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Autor: Knofy68

Beruflicher Anlass: Abschiedsfeier kann steuerlich geltend gemacht werden

Die Idee, das Finanzamt finanziell an Feiern zu beteiligen, hat zugegebenermaßen einen gewissen Charme.

Ein Diplom-Ingenieur und leitender Angestellter wollte an eine Fachhochschule wechseln. Er lud deshalb zum Abschied Kollegen, Kunden, Behördenvertreter sowie Experten aus Wissenschaft und Forschung zu einem Abendessen ein. Die Einladungen erfolgten mit Zustimmung des Arbeitgebers über das Sekretariat des Arbeitnehmers. An der Feier nahmen ca. 100 Personen teil und sie kostete 5.000 EUR. Dieses Geld machte der Diplom-Ingenieur nun als Werbungskosten bei seiner nächsten Einkommensteuererklärung geltend. Wie zu erwarten war, lehnte das Finanzamt eine Berücksichtigung ab, da es sich um eine private Veranstaltung gehandelt habe. Das Finanzgericht Münster sah die Angelegenheit allerdings differenzierter. Denn der Anlass der Feier war rein beruflicher Natur: Sämtliche Gäste stammten aus dem beruflichen Umfeld, Freunde und Angehörige waren nicht eingeladen und die meisten Gäste waren auch ohne Partner eingeladen worden. All das sprach gegen eine private Veranstaltung.

Hinweis: Richtig konstruiert lassen sich die Aufwendungen einer Abschiedsfeier von Arbeitnehmern also als Werbungskosten absetzen.

Quelle: FG Münster, Urt. v. 29.05.2015 – 4 K 3236/12 E

Thema: Arbeitsrecht

Wohnungseigentum: Rechtzeitige Zustellung der Anfechtungsklage

Für die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Eigentümerversammlung gilt eine einmonatige Klagefrist. Grundsätzlich muss innerhalb der Monatsfrist die Klage den übrigen Eigentümern zugestellt sein. Der Bundesgerichtshof hat für die Rechtspraxis einige Feinheiten bei der Einhaltung dieser Frist klargestellt.

Die Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Die Frist beginnt mit der Beschlussfassung, das heißt am Tag der Eigentümerversammlung selbst (und nicht etwa erst mit dem Zugang des Versammlungsprotokolls!).

Eine Klage ist „erhoben“, wenn sie dem Beklagten zugestellt ist (§ 253 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO -). Die Klage soll allerdings erst dann zugestellt werden, wenn auch der Gerichtskostenvorschuss in die Justizkasse eingezahlt wird (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz – GKG -). Wegen der hiermit verbundenen Verzögerungen regelt § 167 ZPO, dass es genügt, wenn die Zustellung – auch nachdem die einzuhaltende Frist bereits abgelaufen ist – „demnächst“ erfolgt.

Wann eine Zustellung noch „demnächst“ ist, bedarf natürlich der Auslegung.

In einem jüngst vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall (BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 – V ZR 154/14 –) sah die zeitliche Abfolge folgendermaßen aus:

Die Wohnungseigentümerversammlung fand am 2. November statt. Gegen einige dort gefasste Beschlüsse erhob einer der Wohnungseigentümer Klage. Die Klage ging am 23. November beim zuständigen Amtsgericht ein. Es folgte dann Schriftverkehr zwischen Gericht und Kläger zur vorläufigen Streitwertfestsetzung (eine Angabe zum Streitwert wird benötigt, damit das Gericht die Gerichtsgebühren berechnen kann). Am 18. Dezember erhielt der Rechtsanwalt des Klägers die Vorschussrechnung vom Gericht. Diese wurde zunächst an die Rechtsschutzversicherung des Klägers weitergeleitet. Am 7. Januar ging dann der Vorschuss bei der Justizkasse ein. Die Klage wurde daraufhin am 18. Januar zugestellt.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die einmonatige Klagefrist abgelaufen und die Zustellung auch nicht mehr „demnächst“ erfolgt sei.

