Seinen Arbeitgeber öffentlich zu kritisieren, ist immer ein riskantes Unterfagen. Als Auszubildender in der Probezeit gilt es zudem, eine ganz besondere Vorsicht walten zu lassen – denn ihnen kann der Arbeitgeber auch ohne Vorliegen eines Grunds kündigen. Beide imaginären Warnschilder hatte der Kläger im folgenden Fall des Arbeitsgerichts Berlin (ArbG) entweder nicht gesehen oder schlichtweg ignoriert.
Vertrauensbruch ist ein absoluter Kündigungsgrund. Manchmal wiegt ein solcher sogar so schwer, dass Arbeitgeber fast gar nicht anders können, als sich von einem Arbeitnehmer zu trennen. In diesem Fall, der vor dem Arbeitsgericht Bonn (ArbG) landete, handelte es sich um eine Professorin der Universität Bonn, die es mit der wissenschaftlichen Redlichkeit nicht ganz genau genommen hatte.
In diesem Fall des Landgerichts Lübeck (LG) ging es glücklicherweise „nur noch“ um Geld. Dies sei nur deshalb erwähnt, weil es bei Eigenbedarfskündigungen oft um den Verlust der heimischen vier Wände geht, der auch tragische(re) Folgen haben kann. Die Frage hier war, wer die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, wenn der vom klagenden Wohnungseigentümer begehrte Auszug bereits vor Entscheidungsreife vonstatten gegangen ist.
Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen ebenso einen besonderen Kündigungsschutz wie Mütter und Väter in Elternzeit. Wenn sich diese jedoch eines Vergehens am Arbeitsplatz schuldig gemacht haben, ist eine Kündigung zwar schwierig durchzusetzen, jedoch nicht unmöglich. Ob ein Arbeitgeber hierzu die Entscheidung seiner Klage abwarten muss oder aber nach Ablauf der Schutzfristen dennoch kündigen darf, musste im Folgenden das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) entscheiden.
Auch kleine Nachlässigkeiten können einen Kündigungsgrund darstellen. So sind Arbeitnehmer auch bei einer andauernden Arbeitsunfähigkeit dazu verpflichtet, ihren Arbeitgeber über den Verlauf zu informieren. Kommt der Erkrankte diesen Pflichten nicht nach, ergeht es ihm schnell wie dem Lageristen im folgenden Fall des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG).
Ein Arbeitnehmer war bereits seit 2007 bei seinem Arbeitgeber als Lagerist beschäftigt. Seit Juli 2016 war er durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Lagerist versäumte es dabei aber wiederholt, seinem Arbeitgeber die Fortdauer seiner Erkrankung rechtzeitig und korrekt mitzuteilen. Der Arbeitgeber wies seinen Mitarbeiter zunächst schriftlich auf dessen Pflichten hin, mahnte ihn dann mehrfach ab und kündigte ihm schließlich. Dagegen klagte der Langzeiterkrankte.
Die Kündigungsschutzklage hatte in Augen des LAG jedoch keinen Erfolg. Denn nach Ansicht der Richter hatte der Mitarbeiter seine Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Fortdauer seiner Arbeitsunfähigkeit trotz vorangehender Abmahnungen mehrfach vorsätzlich verletzt.
Hinweis: Arbeitnehmer sollten also die Hinweis- und Nachweispflichten im Fall von Arbeitsunfähigkeit ernst nehmen. Die Pflichten gelten dabei nämlich auch im Fall einer Langzeiterkrankung!
Quelle: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.11.2020 – 10 Sa 52/18
Das Thema Eigenbedarf bleibt im Mietrecht ein großer Streitpunkt, der immer wieder vor Gericht geklärt werden muss. Im folgenden Fall, der dem Amtsgericht München (AG) vorgelegt wurde, musste die Frage beantwortet werden, ob der kündigende Eigentümer selbst einziehen muss, um den Eigenbedarf somit wörtlich zu nehmen.
Ein Vermieter lebte mit seiner berufstätigen Ehefrau und drei Kindern, von denen zwei die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, in einer Eigentumswohnung. Die Ehefrau war von zu Hause aus berufstätig. Der Mann besaß außerdem noch eine knapp 700 Meter entfernt liegende Wohnung, die vermietet war. Dieses Mietverhältnis kündigte er nun und begründete die Kündigung mit Eigenbedarf. Er und seine Frau wollten ein Au-pair einstellen, das in die Wohnung einziehen soll. In ihrer Wohnung, die aus einem Elternschlafzimmer, drei Kinderzimmern, einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche sowie Bad und einem Büro bestehe, gebe es keine Möglichkeit zur Unterbringung des Au-pairs, da sämtliche Räume bereits genutzt würden. Schließlich legte er eine Räumungsklage ein – mit Erfolg.
