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Schlagwort: LAG Niedersachsen

Hypothetische Karriereentwicklung: Wenn der Betriebsrat Anspruch auf eine höhere Vergütung hat

Für Arbeitgeber ist es nicht immer leicht, die richtige Vergütungshöhe für Betriebsratsmitglieder zu finden. Den Ausschlag, einem Betriebsratsmitglied hier die begehrte Eingruppierung zuzusprechen, gab in Augen des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (LAG) die Überlegung, welche Verdienstmöglichkeiten der Kläger hätte erreichen können, hätte er sich ausschließlich der eigenen Karriere gewidmet.

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Arbeitsunfähig während Kündigungsfrist: Fehlender Kausalzusammenhang führt zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Es wird stets problematisch, wenn eine Arbeitsunfähigkeit mit der Kündigungsfrist zusammenfällt. Ob der Arbeitnehmer bei seiner Krankmeldung bereits etwas von seiner Kündigung ahnte, blieb in diesem Fall des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (LAG) ebenso unbeachtet wie eine derartige Mutmaßung des Arbeitgebers. Denn der Arbeitnehmer hatte durch sein Timing alles richtig gemacht.

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Bewerbung einer nichtbinären Person: Weibliche Gleichstellungsbeauftragte als Ansprechpartnerin nach sexuellen Belästigungen

Die Geschlechterzugehörigkeit in Deutschland wird auch bei Bewerbungsverfahren in der Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Und das zu Recht, denn schließlich ist die Benachteiligung des Geschlechts wegen auch bei der Besetzung einer Stelle nach wie vor Realtität. Dennoch gibt es Fälle, in denen eine geschlechtsunabhängige Berücksichtigung der Bewerbungen schlicht und ergreifend (noch) nicht möglich ist. Diese Fälle von jenen zu unterscheiden, die tatsächlich gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoßen, bleibt wohl in den Händen der Gerichte – in diesem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG).

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Dankesklausel gestrichen: Korrekturwünsche im Arbeitszeugnis dürfen auf vormalige Abschlussformulierung keinen Einfluss haben

Arbeitnehmer haben nach Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis nicht nur Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, sondern auch ein Mitspracherecht bei dessen Ausformulierung. Dieses Recht bezieht auch das Recht auf Korrekturen mit ein. Wenn der ehemalige Arbeitgeber diese zwar umsetzt, dann aber augenscheinlich wegen diesem Aufwand auf eine einst wohlwollende Abschlussformel verzichtet, landet er schnell vor Gericht – wie hier vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG).

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Entgelttransparenzgesetz: Nicht jede ungleiche Bezahlung ist eine Diskriminierung wegen des Geschlechts

Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) soll die monetäre Ungleichbehandlung von gleichrangigen Arbeitnehmern verhindern. Dass jedoch nicht jede/r Arbeitnehmer/in gleich zum Rechtsbeistand gehen sollte, wenn andere in der gleichen Position mehr verdienen, zeigt der folgende Fall des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (LAG).

Eine Abteilungsleiterin fühlte sich diskriminiert und ungerecht behandelt, da sie weniger Geld als die meisten anderen vergleichbaren Abteilungsleiter erhielt. Diese Erkenntnis hatte sie nach der Geltendmachung ihres Anspruchs auf Auskunft nach dem EntgTranspG erhalten. Schließlich klagte sie ihren vermeintlichen Anspruch ein – ohne Erfolg.

In den Augen des LAG hatte der Arbeitgeber nämlich nachvollziehbar für das Gericht dargelegt, dass die meisten vergleichbaren Abteilungsleiter sehr viel länger in dieser Position tätig waren als die klagende Mitarbeiterin. Außerdem überprüfe der Arbeitgeber alle zwei bis drei Jahre die Gehälter. Wenn man diese Tatsachen berücksichtige, bliebe praktisch kein Gehaltsunterschied mehr übrig.

Hinweis: Eine ungerechtfertigte Ungleichheit muss natürlich vermieden werden, denn sie ist ein Grund für eine unzufriedene Mitarbeiterschaft. Wenn eine Mitarbeiterin weniger als der Durchschnitt verdient, muss das aber nicht zwangsläufig an einer Diskriminierung des Geschlechts wegen liegen.

Quelle: LAG Niedersachsen, Urt. v. 01.08.2019 – 5 Sa 196/19

Thema: Arbeitsrecht

Details gezwitschert: Einem Betriebsrat darf kein generelles Nutzungsverbot sozialer Medien erteilt werden

Wie bei vielen vertraulichen Vertragsangelegenheiten muss auch derjenige, der Diskretion verlangt, klar und eindeutig formulieren, auf welchen Gebieten er diese einfordert. So geht es auch bei Streitigkeiten im Betriebsverfassungsrecht zu Äußerungen in sozialen Medien ums Detail, wie der folgende Fall eines twitternden Betriebsrats vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) zeigt.

