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Schlagwort: Bindungswirkung

Gemeinschaftliche Errichtung entscheidend: Gemeinschaftliches Testament kann auch aus mehreren Urkunden bestehen

Gemeinschaftliche Testamente von Eheleuten haben allein deshalb eine sondere Bedeutung, weil sie bei einer wechselbezüglichen Verfügung durch ihre Bindungswirkung nach Tod des Erstversterbenden nicht mehr abgeändert werden können. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) hatte im Folgenden in einem Erbfall die Frage zu klären, ob es sich bei insgesamt drei Urkunden überhaupt noch um ein gemeinschaftliches Testament der betreffenden Eheleute gehandelt haben kann.

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Gutachten verlangt: Strafgerichtliches Urteil zur Fahreignung entfaltet keine Bindungswirkung für Fahrerlaubnisbehörde

Wird im Strafverfahren die Fahreignung nicht eigenständig geprüft und bejaht, hat ein Gericht keine Grundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis. Ob ein derartiges strafgerichtliches Urteil für die Fahrerlaubnisbehörde zur Frage der Fahreignung keine Bindungswirkung entfaltet und sie dennoch ein medizinisch-psychologisches Gutachten verlangen darf, musste das Verwaltungsgericht Koblenz (VG) im folgenden Fall bewerten.

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Berliner Testament: Wechselbezügliche Verfügungen von kinderlosen Eheleuten sind bindend

In dem sogenannten Berliner Testament setzen sich Eheleute gegenseitig als Erben ein und bestimmen, dass nach dem Tod des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten fallen soll. Behalten sich die Eheleute nicht vor, dass der Überlebende nach dem Tod des Ehepartners diese Verfügungen nachträglich noch ändern darf, unterliegen derartige wechselbezügliche Verfügungen einer Bindungswirkung und können nach dem Tod des zuerst verstorbenen Ehepartners nicht mehr abgeändert werden. Ein solcher Fall landete kürzlich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG).

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Rechtsweg: Bundesverwaltungsgericht belässt Klagen gegen schulische Schutzmaßnahmen bei Familiengerichten

Das im April von einem Familienrichter in Weimar gefällte – mittlerweile reviderte – Urteil ging bundesweit durch die Medien: Schüler sollten weder Masken tragen noch Abstände einhalten oder an Schnelltests teilnehmen. Zudem sollte weiterhin Präsenzunterricht stattfinden. Der Aufschrei war daraufhin auch auf juristischer Seite groß, denn es bestanden große Zweifel darüber, ob das Amts- bzw. Familiengericht überhaupt zuständig gewesen sei und ob in solchen Fragen nicht künftig auf die Verwaltungsgerichte (VG) verwiesen werden müsse. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat dazu nun verbindlich Stellung genommen.

Die Frage der Zuständigkeit schlug hohe Wellen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bezeichnete den Beschluss des Familienrichters einschließlich seiner Ergebnisse als „ausbrechenden Rechtsakt“. Das VG in Weimar führte in einem Eilbeschluss aus, dass der Weimarer Beschluss „offensichtlich rechtswidrig“ war. Weitere Richter wiesen ähnlich geartete Anträge als unzulässig (keine Zuständigkeit für die Überprüfung von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen) oder als unbegründet ab (keine konkrete Kindeswohlgefährdung). Andere Gerichte verwiesen direkt an die VG.

Das BVerwG entschied nun, dass eine Verweisung zum VG nicht bindend sei. Für die Entscheidung über eine an ein Amtsgericht gerichtete Anregung, die auf gerichtliche Anordnungen gegen eine Schule wegen Coronaschutzmaßnahmen zielt, seien die Amts- bzw. Familiengerichte zuständig. Die Verweisung an ein VG wegen eines groben Verfahrensverstoßes sei als Ausnahme nicht bindend – sie würde ansonsten zu Brüchen mit den Prozessgrundsätzen der Verwaltungsgerichtsordnung führen. Diese Verwaltungsgerichtsordnung kennt nämlich keine von Amts wegen einzuleitenden Verfahren. Sie überlässt es vielmehr dem Kläger bzw. dem Antragsteller, ob und mit welcher Zielrichtung er ein Verfahren einleiten will. Wäre dem nicht so, fänden sich Kinder sonst in der Rolle von Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens wieder. Das entspräche weder ihrem Willen noch ihrer vormaligen Stellung vor dem Amtsgericht. Deshalb erweist sich die Verweisung mit den geltenden Prinzipien als unvereinbar und löst für das VG keine Bindungswirkung aus.

