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Schlagwort: Fehlverhalten

Widersprüchlicher Arbeitgeber: Wer fristlos kündigt, darf nicht gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung anbieten

Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung aus, kann er auch danach viele Fehler machen – so wie in diesem Fall, der bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) ging. Hier wusste der Arbeitgeber offensichtlich nicht, dass eine außerordentliche Kündigung nicht ohne den Verzicht auf die entsprechende Arbeitskraft während des Kündigungsschutzprozesses möglich ist.

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Keine gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit: Versehentlicher Verstoß gegen Rechtsfahrgebot ist nicht als rücksichtslos zu werten

Wer schon in Ländern mit Linksverkehr geurlaubt hat, weiß, wie schwer die Umgewöhnung vom gewohnten Verkehrsverhalten fallen kann. Die gute Gewohnheit zu überwinden, war für den Betroffenen im folgenden Fall offensichtlich vor allem bei seiner Rückkehr in unsere rechtsfahrenden Gefilde ein Problem. Und da es aufgrund seiner noch sehr frischen Urlaubsgewohnheiten zu einem Unfall kam, wurde die Sache damit auch zum Problem des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG), das es aber zu lösen wusste.

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Kündigung ohne Betriebsratsanhörung: Wer die Arbeitnehmervertretung wiederholt übergeht, dem drohen empfindliche Ordnungsgelder

Vor jeder Kündigung muss der Arbeitgeber seinen Betriebsrat anhören. Unterlässt er das, kann das schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Dass es auch nichts hilft, das Fehlverhalten auf zuständige Untergebene zu schieben, zeigt der folgende Fall, der vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) landete.

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Fehlen des Arbeitnehmers: Auch bei erst frischem Arbeitsverhältnis sollte keine fristlose Kündigung ohne Abmahnung erfolgen

Jeder Arbeitgeber sollte sich daran halten, seinen Arbeitnehmern vor deren Kündigung eine ordentliche Abmahnung für ihr Fehlverhalten auszusprechen. Schließlich muss für eine fristlose Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen. Diesen Grund selbst zu interpretieren, ohne sich zuvor arbeitsrechtlichen Rat einzuholen, kann ansonsten für ihn schlecht enden – so wie auch im folgenden Fall, den das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) zu entscheiden hatte.

Eine Arbeitnehmerin hatte am Ersten des Monats ein Arbeitsverhältnis begonnen. Als sie am Siebten und Achten des Monats nicht zur Arbeit erschien, erhielt sie eine fristlose Kündigung. Dagegen klagte sie. Der Arbeitgeber hielt die fristlose Kündigung jedoch für wirksam, da es sich aus seiner Sicht um ein „gescheitertes Arbeitsverhältnis“ handelte. Eine Abmahnung sei in seinen Augen offensichtlich entbehrlich gewesen.

Das LAG sah das jedoch anders und urteilte, dass die außerordentliche fristlose Kündigung unwirksam war. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmerin trotz einer fehlenden Kündigungsandrohung der Arbeit weiter unentschuldigt ferngeblieben wäre. Deshalb wäre zuvor eine Abmahnung erforderlich gewesen. Denn die Pflichtverletzung sei nicht derart schwerwiegend gewesen, dass die erforderliche Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre.

Hinweis: Nach dieser Entscheidung muss also der Arbeitgeber bei Fehlen eines Arbeitnehmers an einem einzigen Tag auch dann zunächst eine Abmahnung aussprechen, wenn das Arbeitsverhältnis erst wenige Tage bestanden hat.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 03.06.2020 – 1 Sa 72/20

Thema: Arbeitsrecht

Schwieriger Zahnarztwechsel: Nur wer die Unzumutbarkeit der Weiterbehandlung nachweist, darf als gesetzlich Versicherter wechseln

Wer zu den statistisch rund 19 % der Deutschen gehört, die Angst vorm Zahnarztbesuch haben, sollte dem folgenden Fall des Sozialgerichts Frankfurt am Main (SG) besondere Aufmerksamkeit schenken. Denn er zeigt auf, wie schwer es als gesetzlich Krankenversicherter sein kann, seinen zahnbehandelnden Arzt zu wechseln.

