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Schlagwort: KG

Facebook löscht Unterhalt: Offensiv dargestellte neue Beziehung kann Anspruch auf Trennungsunterhalt verwirken

Trennen sich Ehegatten, ist zu prüfen, ob einer dem anderen Unterhalt zahlen muss. Einer der Gründe, aus denen der Unterhaltsanspruch entfallen kann, ist der, dass eine neue verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt. Diese nachzuweisen, ist nicht immer leicht. Aber das Internet und dessen Soziale Medien können helfen.

Zu entscheiden war folgender Fall: Der Mann war nach der Trennung bedürftig und erhielt Trennungsunterhalt. Als dieser sich mit seiner früher von ihm geschiedenen Frau wieder versöhnt hatte und zu ihr gezogen war, machte die unterhaltspflichtige Frau geltend, sie habe nichts mehr zu bezahlen. Der Mann hielt entgegen, er wohne zwar bei seiner Ex, habe dort aber lediglich ein Zimmer – regulär liiert seien die beiden aber nicht.

Das Gericht versagte ihm jedoch den Unterhalt für die Zukunft. Eines der wesentlichen Argumente war, dass der Mann bei Facebook unter seinem Profil ein Hochzeitsfoto mit der früheren Frau mit dem Kommentar gepostet hatte: „Geduld zahlt sich aus. Endlich habe ich meine große Liebe zurück.“ Ähnliches hatte die betreffende Ex-Frau auf ihrem Profil geschrieben. Zudem bildeten die beiden als Bezieher öffentlicher Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch eine Bedarfsgemeinschaft.

Ein Facebookeintrag allein hätte dem Gericht womöglich nicht ausgereicht, um sogleich den Unterhalt zu versagen. Nach allgemeinen Kriterien ist es erforderlich, dass eine neue Lebenspartnerschaft über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren besteht, bevor sie als verfestigt gilt. Aufgrund des Eintrags ging das Gericht allerdings davon aus, dass die neue Partnerschaft nun schon so offensiv nach außen tritt, dass der Unterhaltsanspruch sofort abgelehnt wurde.

Hinweis: Es lohnt sich, auf die Internetauftritte des Ex-Partners zu achten, wenn gegenseitige Forderungen und Verpflichtungen bestehen. Gleichermaßen ist es auch wichtig, darauf zu achten, wie die eigene Darstellung ausfällt. Facebook ist also für das Familienrecht in jedem Fall von Bedeutung.

Quelle: KG, Beschl. v. 28.04.2016 – 13 UF 17/16
Thema: Familienrecht

Phasenverschobene Ehe: Wirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs im Rahmen eines Ehevertrags

Eheverträge sind nicht in jedem Fall wirksam. Zwar haben Ehegatten das Recht, vertraglich zu gestalten, was gelten soll, wenn die Ehe zerbricht. Das gilt aber – insbesondere bezüglich des Versorgungsausgleichs – nur eingeschränkt.

Ohne anderweitige vertragliche Vereinbarung wird bei einer Scheidung der Ehe der Versorgungsausgleich durchgeführt. Das bedeutet, dass die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte hälftig zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden. Ehegatten können zwar vertraglich vereinbaren, dass dies nicht für den Fall der Scheidung ihrer Ehe gelten soll. Dazu muss diese Regelung notariell beurkundet werden. Allerdings wird, wenn es zur Scheidung kommt, die Vereinbarung einer Inhaltskontrolle unterzogen. Das Gericht prüft, ob durch die Vereinbarung einer der Ehegatten unangemessen benachteiligt wird. Ist dies der Fall, ist die Vereinbarung unwirksam. Es kommt dann eben doch zur Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Das Kammergericht hatte einen solchen Fall zu entscheiden, in dem eine sogenannte phasenverschobene Ehe vorlag. Die Frau war 25 Jahre älter als der Mann. Sie war Verwaltungsangestellte, während der Mann zunächst bei einem eher niedrigen Einkommen abhängig beschäftigt war und sich dann mit finanzieller Unterstützung der Frau versuchte, selbständig zu machen. Im Rahmen der selbständigen Tätigkeit zahlte er keine Beiträge in die Rentenkasse ein. Der Mann hätte deshalb bei der Scheidung profitiert, wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden wäre. Die Ehegatten hatten aber einen Ehevertrag geschlossen, in dem sie Gütertrennung, den Verzicht auf etwaige Ansprüche auf Nachscheidungsunterhalt sowie den Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs für den Fall der Scheidung vereinbart hatten. Wegen der Phasenverschobenheit der Ehe und der bisherigen Unterstützung des Mannes durch die Frau war dieser Verzicht wirksam – die Frau behielt ihre Versorgungsanrechte ungekürzt.

Hinweis: Eheverträge wirksam abzufassen ist keine Alltagsaufgabe und verlangt eine ausgiebige Beratung.