Der Betriebsrat nutzte Twitter und veröffentlichte dort Folgendes: „Einigungsstelle #Urlaub abgeschlossen, #Urlaubsplan genehmigt. #Newsletter kommt zeitnah in die Bereiche!“ und „BR hat Sonderregelung zu #Dienstplanänderungen an Ostertagen zugestimmt. Sie entspricht der Regelung zu Weihnachten 2016.“ Die Arbeitgeberin meinte, eine solche Nutzung von Twitter würde gegen die Grundsätze der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen. Sie verlangte vom Betriebsrat, das Veröffentlichen von „betrieblichen Angelegenheiten“ auf Twitter zu unterlassen, und zog mit einem entsprechenden Antrag vor Gericht – das allerdings erfolglos.

Denn laut LAG war der Antrag der Arbeitgeberin schlicht und ergreifend zu weit gefasst. Er bezog nämlich auch Fälle einer zulässigen Meinungsäußerung des Betriebsrats mit ein. Dem Betriebsrat steht jedoch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung zu. Er dürfe beispielsweise als Gremium in der Öffentlichkeit zu einer in der Presse besprochenen Betriebsstilllegung durchaus Stellung nehmen.

Hinweis: Ein generelles Verbot gegenüber dem Betriebsrat, sich über betriebliche Angelegenheiten in sozialen Medien zu äußern, ist also zu weit gefasst und damit unwirksam.

Quelle: LAG Niedersachsen, Beschl. v. 06.02.2019 – 5 TaBV 107/17

Thema: Arbeitsrecht

Nach Meldung abgemahnt: Nur leichtfertige oder bewusst falsche Gefährdungsanzeigen dürfen sanktioniert werden

Eine sogenannte Gefährdungsanzeige bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, auf eine drohende Überschreitung von Leistungs- und Belastbarkeitsgrenzen hinzuweisen, die ihrer Ansicht nach zu Schäden führen könne. Wie  Arbeitgeber auf unberechtigte Überlastungsanzeigen reagieren dürfen, musste das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) im Folgenden beurteilen.

Eine Arbeitnehmerin war als Pflegerin eingesetzt und sollte eine fremde Pflegestation gemeinsam mit zwei Auszubildenden betreuen. Da die Pflegerin die Patienten nicht kannte, wandte sie sich vor Schichtbeginn an den Pflegedienstleiter und teilte diesem mit, sie hielte die Besetzung für nicht ausreichend. Sie füllte dann auch das Formular „Gefährdungsanzeige zu Qualitätsmängeln“ (auch: Beschwerde gem. § 84 BetrVG) aus. In diesem wies sie darauf hin, dass im Zweifelsfall Krisen der Patienten nicht erkannt werden könnten, da nahezu alle Patienten unbekannt seien. Der Arbeitgeber sah den nicht hinnehmbaren Zustand jedoch nicht im Umstand der Pflegesituation, sondern in der Beschwerde selbst – er erteilte seiner Angestellten eine Abmahnung, gegen die sie klagte.

Das LAG war auf der Seite der Pflegerin – die Abmahnung musste aus der Personalakte der Frau entfernt werden. Das Gericht bestätigte zwar, dass lediglich aus der subjektiven Sicht der Arbeitnehmerin eine Gefahr bestand, die sich dann auch tatsächlich nicht verwirklicht habe. Trotzdem rechtfertigt das keine Abmahnung. Eine Pflichtverletzung kann nur vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer aus sachfremden Erwägungen oder geradezu leichtfertig eine Gefahr meldet, von der er selbst annehmen muss, dass eine solche gar nicht vorliegt.

Hinweis: Eine Abmahnung eines Arbeitnehmers ist lediglich bei bewussten oder leichtsinnig falschen Gefährdungsanzeigen gerechtfertigt.

Quelle: LAG Niedersachsen, Urt. v. 12.09.2018 – 14 Sa 140/18

Thema: Arbeitsrecht

DSGVO ändert nichts: Betriebsräte dürfen weiterhin nichtanonymisierte Listen mit Bruttolöhnen und -gehältern einsehen

Die seit 25.05.2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat viele Gemüter bewegt. Jedoch hat sie nichts an den Rechten und Pflichten eines Betriebsrats geändert, wie der folgende Fall des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (LAG) zeigt.

Ein Betriebsrat wollte Einsicht in die Liste der Bruttolöhne und -gehälter seines Betriebs erhalten, was die Arbeitgeberin jedoch verweigerte. Ihrer Ansicht nach kann ein Betriebsrat seine Aufgaben auch bei einem Einblick in anonymisierte Gehaltslisten erfüllen. Sie habe die Pflicht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ihrer Arbeitnehmer zu schützen, was sich aus der seit Mai 2018 geltenden DSGVO ergeben würde. Also trafen sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht wieder.

Vor dem LAG musste die Arbeitgeberin jedoch eine Niederlage einstecken. Sie war gesetzlich dazu verpflichtet, einem vom Betriebsrat zu benennenden Betriebsratsmitglied Einsicht in die nichtanonymisierten Listen der Bruttolöhne und -gehälter zu gewähren. Datenschutzrechtliche Vorschriften standen dem Einblicksrecht nicht entgegen. Der Betriebsrat wird bei Einsicht in die Gehaltslisten schließlich in der Ausübung seiner Rechte und Pflichten als Interessenvertretung der Beschäftigten tätig.

