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Schlagwort: Testierfähigkeit

Wechselbezügliche Verfügungen: Witwe darf nach dem Tod des Mannes trotz gemeinschaftlichen Testaments ein eigenes errichten

Ein gemeinschaftliches Testament bindet die (Ehe-)Partner grundsätzlich auch nach dem Tod einer der Partner, so dass der Längerlebende nicht mehr frei über das Vermögen verfügen kann. Dies gilt jedoch nur für wechselbezügliche Verfügungen – also solche, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre und nach dem Willen beider Erblasser miteinander stehen und eben fallen sollen.

Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem es sich gegenseitig zu Erben einsetzte und regelte, dass „der Längerlebende berechtigt (ist), die Schlusserbfolge zu bestimmen“. Nach dem Tod ihres Mannes errichtete die Frau dann ein eigenes, entsprechend einseitiges Testament. Dessen Wirksamkeit zweifelten die Erben jedoch an.

Das Gericht entschied, dass die Bindungswirkung wechselbezüglicher Verfügungen nicht zur Aufhebung oder Minderung der Testierfähigkeit, sondern bloß zur Beschränkung der Testierfreiheit führt und nicht die formelle Nichtigkeit späterer einseitiger Verfügungen zur Folge hat. Eine spätere einseitige Verfügung ist nur insoweit unwirksam, als sie in Widerspruch zu einer wechselbezüglichen Verfügung steht. Hier war die wechselbezügliche Verfügung jedoch durch den Tod des Ehemannes gegenstandslos geworden, da er sie nicht mehr beerben konnte. Nach dem Tod ihres Ehemannes war die Frau somit nicht mehr an ihre zu seinen Gunsten getroffene Erbeinsetzung aus dem gemeinschaftlichen Testament gebunden und konnte ein eigenes Testament errichten.

Hinweis: In diesem Fall enthielt das gemeinschaftliche Testament nur Regelungen für den ersten Erbfall, so dass der überlebende Ehegatte die Erbfolge nach dem Tod des Partners frei in einem neuen Testament bestimmen konnte. Häufig enthalten solche Testamente jedoch auch Regelungen für die Zeit nach dem Tod des zweiten Partners. Dann muss genau geprüft werden, inwieweit die Regelungen wechselbezüglich sind und welchen Entscheidungsspielraum der Längerlebende dann noch hat.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 26.02.2018 – 6 W 4/18

Thema: Erbrecht

Notar ist kein Arzt: Bei alzheimerbedingter Testierunfähigkeit ist auch ein notarielles Testament nichtig

Ein Testament ist nur wirksam, wenn der Erblasser bei der Errichtung des Testaments testierfähig war – er also in der Lage war, die Bedeutung und Tragweite der letztwilligen Verfügung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Bei handschriftlichen Testamenten wird die Testierfähigkeit des Erblassers immer wieder in Zweifel gezogen. Ein notarielles Testament bietet grundsätzlich mehr Schutz, da der Notar als neutrale Person den Zustand des Erblassers bezeugen kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein notarielles Testament immer und in jedem Fall wirksam ist.

Eine Frau lebte seit dem Jahr 2004 in einem Altenheim. Im selben Jahr ordnete das zuständige Betreuungsgericht wegen fortgeschrittener Alzheimerdemenz der Erblasserin eine Betreuung für ihre Vermögensangelegenheiten an und bestimmte ihre beiden Söhne zu Betreuern. Im Jahr 2007 errichtete die Erblasserin im Pflegeheim ein notarielles Testament, in dem sie einen ihrer Söhne zum Alleinerben einsetzte. Nach ihrem Tod trug die Familie ihres anderen, bereits verstorbenen Sohns vor, dass das Testament aufgrund der Demenzerkrankung der Frau unwirksam sei.

Das Gericht wies darauf hin, dass auch betreute Personen bis zum Beweis des Gegenteils als geschäfts- und testierfähig gelten. Eine fehlende Geschäftsfähigkeit ist nicht Voraussetzung für die Anordnung einer Betreuung. In diesem Fall kam das Gericht jedoch aufgrund von Sachverständigengutachten und Zeugenaussagen unter anderem der behandelnden Ärzte aus dem Pflegeheim zu der Überzeugung, dass die Frau im Jahr 2007 nicht mehr testierfähig war. Das notarielle Testament war damit unwirksam, und die gesetzliche Erbfolge trat ein.