Eine gesetzlich krankenversicherte Patientin wollte ihren Zahnarzt mit der Begründung wechseln, dass das Vertrauensverhältnis zu ihrer bisherigen Ärztin erheblich gestört sei. Beide hatten sich wiederholt wechselseitig Vorwürfe gemacht. Die angeblichen Schmerzen der Patientin seien nicht nachvollziehbar, die Zahnärztin sei rat- und hilflos und es mangele ihr an Reflexionsfähigkeit. Zudem bestand Streit über die Frage, ob Nachbesserungsversuche der Ärztin erfolgreich gewesen seien. Die Krankenkasse meinte jedoch, die Patientin solle bei der bisher behandelnden Zahnärztin bleiben. Deshalb zog die Patientin vor das SG und wollte im Eilverfahren erreichen, dass die Krankenkasse die Kosten für die Zahnbehandlung durch einen anderen Zahnarzt übernehmen solle.

Das SG sagte zunächst, dass das Recht der freien Arztwahl nach einer bereits begonnenen Zahnersatzbehandlung eingeschränkt ist. Diese Einschränkung gilt bis zum Abschluss der Behandlung und darüber hinaus bis zum Ablauf des Gewährleistungszeitraums. Allerdings gibt es laut Rechtsprechung dann eine Ausnahme, wenn die Behandlung bei dem ersten Arzt für den Versicherten unzumutbar ist. In diesem konkreten Fall lag eine solche Ausnahme vor. Das Vertrauensverhältnis war aufgrund des erheblichen Konflikts zerstört. Deshalb dürfte die Frau die Zahnärztin wechseln.

Hinweis: Ein Wechsel des Zahnarztes ist also nach Beginn der Behandlung für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung gar nicht so ohne weiteres möglich. In jedem Fall ist ein Gespräch mit der Krankenkasse zu führen. Patienten sollten sich etwaiges Fehlverhalten des Zahnarztes genau notieren, um der Krankenkasse einen wichtigen Grund für einen Arztwechsel nachweisen zu können.

Quelle: SG Frankfurt am Main, Beschl. v. 07.03.2019 – S 18 KR 2756/18 ER

zum Thema: Sonstiges

Vergehen in der Freizeit: Verurteilten Straftätern darf nicht ohne weiteres fristlos gekündigt werden

Selbstverständlich können Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers oder zu Lasten von Kolleginnen und Kollegen sehr schnell eine Kündigung rechtfertigen. Was nach Straftaten passiert, die mit dem Arbeitsverhältnis nichts zu tun haben, hat nun das Arbeitsgericht Düsseldorf geklärt.

In dem betreffenden Fall ging es um einen in einem Chemieunternehmen im Labor Beschäftigten. Dieser war seit ca. 25 Jahren im Bereich der Qualitätsanalyse mit der Herstellung und Prüfung von Silikonprüfplatten betraut. Dann fand die Polizei in dessen Wohnung 1 kg Betäubungsmittel und 1,5 kg chemische Stoffe, die sie als gefährlich einstufte. Der Arbeitnehmer wurde daraufhin wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens verurteilt. Als die Arbeitgeberin davon aus der Presse erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos und später nochmals ordentlich fristgemäß. Gegen die fristlose Kündigung erhob der Arbeitnehmer Klage – mit Erfolg.

Es lagen keine personenbedingten Kündigungsgründe vor. Grundsätzlich kann zwar auch bei einem außerdienstlichem Fehlverhalten eine fristlose Kündigung in Betracht kommen, sofern das Fehlverhalten die Zuverlässigkeit des Arbeitsnehmers entfallen lässt. Dabei kommt es aber auf die Art und Schwere des Delikts, die konkret nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit sowie insbesondere auch auf die Stellung im Betrieb an. Hier handelte es um außerdienstliche Vorwürfe. Die konkrete Arbeitsleistung war nicht betroffen und die lange Betriebszugehörigkeit rechtfertigte keine fristlose Kündigung. Über die fristgemäße Kündigung musste das Gericht hier nicht entscheiden, da der Mann nicht gegen sie geklagt hatte.