Hinweis: Es bleibt also dabei, dass die Familiengerichte gemäß § 1666 BGB auf eine Kindeswohlgefährdung prüfen müssen, wenn ein solcher Antrag gegen Coronaschutzmaßnahmen eingereicht wird.

Quelle: BVerwG, Urt. v. 16.06.2021 – 6 AV 1.21

Thema: Familienrecht

Nach Tod des Ehepartners: Änderungsoption muss im gemeinschaftlichen Testament zu Lebzeiten ausdrücklich vereinbart werden

Wechselbezügliche Verfügungen von Todes wegen entfalten bei Ehegatten eine besondere Bindungswirkung. Wer deshalb zu Lebzeiten nichts anderes vereinbart, kann eine solche wechselseitige Verfügung nach dem Tod eines Ehegatten nicht nachträglich ändern – so wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Bamberg (OLG).

Die Eheleute hatten hier ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben und ihren einzigen Sohn als Schlusserben eingesetzt haben. Das Testament enthielt darüber hinaus eine Klausel, in der sich die Ehegatten eine Änderung der Schlusserbeneinsetzung vorbehalten haben, sofern es durch den Sohn zu „familiären Zuwiderhandlungen“ kommen sollte. Dabei wurde ebenso betont, dass Erben außerhalb der Familie nicht in Betracht kommen sollten. Nachdem die Ehefrau vorverstorben war, errichtete der überlebende Ehemann ein weiteres notarielles Testament, in dem er seinen Sohn sowie seine eigene Lebensgefährtin, mit der er über mehrere Jahre ein außereheliches Verhältnis geführt hatte, zu Miterben einsetzte. In dem notariellen Testament ließ der Erblasser aufnehmen, dass er es als eine familiäre Zuwiderhandlung ansehen, dass sein Sohn ihn in den letzten zwei Jahren nur viermal besucht und sich auch sonst nicht um ihn gekümmert habe. Tatsächlich war das Verhältnis zwischen Vater und Sohn wohl insbesondere deshalb schlecht, weil der Vater die außereheliche Beziehung führte und der Sohn sich auf die Seite der Mutter gestellt hatte, die bis zu ihrem Tod sehr unter der Beziehung ihres Mannes gelitten habe.

Nachdem das Amtsgericht noch von einer familiären Zuwiderhandlung des Sohns ausgegangen war, entschied das OLG in bemerkenswerter Deutlichkeit, dass diese Einschätzung fehlerhaft war. Der Erblasser war an die wechselbezügliche Verfügung beider Ehegatten gebunden. Bei der Auslegung der Formulierung „familiäre Zuwiderhandlung“ komme es nur auf die übereinstimmende Intention beider Eheleute zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments an. Die Verfehlungen des Sohns, wie sie von der Lebensgefährtin des Erblassers dargestellt werden, waren nach Ansicht des OLG jedoch offenkundig weit davon entfernt, was die Eheleute sich bei der Erstellung dieser Klausel vorgestellt hätten. Hierzu hätte es einer nachhaltigen und tiefgreifenden Beeinträchtigung des Familienfriedens bedurft. Dieser ist aber gerade nicht von dem Sohn des Erblassers, sondern vielmehr durch den Erblasser selbst durch das Führen einer außerehelichen Beziehung beeinträchtigt worden. Insoweit hat er sich mit der Neutestierung zugunsten seiner Lebenspartnerin deutlich über den Willen der vorverstorbenen Ehefrau hinweggesetzt.

Hinweis: Eheleute müssen sich bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments bei wechselbezüglichen Verfügungen darüber im Klaren sein, dass diese nach dem Tod eines Ehepartners nach wie vor bindend sind. Wollen die Eheleute sich die Möglichkeit offenhalten, auch nach dem Tod des Ehepartners nachträglich Änderungen vorzunehmen, muss dies ausdrücklich zu Lebzeiten vereinbart werden.

