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Autor: Knofy68

Kindesunterhalt: Vormals nicht leistungsfähige Unterhaltszahler sind rückwirkend belangbar

Unterhaltsansprüche müssen stets geltend gemacht werden – andernfalls ist kein Unterhalt zu zahlen. Das gilt auch dann, wenn die öffentliche Hand den Unterhaltsanspruch geltend macht. Dabei sind Besonderheiten zu beachten.

Trennt sich ein Ehepaar und verlässt einer der Ehegatten die Familie, muss er für den anderen und die gemeinsamen Kinder normalerweise Unterhalt leisten. Diejenigen, denen der Unterhalt zusteht, müssen ihn aber ausdrücklich verlangen. Erst ab diesem Zeitpunkt muss er gezahlt werden. Trennen sich die Ehegatten also beispielsweise im Januar, wird aber erst im Mai zur Unterhaltszahlung aufgefordert, ist auch erst ab Mai Unterhalt zu zahlen.

Anders ist es, wenn die öffentliche Hand eingeschaltet wird. Werden zum Beispiel Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Kinder in Anspruch genommen und meldet sich daraufhin die Unterhaltsvorschusskasse mit einer sogenannten Rechtswahrungsanzeige bei dem zahlungspflichtigen Elternteil, hat diese Anzeige durchaus Rückwirkung. Wenn die öffentliche Hand ab Januar Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbracht hat und die Rechtswahrungsanzeige im Mai eingeht, kann daher auch für die Zeit ab Januar Unterhalt erstattet verlangt werden.

Dies gilt auch dann, wenn ein arbeistloser Unterhaltspflichtiger zunächst keinen Unterhalt zahlen muss, er später aber eine Arbeitsstelle findet und dies der Unterhaltsvorschusskasse erst noch später bekannt wird. Abzustellen ist auch hier immer auf den Zeitpunkt der Zustellung der Rechtswahrungsanzeige.

Hinweis: Da der Unterhalt monatlich geschuldet wird, wachsen Rückstände auch dann schnell zu großen Summen, wenn der monatliche Betrag nur gering ist. Es ist wichtig, die Unterhaltsregelungen immer auf dem Laufenden zu halten. Sonst kann es nach Ablauf größerer Zeiträume zu bösen Überraschungen kommen.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 17.03.2015 – II-2 UF 226/14

Thema: Familienrecht

Trotz Unterbrechung: Unterhalt auch bei früher Mutterschaft während der Ausbildung

Klassischerweise müssen Eltern für ihre Kinder aufkommen bis diese eine ihren Fähig- und Fertigkeiten entsprechende Ausbildung abgeschlossen haben. Kinder haben Anspruch auf diesen sogenannten Ausbildungsunterhalt. Der Ausbildungsweg der Kinder kann mitunter holprig verlaufen. Fraglich ist, inwieweit Eltern das hinnehmen und weiterhin Unterhalt zahlen müssen.

Eine der Abweichungen von der idealen Gerade zu einer abgeschlossenen Ausbildung, ist, dass das Kind selbst ein Kind bekommt. Aber müssen Eltern ihrem in der Ausbildung befindlichen Kind, das diese folglich unterbrechen wird, weiter Unterhalt zahlen? Ja, so der Bundesgerichtshof – zumindest während der ersten drei Lebensjahre des Enkelkindes. In dieser Zeit habe die junge Mutter das Recht, die Ausbildung zu unterbrechen.

Und was gilt, wenn weitere Kinder folgen? Das Oberlandesgericht Jena bekam einen Fall vorgelegt, in dem eine junge Frau wegen der Geburt eines Kindes ihre Ausbildung unterbrach, dann insgesamt fünf Kinder zur Welt brachte, bevor sie nach sieben Jahren Unterbrechung der Ausbildung wieder einstieg – und die Eltern auf Unterhalt in Anspruch nahm.

Das Gericht entschied hier nicht abschließend, kam aber tendenziell zu der Ansicht, dass es darauf ankommt, die Ausbildung nicht mehr als je drei Jahre nach Geburt eines Kindes zu unterbrechen. Kommen aber mehrere Kinder zur Welt und reihen sich somit Jahre aneinander, hätten die Eltern das hinzunehmen – und also auch zu zahlen.

Hinweis: Die Einzelheiten sind für diese Fallkonstellation noch ungeklärt. Es empfiehlt sich deshalb für jeden, der in eine solche Situation gerät, fachkundigen Rat in Anspruch zu nehmen.

Quelle: OLG Jena, Beschl. v. 11.02.2015 – 1 WF 35/15

Thema: Familienrecht

Altersdiskriminierende Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam

Ist bei einer Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.