Hinweis: Ein Notar muss bei Beurkundung eines Testaments von Amts wegen die Testierfähigkeit überprüfen und in der Niederschrift über seine Beurkundung vermerken. Hat er Zweifel an der Testierfähigkeit, muss er die Beurkundung des Testaments ablehnen. Vor Gericht hat dies eine erhebliche Beweiskraft, und die fehlende Testierfähigkeit müsste vom Gegner erst bewiesen werden. Nichtsdestotrotz ist ein Notar kein medizinischer Fachmann und kann daher in Extremfällen die Testierfähigkeit einer Person auch falsch einschätzen, so dass ein Gegenbeweis vor Gericht möglich ist. Bestehen Zweifel an der Testierfähigkeit, sollte unmittelbar vor Errichtung eines (notariellen) Testaments ein Attest des behandelnden Arztes eingeholt werden.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 13.07.2017 – 10 U 76/16
Thema: Erbrecht

Testament- und Erbvertrag

Testament- und Erbvertrag

Jede natürliche Person hat die Möglichkeit, durch Errichtung eines Testaments oder Abschluss eines Erbvertrags Verfügungen von Todes wegen zu treffen, die abweichend vonder gesetzlichen Erbfolge ihren ganz persönlichen Wünschen und Vorstellungen entsprechen.

Der wesentliche Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag besteht darin, dass der Erblasser sich beim Erbvertrag gegenüber seinem Vertragspartner bindet.

Testament ausgewogen gestalten

Zunächst erarbeiten wir zusammen mit Ihnen eine sinnvolle Zuteilung des Vermögens durch Erbeinsetzung und/oder Vermächtnisse. Schon in diesem ersten Schritt sind persönliche, familiäre, wirtschaftliche und steuerliche Gesichtspunkte sorgfältig abzuwägen.

Unser Ziel ist es, die unterschiedlichen Aspekte ausgewogen zu berücksichtigen und in Einklang zu bringen. Das erfordert eine ganzheitliche Perspektive. So scheinen beispielsweise unterschiedliche Gestaltungen eines Testaments oftmals auf den ersten Blick dasselbe wirtschaftliche Ergebnis zu erzielen. Aus steuerlicher Sicht ergeben sich dann jedoch große Unterschiede. Unserem ganzheitlichen Beratungskonzept entsprechend arbeiten wir deshalb bei Bedarf mit erfahrenen externen Fachleuten – zum Beispiel Steuerberatern – zusammen.

Ganz zu Anfang der Testamentgestaltung beraten wir Sie auch über die Vorteile der Errichtung eines eigenhändigen Testaments sowie über Gründe, die für ein öffentliches, notariell beurkundetes Testament sprechen.

Privatschriftliches Testament

Vorteile des privatschriftlichen Testaments ergeben sich beispielsweise daraus, dass es einfach und ohne Bindung an Zeit und Ort errichtet und später auch vergleichsweise einfachwiderrufen werden kann.

Auch das gemeinschaftliche Testament von Ehegatten oder von eingetragenen Lebenspartnern kann als eigenhändiges Testament errichtet werden. Dabei ist es ausreichend, dass einer der Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner das Testament in der  vorgeschriebenen Form errichtet und der jeweils andere die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet.

Gemeinschaftliches Testament

Die Besonderheit des gemeinschaftlichen Testaments besteht darin, dass bei sogenannten wechselbezüglichen Verfügungen über Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen der Widerruf oder die Nichtigkeit einer Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge hat. Wechselbezügliche Verfügungen sind solche, von denen anzunehmen ist, dass diejenigen des einen Ehegatten oder Lebenspartners nicht ohne diejenigen des anderen getroffen wurden. Im Zweifel handelt es sich um eine wechselbezügliche Verfügung, wenn sich die Ehegatten oder Lebenspartner gegenseitig einsetzen oder bedenken.

Der Vorteil des gemeinschaftlichen Testaments besteht darin, dass die Partner gegenseitig darauf vertrauen können, dass die wechselbezüglichen Verfügungen zu Lebzeiten vom anderen Partner nicht ohne sein Wissen geändert werden und, wenn sich keine Änderungen ergeben, nach dem Tod keine Änderung mehr möglich ist.

Das gemeinschaftliche Testament bietet damit für beide Ehepartner und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft den erforderlichen Vertrauensschutz für die testamentarischen Regelungen, die jeweils im Vertrauen auf diejenigen des Anderen erfolgten.

