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Schlagwort: Vaterschaft

Außergerichtliche Klärung verweigert: Auch wer nicht Vater ist, muss Kosten des Abstammungsverfahrens mittragen

Wenn gerichtlich festgestellt werden muss, von welchem Vater ein Kind abstammt, entstehen oft erhebliche Kosten durch die Begutachtung aller Beteiligten (Mutter, Kind und die möglichen Väter). Im Folgenden war das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) mit der Frage betraut worden, wer diese Kosten tragen muss, wenn am Ende keine Vaterschaft feststellbar ist.

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Kein Fall fürs BVerfG: Mutter und ihre Ehefrau müssen Vaterschaftsfeststellung nach Becherspende hinnehmen

Für lesbische Paare mit Kinderwunsch ist die sogenannte Becherspende, bei der ihnen ein ihnen bekannter Mann seinen Samen zur Befruchtung zur Verfügung stellt, auf den ersten Blick die meist unbürokratischste und pragmatischste Lösung – möchte man meinen. Denn wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart kann es dabei dennoch zu Unstimmigkeiten kommen, die gerichtlich geklärt werden müssen.

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Umgangsrecht nach Stiefkindadoption: Zeigt ein privater Samenspender Interesse am Kind, kann ihm ein Umgangsrecht eingeräumt werden

Der Kinderwunsch eines lesbischen Paars kann durch eine private Samenspende erfüllt werden. Rechtlich unklar war bislang, ob der Samenspender ein Umgangsrecht hat, wenn das hieraus entstandene Kind durch (Stiefkind-)Adoption bereits zwei Elternteile hat. Da solch eine Frage durch ihre Auswirkungen hochkomplex ist und bestehende Gesetze sich meist auf heterosexuelle Elternschaften beziehen, musste sie vom Bundesgerichtshof (BGH) beantwortet werden.

Das mittlerweile siebenjährige Kind, um dessen Wohl es hier ging, weiß, dass der Kläger sein Erzeuger ist. Denn dieser durfte das Kind in den ersten fünf Lebensjahren auch besuchen. Dann kam es zu einem Zerwürfnis unter den Erwachsenen, als der Mann gegenüber den rechtlichen Eltern den Wunsch äußerte, mehr Umgang mit dem Kind zu haben – auch bei sich zuhause, auch im Alltag und auch mal für einen längeren Zeitraum. Der Kontakt brach ab, und sowohl das Amtsgericht als auch das zweitinstanzliche Berliner Kammergericht (KG) konnten nicht feststellen, dass Verfassung oder Gesetzgeber eine dreifache Elternschaft vorsehen. Denn zwei Eltern habe das Kind schließlich. Rein rechtlich hat das Kind also keinen Vater, sondern zwei Mütter, da die leibliche Mutter ihrer Lebenspartnerin die sogenannte Stiefkindadoption zugestanden hat.

Der BGH sah dennoch den Anwendungsbereich von § 1686a Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch für gegeben an, der das Umgangsrecht des leiblichen Vaters regelt, sofern dieser ernsthaftes Interesse an dem Kind zeige. Eine Adoption schließe dieses Umgangsrecht nicht aus. Dass das Kind durch eine sogenannte private Samenspende gezeugt wurde, hindert die Anspruchsberechtigung des Erzeugers nicht. Im Unterschied zu einer ärztlich unterstützten Befruchtung ist hier die Feststellung der Vaterschaft gesetzlich auch nicht versperrt.

Letztendlich sieht der BGH in der Sache keinen Unterschied zwischen der Stiefkindadoption durch einen Ehemann oder durch eine Lebenspartnerin der leiblichen Mutter. Ob und in welchem Umfang der Umgang zu regeln ist, beurteilt sich aber auch hier danach, inwieweit der Umgang dem Kindeswohl dient. Dabei hat der leibliche Vater das Erziehungsrecht der rechtlichen Eltern zu respektieren, ohne dass dieses die Eltern zur Verweigerung des Umgangs berechtigt. Die konkreten Umstände muss nun das vorinstanzliche KG ermitteln – und dabei insbesondere auch das betroffene Kind anhören.

Hinweis: Die BGH-Entscheidung ist ein weiterer Schritt zur Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Eltern, denn bei der Stiefkindadoption durch einen Ehemann würden auch die Umgangsrechte des leiblichen Vaters nicht gekappt. Für lesbische Paare, die sich für eine private Samenspende entscheiden, bedeutet dies, dass sie den Erzeuger als Vaterfigur einbinden müssen – sofern dieser Interesse am Kind hat.

Quelle: BGH, Beschl. v. 16.06.2021 – XII ZB 58/20

Thema: Familienrecht

Klage auf Mitmutterschaft: Bundesverfassungsgericht soll über die Elternschaft gleichgeschlechtlicher Eheleute entscheiden

Bei ehelich geborenen Kindern gilt der Ehemann automatisch als gesetzlicher Vater, sofern keine weiteren Schritte zur Feststellung der Vaterschaft eingeleitet werden. Dass auch bei gleichgeschlechtlichen Ehen nur je eine Mutter und ein Vater in die Geburtsurkunde eingetragen werden können, stieß zwei miteinander verheirateten Frauen daher zu Recht auf – der gesetzliche Automatismus, dass die elterliche Sorge eines ehelich geborenen Kindes somit beiden Eheleuten zugesprochen wird, greife somit nicht. Man ahnt zwar, dass hier nicht das letzte Wort gesprochen werden konnte, doch das Oberlandesgericht Celle (OLG) tat bereits sein Bestes.