Hinweis: Der Betriebsrat hat demnach auch weiterhin das Recht auf Einsichtnahme in nichtanonymisierte Listen der Bruttolöhne und -gehälter.

Quelle: LAG Niedersachsen, Beschl. v. 22.10.2018 – 12 TaBV 23/18

Thema: Arbeitsrecht

Altersbenachteiligung: Eine Stellenabsage stellt bei Verweis auf den Rentnerstatus eine Diskriminierung dar

Es mag auf den ersten Blick merkwürdig wirken, aber auch Rentner können wegen des Alters diskriminiert werden. Wenn man sich den folgenden Fall des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (LAG) ansieht, wird auch klar, warum.

Ein Rentner bewarb sich auf die Stellenanzeige einer Stadt als hauswirtschaftlicher Anleiter. Während seines vorherigen Berufslebens hatte er ähnliche Tätigkeiten erledigt und konnte somit auch eine entsprechende Qualifikation nachweisen. Trotzdem erhielt er eine Absage – mit der Begründung, dass Rentner nicht eingestellt werden. Daraufhin machte er eine Entschädigungszahlung in Höhe von drei Monatsgehältern geltend, da er sich wegen seines Alters diskriminiert fühlte – und zwar zu Recht.

Das LAG legte als angemessene Entschädigungszahlung ein Monatsgehalt fest, da die Stelle nur auf neun Monate befristet ausgeschrieben war. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot sah es deshalb als gegeben an, weil eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters vorlag. Insbesondere konnte sich die Stadt auch nicht auf eine Altersgrenzenregelung im einschlägigen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst berufen. Nur, weil ein Arbeitsverhältnis bei Erreichen eines bestimmten Alters endet, heißt das noch nicht, dass Rentner nicht eingestellt werden dürfen.

Hinweis: Die Diskriminierungsfalle schlägt schnell zu. Wenn ein Arbeitgeber die Bewerbung eines Altersrentners unter Verweis auf dessen Rentnerstatus bereits im Bewerbungsverfahren zurückweist, liegt eindeutig eine Diskriminierung wegen des Alters vor.

Quelle: LAG Niedersachsen, Urt. v. 01.08.2018 – 17 Sa 1302/17

Thema: Arbeitsrecht

Anhaltspunkte für Arbeitnehmer: Der Widerrufsvorbehalt einer Dienstwagenüberlassung muss im Arbeitsvertrag konkret vereinbart sein

Ein Dienstwagen, der einem auch nach der Arbeit zur Verfügung steht, ist für Arbeitnehmer eine schöne Sache. Doch was einmal vereinbart wurde, muss auch hier nicht ewig Bestand haben. Unter welchen Umständen der Arbeitgeber die Vereinbarung zur Überlassung eines Dienstwagens nämlich widerrufen darf, zeigt der folgende Fall, den das Landesarbeitsgericht Niedersachsen zu entscheiden hatte.


Ein Arbeitnehmer durfte seinen Dienstwagen auch privat nutzen. In der Vereinbarung zur Dienstwagenüberlassung stand, dass die Arbeitgeberin berechtigt ist, jederzeit für die Zukunft aus sachlichen Gründen, insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen und die Herausgabe zu verlangen. In den Folgejahren machte das Unternehmen Defizite in erheblicher Höhe. Es wurde deshalb die unternehmerische Entscheidung getroffen, künftig Poolfahrzeuge einzusetzen, die ausschließlich zu dienstlichen Zwecken genutzt werden dürfen. Der Arbeitnehmer erhielt ein Schreiben von seiner Arbeitgeberin, in dem diese wegen der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung die Überlassung des Dienstwagens widerrief. Dagegen klagte der Arbeitnehmer und verlangte eine Nutzungsentschädigung – mit Erfolg.

Die Ausübung des Widerrufsrechts war unwirksam, da der Dienstwagenüberlassungsvertrag nicht rechtmäßig war. Hier hakte es an der Rechtmäßgkeit der Widerrufsklausel, denn der Widerrufsvorbehalt genügte den formellen Anforderungen des § 308 Nr. 4 Bürgerliches Gesetzbuch nicht. Danach ist ein Leistungsänderungsrecht gerechtfertigt, wenn dieses unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Erforderlich ist zudem, dass die Klausel in ihren Voraussetzungen und Folgen für den anderen Vertragsteil zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderung gewährleistet. Der Sachgrund, wann ein Widerruf möglich ist, muss deshalb in der Klausel in einer Weise konkretisiert werden, die für den Arbeitnehmer deutlich macht, was auf ihn zukommt. Und das reichte hier nicht aus – der Grad der Störung hätte konkretisiert werden müssen. Der Schaden für den Nutzungsausfall war auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich 1 % des Listenpreises (33.000 EUR) des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung anerkannt worden.

Hinweis: Der Widerrufsvorbehalt einer Dienstwagenüberlassung muss also im Arbeitsvertrag konkret vereinbart sein. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, wann er mit einem Widerruf zu rechnen hat.

Quelle: LAG Niedersachsen, Urt. v. 28.03.2018 – 13 Sa 304/17

Thema: Arbeitsrecht
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