Der BGH sah dies jedoch anders.

Zunächst darf der Kläger abwarten, bis ihm die Vorschusskostenrechnung vom Gericht zugeht. Erst wenn sich der Zugang der Rechnung verzögert, trifft den Kläger die Pflicht, bei Gericht nachzufragen. Das war vorliegend nicht das Problem. Maßgeblich war also nur der Zeitraum zwischen dem 18. Dezember (Zugang der Vorschusskostenrechnung) und dem 7. Januar (Einzahlung des Vorschusses). Dazwischen lagen 20 Tage.

Grundsätzlich gilt, dass eine Verzögerung nur 14 Tage oder geringfügig darüber betragen darf.

Im Fall war allerdings zu berücksichtigen, dass der Kostenvorschuss verfahrenswidrig nicht beim Kläger persönlich angefordert worden war. Stattdessen war die Vorschussrechnung dem Rechtsanwalt zugestellt worden. Für die hierdurch entstehende Verzögerung war, so der BGH, eine Spanne von drei Werktagen zu veranschlagen unter Ausklammerung des Eingangstages und von Wochenendtagen. Innerhalb einer solchen Zeitspanne könne auch in hochbelasteten Anwaltskanzleien die Kenntnisnahme, Bearbeitung und Weiterleitung sowie bei Zugrundelegung üblicher Postlaufzeiten auch der Eingang bei der Partei selbst erwartet werden. Da die Kostenanforderung dem Rechtsanwalt am 18. Dezember (Dienstag) zugegangen sei, führe dies dazu, dass der Kläger so zu stellen sei, wie er stünde, wenn ihm selbst die Anforderung erst am 21. Dezember (Freitag) zugegangen wäre.

Außerdem war in Rechnung zu stellen, dass von einer Partei nicht verlangt werden könne, an Wochenend- und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen. Ebenso sei mit dem 24. und 31. Dezember (Heiligabend und Silvester) zu verfahren, weil an diesen Tagen vielfach überhaupt nicht oder doch nur eingeschränkt gearbeitet werde. Da der Kläger danach frühestens am 27. Dezember (Donnerstag) hätte tätig werden müssen und der Kostenvorschuss tatsächlich am 7. Januar bei der Justizkasse eingegangen war, lag keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.

Die Klagefrist war demnach eingehalten.

Bei der Beschlussanfechtungsklage ist die Einhaltung der Klagefrist von höchster Bedeutung ist und es reicht nicht aus, die Klage bloß rechtzeitig bei Gericht einzureichen. Die Fristwahrung und den weiteren Ablauf sollten Sie also nur einem spezialisierten Rechtsanwalt anvertrauen. Nach der Eigentümerversammlung sollten sich Betroffene frühzeitig beraten lassen, damit insbesondere auch zeitnah die Kostenübernahme mit dem Rechtsschutzversicherer geklärt werden kann.

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Unterhalt: Vorsicht bei Vereinbarungen zu Lasten der Sozialhilfe

Hat ein Ehegatte für das tägliche Leben nach der Scheidung weniger Geld zur Verfügung als bisher, kann ihm ein Anspruch auf Unterhalt zustehen. Der andere Ehegatte mag geltend machen, es sei nicht seine Aufgabe, ein etwa vorhandenes Defizit auszugleichen.

Wollen die geschiedenen Ehegatten nicht miteinander streiten, stellen sie sich häufig die Frage, wann der Staat helfend einspringen muss.

Ehegatten müssen sich wegen etwaiger Unterhaltsansprüche nicht streiten, auch nicht gerichtlich. Die Möglichkeiten, sich außergerichtlich zu einigen, sind aber begrenzt. Eine Vereinbarung, nach der der Ehegatte, der Unterhalt benötigt, auf seinen Unterhaltsanspruch verzichtet, um sodann vom Staat Sozialhilfe zu erhalten, ist unwirksam. Was aber gilt, wenn unklar ist, ob ein Unterhaltsanspruch besteht und die Ehegatten diese Unklarheit beseitigen, indem sie eine Vereinbarung treffen, aufgrund derer keine Zahlungen zu leisten sind?