Die am 20. Januar 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit dem 16. Dezember 1991 als Arzthelferin beschäftigt. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt überwiegend im Labor eingesetzt. Die Gesellschafter der Beklagten kündigten ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. Mai 2013 zum 31. Dezember 2013 wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt. 

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Beklagten sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 % der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Kündigung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und ist deshalb unwirksam. Die Beklagte hat keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht, kann noch nicht festgestellt werden. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Zu: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 37/15

Rainer Tschersich – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rauchverbot in Gaststätten und E-Zigarette

Das Rauchverbot in Gaststätten stellt nach der Rechtsprechung eine zulässige Einschränkung der Gewerbefreiheit dar. Nach Aufkommen der E-Zigarette herrschte Rechtsunsicherheit darüber, ob das Rauchverbot in Gaststätten nach den jeweiligen Nichtraucherschutzgesetzen der Länder auch den Konsum einer E-Zigarette umfasst.

Für das Land Nordrhein-Westfalen ist die Frage nun geklärt. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit Urteil vom 04. November 2014 (Aktenzeichen: 4 A 775/14) nunmehr festgestellt, dass das nordrheinwestfälische Nichtraucherschutzgesetz nicht für E-Zigaretten gilt. Der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts lag der folgende Fall zugrunde:

Die Stadt Köln hatte einen Gaststättenbetreiber, der den Konsum von E-Zigaretten in seiner Gaststätte geduldet hatte, Ordnungsmaßnahmen angedroht. Die Stadt war der Auffassung, dass das Rauchverbot des Nichtraucherschutzgesetzes NRW in Gaststätten nicht nur den Konsum von Tabakwaren sondern auch denjenigen von E-Zigaretten umfasst. Dagegen erhob der betroffene Gastwirt Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln und begehrte die Feststellung, dass das Nichtraucherschutzgesetz NRW den Konsum von E-Zigaretten nicht untersage. Die Klage des Gastwirts hatte sowohl vor dem Verwaltungsgericht Köln als auch in zweiter Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht Münster Erfolg.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in seinem Urteil vom 04. November 2014 zum einen darauf abgestellt, dass das Nichtraucherschutzgesetz in NRW die E-Zigarette weder ausdrücklich noch unter Rückgriff auf den Begriff des „Rauchens“ oder „Rauchverbots“ erfasse. Rauchen setze nämlich einen Verbrennungsvorgang voraus, woran es bei der Anwendung der E-Zigarette fehle. Anders als bei herkömmlichen Tabakwaren oder sogar Wasserpfeifen finde bei dem Konsum von E-Zigaretten kein Verbrennungsvorgang sondern eine Verdampfung statt, was einen erheblichen Unterscheid darstelle. Außerdem gelte das Nichtraucherschutzgesetz nur für Tabakwaren, die im Falle von E-Zigaretten zumindest im Rechtssinne nicht vorlägen. Bei der Auslegung des Begriffs „Tabakprodukte“ müsse in Anlehnung an die Vorschrift des § 3 des Vorläufigen Tabakgesetzes zwischen den Begriffen Nikotin und Tabak unterschieden werden. Danach sind Tabakerzeugnisse nur aus Rohtabak oder unter Verwendung von Rohtabak hergestellte Erzeugnisse, die zum Rauchen, Kauen oder zum Schnupfen bestimmt sind. Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Münster zielt das Rauchverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nichtraucherschutzgesetz zu dem ausschließlich darauf ab, den Konsum von Tabakprodukten zu unterbinden und dadurch die Gesundheit von Nichtrauchern vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen. Der Konsum von E-Zigaretten begründe derartige Gefahren jedoch nicht. Bei dem Gebrauch der E-Zigarette entstehe nämlich kein Zigarettenrauch, sondern nur Dampf. Mangels Verbrennungsprozesses finde eine Freisetzung der zahlreichen schädlichen Stoffe, die sich im Zigarettenrauch befinden, nicht statt.

Daher gilt, dass solange das Nichtraucherschutzgesetz NRW das Rauchverbot nicht ausdrücklich auch auf die E-Zigaretten ausgedehnt, in nordrheinwestfälischen Gaststätten weiter Dampf konsumiert werden darf.

