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Schlagwort: Betriebsrat

„Dass“ ohne „warum“ genügt: In sechsmonatiger Probezeit reicht arbeitgeberseitiger Kündigungsentschluss ohne Begründung aus

Die ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses bestehen oft aus einer Probezeit, die zeitlich mit der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zusammenfällt. Erst nach sechs Monaten findet dieses Anwendung, und erst dann benötigt der Arbeitgeber auch einen Grund, zu kündigen. Im folgenden Fall waren sich Arbeitgeberin und Arbeitnehmer uneinig, welche Voraussetzungen für eine Kündigung dennoch bestehen – das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) war gefragt.

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Missachtete Mitbestimmung: Verstoß durch Arbeitgeberin begründet kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats

Wer das Mitbestimmungsrecht seines Betriebsrats missachtet, sieht seinen betrieblichen Personalplanungen schnell Grenzen aufgezeigt. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) wurde um die Ersetzung einer – nach einem Verstoß – verweigerten Zustimmung gebeten und behielt dabei auch das Interesse des Arbeitnehmers im Auge, dessen begehrte Versetzung auf dem Spiel stand.

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Arbeitszeitbetrug: Arbeitsgericht ersetzt Betriebsratszustimmung zur Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden

Einem Mitglied des Betriebsrats zu kündigen, ist zwar weitaus schwieriger als bei üblichen Arbeitnehmern, unmöglich ist dies aber bei weitem nicht. Und auch als Betriebsratsvorsitzender ist man vor einer Kündigung nicht gefeit, wenn man grundlegende Pflichten verletzt hat. Zur Not muss eine verwehrte, aber hierbei stets notwendige Zustimmung des Gremiums zur Kündigung gerichtlich ersetzt werden – so wie im folgenden Fall durch das Arbeitsgericht Lüneburg (ArbG).

Ein Betriebsratsvorsitzender eines bekannten Logistikunternehmens war mit anderen Betriebsratsmitgliedern gemeinsam auf Kosten des Arbeitgebers zum Deutschen Betriebsrätetag nach Bonn gereist. Er nahm jedoch nur am ersten Veranstaltungstag teil. Dann fuhr er aus privaten Gründen nach Düsseldorf. In seinem Arbeitszeitnachweis gab er trotzdem an, Betriebsratsarbeit geleistet zu haben. Er behauptete letztendlich, tatsächlich für den Betriebsrat während der Abwesenheitszeiten tätig gewesen zu sein. Der Arbeitgeber benötigte für die Kündigung des Betriebsratsmitglieds nun die Zustimmung des Gremiums – die er aber nicht bekam. Daher beantragte er, die Zustimmung durch das ArbG ersetzen zu lassen. Bereits das Verlassen des Betriebsrätetags sei eine schwerwiegende Pflichtverletzung durch den Betriebsratsvorsitzenden gewesen. Darüber hinaus bestand der dringende Verdacht, dass er in seinem Arbeitszeitnachweis bewusst falsche Angaben gemacht hatte.

Dem ArbG erging es schließlich wie dem Arbeitgeber – es glaubte der Aussage des Betriebsratsvorsitzenden nicht, er habe in der fraglichen Zeit andere Betriebsratsarbeit erledigt. Das Gericht ersetzte daher die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung. Nach Rechtskraft dieser Entscheidung kann der Arbeitgeber die Kündigung nun aussprechen.

Hinweis: Mitglieder des Betriebsrats sind eben gerade nicht unkündbar. Nur die ordentliche Kündigung ist für eine gewisse Zeit ausgeschlossen.

Quelle: ArbG Lüneburg, Beschl. v. 05.04.2023 – 2 BV 9/22

Keine Diskriminierung: Geringere Abfindungen für ältere Arbeitnehmer können rechtens sein

Arbeitnehmer dürfen nicht der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität wegen benachteiligt werden. Ob älteren Arbeitnehmern bei betriebsbedingten Kündigungen über einen Sozialplan unter Umständen eine niedrigere Abfindung zustehen kann als jüngeren Kollegen, oder ob es sich hierbei um eine Diskriminierung handelt, musste das Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG) klären.

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Softwareumstellung: Gesamtbetriebsrat ist für unternehmenseinheitliche EDV zuständig

Unternehmen können aus mehreren Betrieben bestehen. In jedem Betrieb gibt es einen Betriebsrat, und für das gesamte Unternehmen ist dann der Gesamtbetriebsrat zuständig. Im Folgenden musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) auseinanderhalten, welcher Betriebsrat im Fall von unternehmensweiten Softwareaktualisierungen das letzte Wort hat.

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Mündlich zählt nicht: Zusagen zu höheren Sozialplanabfindungen müssen unbedingt schriftlich fixiert werden

Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber werden fast immer in Form einer schriftlichen Betriebsvereinbarung getroffen. Dass diese Schriftform für den Ernst- bzw. Streitfall unumgänglich ist, zeigt der folgende Fall, den das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) zu entscheiden hatte.

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Zustimmungsersetzungsverfahren: Arbeitsgericht lehnt Kündigung von Betriebsratsvorsitzender nach Versehen bei Arbeitszeitnachweis ab

Mitglieder des Betriebsrats sind vor Kündigungen besonders geschützt. Denn der Betriebsrat selbst muss einer solchen Kündigung zustimmen. Wird eine solche Zustimmung verweigert, kann sie gerichtlich ersetzt werden, was das beauftragte Arbeitsgericht Gera (ArbG) im folgenden Fall jedoch nicht für nötig erachtete.