Es liegt laut AG durchaus ein nachvollziehbarer Kündigungsgrund vor, wenn ein Vermieter ein Au-pair in einer vermieteten Wohnung unterbringen möchte, die zu Fuß von seinem bewohnten Eigenheim nicht weit entfernt liegt. Die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung bliebe dabei alleinige Sache des Vermieters. Eine Missbrauchskontrolle findet nur insoweit statt, ob der verfügbare Wohnraum und die angegebene Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, so dass sich der Verdacht aufdrängen müsste, die volle Ausnutzung des Wohnraums werde nur vorgespiegelt, um die Kündigung zu ermöglichen. Doch dies war bei den Gegebenheiten hier nicht der Fall.
Hinweis: Die Vorbereitung einer mietrechtlichen Kündigung sollte stets in anwaltlicher Begleitung erfolgen. Auf Mieterseite sollte bei Erhalt einer Kündigung über eine rechtliche Beratung nachgedacht werden. Es geht für beide Seiten um viel – meist mehr als nur um die Wohnung.
Quelle: AG München, Urt. v. 12.01.2021 – 473 C 11647/20
Über den Einsatz von Dienstwagen und deren Nutzung über das Berufliche hinaus gab es schon reichlich Streit. Dass Arbeitnehmer bei der Nutzung von Dienstfahrzeugen besonders aufpassen sollten, beweist auch dieser Fall des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG). Denn bei diesem Thema kann es schneller zu einer Kündigung kommen als gedacht, und hier hatte der Angestellte einfach Glück. Lesen Sie, warum.
Ein Arbeitnehmer war seit 1984 als Energieanlagenelektroniker im Außendienst im Bereich der Stromzählermontage bei einem Netzbetreiber beschäftigt. Er war tariflich ordentlich unkündbar. Für seine Tätigkeit hatte ihm seine Arbeitgeberin ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt, dessen private Nutzung sie jedoch untersagt hatte. Die Arbeitgeberin warf dem Mitarbeiter schließlich nach einer Auswertung des elektronischen Fahrtenbuchs unerlaubte Privatfahrten und damit einen Arbeitszeitbetrug vor. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Dagegen klagte der Arbeitnehmer – durchaus mit Erfolg.
Soweit die Arbeitgeberin ihm überzogene Pausen aufgrund von Standzeiten des Fahrzeugs nach der regulären Pausenzeit vorgeworfen hatte, konnte sie keinen Kündigungsgrund nachweisen. Denn der Arbeitnehmer hatte diesen Umstand damit erklärt, dass er in dieser Zeit vorbereitend die Schrauben der Zählerplatten für die Montage nachgezogen hatte. Dass der Arbeitnehmer mit dem Dienstfahrzeug seine Wohnung aufgesucht hatte, war für das LAG auch kein Kündigungsgrund – denn es blieb offen, ob ihm dies ein Vorgesetzter für Toilettengänge wegen einer Erkrankung gestattet hatte. Es handelte sich stets nur um einen kleinen Umweg. Die lange beanstandungsfreie Beschäftigungszeit und der nur kurze Aufenthalt zu Hause sprachen in den Augen der LAG-Richter daher hier für den Mitarbeiter.
Hinweis: Aus Arbeitgebersicht sind viele Urteile der Arbeitsgerichte kaum nachvollziehbar. Aber so ist das nun einmal: Das Arbeitsrecht ist in seinem eigentlichen Sinne ein Arbeitnehmerschutzrecht.
Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2020 – 6 Sa 522/20
Das folgende Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LAG) löst die Zweiwochenfrist für fristlose Kündigungen nicht gänzlich auf. Dennoch zeigt es, unter welchen Umständen Arbeitgeber sich allein schon der gegenseitigen Fairness wegen ein wenig mehr Zeit lassen dürfen, bevor sie Mitarbeiter bei Verdachtsmomenten fristlos vor die Tür setzen können.
Generell muss muss ein Arbeitgeber laut § 626 Abs. 2 BGB eine außerordentliche fristlose Kündigung stets binnen zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrunds aussprechen. Hier hatte eine Arbeitgeberin sowohl eine außerordentliche als auch hilfsweise eine ordentliche Kündigung gegen einen ihrer Mitarbeiter ausgesprochen. Denn der Arbeitnehmer war vor Beginn seiner Referententätigkeit als Abgeordneter in den Brandenburger Landtag gewählt worden und hatte in dieser Zeit auf Basis fehlerhafter Angaben Fahrt- und Mietkostenzuschüsse von fast 90.000 EUR erhalten. Ein deswegen eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft führte in erster Instanz auch zu einer Verurteilung. Nach dieser beschloss die Arbeitgeberin, die Entscheidung zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses von der Entscheidung der Berufungsinstanz abhängig zu machen. Als diese schließlich das erstinstanzliche Urteil bestätigte, beschloss die Arbeitgeberin erst rund zwei Monate später, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Und das war eindeutig zu spät.