Die rechtliche Einordnung der E-Zigarette dürfte allerdings auch nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts in mancher Hinsicht umstritten bleiben und die Gerichte in der einen oder anderen Fallgestaltung beschäftigen. Grund hierfür dürfte vor allem sein, dass es noch keine hinreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Gefahren und Risiken, die mit dem Konsum von E-Zigaretten verbunden sind, vorliegen. So gibt es auf Bundes- und Landesebene zahlreiche Stimmen, die die Auffassung vertreten, dass es sich bei E-Zigaretten um zulassungspflichtige Arzneimittel handelt, die zugleich dem Nichtraucherschutzrecht unterfallen. Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings mit Urteil vom 22. November 2014 (3 C 25/13) die Einordnung von E-Zigaretten als Arzneimittel oder Medizinprodukt abgelehnt. Geklagt hatte der Inhaber eines Wuppertaler Ladengeschäftes für E-Zigaretten und Zubehör, dem die Stadt den Vertrieb nikotinhaltiger Liquids mit der Begründung untersagte, es handele sich hierbei um Arzneimittel, die wegen Fehlens der erforderlichen Zulassung nicht verkehrsfähig seien. Das Bundesverwaltungsgericht sah die nikotinhaltigen Liquides dagegen nicht als Arzneimittel an, da die Liquids weder als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten präsentiert wurden, noch erfüllten sie die Funktion eines Arzneimittels. Ein Nutzen der E-Zigarette als Hilfsmittel für eine dauerhafte Rauch- und Nikotinentwöhnung lasse sich wissenschaftlich nicht belegen.

Im Mai 2016 soll allerdings die neue EU-Tabakrichtlinie in Kraft treten, die die E-Zigarette in ihre Regelungen einbezieht. Danach bleiben die Liquids weiterhin frei verkäuflich, d.h. sie unterliegen nicht der Apothekenpflicht. Die Nikotinkonzentration von 20 mg/ml darf nicht überschritten werden, wobei die Aromastoffe in den Liquids erlaubt bleiben. Eine therapeutische Wirkung darf nicht versprochen werden und die Verpackungen sind mit Warnhinweisen zu versehen. Für den Verbraucher ändert sich daher auch nach Inkrafttreten der neuen EU-Tabakrichtlinie nichts, da die E-Zigarette nicht apothekenpflichtig wird.

Gesetzgeberpflicht: Verwaltungsbestimmte Altersgrenzen in NRW verfassungswidrig

Wieder einmal ist eine Altersgrenze im öffentlichen Dienst durch ein Gericht gekippt worden.

Zwei angestellte Lehrerinnen stellten Anträge auf Übernahme in das Beamtenverhältnis. Diese wurden abgelehnt, da sie die nach der maßgeblichen Laufbahnverordnung geltende Altersgrenze bereits überschritten hatten: Sie waren bereits mehr als 40 Jahre alt. Gegen die Entscheidungen legten sie Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein.

Beiden Verfassungsbeschwerden gab das BVerfG statt. Denn das nordrhein-westfälische Landesbeamtengesetz ist nach seinem Wortlaut keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen. Der Gesetzgeber ist nämlich verpflichtet, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und nicht einfach der Verwaltung zu überlassen. Und im Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen war nicht erkennbar, dass sich der Gesetzgeber über die Einführung von Höchstaltersgrenzen und ihre grundrechtliche Relevanz überhaupt Gedanken gemacht hatte.

Hinweis: Grundsätzlich sind Altersgrenzen für eine Einstellung durchaus zulässig, denn sie bezwecken, dass ein vernünftiges und angemessenes Verhältnis zwischen Dienst- und Ruhestandszeit möglich ist – wichtig für die Finanzierbarkeit des beamtenrechtlichen Versorgungssystems.

Quelle: BVerfG, Beschl. v. 21.04.2015 – 2 BvR 1322/12 und 2 BvR 1989/12

Thema: Arbeitsrecht

Verkehrssicherungspflicht: Querschnittslähmung nach verbotenem Kopfsprung in Baggersee

In dem einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG) zugrundeliegenden Fall ging es um einen tragischen Badeunfall und die Frage, ob dafür jemand verantwortlich gemacht werden kann.

Eine Stadt war Eigentümerin eines Baggersees. Auf insgesamt fünf Warnschildern wies sie darauf hin, dass das Baden in dem See verboten war. Trotzdem badeten dort immer wieder Personen. Einem 22-jährigen Mann wurde das zum Verhängnis. Er lief zum Ufer und sprang kopfüber ins Wasser. Da der See an der Stelle nicht tief genug war, verletzte er sich schwer und erlitt eine Querschnittslähmung. Von der Stadt verlangte er Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 EUR. Das Geld erhielt er allerdings nicht, da die Stadt keine Verkehrssicherungspflicht verletzt hatte. Vor allem war sie nicht verpflichtet, zusätzlich zu den Warnschildern weitere Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Das wilde Baden im See fand stets auf eigene Gefahr der Badenden statt.

