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Der Fall Air Berlin: Die von Fluggesellschaften erhobenen Stornierungsgebühren sind unzulässig

Air Berlin hat einen Insolvenzantrag gestellt, nachdem die Gesellschaft mit ihrem Geschäftsgebaren sogar vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Schiffbruch erlitten hatte.

Air Berlin hatte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel aufgenommen, nach der – sobald ein Reisender eine Buchung für einen Flug im Spartarif storniert oder den Flug nicht antritt – vom zu erstattenden Betrag ein Bearbeitungsentgelt von 25 EUR einbehalten wird. Ein Verbraucherschutzverband klagte dagegen.

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) legte dem EuGH den Fall vor, da er der Auffassung war, dass die Klausel über die Bearbeitungsgebühr die Kunden unangemessen benachteiligte und daher nach den Bestimmungen des deutschen Rechts zur Umsetzung der Unionsrichtlinie zu missbräuchlichen Klauseln unwirksam sei.

Mit seinem Urteil bestätigte der EuGH nun, dass die allgemeinen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln auch auf Luftbeförderungsverträge anwendbar sind. Zur Preistransparenz, wie sie nach der Verordnung über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten verlangt wird, sagten die Richter, dass Luftfahrtunternehmen die von den Kunden für Steuern, Flughafengebühren und sonstige Gebühren, Zuschläge und Entgelte geschuldeten Beträge bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise gesondert ausweisen müssen und sie daher nicht in den Flugpreis einbeziehen dürfen. Dem Kunden ist immer die Höhe aller auf den Endpreis entfallenden Beträge mitzuteilen. Folglich wird eine Bearbeitungsgebühr bei stornierten Buchungen in aller Regel also unzulässig sein.

Hinweis: Die Stornierungsgebühren von Air Berlin sind nicht zulässig – zur Rettung der Fluggesellschaft konnten diese Gebühren scheinbar sowieso nicht beitragen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 06.07.2017 – C-290/16

  Sonstiges

Rauchmelder in NRW: Anschaffung ist Vermietersache – Wartungspflicht trifft den Mieter

In vielen Gebäuden sind Rauchmelder mittlerweile Pflicht. Doch was ist mit den damit verbundenen Kosten? Kann der Vermieter diese auf seine Mieter umlegen?

Bereits im Jahr 1998 zogen Mieter in eine Mietwohnung in Nordrhein-Westfalen. Im Mietvertrag war geregelt worden, dass neu entstehende Betriebskosten auf den Mieter umlegbar sind. Eine spezielle Regelung für Rauchmelder gab es allerdings nicht. Schließlich wurden im Jahr 2015 Rauchmelder installiert und die Kosten für die Miete und Wartung der Rauchmelder in der darauffolgenden Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt. Diese weigerten sich zu zahlen und der Vermieter klagte das Geld ein – vergeblich.

 

Die Kosten für die Anmietung eines Rauchmelders durch den Vermieter sind überhaupt nicht als Betriebskosten umlagefähig, da diese als Kapitalersatz- und gar nicht als Betriebskosten gelten. Bei Wartungskosten kann es sich da durchaus anders verhalten. Doch selbst diese dürfen ausschließlich bei entsprechender mietvertraglicher Regelung auf den Mieter umgelegt werden, da hier eine Besonderheit aus der Bauordnung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen ins Spiel kommt: Grundsätzlich ist nach Regelung des § 49 Abs. 7 BauO Nordrhein Westfalen nämlich der Mieter für die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der Rauchmelder verantwortlich. Also trifft die Wartungspflicht gar nicht den Vermieter – und somit darf dieser logischerweise auch keine entsprechend selbstinitiierten Kosten umlegen. Um vermieterseitige Wartungskosten auf die Mieter umlegen zu dürfen, muss das im Mietvertrag ausdrücklich geregelt werden. Genau das war vorliegend nicht geschehen.

Hinweis: Ein Blick in den Mietvertrag ist sowohl für Vermieter als auch Mieter unerlässlich. Denn nur die Kosten, die dort aufgeführt sind, kann der Vermieter auch in der Betriebskostenabrechnung entsprechend umlegen.

Quelle: AG Dortmund, Urt. v. 30.01.2017 – 423 C 8482/16

  Mietrecht

Finanzen in der Pflege: Bei Nachweis der ordnungsgemäßen Verwendung hat der Erbe hat kein Rückforderungsrecht

Werden Angehörige gepflegt, ist es in diesem Zusammenhang häufig auch erforderlich, die Finanzen des Pflegebedürftigen zu verwalten. Dies kann im Nachhinein jedoch zu Streitigkeiten führen, wenn die Erben anzweifeln, dass die Gelder ordnungsgemäß verwendet wurden.

Eine Frau hatte ihre Mutter einige Jahre gepflegt, bevor diese dann ins Pflegeheim kam und schließlich verstarb. Die Mutter hatte der Tochter eine General- und Vorsorgevollmacht ausgestellt und unterschrieb einige Schecks, mit denen die Tochter Geld vom Konto der Mutter abhob. Nach dem Tod der Mutter verlangte der Bruder der Tochter, der Alleinerbe wurde, diese Gelder heraus.

