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Schlagwort: Interessen

Anwaltsgebühren: Ausarbeitung eines gemeinschaftlichen Testaments ist lediglich Beratung von Mandanten

Welche Gebühren ein Anwalt in Rechnung stellen kann, hängt auch davon ab, ob er seinen Mandanten lediglich berät oder ihn gar nach außen hin vertritt. Was sich so einfach liest, war im Fall eines Entwurfs für ein gemeinschaftliches Testament scheinbar so schwierig, dass erst der Bundesgerichtshof (BGH) Klarheit darüber geben konnte, ob zwei Mandanten eine jeweilige „Vertretung nach außen“ darstellen.

Die Mandanten beauftragten ihren Rechtsanwalt mit der Erstellung des Entwurfs für ein gemeinschaftliches Testament. Nachdem der Entwurf vorlag, entstand ein Streit über die Höhe der für die anwaltliche Tätigkeit entstandenen Anwaltsgebühren. Handelte es sich bei der Erstellung eines gemeinschaftlichen Testamentes um eine reine Beratungstätigkeit oder um eine Vertretung des Mandanten gegenüber einer anderen Person? Letzteres würde nämlich höhere Gebührenansprüche des Anwalts auslösen.

Handelt es sich bei dem Auftrag gegenüber dem Anwalt um die Erstellung eines (Einzel-)Testaments, hatte der BGH bereits in der Vergangenheit entschieden, dass lediglich eine Beratung des Mandanten vorliegt. Die Tätigkeit beziehe sich schließlich nur auf das Verhältnis zwischen Anwalt, der nicht nach außen hin tätig wird, und seinem Mandanten. Nun hat der BGH dies auch auf die Erstellung eines gemeinschaftlichen Testaments ausgedehnt. Selbst wenn ein gemeinschaftliches Testament wechselbezügliche Verfügungen enthält, handelt es sich nicht um einen Vertrag im gebührenrechtlichen Sinn. Der Rechtsanwalt vertritt nicht die Interessen des einen gegenüber dem anderen. Nur eine solche Tätigkeit könnte die (höhere) Geschäftsgebühr auslösen.

Hinweis: Zur Vermeidung von Streitigkeiten empfiehlt sich zu Beginn des Mandats stets der Abschluss einer Honorarvereinbarung.
 

Quelle: BGH, Urt. v. 15.04.2021 – IX ZR 143/20

Thema: Erbrecht

Grob pöbelnder Mitmieter: Räumungsklage gegen 97-jährige an Demenz erkrankte Mieterin vorerst abgewendet

Mieter müssen sich das Verhalten von Mitmietern zurechnen lassen. Begeht ein Mitmieter eine Pflichtverletzung, muss u.U. auch der andere Mieter dafür geradestehen – das gilt zumindest grundsätzlich, wenngleich nicht in jedem Fall.

Eine 97-jährige Mieterin war an Demenz erkrankt und wohnte bereits seit 1955 in ihrer Wohnung. Im selben Haus bewohnte deren Betreuer, der sie ganztägig pflegte, eine weitere, durch die Frau angemietete Wohnung. Dieser Betreuer beleidigte in mehreren Schreiben grob die Hausverwaltung, woraufhin die Eigentümerin die Kündigung beider durch die Frau angemieteten Wohnungen aussprach. Als die an Demenz erkrankte Frau nicht auszog, erhob die Eigentümerin eine Räumungsklage. Der Bundesgerichtshof urteilte nun, dass Gerichte schwerwiegende persönliche Härtegründe auf Seiten des Mieters auch bei der fristlosen Kündigung berücksichtigen müssen. Es ist stets eine Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Jetzt muss die Vorinstanz nochmals prüfen, ob die alte Dame auf die Betreuung durch den Mitmieter in ihrer bisherigen häuslichen Umgebung angewiesen ist und ob bei einem Wechsel der Betreuungsperson oder einem Umzug schwerwiegende Gesundheitsschäden zu befürchten sind.

Hinweis: Mieter können in solchen Fällen einen Vollstreckungsschutzantrag stellen. Dieser sollte ausführlich begründet sein und sich mit der persönlichen Härte, die ein Umzug bedeuten würde, auseinandersetzen.

Quelle: BGH, Urt. v. 09.11.2016 – VIII ZR 73/16
Thema: Mietrecht

Hilfe beim Vererben: In welchen Fällen es sinnvoll ist, eine Testamentsvollstreckung zu bestimmen

Insbesondere bei einer Vielzahl von Erben oder einer komplizierten Erbmasse kann es sinnvoll sein, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen.

Ein Testamentsvollstrecker handelt als neutraler Dritter und sollte die Interessen aller Beteiligten im Auge behalten. Daher empfiehlt es sich, einen neutralen Freund oder Vertrauten als Testamentsvollstrecker zu bestimmen – nicht einen der Erben. Darüber hinaus sollte die Person Kenntnisse in erb- und steuerrechtlichen Angelegenheiten haben, um die Tätigkeit optimal ausüben zu können. Daher eignen sich hierzu insbesondere berufsmäßige Testamentsvollstrecker wie zum Beispiel spezialisierte Rechtsanwälte. Die genauen Befugnisse des Testamentsvollstreckers werden durch das Testament bestimmt. Der Erblasser sollte diesbezüglich also detaillierte Angaben machen. Grundsätzlich werden zwei Arten der Testamentsvollstreckung unterschieden:

die Auseinandersetzungsvollstreckung, bei der es lediglich um die Aufteilung des Nachlasses und die Begleichung der Erbschaftsteuer geht, und die Dauertestamentsvollstreckung, die sich vor allem dann anbietet, wenn es minderjährige oder behinderte Erben gibt oder eine Stiftung oder ein Unternehmen langzeitig verwaltet werden sollen.

In jedem Fall ist der Testamentsvollstrecker gesetzlich verpflichtet, unverzüglich ein Nachlassverzeichnis zu erstellen und den Erben regelmäßig Auskunft über den Sachstand zu geben. Zudem haftet er gegebenenfalls für Fehlentscheidungen.

Nachteilig bei der Testamentsvollstreckung ist vor allem, dass ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich vergütet werden muss. Die Vergütung kann im Testament bestimmt werden oder richtet sich nach den einschlägigen Tabellen wie der Rheinischen Tabelle und liegt üblicherweise bei etwa 1-3 % des Nachlasses. Die Erben können sich bei einer Testamentsvollstreckung zudem ausgeschlossen fühlen, da der Testamentsvollstrecker selbständig ohne ihre Zustimmung handeln kann und auch nicht der Kontrolle des Nachlassgerichts unterliegt. Dies kann jedoch vermieden werden, wenn der Testamentsvollstrecker entsprechend feinfühlig und professionell vorgeht.

Eine Testamentsvollstreckung hat den Vorteil, dass der Wille des Erblassers genau so umgesetzt wird, wie er es gewünscht hat, und zudem Streitigkeiten unter den Erben vermieden werden. Darüber hinaus wird die Arbeitsbelastung für die Erben minimiert und – vor allem bei einem erfahrenen Testamentsvollstrecker – gewährleistet, dass die rechtlichen Vorgaben und Pflichten eingehalten werden.

Hinweis: Ob eine Testamentsvollstreckung sinnvoll ist, hängt somit ganz davon ab, wie der Nachlass beschaffen ist. Gerade bei einem komplexen Nachlass und/oder schutzbedürftigen Erben sollte über einen professionellen Testamentsvollstrecker rechtzeitig nachgedacht werden.

Thema: Erbrecht