und die Mieter ziehen nicht aus, müssen sie eine Nutzungsentschädigung zahlen. Und die kann schon einmal höher ausfallen als die bisher gezahlte Miete.

In München war ein Einfamilienhaus zu einem monatlichen Preis von 944 EUR vermietet worden. Der Vermieter erklärte dann die Eigenbedarfskündigung und die Mieter räumten das Haus – allerdings mit einer sechsmonatigen Verspätung. Für die sechs Monate verlangte der Vermieter nun eine Nutzungsentschädigung nach Maßgabe der für das Mietobjekt üblichen Neuvertragsmiete, hier rund 7.300 EUR. Schließlich klagte der Vermieter den Betrag ein – und erhielt Recht.

Die Nutzungsentschädigung kann nach einer Kündigung höher ausfallen als die bisher gezahlte Miete, da die Höhe der Nutzungsentschädigung anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrags über die Wohnung ortsüblichen Miete (Marktmiete) zu bestimmen ist.

Hinweis: Ein bitteres Urteil für Mieter. Aber nach einer ordnungsgemäßen Kündigung ist das Mietverhältnis nun einmal beendet und die ursprünglichen vertraglichen Absprachen gelten nicht mehr.

Quelle: BGH, Urt. v. 18.01.2017 – VIII ZR 17/16

Thema: Mietrecht

Vorgeschobener Eigenbedarf: Mietkündigungen wegen geplanten Verkaufs können teuer werden

Ist eine Eigenbedarfskündigung von Mietraum nur vorgeschoben, kann das für den Vermieter auch im Nachhinein noch Konsequenzen haben.

Mieter hatten eine Eigenbedarfskündigung erhalten, da der Neffe des Vermieters in ihre Wohnung einziehen wollte. Im Räumungsprozess schlossen die Parteien einen Räumungsvergleich, in dem den Mietern eine Räumungsfrist bis zum Jahresende gewährt wurde. Außerdem hatten sie das Recht, auch vorher auszuziehen. Davon machten sie zum 31.07. Gebrauch. Der Neffe zog dann in das Haus ein, aber schon im April des Folgejahres verkaufte der Vermieter das Haus an einen Dritten. Deshalb verlangten die Mieter nun Schadensersatz. Dabei ging es um immerhin 62.414 EUR.

Der Bundesgerichtshof verwies die Angelegenheit an die Vorinstanz zurück. Die Mieter hatten nämlich vorgetragen, dass es genügend Indizien dafür gebe, dass der Vermieter von vornherein nur die Absicht hatte, das Haus gewinnbringend zu veräußern. Es gab seit langem eine Verkaufsabsicht. Deshalb sei seine Kündigung wegen Eigenbedarfs nur vorgeschoben gewesen. Diese Überlegungen müssen die Gerichte nun noch berücksichtigen, feststellen und bewerten.

Hinweis: Mieter sollten also bei einer Eigenbedarfskündigung auch nach dem Auszug ein Auge darauf haben, ob der Eigenbedarfsgrund tatsächlich bestanden hat oder nur vorgeschoben war.

Quelle: BGH, Beschl. v. 10.05.2016 – VIII ZR 214/15
Thema: Mietrecht