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Schlagwort: LAG Nürnberg

Verstoß gegen AGG: Stellenabsage wegen Bevorzugung „flinker Frauenhände“ wird teuer

Nicht nur Stellenanzeigen sollten geschlechtsneutral sein. Auch bei der Absage von Bewerbern müssen Arbeitgeber aufpassen, sich nicht der Benachteiligung von Bewerbern im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verdächtig zu machen. Im folgenden Fall sah das Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG) ein solches gesetzeswidriges Verhalten gegeben. Denn die Sachlage war entsprechend klar, da es sich der Arbeitgeber nicht nehmen ließ, den Ablehnungsgrund deutlich auszuformulieren.

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Keine Diskriminierung: Geringere Abfindungen für ältere Arbeitnehmer können rechtens sein

Arbeitnehmer dürfen nicht der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität wegen benachteiligt werden. Ob älteren Arbeitnehmern bei betriebsbedingten Kündigungen über einen Sozialplan unter Umständen eine niedrigere Abfindung zustehen kann als jüngeren Kollegen, oder ob es sich hierbei um eine Diskriminierung handelt, musste das Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG) klären.

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Abmahnung nach Weigerung: Passus im Tarifvertrag schreibt Pflicht zur Teilnahme an amtsärztlicher Untersuchung vor

Dass ein Tarifvertrag nicht nur Gutes für Arbeitnehmer beinhaltet, musste ein Schreiner erfahren. Denn er musste  sich einer Abmahnung erwehren, die er wegen der Verweigerung einer amtsärztlichen Untersuchung kassiert hatte. Lesen Sie hier, was das Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG) dazu sagte.

Der Schreiner wies bereits erhebliche Arbeitsunfähigkeitstage auf und durfte nicht mehr als zehn Kilo heben. Auf sein Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Anwendung – der „TV-L“. Und genau darin stand auch der Passus, laut dem sich sein Arbeitnehmer bei einer begründeten Veranlassung durch einen Amtsarzt untersuchen lassen müsse. Schließlich erhielt der Mann auch von seinem Arbeitgeber die Aufforderung, beim Amtsarzt vorstellig zu werden. Wegen der bestehenden Arbeitsunfähigkeit sah sich der Schreiner allerdings nicht dazu verpflichtet, wofür er dann eine Abmahnung bekam, gegen die er hier klagte.

Die Abmahnung blieb allerdings in seiner Personalakte – entschied das LAG. Das Recht des Arbeitgebers aus dem TV-L, eine amtsärztliche Untersuchung vom Arbeitnehmer zu verlangen, knüpft an keine weiteren Voraussetzungen an – wie beispielsweise an die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers. Schon nach dem Wortlaut der tariflichen Vorschrift war es nicht Voraussetzung der amtsärztlichen Untersuchung, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Untersuchung arbeitsfähig sei. Deshalb waren die Anordnung des Arbeitgebers und die daraufhin erteilte Abmahnung in den Augen des LAG in Ordnung.

Hinweis: Eine generelle Verpflichtung zur Teilnahme an einer amtsärztlichen Untersuchung gibt es in den deutschen Arbeitsgesetzen zwar nicht. Aber hier bestand die Besonderheit, dass Tarifverträge aus dem öffentlichen Bereich eine solche Verpflichtung vorsehen. Und diese Tarifverträge gelten für eine Vielzahl von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst.

Quelle: LAG Nürnberg, Urt. v. 19.05.2020 – 7 Sa 304/19

 Thema: Arbeitsrecht

Besonderer Abberufungsschutz: Kündigung eines angestellten Datenschutzbeauftragten bleibt ein schweres Unterfangen

Datenschutz ist nicht erst seit der Novellierung der Datenschutz-Grundverordnung im Mai 2018 ein zu Recht heikles Thema. Nicht ohne Grund genießen daher auch angestellte Datenschutzbeauftragte einen besonderen Kündigungsschutz. Das hindert Arbeitgeber naturgemäß nicht automatisch daran, unliebsame Funktionsträger loswerden zu wollen – so auch im folgenden Fall des Landesarbeitsgerichts Nürnberg (LAG).

