Skip to main content

Schlagwort: Vorstellungsgespräch

Nicht eingeladen: Öffentlicher Arbeitgeber schuldet schwerbehindertem Bewerber eine Entschädigung

Insbesondere öffentliche Arbeitgeber sind angehalten, schwerbehinderte Bewerber nicht zu diskriminieren. Dass dies nicht immer klappt, zeigt dieser Fall.

Eine Stadt suchte einen „Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik“ des von ihr unterhaltenen Palmengartens. Ein ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker bewarb sich auf die Stelle. Der Bewerber war schwerbehindert mit einem sogenannten Grad der Behinderung von 50. Die Stadt lud den Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, sondern entschied sich für jemand anders.

Der Bewerber war deshalb der Auffassung, er sei aufgrund seiner Behinderung diskriminiert worden. Die Stadt sei ihrer Verpflichtung aus dem Neunten Sozialgesetzbuch nicht nachgekommen, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Schon allein dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei. Und tatsächlich musste die Stadt eine Entschädigung zahlen. Der Bewerber war nicht von vornherein ungeeignet für die ausgeschriebene Stelle und hätte nach den gesetzlichen Vorgaben eingeladen werden müssen. Die daraus resultierende Entschädigungssumme belief sich auf einen Bruttomonatsverdienst.

Hinweis: Nach dem Neunten Sozialgesetzbuch sind auch private Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten und insbesondere mit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten Schwerbehinderten besetzt werden können.

Quelle: BAG, Urt. v. 11.08.2016 – 8 AZR 375/15z
Thema: Arbeitsrecht

Identische Stellenausschreibungen: Vorwurf der Benachteiligung Schwerbehinderter bei Bewerbung greift nicht immer

Wann eine offensichtliche Benachteiligung wider Erwarten doch nicht zu einem Entschädigungsanspruch führt, zeigt dieser Fall.

Öffentliche Arbeitgeber müssen schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. In einem vom Arbeitsgericht Karlsruhe entschiedenen Fall gab es allerdings eine Besonderheit. Hier bewarb sich ein Schwerbehinderter im April 2015 auf eine vom Landkreis ausgeschriebene Stelle als Unterkunftsleiter in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Er wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt daraufhin eine Absage. Drei Monate später bewarb er sich erneut beim selben Landkreis um eine Stelle als Leiter einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Die Stellenausschreibung war identisch mit der vorherigen, zuständig war derselbe Sachbearbeiter. Auch dieses Mal erhielt der schwerbehinderte Bewerber eine Absage – allerdings ohne zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Er verlangte deshalb die Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), da die unterbliebene Einladung seines Erachtens nach eine Diskriminierung indiziere.

Das Gericht machte da allerdings nicht mit. Da es sich um identische Auswahlverfahren gehandelt hatte, wirkte die sogenannte Chanceneröffnung durch das bereits durchgeführte Bewerbungsgespräch auch für das neue Bewerbungsverfahren fort. Der Arbeitnehmer erhielt also keine Entschädigung.

Hinweis: Nach § 22 AGG ist grundsätzlich eine Benachteiligung wegen der Behinderung zu vermuten, wenn ein öffentlicher Arbeitgeber einen nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch einlädt. Diese Verpflichtung hat ein privater Arbeitgeber allerdings nicht.

Quelle: ArbG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2016 – 2 Ca 425/15
Thema: Arbeitsrecht