 

Das Gericht untersuchte die einzelnen Geldbeträge und stellte fest, dass ein Großteil des Geldes mithilfe von Schecks abgehoben wurde, die die Mutter selbst unterschrieben hatte. Als Verwendungszweck war dabei „Pflegegeld“ oder „Aufwandsentschädigung“ angegeben. Das Gericht sah dies zusammen mit einem handschriftlichen Vertrag als ausreichenden Beweis dafür an, dass diese Zahlungen – wie von der Tochter angegeben -, als Gegenleistung für Pflege- und Betreuungstätigkeiten geleistet wurden. Mithilfe weiterer Schecks wurden Beträge abgehoben, die der Mutter als Taschengeld ausgehändigt wurden, was das Gericht aufgrund einer Zeugenaussage ebenfalls als erwiesen ansah. Die restlichen Gelder wurden von der Tochter dazu verwendet, Besorgungen wie Kleidungsstücke für die Mutter zu erledigen, als diese sich im Pflegeheim befand. Auch hier sah das Gericht keine Anhaltspunkte für eine unredliche Verwendung der Gelder. Somit hatte der Bruder keinen Anspruch auf Auszahlung des Geldes.

Hinweis: Werden Gelder für Pflegebedürftige verwaltet, empfiehlt es sich, die Vorgänge genau zu dokumentieren. So kann im Streitfall nachgewiesen werden kann, dass die Finanzen nicht unterschlagen oder unrechtmäßig verwendet wurden. Erhält der Pflegende zudem einen finanziellen Ausgleich als Gegenleistung, sollte dies vertraglich festgehalten werden.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.05.2017 – 9 U 167/15

  Erbrecht

Eigensicherung in Straßenbahnen: Beim Sturz im fahrenden ÖPNV spricht der Anscheinsbeweis meist gegen den Fahrgast

Dem Fahrgast obliegt es, sich unmittelbar nach dem Zusteigen in die Straßenbahn einen sicheren Stand oder einen Sitzplatz sowie sicheren Halt zu verschaffen.

Die 1932 geborene Frau stieg in eine Straßenbahn. Noch bevor sie einen festen Halt auf einem der Sitze gefunden hatte, fuhr die Straßenbahn an. Da sich die Passagierin zu diesem Zeitpunkt nicht festgehalten hatte, verlor sie dadurch das Gleichgewicht, schlug mit der linken Schulter gegen eine Wand, fiel zu Boden und verletzte sich an der Schulter.

 

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm steht der Geschädigten allerdings kein Schadensersatz bzw. Schmerzensgeldanspruch zu. Die alte Dame traf hier nämlich ein erhebliches Mitverschulden, da sie sich keinen sicheren Halt verschafft hatte – genau diesen hätte sie sich aber verschaffen können und müssen.

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung umfasst die Pflicht eines Fahrgasts zur Eigensicherung die Obliegenheit, sich unmittelbar nach dem Zusteigen in einen Bus oder eine Straßenbahn einen sicheren Halt und einen sicheren Stand bzw. einen Sitzplatz zu verschaffen. Kommt ein Fahrgast bei normaler Anfahrt eines Linienbusses bzw. einer Straßenbahn zu Fall, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Sturz auf die mangelnde Vorsicht des Fahrgasts zurückzuführen ist. Genau gegen diese Verpflichtung zur Eigensicherung hat die Frau hier verstoßen. Denn sie hatte sich nach dem Einsteigen keinen sicheren Halt an den vorhandenen Haltestangen verschafft, sondern war in der Straßenbahn mit ihrem Ehemann weitergegangen, um zu einem freien Sitzplatz zu kommen.

Hinweis: Nach den Beförderungsbedingungen ist der Fahrgast verpflichtet, sich festen Halt zu verschaffen. Der Fahrer einer Straßenbahn bzw. eines Linienbusses muss sich nur ausnahmsweise vergewissern, ob der Fahrgast einen Platz oder Halt im Wagen gefunden hat. Eine entsprechende Verpflichtung besteht bei erkennbarer Hilfsbedürftigkeit des Fahrgasts. Der Fahrgast ist daher grundsätzlich verpflichtet, zur Vermeidung eigener Gefährdung für seine eigene Sicherheit zu sorgen: Er muss sich unverzüglich nach dem Einsteigen Halt verschaffen bzw. einen Sitzplatz einnehmen.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 17.02.2017 – I-11 U 21/16

  Verkehrsrecht

Betriebsrat bleibt ungefragt: Ein Side-by-side-Coaching gilt nicht als betriebliche Bildungsmaßnahme

Zu vielen Fragen und Entscheidungen muss der Arbeitgeber seinen Betriebsrat beteiligen. Das gilt insbesondere für die Berufsbildung. Aber nicht alles, was bildet, ist gleichsam eine Berufsbildung.