Quelle: OLG Bamberg, Beschl. v. 09.10.2020 – 3 W 43/20

 Thema: Erbrecht

Handschriftliches Testament: Einholung eines graphologischen Gutachtens meist nur bei gerichtlich festgestellten Auffälligkeiten

Letztwillige Verfügungen in Form von Testamenten können von den Erblassern auch durch Erstellung eines eigenhändig verfassten Dokuments abgegeben werden. Erforderlich ist hierbei, dass das gesamte Dokument handschriftlich erstellt ist und eine eigenhändige Unterschrift existiert. Was passiert, wenn die Echtheit der Unterschrift durch Hinterbliebene angezweifelt wird, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Neben der rechtlichen Frage der Bindungswirkung von erbvertraglichen Regelungen hat das OLG in seinem Beschluss nochmals klargestellt, dass ein graphologisches Gutachten zu der Frage der Echtheit der Unterschrift des Erblassers nur in Zweifelsfällen geboten ist – und zwar dann, wenn das Gericht selbst Auffälligkeiten in Bezug auf die Echtheit einer Unterschrift feststellt. In solchen Fällen gebietet ein pflichtgemäßes Ermessen die Einholung eines schriftvergleichenden Gutachtens.

Hinweis: Im Verfahren über die Erteilung eines Erbscheins muss derjenige, der ein Erbrecht für sich in Anspruch nimmt, die Feststellungslast für die sein Recht begründenden Tatsachen tragen, während denjenigen, der ihm dieses Erbrecht streitig macht, wiederum die Feststellungslast für die rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Einwendungen trifft.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.06.2020 – I-3 Wx 79/20

 Thema: Erbrecht

Interessenlage beim Erbvertrag: Einseitigen Änderungen ist meist kein entsprechend gültiger Bindungswille zu entnehmen

Bei Erbverträgen stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit die darin getroffenen Regelungen die Beteiligten daran hindern, zu einem späteren Zeitpunkt davon abweichende Verfügungen zu treffen und einen anderen Erben einzusetzen. Das Oberlandesgericht Saarbrücken (OLG) versuchte mit dem folgenden Fall, Licht in diese Fragestellung zu bringen.

Eine Frau schloss mit ihrem zweiten Ehemann einen Erbvertrag ab, in dem sie ihre Tochter aus erster Ehe sowie die fünf Kinder ihres Ehemannes als Erben einsetzte und der Ehemann wiederum auf sein Erbe verzichtete. Einige Jahre später änderten die Eheleute den Vertrag, so dass nur noch die Tochter der Frau und zwei Kinder des Mannes als Erben eingesetzt wurden. Einige Jahre vor ihrem Tod errichtete die – inzwischen geschiedene – Frau ein notarielles Testament, in dem sie alle bisher von ihr getroffenen Verfügungen von Todes wegen widerrief und ihren Neffen als Alleinerben einsetzte. Dieses Testament hielten die anderen drei Erben für unwirksam, da die Frau durch den Erbvertrag gebunden war.

Das OLG gab ihnen Recht. Auch bei einseitigen Erbverträgen, bei denen nur ein Vertragspartner Verfügungen von Todes wegen trifft und der andere diese lediglich annimmt, muss für jede einzelne Verfügung unter Berücksichtigung der Interessenlage beider Vertragsparteien gesondert festgestellt werden, ob sie bei Vertragsschluss bindend gewollt war. Im vorliegenden Fall sah das Gericht Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute die Verfügung als bindend angesehen hatten – unter anderem darin, dass der Ehemann der Änderung des Vertrags ausdrücklich zugestimmt hatte und beide Verträge eine Formulierung enthielten, nach der die Beteiligten auf „die dadurch eingetretene Bindungswirkung“ hingewiesen worden seien. Zudem war entscheidend, dass die Verfügung der Erblasserin unterschiedslos sowohl die Tochter als auch die Kinder des Ehemannes begünstigte und damit insgesamt der Nachkommenschaft der neu begründeten Familie zugutekam. Aufgrund der Bindungswirkung des Erbvertrags war die Frau somit nicht mehr befugt, eine Änderung vorzunehmen und ihren Neffen als Erben einzusetzen.