Zwei Frauen heirateten, nachdem sie 20 Jahre zusammengelebt hatten. Völlig legal wurde eine von ihnen mittels Embryonenspende schwanger und gebar ein Kind. Die daraufhin erstellte Geburtsurkunde weist die Gebärende als Mutter aus, aber keinen Vater. Die andere Frau beantragte daraufhin, als Mitmutter in die Geburtsurkunde aufgenommen zu werden. Die Behörde lehnte dies ab. Die Mitmutter argumentierte: Wäre sie ein Mann, würde sie als zweiter Elternteil in der Geburtsurkunde erfasst. Schließlich sei sie zur Zeit der Geburt des Kindes (und seither auch weiterhin) mit der (anderen) Mutter des Kindes verheiratet. Nur weil sie kein Mann und damit Mitmutter sei, unterbliebe der Eintrag. Diese Ungleichbehandlung von ihr zu einem Mann könne nicht hingenommen werden, wo sie völlig regelkonform mit der Mutter des Kindes verheiratet sei.

Das OLG hat für die Argumentation vollstes Verständnis. Die gesetzliche Regelung ist aber sprachlich absolut eindeutig – und aufgrund dieser könne das Gericht keine „Mitmutterschaft“ begründen, ohne das Gesetz zu brechen. Und eben dies sei einem OLG nun einmal verwehrt. Eben deshalb hat der Senat den Fall nun auch dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt, da nur dieses die Befugnis hat, die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig zu erklären und dem Gesetzgeber die Pflicht aufzuerlegen, eine entsprechende Änderung herbeizuführen.

Hinweis: Je nach Entscheidung wird das BVerfG die Rechte der gleichgeschlechtlich Verheirateten nennenswert stärken.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 24.03.2021 – 21 UF 146/20

Thema: Familienrecht

Erbrecht unehelicher Kinder: Nur ohne gerechten Ausgleich zwischen den Betroffenen ist die Stichtagsregelung unverhältnismäßig

Die erbrechtliche Gleichstellung unehelicher Kinder mit ehelichen hat ihren langen Weg immer noch nicht abgeschlossen. Nachdem die deutsche Rechtsprechung durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Aktualisierung aufgerufen wurde, geht es vermehrt um ihre Umsetzung, so auch im folgenden Fall, mit dem das Oberlandesgericht Köln (OLG) befasst wurde.


Ein Mann hatte für seine 1943 unehelich geborene Tochter die Vaterschaft anerkannt. Nach seinem Tod im Jahr 1990 verlangte die Tochter von den ehelichen Kindern ihren Pflichtteil – was vor Gericht jedoch abgelehnt wurde. Nach deutschem Recht waren uneheliche Kinder seinerzeit von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen und bekamen daher auch keinen Pflichtteil, sofern sie vor dem 01.07.1949 geboren waren. Aufgrund eines Vergleichs wurde der Tochter damals jedoch ein Anteil gezahlt. Durch die 2009 erfolgte Rechtsprechung des EGMR erließ der deutsche Gesetzgeber schließlich ein neues Gesetz, das nichteheliche Kinder für Erbfälle nach 2009 gleichstellt. Daraufhin machte die Frau 2017 erneut ihren Pflichtteil geltend. Das Gericht wies sie jedoch ab.

Als der deutsche Gesetzgeber sein neues Gesetz erließ, machte er mit der unverhältnismäßigen Stichtagsregelung zwar durchaus einen Fehler, der auch 2017 bereits durch den EGMR als unter Umständen rechtsverletzend bewertet wurde. Das OLG führte jedoch aus, dass diese Stichtagsregelung die Rechte nichtehelicher Kinder nur dann verletzt, wenn unter den besonderen Umständen des Falls kein gerechter Ausgleich zwischen den Betroffenen hergestellt wird. In diesem Fall waren aber bereits über acht Jahre seit dem EGMR-Urteil vergangen. Die Erben durften durch einen gerichtlichen Vergleich zudem ihr besonderes Vertrauen auf den Fortbestand ihres Erbrechts setzen. Somit war die Anwendung der Stichtagsregelung in diesem Fall nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

Hinweis: Der EGMR hatte einige Kriterien aufgestellt, woran zu bemessen ist, ob die Stichtagsregelung unverhältnismäßig ist. Dies sind unter anderem die Kenntnis der Betroffenen, der Status der erbrechtlichen Ansprüche (Verjährung) und die bis zur Geltendmachung des Anspruchs verstrichene Zeit, aber auch der Umstand, ob durch das nationale Recht eine finanzielle Entschädigung für den Verlust des Erbrechts gewährt wird. Die weitere Umsetzung dieser Rechtsprechung bleibt abzuwarten.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 10.12.2018 – 2 Wx 405/18

Thema: Erbrecht

41-jähriges Kuckuckskind: Regressforderungen eines langjährigen Scheinvaters richten sich nach der Düsseldorfer Tabelle

Generell gelten die während einer bestehenden Ehe geborenen Kinder als eheliche Kinder. Diese werden im Regelfall von beiden Elternteilen versorgt und unterhalten. Was aber passiert, wenn sich später herausstellt, dass der rechtliche Vater nicht der tatsächliche ist, und wie es sich mit Regressansprüchen des Scheinvaters zu dem seinerseits erbrachten Unterhalt verhält, war im Folgenden die Aufgabe des Bundesgerichtshofs (BGH).