Hinweis: Das OLG wies sogar darauf hin, dass es von vornherein auf der Hand lag, dass der Kopfsprung gefährlich war. Niemals sollte man in ein unbekanntes Gewässer springen – erst recht nicht mit einem Kopfsprung.

Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 07.10.2014 – 6 U 140/14

Güterrecht: Sonderstellung einer Lebensversicherung bei Scheidung

Bei der Scheidung werden alle Vermögenspositionen der Ehegatten zusammengestellt. Hat ein Ehegatte in der Ehezeit mehr Vermögen erwirtschaftet als der andere, muss er ihm die Hälfte des Mehrbetrags erstatten. Das nennt sich Zugewinnausgleich.

Besonderheiten können sich ergeben, wenn sich unter den Vermögenspositionen Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag befinden und der Versicherte noch vor Abschluss der güterrechtlichen Auseinandersetzung verstirbt. Erbt dann nämlich nicht der Ehegatte – zum Beispiel weil der Verstorbene ein Testament errichtet hatte -, setzt sich die güterrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem überlebenden Ehegatten und den entsprechenden Erben des Verstorbenen fort. In dieser Konstellation ist besonders darauf zu achten, wer im Lebensversicherungsvertrag als Begünstigter ausgewiesen ist. Hatte der Verstorbene in den „guten Zeiten“ den anderen Ehegatten als Begünstigten bestimmt, besteht unter Umständen trotz Trennung, laufendem Scheidungsverfahren oder sogar nach der Scheidung Anspruch darauf, dass die durch den Tod fällig gewordene Versicherungssumme an den überlebenden Ehegatten ausbezahlt wird. Daran lässt sich nichts ändern, wenn der verstorbene Ehegatte es unterlassen hatte, seine Bestimmungen im Versicherungsvertrag entsprechend zu ändern. Aus den Gesichtspunkten von Treu und Glauben heraus wird diese Vermögensposition dann aber nicht nochmals in der güterrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt, sondern bleibt dort unbeachtet.

Hinweis: Es ist allgemein üblich, den Ehegatten für den Fall des eigenen Todes als Bezugsberechtigten der Lebensversicherungsgesellschaft gegenüber anzugeben. Wichtig ist, diese Bestimmung im Fall einer Trennung zu ändern, wenn sie so nicht mehr gewünscht ist. Ebenso wichtig ist es, sich als Folge einer Trennung darüber Gedanken zu machen, welche letztwilligen Verfügungen gegebenenfalls zu treffen sind, zum Beispiel durch ein Testament.

Quelle: OLG Hamburg, Beschl. v. 20.10.2014 – 2 UF 70/12

Thema: Familienrecht

MRSA-Keime: Beweislast für Hygienemängel in der Klinik trägt im Zweifel der Patient

Von Hygienemängeln in Krankenhäusern liest man immer wieder. Wer muss im Fall eines Schadens aber was beweisen? Darüber hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) in einem interessanten Fall entschieden.

Eine Patientin wurde operiert und erhielt einen Katheter. Die Stelle, an der der Katheter eingesetzt war, entzündete sich, woraufhin die Patientin erneut operiert werden musste. Im Anschluss dieser OP wurde festgestellt, dass es sich um eine MRSA-Infektion handelte. Für gesunde Menschen sind MRSA-Bakterien harmlos. Ist die Abwehrkraft jedoch geschwächt, kann es zu einer schweren Erkrankung kommen. Infektionen mit MRSA sind deshalb vor allem in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen ein bekanntes Problem.

Die Patientin verlangte nun 30.000 EUR Schmerzensgeld. Sie behauptete, der Katheter und die Einstichstelle seien nicht hygienisch einwandfrei gepflegt und versorgt gewesen. Während ihres Krankenhausaufenthalts sei es zudem zu mindestens vier weiteren MRSA-Infektionen gekommen. Das OLG wies die Klage jedoch ab, da die Patientin die beanstandete Hygiene nicht hatte beweisen können. Die entscheidende Begründung: Die Frau hätte auch selbst Träger von MRSA-Keimen sein können, woraufhin nicht zwangsläufig ein Hygienemangel seitens des Personals der Auslöser dieser Infektion gewesen sein muss.

