Hier kommt der erste Fall zum neuen Hinweisgeberschutzgesetz, und den hatte auch gleich das Gericht der Europäischen Union (EuG) – eigenständiges europäisches Gericht und zudem Vorinstanz des Europäischen Gerichtshofs – zu entscheiden. Warum? Weil es hierbei um ein mutmaßliches Fehlverhalten innerhalb des EU-Parlaments ging.
Der folgende Fall zeigt, wie schnell einem Elternteil im Inland das eigene Kind entzogen und bis zu einer gerichtlichen Klärung entfremdet werden kann. Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) musste hier – so die Grundlage des Familienrechts in Kindersachen – zugunsten der Kinder entscheiden.
Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung aus, kann er auch danach viele Fehler machen – so wie in diesem Fall, der bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) ging. Hier wusste der Arbeitgeber offensichtlich nicht, dass eine außerordentliche Kündigung nicht ohne den Verzicht auf die entsprechende Arbeitskraft während des Kündigungsschutzprozesses möglich ist.
Wer schon in Ländern mit Linksverkehr geurlaubt hat, weiß, wie schwer die Umgewöhnung vom gewohnten Verkehrsverhalten fallen kann. Die gute Gewohnheit zu überwinden, war für den Betroffenen im folgenden Fall offensichtlich vor allem bei seiner Rückkehr in unsere rechtsfahrenden Gefilde ein Problem. Und da es aufgrund seiner noch sehr frischen Urlaubsgewohnheiten zu einem Unfall kam, wurde die Sache damit auch zum Problem des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG), das es aber zu lösen wusste.
Vor jeder Kündigung muss der Arbeitgeber seinen Betriebsrat anhören. Unterlässt er das, kann das schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Dass es auch nichts hilft, das Fehlverhalten auf zuständige Untergebene zu schieben, zeigt der folgende Fall, der vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) landete.
Jeder Arbeitgeber sollte sich daran halten, seinen Arbeitnehmern vor deren Kündigung eine ordentliche Abmahnung für ihr Fehlverhalten auszusprechen. Schließlich muss für eine fristlose Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen. Diesen Grund selbst zu interpretieren, ohne sich zuvor arbeitsrechtlichen Rat einzuholen, kann ansonsten für ihn schlecht enden – so wie auch im folgenden Fall, den das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) zu entscheiden hatte.
Eine Arbeitnehmerin hatte am Ersten des Monats ein Arbeitsverhältnis begonnen. Als sie am Siebten und Achten des Monats nicht zur Arbeit erschien, erhielt sie eine fristlose Kündigung. Dagegen klagte sie. Der Arbeitgeber hielt die fristlose Kündigung jedoch für wirksam, da es sich aus seiner Sicht um ein „gescheitertes Arbeitsverhältnis“ handelte. Eine Abmahnung sei in seinen Augen offensichtlich entbehrlich gewesen.
Das LAG sah das jedoch anders und urteilte, dass die außerordentliche fristlose Kündigung unwirksam war. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmerin trotz einer fehlenden Kündigungsandrohung der Arbeit weiter unentschuldigt ferngeblieben wäre. Deshalb wäre zuvor eine Abmahnung erforderlich gewesen. Denn die Pflichtverletzung sei nicht derart schwerwiegend gewesen, dass die erforderliche Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre.
Hinweis: Nach dieser Entscheidung muss also der Arbeitgeber bei Fehlen eines Arbeitnehmers an einem einzigen Tag auch dann zunächst eine Abmahnung aussprechen, wenn das Arbeitsverhältnis erst wenige Tage bestanden hat.
Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 03.06.2020 – 1 Sa 72/20
Wer zu den statistisch rund 19 % der Deutschen gehört, die Angst vorm Zahnarztbesuch haben, sollte dem folgenden Fall des Sozialgerichts Frankfurt am Main (SG) besondere Aufmerksamkeit schenken. Denn er zeigt auf, wie schwer es als gesetzlich Krankenversicherter sein kann, seinen zahnbehandelnden Arzt zu wechseln.