Hinweis: Der Fall zeigt deutlich, dass außerdienstliche Straftaten nicht grundsätzlich fristlose Kündigungen von Arbeitsverhältnissen rechtfertigen können, wenn für diese keine Beziehung zum Arbeitgeber bestehen.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 12.04.2018 – 11 Sa 319/17

Thema: Arbeitsrecht

Verweigerte Pflege: Ein Pflichtteilsentzug ist nur nach schwerwiegenden Verfehlungen möglich

Kommt es zu einem Zerwürfnis zwischen Eltern und Kindern, versuchen Eltern immer wieder, die Kinder vollkommen vom Erbe auszuschließen. Den Kindern steht jedoch der gesetzliche Pflichtteil zu, der nur in Ausnahmefällen entzogen werden kann.

Ein Mann war nach einem schweren Unfall pflegebedürftig. Dessen geschiedene Ehefrau und die beiden Kinder weigerten sich, seine Pflege zu übernehmen. Er setzte daher in einem handschriftlichen Testament seine Lebensgefährtin als Alleinerbin ein, die ihn rund um die Uhr bis zu seinem Tod betreute und pflegte. Gleichzeitig entzog er den Kindern den Pflichtteil. Nach seinem Tod wehrte sich seine Tochter dagegen.

Das Gericht entschied, dass die Ablehnung der Pflege die Entziehung des Pflichtteils nicht rechtfertigt. Für eine Pflichtteilsentziehung muss einer der gesetzlich geregelten Gründe vorliegen; es reicht eben nicht jedes Fehlverhalten eines Kindes aus, das zu einer Entfremdung oder zu einem Zerwürfnis mit dem Erblasser führt. Die Verletzung der Unterhaltspflicht ist zwar grundsätzlich ein Grund für die Pflichtteilsentziehung, jedoch schulden Kinder ihren Eltern Unterhalt grundsätzlich nur als Geldleistung. Eine Verpflichtung zur persönlichen Pflege gibt es nicht. Die Tochter war zum Zeitpunkt des Unfalls zudem erst 16 Jahre alt. Darüber hinaus muss eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht vorliegen, wofür die bloße Leistungsverweigerung nicht genügt. Diese muss vielmehr auf einer verwerflichen Gesinnung beruhen. Dafür gab es in diesem Fall keine Anhaltspunkte – der Tochter wurde deshalb ihr Pflichtteil zugesprochen.

Hinweis: Die Gründe für einen berechtigten Pflichtteilsentzug sind auf schwerwiegende Verfehlungen begrenzt. So kann der Pflichtteil unter anderem entzogen werden, wenn der Abkömmling dem Erblasser nach dem Leben trachtet oder ein Verbrechen gegen ihn begangen hat, wenn er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt oder er wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer mindestens einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde und dem Erblasser deshalb eine Beteiligung am Erbe unzumutbar ist.

Quelle: OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 29.10.2013 – 15 U 61/12

Thema: Erbrecht

Unterhaltsrecht: Detektivkosten sind zur Beweiserbringung von Ehebruch erstattungsfähig

Trennen sich Ehegatten, verlangt der wirtschaftlich schlechter Gestellte meist Unterhalt. Hat dieser aber gegen die sogenannte eheliche Treuepflicht verstoßen, kann aufgrund seines Verhaltens der Unterhaltsanspruch verwirkt sein – mit klaren Worten: Geht er fremd, ist unter Umständen kein Unterhalt zu erwarten. Das erste Problem besteht dabei darin, dieses eheliche Fehlverhalten nachzuweisen; das nächste, wer die Kosten zu tragen hat, die mit der Beweiserbringung verbunden sind.

Teuer kann es werden, wenn eine Detektei eingeschaltet wird, um nachzuweisen, dass der Ehegatte fremdgeht. Solche Kosten sind laut Rechtsprechung erstattungsfähig, sofern sie notwendig sind, um den Nachweis des Fremdgehens zu erbringen. Diese Notwendigkeit ist dann gegeben, wenn das Fremdgehen bestritten wird und nicht zu erwarten ist, dass von dem bzw. den Beteiligten brauchbare Aussagen erfolgen werden.

