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Schlagwort: Nachlasswert

Erbt, erhält oder vermacht? Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis ist einzelfallabhängig

Bei der Erstellung einer letztwilligen Verfügung wird bei privat erstellten Testamenten nicht immer klar getrennt, ob es sich bei der Zuwendung um ein Vermächtnis oder um eine Erbeinsetzung handeln soll. Die letztwilligen Verfügungen müssen daher häufig ausgelegt werden – so auch im folgenden Fall des Amtsgerichts Hameln (AG).

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Kosten eines Erbscheins: Nachlassgerichte dürfen grundsätzlich auf Grundbucheintragungen abstellen

Die Kosten für die Erteilung eines Erbscheins können insbesondere bei hohen Vermögenswerten sowohl für die Erben als auch für die erfolglosen Antragsteller eines Erbscheinsverfahrens von großer Bedeutung sein. Gehört wie im Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) ein Grundstück zum Nachlass, ist dieses bei der Bemessung des Nachlasswerts grundsätzlich zu berücksichtigen.

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Berücksichtigung eines Darlehens bei der Pflichtteilsberechnung: Beweis der Rückzahlung durch Quittungen kann entkräftet werden

Die Berechnung des Pflichtteils führt immer wieder zu Streitigkeiten. Da der Pflichtteil als Anteil am Nachlasswert ermittelt wird, versuchen Erben immer wieder, den Nachlasswert als möglichst gering anzugeben, während Pflichtteilsberechtigte daran interessiert sind, dass dieser Wert und somit ihr Anteil möglichst hoch sind. Grundsätzlich wird für die Ermittlung des Nachlasswerts die Differenz zwischen Aktivnachlass – also Grundstücke, Geld, Forderungen des Erblassers usw. – und den Schulden des Verstorbenen gebildet. Dazu müssen jedoch alle einzelnen Posten belegt werden.

Ein Ehepaar hatte in einem handschriftlichen Testament nach ihrer beider Tod einen ihrer Söhne als Alleinerben eingesetzt. Dessen Geschwister verlangten ihren Pflichtteil und trugen vor, dass der Bruder bereits zu Lebzeiten der Eltern ein Darlehen von 167.000 DM bekommen habe, das bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt werden müsse. Der Sohn behauptete jedoch, das Darlehen bereits zurückgezahlt zu haben, und legte dafür handschriftliche Quittungen vor.

Das Gericht ließ diese Quittungen von einem Sachverständigen untersuchen und kam zu dem Schluss, dass möglicherweise nachgetragene Ziffern, Durchdruckspuren und auffällig einheitlich gefertigte Unterschriften ernsthafte Zweifel begründen, dass die quittierten Zahlungen tatsächlich erfolgt sind. Es entschied daher, dass der Darlehensbetrag bei der Pflichtteilsberechnung mit herangezogen werden muss.

Hinweis: Auch wenn Quittungen sehr häufig als Beleg für Zahlungen genutzt werden, sollte man dabei bedenken, dass die Beweiskraft einer Quittung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und durch Gegenbeweise entkräftet werden kann. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, die Rückzahlung per Überweisung vorzunehmen, so dass die Kontoauszüge als Beleg herangezogen werden können, oder auch die Quittung im Beisein von Zeugen zu erstellen.

Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 22.01.2014 – 4 U 88/13
Thema: Erbrecht

Benachteiligung der Sozialhilfeträger: Sogenannte Behindertentestamente sind auch bei größerem Erbe nicht sittenwidrig

Bei behinderten Familienmitgliedern als potentiellen gesetzlichen Erben stellt sich immer wieder die Frage, wie die Testamente ausgestaltet werden müssen, damit das Erbe nicht vollständig für die Pflege der behinderten Person aufgebraucht wird und so auch noch anderen Erben zugutekommen kann.

Eine Frau hatte zusammen mit ihrem Ehemann ein sogenanntes Behindertentestament verfasst. Nach ihrem Tod erbten danach hauptsächlich der Ehemann und die gemeinsamen Kinder – wobei der gemeinsame Sohn, der am Down-Syndrom litt, nur einen geringen Bruchteil erhielt. Er wurde als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt und für ihn wurde eine Testamentsvollstreckung angeordnet. Der Sozialversicherungsträger, der für die Unterbringung des Sohns aufkam, hielt das Testament für sittenwidrig, da es sich um ein beträchtliches Vermögen handelte, durch das die Kosten für die Unterbringung des behinderten Sohns abgedeckt wären.

Das Gericht hielt das Testament jedoch für wirksam. Es zweifelte zunächst an, ob es sich bei einem Nachlasswert von noch unter 1 Mio. EUR um ein „beträchtliches“ Vermögen handelt. Zudem wies es darauf hin, dass unabhängig von der Größe des Vermögens Behindertentestamente gerade so ausgestaltet seien, dass es zu einer Benachteiligung der Sozialhilfeträger komme, was aber vom Gesetzgeber so gewollt sei. Das Testament wurde somit als nicht sittenwidrig angesehen und der behinderte Sohn damit als (Vor-)Erbe und nicht als Pflichtteilsberechtigter.

Hinweis: Die Kosten für die Pflege von Menschen mit Behinderungen sind in der Regel so hoch, dass Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen. Hat die behinderte Person ein eigenes Vermögen – also auch ererbtes Vermögen -, muss dieses für die entstehenden Kosten eingesetzt werden. Daher werden Behindertentestamente üblicherweise so ausgestaltet, dass der Erbe mit Behinderung nur als Vorerbe im Zusammenhang mit einer Testamentsvollstreckung eingesetzt wird. Als Vorerbe darf diese Person das geerbte Vermögen nicht verbrauchen, sondern muss es für den Nacherben bewahren. Ihr stehen also nur die Erträge zu (z.B. Zinsen). Nach dessen Tod geht das Vermögen dann an die entsprechenden Nacherben – wie etwa die Geschwister. Diese Art der Vertragsgestaltung wurde von der Rechtsprechung grundsätzlich als zulässig erachtet.

Quelle: LG Essen, Urt. v. 03.12.2015 – 2 O 321/14
Thema: Erbrecht