Geklärt ist in der Rechtsprechung, dass in unklaren Situationen Vereinbarungen über den Unterhalt geschlossen werden können. Wenn dadurch aber dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widersprochen wird, müssen die geschiedenen Ehegatten damit rechnen, dass ihre Vereinbarung als unwirksam behandelt wird.

Hinweis: Es ist naheliegend, dass Ehegatten sich nicht darauf verständigen dürfen, dass das Geld vom Sozialamt zu holen sei. Allerdings muss ein Unterhaltsstreit auch nicht unerbittlich bis zum letzten Cent geführt werden, um zu vermeiden, dass Leistungen des Staates in Anspruch genommen werden müssen. In Einzelfällen kann es aber angemessen sein, das Gericht entscheiden zu lassen, um dem Vorwurf einer einvernehmlichen Regelung zu Lasten der Sozialhilfe von vornherein zu entgehen.

Quelle: OLG Frankfurt, Beschl. v. 01.04.2015 – 4 UF 373/14

Thema: Familienrecht

Rundfunkbeiträge: Vergeblicher Kampf gegen Eintrag ins Schuldnerverzeichnis

In diesem Fall des Bundesgerichtshofs (BGH) ging es um Beitragsforderungen für Rundfunkbeiträge.

Der Südwestrundfunk betrieb eine Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkgebühren. Aufgrund eines Vollstreckungsersuchens erließ der beauftragte Gerichtsvollzieher die Anordnung zur Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis.

Dieser legte dagegen Widerspruch ein. Er war der Auffassung, dass nicht die GEZ, sondern der Südwestrundfunk selbst als Gläubiger hätte bezeichnet werden müssen. Außerdem seien weitere Formfehler erfolgt. Insbesondere hätte ein grundsätzlicher Verwaltungsakt zur Beitragspflicht ergehen müssen. Schließlich musste hier der BGH entscheiden. Dieser war der Auffassung, dass alles mit rechten Dingen zugegangen war. Der Südwestrundfunk musste nicht ausdrücklich als Gläubiger bezeichnet werden. Und auch ein zusätzlicher Verwaltungsakt war nicht erforderlich.

Hinweis: Gebührenschuldner sollten also vorsichtig sein. Die Eintragung im Schuldnerverzeichnis ist bei einer Nichtzahlung der Rundfunkbeiträge durchaus möglich. Vielleicht ist es ein besserer Weg, die Zahlungen unter Vorbehalt zu leisten.

Quelle: BGH, Beschl. v. 11.06.2015 – I ZB 64/14

Thema: Verwaltungsrecht

Wohnungseigentum: Änderung von Sondernutzungsrechten durch Mehrheitsbeschluss?

In einer Wohnungseigentumsanlage werden häufig Sondernutzungsrechte für Eigentümer begründet, insbesondere an Gartenflächen oder Kfz-Stellplätzen. Diese Rechte sind in der Regel auch im Grundbuch eingetragen. Probleme können sich ergeben, wenn die Gemeinschaft sich dazu entschließt, Sondernutzungsrechte nachträglich zu ändern.

Das Amtsgericht Wuppertal (Urteil vom 15.07.2015 – 91b C 25/15) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Veränderung von Sondernutzungsrechten an Stellplatzflächen auf dem Hof ging.

Das Problem war, dass, nachdem die Stadt die Auflage erteilt, einen Rettungsweg ständig freizuhalten, ein Stellplatz faktisch nicht mehr nutzbar war. Es wurde daher ein Architekt damit beauftragt, die Stellplätze neu aufzuteilen. Eine der vorgeschlagenen Lösungen wurde in der Eigentümerversammlung besprochen und dann mehrheitlich beschlossen. Hiergegen erhoben die betroffenen Sonderungsnutzungsberechtigten die Beschlussanfechtungsklage, weil sie mit den Änderungen der im Grundbuch verankerten Rechte ohne ihre Zustimmung nicht einverstanden waren.