Innerhalb einer Ehe, die 1972 geschlossen wurde, wurde 1975 ein Sohn geboren. Als im Jahr 1988 die Scheidung erfolgte, verpflichtete sich der vermeintliche Vater zur Zahlung von 400 DM Kindesunterhalt. Diesen zahlte er dann auch bis Juli 1992. Als im Jahre 2014 schließlich Zweifel an der Vaterschaft auftauchten, wurde 2016 gerichtlich festgestellt, dass ein anderer der leibliche Vater des Sohns war. Der Scheinvater verlangte von diesem dann auch Schadensersatz wegen des von ihm erbrachten Unterhalts. Das Problem war jedoch, dass sich die Höhe des Unterhalts stets nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen richtet. Hier kommt es zwangsläufig zu einer Differenz zwischen der Höhe des vom Scheinvater tatsächlich erbrachten Unterhalts und der Verhältnisse des tatsächlichen Vaters. Doch wie soll sich angesichts der langen Zeit von 41 Jahren die Höhe des vom Scheinvater in natura geleisteten Unterhalts bestimmen lassen?

Der BGH hat dazu entschieden, dass – wenn sich nichts weiter darlegen und belegen lässt – auf den Mindestbedarf des Kindes abzustellen ist, wie er der sogenannten Düsseldorfer Tabelle zugrunde liegt. Wer nicht mehr als diesen verlangt, muss keine weiteren Ausführungen zu den tatsächlichen Verhältnissen machen. Und wer nur weniger als diesen Betrag zahlen will, muss darlegen können, warum er nicht einmal diesen Mindestsatz zahlen konnte bzw. kann.

Hinweis: Dass für einen lange zurückliegenden Zeitraum Unterhalt gefordert wurde, war zulässig. Die sonst zu beachtenden Verjährungs- und Verwirkungsregeln gelten bei der Regressforderung nämlich nicht.

Quelle: BGH, Beschl. v. 19.09.2018 – XII ZR 385/17

Thema: Familienrecht

Abstammungsklärung: Die Stellung als Vater wieder loszuwerden, ist nicht einfach

Bringt eine verheiratete Frau ein Kind zur Welt, gilt ihr Mann automatisch als Vater des Kindes. Wird das Kind einer nicht verheirateten Frau geboren, bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung oder Feststellung zur Begründung der Vaterschaft. Die Frage, ob man eine Vaterschaft auch wieder loswird, beschäftigte den Bundesgerichtshof (BGH).

Wer als rechtlicher, jedoch nicht leiblicher Vater eines Kindes gilt, kann die Vaterschaft anfechten, sobald er von ihm bisher unbekannten Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Aber: Ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung gilt eine Frist von zwei Jahren, um eine solche Anfechtung gerichtlich zu betreiben. Ist die Frist verstrichen, bleibt der rechtliche Vater der Vater – selbst wenn noch so eindeutig feststeht, dass die tatsächliche Situation nicht mit der rechtlichen in Einklang steht.

Unabhängig davon kann der Vater – auch nach Ablauf der Zweijahresfrist – vom Kind und der Mutter verlangen, dass eine genetische Abstammungsuntersuchung durchgeführt wird, um die leibliche Abstammung zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist dann allerdings ohne rechtliche Bedeutung.

Im BGH-Fall hatte ein kinderlos verheirateter Türke mit starkem Kinderwunsch den Sohn eines mit ihm verwandten Ehepaars zu sich genommen und durch Falschangaben im türkischen Geburtenregister als sein Kind eintragen lassen. Die Geburtsurkunde des Kindes wies den Mann, der mit seiner Frau und „seinem“ Kind in Deutschland lebte, ebenso als Vater aus. Dann wurde seine Ehe jedoch geschieden, er heiratete erneut und bekam nun vier „weitere“ Kinder. Er betrieb daraufhin das Verfahren zur Einwilligung zur genetischen Abstammungsuntersuchung.

Das Verfahren verlor er. Als Vater des Kindes könne er ein solches Verfahren zwar betreiben – er ist aber nicht der Vater. Da er das Kind einer verheirateten Frau zu sich genommen hatte, gilt deren Mann als Vater, nicht er. Dass er das Geburtsregister „erfolgreich“ gefälscht hatte, ändert daran natürlich nichts.

Hinweis: Erfreulicherweise ist dieser Fall ein Beispiel dafür, dass einem Fälschungen nicht weiterhelfen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 26.07.2017 – XII ZB 125/17

Thema: Familienrecht