Testierfähigkeit

Ein Testament kann errichten, wer testierfähig ist. Die Testierfähigkeit beginnt mit Vollendung des 16. Lebensjahres. Vor Vollendung des 16. Lebensjahres ist ein Minderjähriger testierunfähig und kann ein Testament auch nicht von seinen Eltern als gesetzliche Vertreter abfassen lassen, da ein Testament nur persönlich errichtet werden kann.

Unabhängig vom Alter sind Personen testierunfähig, die wegen krankhafter Störung von Geistestätigkeiten, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage sind, die Bedeutung der von ihnen abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Gelegentlich werden Testamente angefochten mit der Behauptung, der Testierende sei bei der Errichtung nicht mehr testierfähig gewesen. Diese Testierunfähigkeit muss grundsätzlich derjenige beweisen, der sich darauf beruft. Dies stellt in der Regel einen wirksamen Schutz gegen die unberechtigte Behauptung der mangelnden Testierfähigkeit dar. Es kann allerdings im Einzelfall sinnvoll sein, vor Abfassung eines Testaments die Testierfähigkeit durch den Hausarzt bestätigen zu lassen, um einer etwaigen späteren Behauptung der mangelnden Testierfähigkeit entgegenzuwirken.

Möglichkeiten der Erbfolgegestaltung

Für die individuelle Erbfolgegestaltung stehen Ihnen neben der Erbeinsetzung weitere Möglichkeiten zur Verfügung:

  • das Vermächtnis
  • die Vor- und Nacherbschaft
  • die Testamentvollstreckung
  • die Teilungsanordnung.

Erbeinsetzung

Auf den Erben gehen mit dem Tod des Erblassers sowohl das Vermögen als auch die Verbindlichkeiten des Verstorbenen im Ganzen über, d. h. die Erben werden

  • Eigentümer der Gegenstände des Verstorbenen
  • Inhaber seiner Forderungen
  • Schuldner seiner Verbindlichkeiten.

Die Rechtsänderung tritt mit dem Tod automatisch ein.

Vermächtnis

Auch ohne Erbeinsetzung kann jemand in einem Testament durch ein Vermächtnis begünstigt werden.

Im Gegensatz zum Erben wird der durch das Vermächtnis Begünstigte mit dem Erbfall nicht sofort Eigentümer des Gegenstandes oder Inhaber der Forderung. Er hat vielmehr nur einen Anspruch gegen den Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses.

Vor- und Nacherbschaft

Bei der Vor- und Nacherbschaft wird mit der Erbeinsetzung geregelt, dass der Nachlass zuerst auf einen Vorerben und später auf einen Nacherben übergeht. Die Vorerbschaft kann dabei für eine bestimmte Dauer oder auch auf Lebenszeit des Vorerben angeordnet werden.

Diese Regelung gibt dem Testierenden die Möglichkeit, den Übergang seines Vermögens lange über seinen Tod hinaus festzulegen und nacheinander verschiedene Personen zu begünstigen.

Die Befugnisse des Vorerben sind gesetzlich geregelt, der Testierende kann diese aber auch abweichend von der gesetzlichen Regelung vorgeben.

Testamentsvollstreckung

Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers bietet sich unter verschiedenen Gesichtspunkten an, so zur sachgerechten Verwaltung und Auseinandersetzung oder auch zum Schutz minderjähriger oder geschäftlich unerfahrener Erben.

Bei Einsetzung eines Testamentsvollstreckers kann der Erbe nicht mehr über den Nachlass verfügen, stattdessen ist der Testamentsvollstrecker verfügungsberechtigt. Er ist verpflichtet, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten und in diesem Rahmen auch berechtigt, Verbindlichkeiten für den Nachlass einzugehen.

Die Aufgaben des Testamentsvollstreckers hängen von den Anordnungen im Testament ab. Diese sind für den Testamentsvollstrecker maßgeblich.

Individuelle Lösungen

Für besondere Lebenslagen bieten wir Ihnen individuelle Lösungen – etwa das Geschiedenen-Testament oder das Behinderten-Testament. Letzteres hat zum Ziel, ein behindertes Kind in den Genuss des Nachlasses kommen zu lassen und sein Erbteil zugleich vor dem Zugriff der Sozialbehörden zu schützen.

Peter Kania

Peter Kania

T. 0202-38902-20

Erbrecht

  • Rechtsanwalt Peter Kania

    Peter Kania

  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

    Rainer Tschersich

  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

    Kati Kirschstein

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