Die Arbeitgeberin hatte nach Ansicht des LAG die von ihr für erforderlich gehaltenen Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts nicht mit der gebotenen Eile durchgeführt. Zwar hatte sie die Zweiwochenfrist nicht schon deshalb versäumt, weil sie nach der erstinstanzlichen Verurteilung den Ausgang des Berufungsverfahrens abwarten wollte. Denn ein Arbeitgeber darf bei einem Arbeitnehmerverhalten durchaus den Fort- und Ausgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten und abhängig von dessen Verlauf kündigen – jedoch nicht zu einem willkürlich gewählten Zeitpunkt. Die Arbeitgeberin wäre hier nach der zweitinstanzlichen Entscheidung verpflichtet gewesen, die von ihr für erforderlich gehaltenen Ermittlungen und die davon abhängigen Entscheidungen zügig umzusetzen. Das hatte sie nicht getan. Allerdings war die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung wirksam und beendete das Arbeitsverhältnis schließlich ordnungsgemäß.
Hinweis: Ein Arbeitgeber, der nur Anhaltspunkte für eine außerordentliche Kündigung hat, kann also zunächst weitere Ermittlungen anstellen, ohne dass die Zweiwochenfrist zu laufen beginnt. Hat er sämtliche Kenntnisse, muss er ab diesem Zeitpunkt innerhalb von zwei Wochen die fristlose Kündigung aussprechen.
Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.02.2019 – 7 Sa 2068/18
Gerichtsprozesse können auf Beklagte naturgemäß einen erheblichen Druck ausüben. Dennoch sollten sich alle Beteiligten mäßigen, was Wutausbrüche angeht. Ob emotional getätigte Äußerungen in einem Mietprozess zu einem neuen Kündigungsgrund führen können, musste im Folgenden das Landgericht Saarbrücken (LG) klären.
In einem Mietprozess um die Räumung einer Wohnung ging es hart zur Sache. Als ein Streitgespräch eskalierte, war der verklagte Mieter so aufgewühlt, dass er sich zu der Äußerung hinreißen ließ, die Tochter der Vermieterin sei drogensüchtig, weil die Mutter ihr den Mann ausgespannt habe. Die Vermieterin hielt die Äußerung des Mieters für inakzeptabel und erklärte daraufhin erneut die fristlose Kündigung.
Doch hier entschied das LG zugunsten des Mieters. Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung bestand nicht. Die beleidigenden Äußerungen des Mieters im Prozess hatten eine fristlose Kündigung in den Augen der Richter nicht rechtfertigen können. Zwar seien die Äußerungen objektiv nicht akzeptabel gewesen, sie erfolgten jedoch in einem emotional eskalierenden Streitgespräch. Deshalb hätte zunächst eine Abmahnung erfolgen müssen.
Hinweis: Generell sollten also Vertragsparteien auch während eines Mietprozesses mit Äußerungen vorsichtig sein. Gerade im Prozess sollten keine Beleidigungen und rufschädigenden Äußerungen erfolgen, da diese Gründe für eine erneute Kündigung darstellen könnten.
Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 18.01.2019 – 10 S 53/18
Eine Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter ist zwar schnell ausgesprochen, doch ganz so einfach geht es häufig doch nicht.
Im Jahr 2012 zog eine Mieterin in ein Mietshaus mit sieben Mietparteien ein. Dann wechselte der Eigentümer des Hauses und damit auch der Vermieter. Der neue Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit der Mieterin wegen eines angeblichen Eigenbedarfs. Als Kündigungsgrund gab der neue Eigentümer an, dass er das Haus gekauft hätte, um im gesamten Haus mit seinen Kindern und der Mutter zu wohnen und arbeiten zu können. Er plane, das gesamte Haus umzubauen, und die Wohnung der Mieterin würde dann wegfallen. Die Mieterin widersprach der Kündigung, da sie von einem vorgeschobenen Eigenbedarf ausging. Daraufhin erhob der neue Vermieter eine Räumungsklage. Die wurde jedoch vom Amtsgericht abgewiesen. Die Kündigung war nämlich formell unwirksam und hatte deshalb das Mietverhältnis gar nicht beendet. Die Begründung der Kündigung war nämlich zu schwammig gewesen. Sie sollte dem Mieter Klarheit über seine Rechte verschaffen. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs sind deshalb grundsätzlich die Person, für die die Wohnung benötigt wird, und das Interesse anzugeben, das diese Person an der Wohnung hat. Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter aber weder die Bedarfspersonen vollständig angegeben noch deren jeweiligen Bedarfsgrund dargelegt. Die Nachvollziehbarkeit der Eigennutzung konnte damit von der Mieterin nicht ausreichend überprüft werden.
Hinweis: Bei einer Eigenbedarfskündigung im Mietrecht ist also nicht nur die Person anzugeben, die in die Wohnung einziehen soll, es muss auch ein Hinweis auf das Nutzungsinteresse erfolgen.
Quelle: AG Düsseldorf, Urt. v. 07.08.2017 – 25 C 447/16 Mietrecht