Eine Arbeitgeberin hatte eine Arbeitnehmerin zur Datenschutzbeauftragten bestellt. Dann kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin und wies darauf hin, dass ihre bisherige Stellung als Datenschutzbeauftragte ebenfalls enden würde. Die Arbeitgeberin wollte die interne Datenschutzbeauftragte nämlich durch einen externen Datenschutzbeauftragten ersetzen. Gegen die Kündigung und die Abberufung klagte die Arbeitnehmerin – mit großem Erfolg.

Die ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers, der als Datenschutzbeauftragter berufen wurde, ist unwirksam und auch ein Jahr nach der Abberufung aus dieser Funktion ausgeschlossen. Doch allein schon die Abberufung als Datenschutzbeauftragte war hier unwirksam. Denn ein wichtiger Grund lag hierfür nicht vor. Das freie Bestellungs- und Auswahlrecht rechtfertige es nämlich nicht, einen bereits bestellten Datenschutzbeauftragten ohne weiteres aufgrund einer erneuten Organisationsentscheidung wieder abzuberufen. Denn dies würde den bestehenden besonderen Abberufungsschutz in Frage stellen. Deshalb hat die Arbeitnehmerin den Rechtsstreit vor dem LAG schließlich auch gewonnen.

Hinweis: Es besteht für den Arbeitgeber also in der Regel keine Berechtigung für die Abberufung eines internen Datenschutzbeauftragten, nur weil dieser durch einen externen Dienstleister ersetzt werden soll.

Quelle: LAG Nürnberg, Urt. v. 19.02.2020 – 2 Sa 274/19

Thema: Arbeitsrecht

Wunsch nach Sommerferien: Beantragte Arbeitszeitreduzierung zur Umgehung klarer Urlaubsregelungen ist rechtsmissbräuchlich

Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern kennen das Problem: Alle „Leidensgenossen“ im Kollegium wollen in den Sommerferien frei haben, und keiner ist bereit, nachzugeben. Es ist dann an den Arbeitgebern, für die einen die Glücksfee zu spielen und den anderen die rote Karte zu zeigen. Ein Arbeitnehmer wollte nun besonders findig vorgehen, doch die rote Karte blieb ihm dabei dennoch nicht erspart – denn die gab es vom Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG).

Der Angestellte, Vater eines schulpflichtigen Kindes, beantragte die Reduzierung seiner regelmäßigen jährlichen Arbeitszeit um ein Zwölftel. Die Verteilung der arbeitsfreien Tage sollte dabei so erfolgen, dass er immer im August frei hat. Die Arbeitgeberin lehnte das unter Berufung auf entgegenstehende betriebliche Gründe ab. Gerade dieser Monat sei der umsatzstärkste des Jahres, und der Ausfall ihres Arbeitnehmers sei in diesem Zeitraum auch aufgrund von Urlaubswünschen anderer Mitarbeiter nicht kompensierbar. Dagegen klagte der Arbeitnehmer – das jedoch vergeblich.

In den Augen des LAG standen dem Wunsch des Arbeitnehmers in diesem Fall berechtigte betriebliche Gründe entgegen. Wegen des erhöhten Arbeitsvolumens im August belegte die Arbeitgeberin, dass sie nicht allen Urlaubswünschen für die Sommerferien nachkommen konnte und daher regelmäßig maximal zehn Urlaubstage gewährte. Dieses Konzept stand dem Urlaubswunsch des Mannes, für jedes Jahr im August insgesamt Urlaub in Anspruch nehmen zu können, entgegen. Zudem war der Teilzeitwunsch eine unzulässige Rechtsausübung. Die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit, verbunden mit dem Wunsch, den gesamten August arbeitsfrei zu haben, hatte nur den Zweck, die bestehende Regelung der Arbeitgeberin zu unterlaufen. Der Mann wollte entgegen den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes gerade für den August in den folgenden Jahren seinen Urlaub sichern. Damit verlangte er eine bestimmte Verteilung seiner Arbeitszeit, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch hätte – und das war rechtsmissbräuchlich.

Hinweis: Es gibt Gründe, weshalb Teilzeitanträge von Mitarbeitern abgelehnt werden dürfen. Diese ergeben sich aus dem Gesetz. Ein Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit um 1/12, um im August frei zu haben, ist jedenfalls dann rechtsmissbräuchlich, wenn dieser Monat regelmäßig zu den arbeitsintensivsten Monaten zählt und Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer deutlich eingeschränkt werden.