Eine gesetzlich krankenversicherte Patientin wollte ihren Zahnarzt mit der Begründung wechseln, dass das Vertrauensverhältnis zu ihrer bisherigen Ärztin erheblich gestört sei. Beide hatten sich wiederholt wechselseitig Vorwürfe gemacht. Die angeblichen Schmerzen der Patientin seien nicht nachvollziehbar, die Zahnärztin sei rat- und hilflos und es mangele ihr an Reflexionsfähigkeit. Zudem bestand Streit über die Frage, ob Nachbesserungsversuche der Ärztin erfolgreich gewesen seien. Die Krankenkasse meinte jedoch, die Patientin solle bei der bisher behandelnden Zahnärztin bleiben. Deshalb zog die Patientin vor das SG und wollte im Eilverfahren erreichen, dass die Krankenkasse die Kosten für die Zahnbehandlung durch einen anderen Zahnarzt übernehmen solle.
Das SG sagte zunächst, dass das Recht der freien Arztwahl nach einer bereits begonnenen Zahnersatzbehandlung eingeschränkt ist. Diese Einschränkung gilt bis zum Abschluss der Behandlung und darüber hinaus bis zum Ablauf des Gewährleistungszeitraums. Allerdings gibt es laut Rechtsprechung dann eine Ausnahme, wenn die Behandlung bei dem ersten Arzt für den Versicherten unzumutbar ist. In diesem konkreten Fall lag eine solche Ausnahme vor. Das Vertrauensverhältnis war aufgrund des erheblichen Konflikts zerstört. Deshalb dürfte die Frau die Zahnärztin wechseln.
Hinweis: Ein Wechsel des Zahnarztes ist also nach Beginn der Behandlung für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung gar nicht so ohne weiteres möglich. In jedem Fall ist ein Gespräch mit der Krankenkasse zu führen. Patienten sollten sich etwaiges Fehlverhalten des Zahnarztes genau notieren, um der Krankenkasse einen wichtigen Grund für einen Arztwechsel nachweisen zu können.
Quelle: SG Frankfurt am Main, Beschl. v. 07.03.2019 – S 18 KR 2756/18 ER
Selbstverständlich können Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers oder zu Lasten von Kolleginnen und Kollegen sehr schnell eine Kündigung rechtfertigen. Was nach Straftaten passiert, die mit dem Arbeitsverhältnis nichts zu tun haben, hat nun das Arbeitsgericht Düsseldorf geklärt.
In dem betreffenden Fall ging es um einen in einem Chemieunternehmen im Labor Beschäftigten. Dieser war seit ca. 25 Jahren im Bereich der Qualitätsanalyse mit der Herstellung und Prüfung von Silikonprüfplatten betraut. Dann fand die Polizei in dessen Wohnung 1 kg Betäubungsmittel und 1,5 kg chemische Stoffe, die sie als gefährlich einstufte. Der Arbeitnehmer wurde daraufhin wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens verurteilt. Als die Arbeitgeberin davon aus der Presse erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos und später nochmals ordentlich fristgemäß. Gegen die fristlose Kündigung erhob der Arbeitnehmer Klage – mit Erfolg.
Es lagen keine personenbedingten Kündigungsgründe vor. Grundsätzlich kann zwar auch bei einem außerdienstlichem Fehlverhalten eine fristlose Kündigung in Betracht kommen, sofern das Fehlverhalten die Zuverlässigkeit des Arbeitsnehmers entfallen lässt. Dabei kommt es aber auf die Art und Schwere des Delikts, die konkret nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit sowie insbesondere auch auf die Stellung im Betrieb an. Hier handelte es um außerdienstliche Vorwürfe. Die konkrete Arbeitsleistung war nicht betroffen und die lange Betriebszugehörigkeit rechtfertigte keine fristlose Kündigung. Über die fristgemäße Kündigung musste das Gericht hier nicht entscheiden, da der Mann nicht gegen sie geklagt hatte.
Hinweis: Der Fall zeigt deutlich, dass außerdienstliche Straftaten nicht grundsätzlich fristlose Kündigungen von Arbeitsverhältnissen rechtfertigen können, wenn für diese keine Beziehung zum Arbeitgeber bestehen.
Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 12.04.2018 – 11 Sa 319/17
Kommt es zu einem Zerwürfnis zwischen Eltern und Kindern, versuchen Eltern immer wieder, die Kinder vollkommen vom Erbe auszuschließen. Den Kindern steht jedoch der gesetzliche Pflichtteil zu, der nur in Ausnahmefällen entzogen werden kann.