Das AG Wuppertal gab den Klägern Recht.

Das Gericht stützte die Entscheidung im Wesentlich darauf, dass der Gemeinschaft für die Änderung von Sondernutzungsrechten die erforderliche Beschlusskompetenz gefehlt hatte.

Nach einer grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs – der sog. „Zitterbeschluss“-Entscheidung (BGH, Beschluss vom 20. September 2000 – V ZB 58/99 –) – ist nämlich grundsätzlich zu fragen, ob die Gemeinschaft über die Angelegenheit überhaupt mit Mehrheitsbeschluss entscheiden darf. Der BGH hatte entschieden, dass die Begründung eines Sondernutzungsrechtes, welches andere Eigentümer von der Mitbenutzung ausschließt, nur durch einstimmige Entscheidung aller Wohnungseigentümer erfolgen darf. Ein hierüber ergangener bloßer Mehrheitsbeschluss ist von Anfang an nichtig und muss auch nicht mit der Beschlussanfechtungsklage angefochten werden. Er kann somit auch nicht dadurch wirksam werden, dass die einmonatige Frist für die Anfechtungsklage abläuft. Dies war früher anders gesehen worden, so dass nach derartiger Beschlussfassung die Gemeinschaft solange „zittern“ musste, bis klar war, dass niemand Anfechtungsklage erhoben hatte.

Ähnlich lag der Fall hier. Der Beschluss ging über eine bloße Benutzungsregelung, über die mit Mehrheit hätte entschieden werden können (§ 15 Abs. 2 WEG) hinaus, weil er die Grenzen und Anordnungen der einzelnen Sondernutzungsflächen veränderte. Ebenso wie ein Sondernutzungsrecht nur durch Vereinbarung, d.h. mit Zustimmung aller Eigentümer, begründet werden könne, bedürfe es auch für die beschlossene Änderung ebenfalls einer Vereinbarung. Zwar müssten in dem Fall, so das AG Wuppertal, nicht sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen, jedenfalls aber die „verlierenden“ Eigentümer, die durch den Beschluss in ihren Rechten direkt betroffen sind. Daran fehlte es.

In bestimmten Konstellationen, beispielsweise wenn Sondernutzungsteilflächen innerhalb einer Gesamtfläche verschoben werden, brauchen zwar nach der Rechtsprechung nur die jeweils Betroffenen zuzustimmen. Daraus, so stellt das AG Wuppertal aber klar, folgt nicht ein allgemeiner Grundsatz dahingehend, dass Mehrheitsbeschlüsse bei der Veränderung von Sondernutzungsrechten entgegen dem Willen der Betroffenen zulässig seien.

Es ist also dringend darauf zu achten, dass die jeweils betroffenen Eigentümer in die Entscheidung eingebunden werden und eine rechtssichere vertragliche Grundlage geschaffen wird. Um spätere Rechtsnachfolger, insbesondere Käufer, an die Vereinbarungen zu binden, sollten die Ergebnisse dann unbedingt auch in das Grundbuch eingetragen werden!

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Schadensersatz: Mieterkündigung durch vorgetäuschten Eigenbedarf kann teuer werden

Soll Wohnraum gekündigt werden, benötigt der Vermieter einen Kündigungsgrund. Wird Eigenbedarf angegeben, sollte dieser auch tatsächlich bestehen.

In dem Fall wurde eine Wohnung vermietet und einige Jahre später mit der Begründung gekündigt, dass sie für einen neuen Hausmeister benötigt werde. Nach einigen gerichtlichen Streitigkeiten schlossen Vermieter und Mieter einen Räumungsvergleich.