Hinweis: Die Rechtsprechung geht grundsätzlich davon aus, dass eine Verfügung, die eine Zuwendung an den Erbvertragspartner selbst oder an einen diesem nahestehenden (insbesondere verwandten) Dritten enthält, in der Regel bindend ist. Wird dagegen ein Dritter bedacht, der mit dem Erbvertragspartner weder verwandt ist noch ihm sonst nahesteht, wird häufig der Wille zur Bindung fehlen und deshalb nur eine einseitige, testamentsartige Verfügung vorliegen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang auch nicht, dass die Verfügung von einer Gegenleistung abhängt, sondern nur, dass sich ein entsprechender Bindungswille der Beteiligten dem Vertrag durch Auslegung entnehmen lässt.

Quelle: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 03.09.2019 – 5 W 49/19

Thema: Erbrecht

Gemeinschaftlicher Erbvertrag: Wegfall der Wirkung selbst bei Stellung und späterem Widerruf eines Scheidungsantrags

Gemeinschaftliche Testamente oder Erbverträge von Eheleuten verlieren bei einer Trennung üblicherweise ihre Wirkung. Dass es dabei jedoch zu Streitigkeiten kommen kann, wenn unklar ist, welcher Zeitpunkt dafür entscheidend ist, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Ein Ehepaar schloss einen Erbvertrag, in dem es sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Diese gegenseitige Erbeinsetzung sollte jedoch entfallen, „wenn unsere Ehe aufgelöst oder geschieden wird oder einer von uns den Antrag auf Scheidung stellt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der andere Ehepartner der Scheidung zustimmt oder nicht“. Der Mann stellte 2011 einen Scheidungsantrag, den er kurze Zeit später zurücknahm. Im Jahr 2013 errichtete er ein Testament, in dem er eine Bekannte und seinen Sohn aus einer früheren Ehe als Erben einsetzte. Kurz darauf verstarb er, woraufhin sich die Ehefrau als Alleinerbin sah und selbst ein Testament errichtete, das ihren Bruder zu ihrem Erben einsetzte. Wenige Monate später verstarb auch sie und der Bruder der Frau und die Bekannte des Mannes stritten um das Erbe.

Das OLG entschied, dass der Bruder keinen Anspruch auf das Erbe des verstorbenen Mannes hatte. Durch das notarielle Testament der Ehefrau, mit dem sie rein vorsorglich alle etwaigen von ihr errichteten Verfügungen von Todes wegen widerrief und ihren Bruder zu ihrem Alleinerben einsetzte, wurde dieser mit ihrem Tod zwar ihr Erbe. Da sie selbst aber nicht Erbin ihres Ehemannes geworden war, wurde ihr Bruder auch nicht zum Erben des Ehemannes. Die durch den Erbvertrag erfolgte Erbeinsetzung der Ehefrau war vielmehr dadurch entfallen, dass der Mann den Antrag auf Scheidung gestellt hatte. Für das Gericht spielte es dabei keine Rolle, dass er den Antrag später wieder zurückgenommen hatte. Es sah den Wortlaut des Erbvertrags als eindeutig dahingehend an, dass schon mit der Antragstellung die Bindungswirkung des Vertrags entfallen war – unabhängig davon, was sich später noch ereignet hatte.

Hinweis: Die Vorinstanzen hatten noch angenommen, dass die Klausel so zu verstehen sei, dass sie im Fall einer Rücknahme des Scheidungsantrags nicht eingreifen solle. Bei einer solchen Rücknahme vor dem Erbfall lägen die Voraussetzungen einer Scheidung nicht mehr vor, so dass der Ausschluss des Ehegattenerbrechts wieder entfiele. Für eine solche Auslegung sah das Instanzgericht aber aufgrund des klaren Wortlauts im Erbvertrag keinen Raum.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.03.2019 – 7 U 55/18

Thema: Erbrecht

Wegfall des Schlusserben: Keine Bindungswirkung der vermuteten Ersatzerbenbestimmung bei gemeinschaftlichem Testament

Bei zwischen Ehe(-Partnern) gebräuchlichen gemeinschaftlichen Testamenten ist der Längerlebende an Verfügungen gebunden, die beide Partner wechselseitig getroffen haben. Er kann diese also nicht mehr einseitig nach dem Tod seines Partners ändern. Die genaue Reichweite dieser Bindungswirkung führt jedoch immer wieder zu Streitigkeiten, wie auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Hamm (OLG).