Quelle: KG, Beschl. v. 19.02.2016 – 19 UF 79/15
Thema: Familienrecht

Mehr Zeit fürs Kind: Nur selten schlägt sich ein zeitlich erweiterter Umgang auf den Unterhalt nieder

Bei der Bestimmung des Kindesunterhalts wird davon ausgegangen, dass zwischen dem zur Zahlung verpflichteten Elternteil und dem Kind Umgang stattfindet. Der Umgang reduziert also nicht die Höhe des zu zahlenden Betrags. Gilt aber etwas anderes, wenn der Umgang das normale Maß übersteigt?

In der heutigen Zeit haben insbesondere die Väter glücklicherweise mehr Interesse an ihren Kindern als noch zuvor. Sie möchten sie aufwachsen sehen und sind bereit, dafür Zeit zu investieren. Das kann soweit gehen, dass sie ihre Arbeitszeit reduzieren und damit weniger Einkommen hinnehmen, um sich dem Nachwuchs widmen zu können. Das Umgangsrecht nehmen sie dann entsprechend umfassender wahr.

In dem Zusammenhang kann sich die Frage stellen: Nimmt dieser gesteigerte Umgang Einfluss auf die Höhe des zu zahlenden Unterhalts – bzw. wenn ja: inwiefern? Was gilt, wenn der Vater für eine intensivere Kindesbetreuung seinen Arbeitsumfang zum Beispiel auf 70 % mindert?

In der Rechtsprechung ist diese Frage noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Klar ist aber, dass der nach der Düsseldorfer Tabelle (einer bundesweit geltenden Unterhaltsleitlinie) zu zahlende Mindestunterhalt in jedem Fall zu zahlen ist. Wer also nicht mehr zu 100 % arbeitet, um sich somit mehr um seine Kinder kümmern zu können, kann damit nicht erreichen, dass er weniger als die niedrigsten Sätze der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen hat.

Hinweis: Was unter dem normalen Umgangsrecht zu verstehen ist, regelt das Gesetz bislang nicht. In der Praxis üblich ist jedoch ein 14-tägiger Umgang an den Wochenenden (von Freitag Abend bis Sonntag Abend) sowie während der Hälfte der Schulferien. Dieses Kontingent ist erst einmal zu erreichen, bevor sich die Frage stellt, was bei einem umfangreicheren Umgangsrecht gilt. Oft zeigt sich, dass bei Licht betrachtet der Umgang dann doch nicht nennenswert umfangreicher stattfindet als das genannte übliche Prozedere. Eine Reduktion des Unterhalts wird also häufiger eingefordert, als tatsächlich eine Berechtigung dazu besteht.

Quelle: KG, Beschl. v. 11.12.2015 – 13 UF 164/15
Thema: Familienrecht

Grenz(wert)fälle: Das Alkoholverbot für Fahranfänger ist nicht so „absolut“, wie es sich nennt

Wie absolut das sogenannte absolute Alkoholverbot für Fahranfänger in der Realität bemessen werden kann, musste das Kammergericht Berlin (KG) vor kurzem erneut bewerten.

Ein 20 Jahre alter Fahrzeugführer, der sich noch in der Probezeit befand, geriet in eine Polizeikontrolle. Auf die Frage, ob er Alkohol konsumiert habe, antwortete er, dass er in der Nacht zuvor Alkohol getrunken habe. Daraufhin erfolgte ein Atemalkoholtest, der einen Wert von 0,05 mg/l ergab. Der Betroffene wurde wegen des Verstoßes gegen das allgemein geltende Alkoholverbot für Fahranfänger zu einer Geldbuße von 500 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.

Das KG hat den Betroffenen auf dessen Beschwerde hin jedoch freigesprochen. Denn wo die pure Wortinterpretation Recht zu haben scheint, widerspricht die Wissenschaft und auch das Gericht. Denn dieses nimmt aufgrund entsprechender Expertenmeinungen ein Einsetzen der alkoholischen Wirkung im menschlichen Organismus erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 ‰ oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,1 mg/l an. Die hatte der Betroffene mit der gemessenen Atemalkoholkonzentration von 0,05 mg/l aber nicht erreicht.

In seiner Begründung bezieht sich der Senat zudem darauf, dass nach derzeitigem Stand der Wissenschaft Grenzwerte von 0,0 ‰ bzw. 0,0 mg/l, die das Einhalten des „absoluten“ Alkoholverbots belegen würden, nicht bestimmbar sind. Aus diesem Grund hatte die Alkoholkommission zum Alkoholverbot für Fahranfänger einst auch die tatsächlich messbaren Grenzwerte von 0,2 ‰ bzw. 0,1 mg/l empfohlen. Letztendlich folgt der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung damit der wissenschaftlichen Ansicht, dass eine Alkoholwirkung unterhalb von 0,2 ‰ bzw. 0,1 mg/l sowohl aus messtechnischen als auch aus medizinischen Gründen grundsätzlich ausscheidet.