Darin verpflichtete sich der Vermieter, die Wohnung auf seine Kosten zu räumen und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Mieter verpflichtete sich, auf Räumungsschutzvorschriften zu verzichten. Ein ungewöhnliches Ergebnis, aber durchaus denkbar. Nun begann allerdings erst der Streit: Denn nach dem Auszug des Mieters zog nicht der angekündigte neue Hausmeister, sondern eine Familie in die Wohnung ein. Deswegen verlangte der Mieter Ersatz sowohl der Umzugs- als auch der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung entstanden sind, sowie Ersatz jener Kosten, die ihm durch den nunmehr längeren Arbeitsweg entstanden – alles in allem rund 26.000 EUR. Der Bundesgerichtshof verwies die Klage allerdings zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurück. Er urteilte, dass mit dem Räumungsvergleich keine eventuellen Schadensersatzansprüche wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs erledigt sein können.

Hinweis: Hier wird sich der Vermieter wohl darauf einstellen müssen, dass er zu zahlen hat. Und der Fall sei eine Warnung an alle Vermieter, die einen Eigenbedarf nur vortäuschen wollen.

Quelle: BGH, Urt. v. 10.06.2015 – VIII ZR 99/14
Thema: Mietrecht

Mietrecht: Haftung des Vermieters bei vorgetäuschtem Eigenbedarf

Die Eigenbedarfskündigung ist ein scharfes Schwert in der Hand des Vermieters, der sich insofern auf sein im Grundgesetz verankertes Eigentumsrecht berufen kann. Bei vernünftigem und nachvollziehbarem Nutzungswunsch hat der Mieter die Wohnung zu räumen. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Eigenbedarf auch tatsächlich besteht. Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung nochmals die Voraussetzungen präzisiert, unter denen der Vermieter haftet, wenn er den Eigenbedarf nur vorgetäuscht hat.

In dem vom BGH entschiedenen Fall (BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 – VIII ZR 99/14 –) ging es um folgende Problematik:

Der Vermieter hatte den Mietvertrag über eine Wohnung mit der Begründung gekündigt, dass diese für den neuen Hausmeister benötigt werde. Der Mieter bestritt die Wirksamkeit der Kündigung. Der Vermieter verklagte den Mieter also auf Räumung der Wohnung.

Den Prozess drohte der Mieter zu verlieren, weil das Gericht davon ausging, dass der vom Vermieter geltend gemachte Eigenbedarf tatsächlich so bestand. Die Parteien schlossen daher einen Vergleich dahingehend, dass das Mietverhältnis als beendet galt und der Mieter eine sechsmonatige Räumungsfrist bei weiterer Mietzahlung erhielt. Zudem erklärte der Mieter einen Verzicht auf sämtliche Räumungsschutzvorschriften. Im Gegenzug erhielt der Mieter das Recht, mit zweiwöchiger Ankündigungsfrist die Wohnung auch früher zu verlassen, sobald er eine neue Wohnung gefunden haben würde.

Nach dem Auszug des Mieters zog dann allerdings nicht der angekündigte neue Hausmeister in die Wohnung ein, sondern eine Familie.

Der Mieter verlangte daher Schadensersatz vom Vermieter, nämlich den Ersatz der Umzugskosten, außerdem der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung und dadurch entstanden, dass er den Weg zur Arbeit nicht mehr wie bisher zu Fuß zurücklegen könne, sowie den Ersatz der ihm entstandenen Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits. Insgesamt verlangte der Mieter Zahlung von über 25.000 €.

Der BGH entschied, dass dem Mieter in diesem Fall grundsätzlich Schadensersatz zustehen könne.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Vortäuschung von Eigenbedarf eine Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag, die den Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet (§ 280 Abs. 1 BGB). Das gilt übrigens auch für jede andere unberechtigte Kündigung.

Das Problem bestand vorliegend darin, dass der Mieter in dem Prozessvergleich auf seine Rechte verzichtet hatte.

Dies könne, so der BGH, auch zum Verlust der Schadensersatzansprüche führen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Parteien mit dem Vergleich auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die Eigenbedarfslage des Vermieters tatsächlich bestand oder nur vorgetäuscht war. Nur wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, wäre also ein Schadensersatzanspruch des Mieters nicht mehr gegeben.