Quelle: LAG Nürnberg, Urt. v. 27.08.2019 – 6 Sa 110/19

Thema: Arbeitsrecht

Neues zu Ausschlussklauseln: Berührt eine Klausel den Mindestlohn nicht, entfaltet sie ihre volle Wirkung

Seit 2015 gibt es das Mindestlohngesetz, nach dem Arbeitnehmer auf den Mindestlohn gar nicht verzichten können oder dürfen. Und entsprechende Regelungen gab es bereits Jahre zuvor in einzelnen Branchen. Was ist aber mit den Ausschlussklauseln, die dieses nicht berücksichtigen?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber hatten im Arbeitsvertrag vereinbart, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Ebenso verfallen die Ansprüche, wenn sie nach Ablehnung der Gegenseite nicht innerhalb weiterer drei Monate eingeklagt werden. Nun machte der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung für nicht genommene Urlaubstage und auf eine Bezahlung für geleistete Überstunden geltend. Die Ausschlussfrist verpasste er jedoch. Nach seiner Ansicht musste er die Frist auch gar nicht einhalten, da die Klausel unwirksam sei, da sie Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausgeschlossen habe. Das Gericht hielt die Ausschlussklausel jedoch für wirksam und damit die Klage für verspätet.

Die Ausschlussklausel war insbesondere nicht insgesamt unwirksam. Vereinbarungen, die den Mindestlohnanspruch beschränken oder seine Geltendmachung ausschließen, sind unwirksam. Aber diese Regelung führt nur zur Unwirksamkeit der Klausel, soweit sie Mindestlohnansprüche betrifft. Ziel des Gesetzgebers war es, die Arbeitnehmer vor niedrigen Löhnen zu schützen, aber nicht generell Ausschlussklauseln zu untersagen.

Hinweis: Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen sind vor allem bei Arbeitgebern sehr beliebt. In aller Regel müssen Ansprüche danach binnen drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, andernfalls sind sie verwirkt. Diese Frist sollten Arbeitnehmer im Blick haben.

Quelle: LAG Nürnberg, Urt. v. 09.05.2017 – 7 Sa 560/16

Thema: Arbeitsrecht

Raucherpausen: Arbeitnehmer können sich nicht auf die Akzeptanz bisheriger Gewohnheiten berufen

Betriebe, in denen Arbeitnehmer bezahlte zusätzliche Raucherpausen erhalten, werden immer seltener. Und das wohl auch zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG) festgestellt hat.

Ein Lagerarbeiter konnte über Jahre Raucherpausen so nehmen, wie er es wollte. Dann vereinbarten Arbeitgeber und Betriebsrat eine Regelung, wonach das Rauchen nur noch in speziell ausgewiesenen Raucherzonen zulässig war und die Beschäftigten sich für die Dauer der Raucherpausen auch ausstempeln mussten. Dieser Aufforderung kam der Lagerarbeiter auch nach und musste so in drei Monaten auf über 600 Minuten bezahlte Pausen verzichten. Das wollte er sich nicht gefallen lassen und meinte, der Gehaltsabzug für die Pausen sei zu Unrecht erfolgt. Der Anspruch auf bezahlte Raucherpausen ergebe sich seiner Meinung nach aus einer jahrelangen, sogenannten betrieblichen Übung, und so klagte er das abgezogene Geld ein. Die Klage hatte allerdings vor dem LAG keinen Erfolg. Eine betriebliche Übung hatte das Gericht nicht festgestellt, da der Arbeitgeber gar keine Kenntnis hatte, wie häufig und wie lange die Arbeitnehmer Raucherpausen genommen hatten. Außerdem sahen sie eine Ungleichbehandlung gegenüber Nichtrauchern.

Hinweis: Arbeitnehmer können nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Arbeitgeber Raucherpausen bezahlen und zeitgleich auf die Arbeitszeit verzichten will. Der Arbeitgeber kann für die Zukunft ein solches Verhalten unterbinden. Im Regelfall wird keine betriebliche Übung entstanden sein.

Quelle: LAG Nürnberg, Urt. v. 05.08.2015 – 2 Sa 132/15

Thema: Arbeitsrecht