Skip to main content

Schlagwort: Pflichtverletzung

Grob pöbelnder Mitmieter: Räumungsklage gegen 97-jährige an Demenz erkrankte Mieterin vorerst abgewendet

Mieter müssen sich das Verhalten von Mitmietern zurechnen lassen. Begeht ein Mitmieter eine Pflichtverletzung, muss u.U. auch der andere Mieter dafür geradestehen – das gilt zumindest grundsätzlich, wenngleich nicht in jedem Fall.

Eine 97-jährige Mieterin war an Demenz erkrankt und wohnte bereits seit 1955 in ihrer Wohnung. Im selben Haus bewohnte deren Betreuer, der sie ganztägig pflegte, eine weitere, durch die Frau angemietete Wohnung. Dieser Betreuer beleidigte in mehreren Schreiben grob die Hausverwaltung, woraufhin die Eigentümerin die Kündigung beider durch die Frau angemieteten Wohnungen aussprach. Als die an Demenz erkrankte Frau nicht auszog, erhob die Eigentümerin eine Räumungsklage. Der Bundesgerichtshof urteilte nun, dass Gerichte schwerwiegende persönliche Härtegründe auf Seiten des Mieters auch bei der fristlosen Kündigung berücksichtigen müssen. Es ist stets eine Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Jetzt muss die Vorinstanz nochmals prüfen, ob die alte Dame auf die Betreuung durch den Mitmieter in ihrer bisherigen häuslichen Umgebung angewiesen ist und ob bei einem Wechsel der Betreuungsperson oder einem Umzug schwerwiegende Gesundheitsschäden zu befürchten sind.

Hinweis: Mieter können in solchen Fällen einen Vollstreckungsschutzantrag stellen. Dieser sollte ausführlich begründet sein und sich mit der persönlichen Härte, die ein Umzug bedeuten würde, auseinandersetzen.

Quelle: BGH, Urt. v. 09.11.2016 – VIII ZR 73/16
Thema: Mietrecht

Elternunterhalt nach Pflichtverletzung: Durch elterlichen Drogenkonsum belastete Kindheit kann zur Zahlungsbefreiung führen

Es kommt immer häufiger vor, dass Kinder ihren Eltern Unterhalt zahlen müssen – vor allem, wenn die Eltern in einem Heim untergebracht werden müssen.

Zuerst stellt sich die Frage, inwieweit die Kinder unter Beachtung ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse überhaupt in Anspruch genommen werden können. In diesem Zusammenhang gelten bei der Berechnung des zu zahlenden Betrags viele Besonderheiten. Diese werden vom Träger der Sozialhilfe häufig erst einmal nicht gesehen oder nicht beachtet und führen bei korrekter Berücksichtigung zu einem deutlich niedrigeren Betrag als gefordert.

Ebenso ist zu prüfen, ob die Eltern, für die der Unterhalt gefordert wird, in der Vergangenheit ihrerseits die Unterhaltspflicht ihren Kindern gegenüber grob verletzt haben.

Wann eine solche Pflichtverletzung vorliegt, ist in der Praxis oft streitig. Das Amtsgericht Bremen hat eine solche Pflichtverletzung in einem Fall anerkannt, in dem der (später pflegebedürftige) Vater seinen Sohn zunächst zu sich nahm und betreute, Alkohol- und Drogenmissbrauch dann aber dazu führten, dass sogar der Sohn drogenabhängig wurde und als Kind in ein Heim kam. Da der Vater dem Sohn sogar mit Suizid drohte, wenn er nicht zu ihm zurückkehre, wurde sogar eine Kontaktsperre verhängt. Kontakte gab es keine mehr, der Sohn wurde glücklicherweise erfolgreich therapiert.

Das Gericht sah aufgrund dieser Vorgeschichte von einer Unterhaltspflicht des Sohns ab. Namhafte Kommentatoren der Entscheidung sehen diese jedoch kritisch. Da sich der Vater zunächst jahrelang um seinen Sohn gekümmert hatte, habe er seine Unterhaltspflicht nicht vollständig vernachlässigt, so die kritische Argumentation.