An einen solchen Verzichtswillen sind nach dem BGH jedoch strenge Anforderungen zu stellen.

Wenn, wie hier, ein solcher Wille nicht ausdrücklich erklärt wird, müssen die Umstände zur Auslegung herangezogen werden. Derartige Umstände könnten bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet. So kann im Einzelfall in der Zahlung einer namhaften Abstandszahlung oder einem Verzicht auf Schönheitsreparaturen der Wille der Parteien entnommen werden, dass damit auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten sein sollen. Dies würde, so der BGH, insbesondere dann in Betracht kommen, wenn eine solche Einigung in einer Situation erheblicher Unsicherheit für beide Parteien erfolgt, also etwa in der ersten Instanz vor Durchführung einer sonst erforderlichen umfangreichen Beweisaufnahme.

Ein derart substantielles Nachgeben lag in dem vom BGH entschiedenen Fall jedoch nicht vor. Die Gewährung einer sechsmonatigen Räumungsfrist war gegenüber einer streitigen Entscheidung zuzüglich einer möglichen Räumungsfrist kein wesentlicher zeitlicher Vorteil für den Mieter. Zudem hatte der Mieter weiterhin die Miete zu zahlen sowie sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Im Ergebnis hinderte der geschlossene Prozessvergleich den Mieter also nicht daran, Schadensersatz vom Vermieter zu beanspruchen. Da im Fall allerdings noch nicht alle Tatsachen aufgeklärt waren, verwies der Bundesgerichtshof zurück an das Berufungsgericht.

Es kann für Vermieter nur davor gewarnt werden, lästige Mieter mit vorgeschobenem Eigenbedarf loswerden zu wollen. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Kündigung mit Täuschungsabsicht erfolgt war, drohen erhebliche Schadensersatzpflichten!

Thema: Mietrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Aufklärungsobliegenheit: Kein Kaskoschutzanspruch nach unerlaubtem Entfernen vom Unfallort

Entfernt sich der Versicherungsnehmer nach einem Unfall unerlaubt vom Unfallort, verletzt er seine Aufklärungspflicht – mit der Folge, dass der Kaskoversicherer nicht zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet ist.

Gegen 2:30 Uhr kam der Fahrer eines Pkw von der Fahrbahn ab und prallte mit seinem Fahrzeug gegen die Sandsteinmauer eines Hauses. Gegenüber seinem Kaskoversicherer gab er an, er hätte aufgrund einer die Straße überquerenden Katze das Steuer verrissen. Da er nachts niemanden wecken wollte, habe er sich zu seiner Wohnung begeben und sei am nächsten Morgen zu dem Grundstück zurückgegangen.

Trotz Klingelns habe ihm niemand geöffnet, so dass er einen Zettel im Briefkasten hinterlassen habe. Den an seinem Fahrzeug entstandenen Schaden verlangt er von seiner Kaskoversicherung ersetzt, die dies wegen einer Aufklärungsobliegenheitsverletzung ablehnte.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat dem Kaskoversicherer Recht gegeben. Nach den Allgemeinen Kraftfahrt-Bedingungen ist der Versicherungsnehmer gehalten, nach Eintritt des Versicherungsfalls an der Unfallstelle zu bleiben, bis die Polizei oder der Geschädigte eintreffen und die erforderlichen Feststellungen zum Unfallhergang und der Beteiligung des Versicherungsnehmers getroffen wurden. Der Pkw-Fahrer wusste, dass er die Sandsteinmauer gestreift und beschädigt hat. Dass er die Unfallstelle nicht verlassen darf, ist zudem jedem Kraftfahrer bekannt. Somit hatte er seine Aufklärungspflicht bereits verletzt, als er in der Nacht den Unfallort verließ. Dass er am nächsten Morgen beim Geschädigten geklingelt hat, ist unerheblich. Denn das Ermöglichen nachträglicher Feststellungen kann nur einen Versicherungsnehmer entlasten, der sich in erlaubter Weise vom Unfallort entfernt hat.