Hinweis: Es ist besonders ärgerlich, wenn sich ein Patient in einem Krankenhaus eine weitere Infektion einhandelt. Umso wichtiger ist es, dass die Hygienemaßnahmen von allen Beteiligten beachtet werden.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 14.04.2015 – 26 U 125/13

Thema: Medizinrecht

Mietspiegel-Urteil: Nicht nur für Berliner Mieter und Vermieter wichtig

Die meisten Mieterhöhungen werden unter Zugrundelegung eines Mietspiegels berechnet. Was aber, wenn der Mietspiegel gar nicht ordnungsgemäß entstanden ist?

Mieter eines Berliner Hauses sollten die Zustimmung zur Erhöhung ihrer monatlichen Kaltmiete erklären. Dem Mieterhöhungsverlangen beigefügt waren

  • die wohnungsbezogene Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Onlinerechner der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin,
  • die Berechnung der Kappungsgrenze sowie
  • ein Gutachten.

Auf Grundlage des Gutachtens hatte der Vermieter die nun geforderte Miete festgesetzt. Als die Mieter sich weigerten, der Mieterhöhung zuzustimmen, zog der Vermieter vor Gericht. Das Amtsgericht Charlottenburg entschied, dass der zugrunde gelegte Berliner Mietspiegel aus dem Jahr 2013 nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden war. Ihm kam daher weder eine sogenannte gesetzliche Vermutungswirkung zu noch konnte er als sogenannter einfacher Mietspiegel verwendet werden. Trotzdem hatten die Mieter Pech. Denn durch die Einholung eines weiteren Gutachtens wurde offensichtlich, dass sowohl das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters begründet als auch die geforderte Miete angemessen war.

Hinweis: Der Berliner Mietspiegel 2013 ist also nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden. Auch eine „Umdeutung“ in einen einfachen Mietspiegel ist nicht möglich. Das hat nicht nur Auswirkungen auf Berliner Mieter, auch in anderen Städten sollten die Mietspiegel geprüft werden. Das Urteil zeigt außerdem, dass Vermieter zur Begründung einer Mieterhöhung nicht nur auf Mietspiegel, sondern auch auf Sachverständigengutachten zurückgreifen können.

Quelle: AG Charlottenburg, Urt. v. 11.05.2015 – 235 C 133/13

Thema: Mietrecht

Nachweispflicht: Kein Schadensersatz bei überlagernden Vorschäden ohne Reparaturbeweise

Bei massiven, den Schaden überlagernden Vorschäden muss der Geschädigte nicht nur den Umfang der Vorschäden im Einzelnen darlegen, sondern auch spezifiziert vortragen, welche Reparaturmaßnahmen durchgeführt worden sind.

Nach einem unverschuldeten Unfall macht der Halter eines Pkw gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners Schadensersatzansprüche geltend. Bei dem Unfall wurden die Seitenwand, der Stoßfänger und die Achse hinten links sowie die Front beschädigt. In diesem Bereich befanden sich bereits Vorschäden durch Unfälle, die sich ein bzw. zwei Jahre vorher ereignet hatten. Aufgrund dieser Vorschäden und der Tatsache, dass der Geschädigte die Reparatur nicht nachweisen konnte, lehnte die Haftpflichtversicherung die Zahlung von Schadensersatz ab.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu Recht: Der Geschädigte hat die vollständige und ordnungsgemäße Behebung der Vorschäden mit der sogenannten Schadensüberlagerung nicht hinreichend bzw. in nicht zulässiger Weise dargelegt. Er hatte zwar Bilder vorgelegt, aus denen sich ergeben sollte, dass er sein Fahrzeug nach den beiden Vorfällen repariert hatte. Diese Lichtbilder stellen laut Gericht jedoch keinen tauglichen Nachweis dar und ersetzen nicht den erforderlichen Vortrag zu den durchgeführten Reparaturen. Ferner konnte er keine konkreten Angaben dazu machen, wann und unter welchen Umständen die Reparaturen durchgeführt worden sein sollen. Anhand der Fotos könne lediglich festgestellt werden, dass sich das Fahrzeug wieder in einem optisch einwandfreien Zustand befindet – sie lassen allerdings offen, ob die Beschädigungen fachgerecht und vollständig beseitigt wurden.

Hinweis: Hat das Fahrzeug des Geschädigten bereits deckungsgleiche Vorschäden, obliegt es ihm, den Verlauf der zu den Vorschäden führenden Unfälle und die hierdurch jeweils eingetretenen Schäden konkret und im Einzelfall zu benennen sowie den Reparaturweg und -umfang darzulegen. Dieser Nachweis gelingt am einfachsten durch Vorlage der Reparaturrechnungen oder des Gutachtens eines Sachverständigen, der die vollständige und fachgerechte Reparatur des Fahrzeugs bestätigt.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.02.2015 – I-1 U 32/14