Hinweis: Vorsicht – ab welchem Grenzwert eine Alkoholwirkung festzustellen ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt! Wie das KG haben auch das Amtsgericht (AG) Langenfeld und das AG Biberbach entschieden. Demgegenüber hat das AG Herne einen Betroffenen freigesprochen, bei dem ein Atemalkoholwert von 0,13 mg/l festgestellt wurde. Diese Entscheidung beruht allerdings auf Angaben eines von dem Gericht angehörten Sachverständigen, der den Grenzwert für das Einsetzen der alkoholischen Wirkung erst bei 0,26 ‰ annahm.

Quelle: KG, Beschl. v. 15.02.2016 – 3 Ws (B) 538/15 – 122 Ss 142/15 
Thema: Verkehrsrecht

Vermindeter Schadensersatzanspruch: Mitverschulden durch regelwidriges Benutzen einer Busspur

Einen Fahrzeugführer, der unzulässigerweise die Busspur benutzt, um an einem Stau vorbeizufahren, kann ein Mitverschulden an einer Kollision mit einem aus dem Gegenverkehr kommenden Linksabbieger treffen.

Ein Pkw-Fahrer fuhr innerorts rechts über eine Busspur an einem Stau vorbei, um in eine in einiger Entfernung liegende Parklücke einzuparken. Auf der Busspur kam es zu einer Kollision mit einem entgegenkommenden Linksabbieger, dem ein im Stau stehender Fahrer eine Lücke gelassen hatte.

Das Kammergericht Berlin hat dem Geschädigten lediglich 2/3 des ihm entstandenen Schadens zugesprochen. Der Geschädigte muss sich ein Mitverschulden in Höhe von 1/3 zurechnen lassen, denn er befuhr unzulässig die Busspur, die für Pkw nicht freigegeben war. Damit verstieß er gegen die Grundregeln der Straßenverkehrsordnung, laut der die Verkehrsregeln, Verkehrszeichen und Lichtzeichen zu beachten sind. Der vom Geschädigten vorgebrachte Grund für das Befahren der Busspur, um in eine – hinter der Kollisionsstelle gelegene – Parklücke einzufahren, ist nicht geeignet, die Regelabweichung zu erlauben. Der Geschädigte querte die Busspur nämlich nicht etwa nur kurz, sondern fuhr auf dieser geradeaus. Im Hinblick auf die mangelnde Übersichtlichkeit der Verkehrslage wäre es geboten gewesen, in der für den Individualverkehr freigegebenen Fahrspur zu bleiben und den dort stockenden Verkehrsverlauf in Kauf zu nehmen. Durch das vorzeitige Ausweichen auf die Busspur erhöhte der Geschädigte die Kollisionsgefahr mit den die Busspur querenden Verkehrsteilnehmern.

Hinweis: Die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Anspruchsminderung des Geschädigten wegen eines Mitverschuldens beruht auf der Überlegung, dass jemand die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muss, der die nach Lage der Dinge erforderlich erscheinende Sorgfalt außer Acht lässt, um sich selbst vor Schaden zu bewahren.

Quelle: KG, Urt. v. 08.06.2015 – 29 U 1/15

Thema: Verkehrsrecht

Bushaltestelle: Schadensverteilung bei Kollision zwischen Radler und Fahrgast

Kollidiert ein Radfahrer auf einem Radweg, der an einer Bushaltestelle vorbeiführt und für die Fahrgäste einen reservierten Bereich von bis zu 3 m vorsieht, mit einem just ausgestiegenen Fahrgast, kommt eine Haftungsverteilung von 80 : 20 zu Lasten des Radfahrers in Betracht

Eine Radfahrerin befuhr innerorts einen Radweg. Links von ihr hielt ein Linienbus, aus dem Fahrgäste ausstiegen. Mit einem der Fahrgäste kollidierte die Radfahrerin und verletzte sich hierbei. Sie verlangte von dem Fahrgast Schadensersatz.

Das Kammergericht Berlin hat der Radfahrerin lediglich Schadensersatz von 20 % zugesprochen. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass der Zusammenstoß überwiegend von ihr selbst verursacht wurde, und bemisst deren Mitverschuldensanteil mit 80 %. Die Radfahrerin hätte erkennen können, dass aus dem haltenden Linienbus Fahrgäste aussteigen, und war daher zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und Sorgfalt verpflichtet. Zu berücksichtigen war, dass der relativ schmale Bereich für Fußgänger von bis zu 3 m nicht geeignet war, eine größere Zahl von aussteigenden Fahrgästen aufzunehmen, und diese durch nachrückende Fahrgäste auf den sich anschließenden Radweg gedrängt werden. Die Radfahrerin hätte die Haltestelle nur passieren dürfen, wenn eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist – was ersichtlich nicht der Fall war.

Hinweis: In der Straßenverkehrsordnung ist geregelt, dass an ein- oder aussteigenden Fahrgästen mit Schrittgeschwindigkeit nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden darf, dass eine Gefährdung der Fahrgäste ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift verlangt also eine außerordentliche Aufmerksamkeit und Sorgfaltspflicht. Eine Schadensverteilung von 80 : 20 zu Lasten der Radfahrerin erscheint daher angemessen.

Quelle: KG, Beschl. v. 15.01.2015 – 29 U 18/14 

Thema: Verkehrsrecht