Hinweis: Diese Entscheidung entspricht der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung. Wie das OLG Frankfurt haben zuvor bereits das OLG Stuttgart und das OLG Naumburg entschieden, dass der Versicherungsnehmer bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort eine Aufklärungsobliegenheitsverletzung begeht.

Quelle: OLG Frankfurt, Urt. v. 02.04.2015 – 14 U 208/14
Thema: Verkehrsrecht

Amtsgericht Wuppertal zur zulässigen Nutzung von Wohnungseigentum

Jeder Wohnungseigentümer kann seine Wohnung grundsätzlich so nutzen wie es ihm beliebt. Zu beachten sind allerdings die Grenzen, die sich aus dem Gesetz, den Vereinbarungen und den Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft ergeben. Über einen Fall der Vermietung einer Eigentumswohnung hatte das AG Wuppertal kürzlich zu entscheiden.

Der beklagten Wohnungseigentümerin gehörte eine Wohnung, die aus Räumen im Erdgeschoss und im Kellergeschoss bestand. Die Fläche betrug insgesamt 143 Quadratmeter. In der Teilungserklärung war die Wohnung auszugsweise so beschrieben: „Wohnung, bestehend aus a) im Kellergeschoss: 2 Hobbyräumen, 2 Keller sowie einem Wasch- und Trockenraum und b) im Erdgeschoss: 1 Wohn- und Essraum nebst Küche, einem Kinderzimmer, einem Schlafzimmer, Flur, Bad, WC (…)“.

Die Räume im Kellergeschoss waren von dem vorherigen Eigentümer – dem Kläger – selbst zur Wohnung ausgebaut worden. Es waren dort auch Küche und Badezimmer vorhanden. Diese Räume im Kellergeschoss waren als gesonderte Wohnung von 58 Quadratmetern vom Kläger an eine Mieterin vermietet worden. Als die Beklagte die Wohnung kaufte, bestand der Mietvertrag noch.

Nachdem die Mieterin dann aus den Kellerräumen ausgezogen war, wollte die Beklagte sämtliche Räume im Erd- und Kellergeschoss neu vermieten. Aus humanitären Gründen hatte sie sich dazu entschlossen, die Wohnung einer von der Stadt Wuppertal betreuten Familie aus Afghanistan zu überlassen. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Er war der Ansicht, dass die Räume im Kellergeschoss zu Wohnzwecken nicht geeignet und die übrigen Räume im Erdgeschoss für acht Personen nicht groß genug seien.

Das AG Wuppertal (Urteil vom 1. Juli 2015 – 91b C 56/15) hat den Antrag des Klägers zurückgewiesen.

Zunächst bestand für die Sache bereits keine Eilbedürftigkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren mehr, weil die Familie aufgrund der heftigen Proteste des Klägers vor Ort die Wohnung gar nicht mehr beziehen wollten.

Das Gericht stellte allerdings fest, dass die beabsichtigte Vermietung ansonsten zulässig gewesen wäre.

Zunächst wies das Gericht auf eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluss vom 09. Februar 1994 – 2Z BR 7/94 –) hin. Dieses hatte entschieden, dass die Belegung einer Eigentumswohnung mit Aussiedlern sich im zulässigen Rahmen hält, wenn in etwa ein Richtwert von zwei Personen je Zimmer eingehalten wird und für jede mindestens 6 Jahre alte Person eine Wohnfläche von mindestens 10 qm vorhanden ist.

Das war auch vorliegend der Fall, da von einer Fläche von 143 Quadratmetern auszugehen war.

Das Gericht bewertete auch die Räume im Erdgeschoss als Teil der Wohnung. In der Teilungserklärung waren diese ausdrücklich als Bestandteil der Wohnung und nicht als bloßes „Teileigentum“, d.h. nicht zu Wohnzwecken geeignete Räume (§ 1 Abs. 3 WEG), ausgewiesen. Zudem war es jedem Eigentümer laut Teilungserklärung ausdrücklich gestattet, seine Räume nach Belieben zu nutzen und auch die innere Aufteilung zu ändern.