Sind diese Kosten vom fremdgehenden Ehegatten zu erstatten, geht der Anspruch jedoch nicht ins Uferlose – die Kosten müssen auch hier verhältnismäßig bleiben. So darf z.B. nicht irgendein Detektiv eingeschaltet werden, sondern nur ein ortsansässiger, um Reisekosten, Spesen und Hotelkosten einzusparen. Es sind ferner nur Abrechnungen nach Stundensätzen anzuerkennen und nicht zudem Grundhonorare oder Ermittlungspauschalen. Weiterhin sind die Kosten für Fotos oder Videos nicht zu übernehmen, da stattdessen der Detektiv als Zeuge im gerichtlichen Verfahren seine Beobachtungen darstellen kann. Und schließlich hat die Observation zu enden, sobald der Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht nachgewiesen ist.

Hinweis: Detektivkosten sind im Unterhaltsverfahren zu erstatten, wenn sie notwendigerweise anfallen, um sich gegen einen Unterhaltsanspruch zu wehren. Es ist aber kostensparend zu arbeiten.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 09.01.2015 – 6 WF 83/14
Thema: Familienrecht

Abmahnung, Konfliktbewältigung

Abmahnung, Konfliktbewältigung

Die arbeitsrechtliche Abmahnung spielt insbesondere bei verhaltensbedingten Kündigungen eine entscheidende Rolle. Oft bedarf es einer formell und inhaltlich wirksamen Abmahnung als Voraussetzung für eine spätere Kündigung. Wir beraten Unternehmen und Angestellte in allen Fragen rund um das Thema Abmahnung sowie des wirkungsvollen Umgangs mit Abmahnungen, sei es zur Vorbereitung erwünschter Handlungsoptionen oder die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen.

Sinn und Funktion der Abmahnung

Eine gesetzliche Regelung zur Abmahnung gibt es nicht. Vielmehr wurde sie von der Rechtsprechung entwickelt. Eine ausgesprochene Abmahnung hat das Ziel, den Arbeitnehmer an seine arbeitsvertraglichen Pflichten und deren zukünftige Einhaltung anzuhalten, sie hat also eine Rügefunktion. Der Abmahnung kommt aber auch eine Warnfunktion zu, die dem Arbeitnehmer zeigen soll, dass sein Arbeitsverhältnis durch sein Verhalten gefährdet ist. Die dritte Funktion kommt der Dokumentation zu. So hat der Arbeitgeber stets die konkreten Umstände darzulegen, die von der Abmahnung umfasst werden sollen.

Bekanntgabe einer Trennungsabsicht

In letzter Zeit ist in der Praxis aber auch vermehrt zu beobachten, dass eine Abmahnung faktisch den ersten Schritt des Arbeitgebers darstellt, dem Arbeitnehmer eine bereits gefasste Trennungsabsicht mitzuteilen. Es soll dann mit dem Ausspruch einer Abmahnung zugleich auch ein psychologischer Prozess in Gang gesetzt werden, bei dem der Arbeitnehmer die bestehende Vertragsbeziehung überdenkt und zur Führung diesbezüglicher Gespräche mit dem Arbeitgeber angehalten wird. Hierbei steht dann arbeitgeberseitig das Interesse an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses häufig bereits im Vordergrund.

Der abgemahnte Arbeitnehmer sollte also kritisch hinterfragen, ob es tatsächlich ausschließlich um das konkret abgemahnte Fehlverhalten geht oder ob hiermit bereits die erste Runde von Verhandlungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sei es durch Aufhebungsvertrag bzw. Abwicklungsvertrag oder durch eine später erfolgende Kündigung und die diesbezüglichen Modalitäten eröffnet werden soll. Häufig bringt der Arbeitgeber zum Beispiel mit der an die Adresse des Arbeitnehmers ausgesprochenen Empfehlung, wegen der Abmahnung doch einen Arbeitsrechtler aufzusuchen, zum Ausdruck, dass das Arbeitsverhältnis aus seiner Sicht bereits so sehr belastet ist, dass es, möglichst unter Hinzuziehung von spezialisierten Rechtsanwälten oder Fachanwälten für Arbeitsrecht, in einer zweiten Stufe seiner Beendigung zugeführt werden kann.