Hinweis: Beim Elternunterhalt ist es in erster Linie wichtig, auf die korrekte Berechnung des zu zahlenden Unterhalts zu achten. Dazu ist möglichst frühzeitig ein Profi hinzuzuziehen. Die Frage der groben Vernachlässigung der Unterhaltspflicht ist zusätzlich anzusprechen und ebenfalls von Bedeutung; nur sind die Prognosen in dieser Hinsicht nicht so leicht.

Quelle: AG Bremen, Beschl. v. 10.11.2015 – 64 F 2866/14 UV
Thema: Familienrecht

„Ich stech’ Dich ab!“: Eine massive Bedrohung rechtfertigt die fristlose Kündigung

Mit schweren Straftaten ist das Ende des arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsrechts erreicht.

Im Zusammenhang mit einer Personalratswahl gab es erhebliche Konflikte zwischen einem Mitarbeiter und seinem Vorgesetzten. Der Vorgesetzte warf dem Mitarbeiter vor, ihn in einem anonymen Telefonat mit den Worten „Ich stech’ Dich ab“ bedroht zu haben. Er behauptete, den Anrufer an dessen markanter Stimme erkannt zu haben. Außerdem sei seine Telefonnummer nur wenigen Personen bekannt. Der Arbeitnehmer erhielt daraufhin die Kündigung, gegen die er vorging. Das Arbeitsgericht führte daraufhin eine Beweisaufnahme durch, die keine Zweifel daran ließ, dass der Arbeitnehmer tatsächlich der Anrufer war. Die Kündigung hat es für rechtmäßig erachtet, da aufgrund der ernsthaften und nachhaltigen Bedrohung eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar ist. Aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung war sogar eine vorherige Abmahnung entbehrlich.

Hinweis: Massive Bedrohungen und Beleidigungen des Vorgesetzten rechtfertigen in aller Regel eine Kündigung.

Quelle: ArbG Düsseldorf, Urt. v. 15.08.2016 – 7 Ca 415/15

Thema: Arbeitsrecht

Immobilienkauf: Wird der „unverbaubare“ Skylineblick doch verbaut, ist eine Rückabwicklung möglich

Aussagen in Werbeprospekten kommt durchaus rechtliche Relevanz zu, so wie in diesem Fall des verbauten Skylineblicks.

Ein Mann erwarb eine Eigentumswohnung in Frankfurt am Main. Sie sollte über 300.000 EUR kosten. Im Verkaufsprospekt wurde mit dem „unverbaubaren Skylineblick“ geworben. Leider kam es aber anders, als es sich der Käufer vorgestellt hatte. Ausgerechnet der Verkäufer der Wohnung errichtete kurze Zeit nach Übergabe der Wohnung in unmittelbarer Nähe ein weiteres dreigeschossiges Gebäude. Hierdurch wurde die freie Sicht auf die Frankfurter Skyline eindeutig eingeschränkt. Vorher konnte der Käufer einen Blick auf die gesamte Frankfurter Innenstadt werfen – nunmehr nur noch auf die Europäische Zentralbank und den Messeturm. Deshalb erklärte er den Rücktritt vom Vertrag und verlangte die Rückabwicklung. Völlig zu Recht, wie das Oberlandesgericht Frankfurt urteilte. Der Käufer durfte erwarten, dass ein unverbauter Blick auf die Frankfurter Skyline möglich ist. Hinzu kommt, dass der Verkäufer die Pflichtverletzung durch die weiteren Bauten sogar noch selbst zu verantworten hatte.

Hinweis: Wieder einmal zeigt sich, dass Werbeaussagen in Prospekten auch durchaus rechtlich verbindliche Wirkung haben können.

Quelle: OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 12.11.2015 – 3 U 4/14

Thema: Mietrecht