Sofern es sich bei den Kellerräumen allerdings um Teileigentum gehandelt hätte, wäre die dauernde Überlassung zu Wohnzwecken tatsächlich unzulässig gewesen. Kürzlich hat der Bundesgerichtshof nochmals klargerstellt, dass eine Nutzung von Nebenräumen („Hobbyräume“ u.ä.) zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken jedenfalls dann nicht gestattet ist, wenn dadurch die Anlage um eine weitere Wohneinheit vergrößert wird (BGH, Urteil vom 08. Mai 2015 – V ZR 178/14 –). Das war hier aber nicht der Fall.

Im Fall des AG Wuppertal hatte der Kläger zudem auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, indem er sich – nachdem er die Kellerräume selbst zur Wohnung ausgebaut und vermietet hatte – nun darauf berief, dass diese Räume zu Wohnzwecken angeblich ungeeignet wären.

Es sei hier abschließend jedoch darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Urteil um eine Einzelfallentscheidung handelt, die sich nicht ohne weiteres auf ähnliche Fälle übertragen lässt. Insbesondere kommt es immer darauf an, wie die Räume in den Aufteilungsplänen und in der Teilungserklärung bezeichnet sind und welche Zweckbestimmung vorliegt. Es existiert eine umfangreiche Rechtsprechung zu den verschiedensten Fallkonstellationen. Nicht nur bei Wohnnutzung, sondern vor allem auch bei gewerblichen Räumlichkeiten muss genau geprüft werden, ob die beabsichtigte Nutzung zulässig ist. Beispielsweise darf ein „Laden“ nicht unbedingt auch für Gastronomie (Pizza- und Döner-Laden mit Ausschank) genutzt werden wie im vergangenen Jahr das Amtsgericht München entschieden hat (AG München, Urteil vom 26. Juni 2014 – 483 C 2983/14 WEG). Es kann daher nur dringend empfohlen werden, dass sich Betroffene vor einer beabsichtigten Nutzungsänderung oder auch zur Abwehr störender Nutzungen von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen.

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Rückzahlungsvereinbarung: Vorsicht bei arbeitgeberfinanzierten Bildungsmaßnahmen

Immer mehr Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter auf teure Fortbildungen. Diese Investition möchten sich die Arbeitgeber verständlicherweise erstatten lassen, sobald der Arbeitnehmer kurz nach Beendigung der Fortbildung kündigt. Ganz so einfach ist das jedoch nicht immer.

In dem Fall geht ging es um ein praxisorientiertes duales Studium mit Bachelor-Abschluss. Die Studienbeiträge von 9.000 EUR sollte die Arbeitgeberin zahlen. Während der Studienzeit von sechs Semestern sollten Praxisphasen im Betrieb der Arbeitgeberinnen erfolgen. Die Parteien schlossen vor Beginn des Studiums einen Vertrag mit einer Rückzahlungsklausel. Der Studierende hatte sich darin verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Studienbeiträge sowie 50 % der Vergütung zu erstatten, wenn er ein ihm angebotenes Anstellungsverhältnis nicht antritt oder vor Ablauf von drei Jahren das Angestelltenverhältnis aufkündigt. Die maximalen Rückzahlungsverpflichtungen wurden dabei auf 26.280 EUR beschränkt. Als ihm sodann ein Arbeitsverhältnis nach Abschluss des Studiums angeboten wurde, schlug er dieses aus und der Arbeitgeber verlangte das Geld. Völlig zu Recht, wie das Arbeitsgericht Gießen feststellte. Denn die Klausel war weder überraschend noch unklar oder unangemessen.

Hinweis: Eine solche Rückzahlungsvereinbarung rechtssicher abzuschließen, ist sicherlich nicht ganz einfach. Hier ist es dem Arbeitgeber gelungen – nun muss der ehemalige Student zahlen.

Quelle: ArbG Gießen, Urt. v. 03.02.2015 – 9 Ca 180/14
Thema: Arbeitsrecht