Unsere spezialisierten Rechtsanwälte und Fachanwälte finden erforderlichenfalls die tatsächliche Motivation der Abmahnung für Sie schnell heraus und besprechen sodann mit Ihnen alle in Betracht kommenden Handlungsoptionen, Chancen, Risiken und Verfahrensstrategien.

Formelle Anforderungen an die Abmahnung

Auch wenn kein Schriftformerfordernis hinsichtlich der Abmahnung besteht, ist es insbesondere zu späteren Dokumentationspflichten ratsam, eine Abmahnung stets schriftlich zu verfassen. Denn in einem späteren Kündigungsschutzprozess nach verhaltensbedingter Kündigung obliegt dem Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass eine einschlägige und wirksame Abmahnung vorliegt. Es ist zwingend notwendig, dass in der Abmahnung das zu rügende Fehlverhalten konkret bezeichnet wird. So muss es für den Arbeitnehmer deutlich erkennbar sein, welche Leistungsmängel ihm zum Vorwurf gemacht werden, welches Verhalten nicht gebilligt wird und in welcher Hinsicht die Leistungen nicht den Anforderungen entsprechen. Es genügt dabei nicht, dass die Pflichtverletzungen nur pauschal bezeichnet werden.

Zweite Mindestvoraussetzung für eine wirksame Abmahnung ist die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen im Falle eines erneuten Verstoßes. Es ist dabei ausreichend, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, dass im Wiederholungsfalle der Ausspruch einer Kündigung möglich sein kann. Fehlt die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen handelt es sich nicht mehr um einen Abmahnung, sondern nur um eine sogenannte Ermahnung. Fehlt also entweder die konkrete Bezeichnung des Fehlverhaltens oder die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, ist die Abmahnung unwirksam.

Gefahr der Verwirkung

Wichtig ist auch, dass dem Arbeitnehmer die Abmahnung zeitnah nach dem zu rügenden Verstoß zugeht, um nicht Gefahr zu laufen, dass das Recht zum Ausspruch der Abmahnung verwirkt. Der Arbeitgeber darf also nicht längere Zeit untätig bleiben und durch sein Verhalten bei dem Arbeitnehmer den Anschein erwecken, dass eine Sanktionierung nicht (mehr) erfolgen würde. Konkrete Fristen und zeitliche Vorgaben gibt es hierfür allerdings nicht, sodass stets auf den Einzelfall abzustellen ist.

Konkrete zeitliche Vorgaben seitens des Gesetzgebers gibt es auch nicht für die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen des Arbeitnehmers. Reagiert der Arbeitnehmer jedoch über einen längeren Zeitraum nicht, so kann sein Recht, sich gegen die Abmahnung zu wehren, der Verwirkung unterliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber nach den Umständen und dem Zeitablauf nicht mehr damit rechnen musste, dass der Arbeitnehmer Einwendungen gegen die Abmahnung erhebt. Da Abmahnungen mitunter recht lange in den Personalakten verbleiben, kann dies insbesondere dann negative Konsequenzen haben, wenn – möglicherweise auch erst Jahre später – wegen eines erneuten Verstoßes, der bereits einschlägig abgemahnt war, eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen wird. Ist das Recht des Arbeitnehmers, im Kündigungsschutzprozess die Unwirksamkeit einer vorangegangenen Abmahnung geltend machen zu können, bereits verwirkt, wird die vorangegangene Abmahnung zumeist als wirksam behandelt, mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer hierdurch dann wesentliche Einwendungen gegen die Kündigung abgeschnitten sind.

Unsere spezialisierten Rechtsanwälte und Fachanwälte beraten Unternehmen und Angestellte in allen Fragen rund um das Thema Abmahnung sowie des wirkungsvollen Umgangs mit Abmahnungen, sei es im Vorfeld von Kündigungen oder die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen.

Rainer Tschersich

Rainer Tschersich

T. 0202-38902-12

Arbeitsrecht
  • Rechtsanwalt Peter Kania

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  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

    Rainer Tschersich

  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

    Kati Kirschstein

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