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Unwirksame Betriebsratswahl: Keine Briefwahlpflicht für unmittelbar an umzäuntes Werksgelände angrenzende Betriebsstätten

Dass auch bei großen Industrieunternehmen eine Betriebsratswahl in die Hose gehen kann, mag die einen trösten und andere entrüsten. Doch das Urteil des mit dem folgenden Fall betrauten Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist durchaus beispielhaft, sollte einmal mehr die Frage anstehen, was „räumlich weit vom Hauptbetrieb“ bedeutet, wenn ein Betriebsrat aufgrund der Entfernung Briefwahl anordnen möchte.

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Rassistische Äußerungen: Wer Kollegen und Kunden im Kaufhaus mit internationalem Publikum rassistisch herabwürdigt, fliegt

Selbstverständlich liegt es in der Natur der (menschlichen) Sache, dass Vorgesetzte innerhalb der Belegschaft nicht unbedingt zu den beliebtesten Kollegen zählen. Doch Beleidigungen müssen auch Vorgesetzte nicht hinnehmen. Wie schnell es zur Kündigung kommen kann, wenn zudem auch noch die Kundschaft mit herabwürdigenden Bezeichnungen zu rechnen hat, zeigt dieser Fall des Arbeitsgerichts Berlin (ArbG).

Es ging um eine Verkäuferin, die auch stellvertretendes Mitglied des Betriebsrats war und in einem bekannten Berliner Kaufhaus mit internationalem Publikum arbeitete. Die Verkäuferin hatte zu einer Kollegin gesagt: „Heute muss ich darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming-Vase.“ Als ihr Gegenüber diese Anspielung nicht verstand, zog sie ihre Augen mit den Fingern nach hinten, um eine asiatische Augenform zu imitieren. Die Arbeitgeberin hörte die Arbeitnehmerin dann zu dem Vorfall an, und diese gab an, dass sie das Imitieren der asiatischen Augenform vorgenommen habe, um das Wort „Schlitzauge“ zu vermeiden. Und bei „schwarzen Menschen/Kunden“ verwende sie den Begriff „Herr Boateng“, weil sie diesen toll finde. Als die Arbeitgeberin daraufhin die Kündigung aussprechen wollte, benötigte sie dazu jedoch zunächst die Zustimmung des Betriebsrats. Als dieser seine Zustimmung verweigerte, zog die Arbeitgeberin erfolgreich vor Gericht und ließ die Zustimmung ersetzen.

In der Gesamtbetrachtung lag auch in Augen des ArbG eine rassistische Äußerung vor – und damit auch die Pflichtverletzung zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses als Arbeitgeberin. Die Vorgesetzte wurde herabgewürdigt. Außerdem war für es das Kaufhaus von internationalem Renommee nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin als Aushängeschild des Unternehmens im täglichen Kontakt mit internationalem Publikum dieses wahlweise als Ming-Vase, Herr Boateng oder mit sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichne.

Hinweis: Stets hat der Arbeitgeber die gegenseitigen Interessen abzuwägen. Bei Weitem kommt zwar nicht immer eine Kündigung in Betracht – doch bei diskriminierenden und rassistischen Äußerungen ist in aller Regel nicht einmal eine Abmahnung erforderlich.
 
Quelle: ArbG Berlin, Beschl. v. 05.05.2021 – 55 BV 2053/21

Thema: Arbeitsrecht

Voller Lohnanspruch: Einseitig angeordnete Kurzarbeit setzt entsprechende Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag voraus

Auch in den aktuell vorherrschenden Krisenzeiten sind Arbeitgeber dringend angehalten, ihre Pläne zur Kurzarbeit akkurat umzusetzen. Denn was passiert, wenn Arbeitnehmer gegen ihren Willen und ohne entsprechende betriebliche Regelungen in eine solche versetzt werden, sieht man an dem folgenden Fall des Arbeitsgerichts Siegburg (ArbG).

Ein Arbeitnehmer war als Omnibusfahrer mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.100 EUR beschäftigt. Dann teilte ihm seine Arbeitgeberin mit, dass Kurzarbeit angemeldet werden müsse. Eine Vereinbarung über die Kurzarbeit gab es mit dem Omnibusfahrer ebenso wenig wie eine Betriebsvereinbarung, da es im Betrieb gar keinen Betriebsrat gab. Der Omnibusfahrer war mit der Kurzarbeit nicht einverstanden, und obwohl er der Arbeitgeberin seine Arbeitsleistung anbot, kürzte sie trotzdem einen Teil seines Gehalts. Die Zahlung betitelte sie in der Abrechnung als „Kurzarbeitergeld“. Daraufhin zog der Arbeitnehmer vor das ArbG und verlangte die Zahlung seines vollen Gehalts.

Das ArbG hat der Klage stattgegeben. Ein Arbeitgeber darf einseitig Kurzarbeit nur dann anordnen, wenn dies individualvertraglich durch Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag zulässig ist. Bei einer Anordnung ohne rechtliche Grundlage besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, und Arbeitnehmer behalten ihren vollen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber wegen eines Annahmeverzugs des Arbeitgebers.

Hinweis: Kurzarbeit muss rechtssicher eingeführt werden. Das geht durch eine arbeitsvertragliche Regelung, eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat oder durch einen Tarifvertrag.

Quelle: ArbG Siegburg, Urt. v. 11.11.2020 – 4 Ca 1240/20

Thema: Arbeitsrecht
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