Ein Ehepaar hatte sich gegenseitig zu Alleinerben und zum Erben des Längstlebenden ihren einzigen Sohn eingesetzt. Nach dem Tod der Frau und des Sohns errichtete der Mann ein neues Testament, in dem er zu gleichen Teilen seine Lebensgefährtin und ein Altenheim als Erben einsetzte. Nach dem Tod des Mannes behaupteten jedoch die Enkel, als Abkömmlinge des verstorbenen Sohns Erben geworden zu sein, was sich aus dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute ergebe.

Das OLG sah die Angelegenheit allerdings anders und stellte fest, dass das gemeinschaftliche Testament zwar eine Bindungswirkung hinsichtlich der Erbeinsetzung des Sohns hatte, jedoch nicht hinsichtlich seiner Ersatzerben. Es wies darauf hin, dass es eine gesetzliche Vermutung gibt, nach der die Abkömmlinge eines Erben seine Ersatzerben sind, wenn dieser nach der Errichtung des Testaments verstirbt. Diese Vermutung ist jedoch im Sinne einer wechselbezüglich gewollten Verfügung auf Ersatzerbenbestimmung nur dann anwendbar, wenn sich Anhaltspunkte für einen auf Einsetzung des oder der Ersatzerben gerichteten Willen der Erblasser feststellen lassen. Hier gab es keinerlei solche Anhaltspunkte – insbesondere da zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments die Enkel noch nicht geboren waren.

Hinweis: Das OLG stellte in diesem Zusammenhang klar, dass jede Einsetzung eines Ersatzerben im Verhältnis zur Einsetzung des zunächst bedachten Erben eine selbständige, gesonderte Verfügung darstellt. Somit ist die Frage einer Bindungswirkung nicht für die Einsetzung von Schlusserben oder Ersatzerben generell zu bestimmen, sondern vielmehr für jede dieser Verfügungen gesondert. Dass die gemeinschaftlich testierenden Eheleute die Schlusserbeneinsetzung als wechselbezügliche und bindende Verfügung ausgestaltet haben, ist somit kein ausreichendes und zwingendes Indiz dafür, dass auch die Ersatzerbeneinsetzung bindend sein sollte.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 15.02.2019 – 10 W 16/18

Thema: Erbrecht

Pflegeklausel: Erbvertrag als Absicherung der Pflege im Alter

In Erbverträgen können verschiedene erbrechtliche Angelegenheiten geregelt werden, die dann für die beteiligten Parteien bindend sind. Eine häufige Form ist der Erbvertrag mit Pflegeklausel. In einem solchen Vertrag verpflichtet sich der Erblasser dazu, eine bestimmte Person – häufig ein Kind des Erblassers – als Erben einzusetzen, wofür diese Person im Gegenzug den Erblasser im Alter pflegt. Dies hat den Vorteil, dass der Erbe sich seinen Erbteil sichert und der Erblasser seine Pflege verbindlich geregelt hat.

Da sich Umstände jedoch ändern können, kann die Bindungswirkung des Erbvertrags auch ein Nachteil sein. Empfehlenswert ist es daher, Kündigungsmöglichkeiten in den Erbvertrag aufzunehmen. Der Vertrag kann aber auch anderweitig beendet werden. Wird die Pflegeleistung nicht wie vereinbart erbracht, kann der Erblasser unter Umständen von dem Vertrag zurücktreten. Andererseits kann der Pflegende auch den Erbvertrag aus wichtigem Grund kündigen oder vom Vertrag zurücktreten und gegebenenfalls bereits erbrachte Pflegeleistungen zurückfordern. Dem Erblasser steht es dann frei, sein Erbe neu zu regeln.

Entscheidend ist dabei, ob eine Pflege durch die persönliche Leistung einer bestimmten Person oder die Kostentragung der Pflege vereinbart wird.

Besondere Probleme ergeben sich, wenn der Erblasser nicht mehr zu Hause gepflegt werden kann und in ein Pflegeheim kommt. Dann wird die Erbringung der höchstpersönlichen Pflegeleistung für den Pflegenden unmöglich, was einen Rücktrittsgrund darstellt. Dies ist jedoch häufig mit Beweisschwierigkeiten verbunden, da nachgewiesen werden muss, dass nur medizinisch geschultes Fachpersonal die Pflege erbringen kann.

Thema: Erbrecht
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