Ein Mann war nach einem schweren Unfall pflegebedürftig. Dessen geschiedene Ehefrau und die beiden Kinder weigerten sich, seine Pflege zu übernehmen. Er setzte daher in einem handschriftlichen Testament seine Lebensgefährtin als Alleinerbin ein, die ihn rund um die Uhr bis zu seinem Tod betreute und pflegte. Gleichzeitig entzog er den Kindern den Pflichtteil. Nach seinem Tod wehrte sich seine Tochter dagegen.
Das Gericht entschied, dass die Ablehnung der Pflege die Entziehung des Pflichtteils nicht rechtfertigt. Für eine Pflichtteilsentziehung muss einer der gesetzlich geregelten Gründe vorliegen; es reicht eben nicht jedes Fehlverhalten eines Kindes aus, das zu einer Entfremdung oder zu einem Zerwürfnis mit dem Erblasser führt. Die Verletzung der Unterhaltspflicht ist zwar grundsätzlich ein Grund für die Pflichtteilsentziehung, jedoch schulden Kinder ihren Eltern Unterhalt grundsätzlich nur als Geldleistung. Eine Verpflichtung zur persönlichen Pflege gibt es nicht. Die Tochter war zum Zeitpunkt des Unfalls zudem erst 16 Jahre alt. Darüber hinaus muss eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht vorliegen, wofür die bloße Leistungsverweigerung nicht genügt. Diese muss vielmehr auf einer verwerflichen Gesinnung beruhen. Dafür gab es in diesem Fall keine Anhaltspunkte – der Tochter wurde deshalb ihr Pflichtteil zugesprochen.
Hinweis: Die Gründe für einen berechtigten Pflichtteilsentzug sind auf schwerwiegende Verfehlungen begrenzt. So kann der Pflichtteil unter anderem entzogen werden, wenn der Abkömmling dem Erblasser nach dem Leben trachtet oder ein Verbrechen gegen ihn begangen hat, wenn er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt oder er wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer mindestens einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde und dem Erblasser deshalb eine Beteiligung am Erbe unzumutbar ist.
Quelle: OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 29.10.2013 – 15 U 61/12
Trennen sich Ehegatten, verlangt der wirtschaftlich schlechter Gestellte meist Unterhalt. Hat dieser aber gegen die sogenannte eheliche Treuepflicht verstoßen, kann aufgrund seines Verhaltens der Unterhaltsanspruch verwirkt sein – mit klaren Worten: Geht er fremd, ist unter Umständen kein Unterhalt zu erwarten. Das erste Problem besteht dabei darin, dieses eheliche Fehlverhalten nachzuweisen; das nächste, wer die Kosten zu tragen hat, die mit der Beweiserbringung verbunden sind.
Teuer kann es werden, wenn eine Detektei eingeschaltet wird, um nachzuweisen, dass der Ehegatte fremdgeht. Solche Kosten sind laut Rechtsprechung erstattungsfähig, sofern sie notwendig sind, um den Nachweis des Fremdgehens zu erbringen. Diese Notwendigkeit ist dann gegeben, wenn das Fremdgehen bestritten wird und nicht zu erwarten ist, dass von dem bzw. den Beteiligten brauchbare Aussagen erfolgen werden.
Sind diese Kosten vom fremdgehenden Ehegatten zu erstatten, geht der Anspruch jedoch nicht ins Uferlose – die Kosten müssen auch hier verhältnismäßig bleiben. So darf z.B. nicht irgendein Detektiv eingeschaltet werden, sondern nur ein ortsansässiger, um Reisekosten, Spesen und Hotelkosten einzusparen. Es sind ferner nur Abrechnungen nach Stundensätzen anzuerkennen und nicht zudem Grundhonorare oder Ermittlungspauschalen. Weiterhin sind die Kosten für Fotos oder Videos nicht zu übernehmen, da stattdessen der Detektiv als Zeuge im gerichtlichen Verfahren seine Beobachtungen darstellen kann. Und schließlich hat die Observation zu enden, sobald der Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht nachgewiesen ist.
Hinweis: Detektivkosten sind im Unterhaltsverfahren zu erstatten, wenn sie notwendigerweise anfallen, um sich gegen einen Unterhaltsanspruch zu wehren. Es ist aber kostensparend zu arbeiten.