Ein Unternehmen führte Telefonate mit Kunden durch. Die Geschäftsführung entschied sich für eine sogenannte Side-by-side-Coaching-Maßnahme, in der Trainer die Kundentelefonate mithören und den Mitarbeitern anschließend konkrete Tipps zur Verbesserung der Gesprächsführung geben sollten. Der Betriebsrat des Unternehmens meinte allerdings, dass es sich dabei um eine betriebliche Bildungsmaßnahme handeln würde und er hierüber mitzubestimmen habe. Seiner Ansicht nach folge dieses Recht aus § 98 Abs. 1 BetrVG, da es sich bei der Coaching-Maßnahme um eine Durchführung von betrieblichen Bildungsmaßnahmen handeln würde.

 

Das vom Betriebsrat angerufene Gericht sah die Angelegenheit allerdings anders: Der Betriebsrat besaß in dieser Sache kein Mitbestimmungsrecht. Denn ein lehrplanartiges, systematisches Vorgehen des Trainers war in der geplanten Side-by-side-Coaching-Maßnahme naturgemäß ausgeschlossen. Hier musste der Coach nämlich jeden einzelnen Mitarbeiter individuell coachen und diesem konkrete Tipps zur Verbesserung seiner Gesprächsführung geben. Und da diese Maßnahme der Form halber somit keine betriebliche Bildungsmaßnahme darstellte, konnte der Betriebsrat auch kein Mitbestimmungsrecht geltend machen.

Hinweis: Wenn Arbeitnehmern durch einen Trainer konkrete Tipps zur Verbesserung der Gesprächsführung gegeben werden sollen, handelt es sich um ein sogenanntes Side-by-side-Coaching, bei dem der Betriebsrat nicht zu beteiligen ist.

Quelle: LAG Köln, Beschl. v. 16.01.2017 – 9 TaBV 77/16

  Arbeitsrecht

Bei unbegründeter Sorge: Über Reisen als Alltagsangelegenheit entscheidet der Elternteil, bei dem sich das Kind aufhält

Urlaub in der Heimat ist nicht immer angesagt. Fernreisen bieten im Vergleich dazu nicht nur Abwechslung; sie sind mitunter sogar billiger als ein Aufenthalt im eigenen Land. Nur: Was ist, wenn sich Eltern nicht einig sind?

Wollen gemeinsam lebende Paare gemeinsam mit der Familie Urlaub machen, müssen sie einen Konsens finden. Sobald sie sich jedoch getrennt haben, kann es zu Konflikten kommen. Mit einem solchen hatte sich das Kammergericht Berlin auseinanderzusetzen. Beide Elternteile hatten sich darauf verständigt, dass die zwei Kinder ihre Ferien für einen gewissen Zeitraum beim Kindesvater verbringen sollten und dieser mit ihnen, seiner neuen Frau und deren beiden Kindern auch verreisen sollte. Klar war, dass die Reise in die Nähe von Pattaya in Thailand gehen sollte. Zunächst war die Kindesmutter damit auch einverstanden; sie änderte aber ihre Meinung jedoch, als es in Thailand zu Bombenanschlägen kam – wenngleich diese in ganz anderen weit entfernt liegenden Regionen erfolgt waren. Der Vater teilte die Bedenken der Mutter nicht und wollte die Reise dennoch durchführen.

 

Das Gericht wies darauf hin, dass Alltagsfragen von dem Elternteil zu klären sind, bei dem sich die Kinder jeweils aufhalten. Nur Fragen von grundlegender Bedeutung müssen von den Eltern gemeinsam entschieden werden. Reisen seien heutzutage eine Alltagsangelegenheit – selbst wenn es sich um weite Auslandsreisen handelt, verbunden mit einem mehrstündigen Flug und einem Aufenthalt in einem dem Kind nicht vertrauten Kulturkreis. Um grundlegende Dinge gehe es erst, wenn die Reise in ein Krisengebiet gehen soll oder für den Zielort Reisewarnungen des Auswärtigen Amts vorliegen. Weder ist das in diesem Fall direkte Reiseziel „Jomtien Beach“ ein Krisengebiet noch liegen für die Region entsprechende Warnungen vor. Deshalb fruchteten die Bedenken der Mutter nicht – und die Reise konnte stattfinden.

Hinweis: Um Streitigkeiten zwischen Eltern über das Reiseziel zu vermeiden, ist es angezeigt, dass die Eltern im Vorfeld miteinander sprechen und sich abstimmen. Sonst erfolgt eine gerichtliche Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang. 
  
  Quelle: KG, Beschl. v. 02.02.2017 – 13 UF 163/16

  Familienrecht

Mangelhafte Silikonimplantate: Der TÜV ist für nachträgliche Produktverfälschungen nicht in Regress zu nehmen

Der Fall über mangelhafte Silikonimplantate aus Frankreich ging durch die Medien.

Die Klägerin dieses Falls hatte sich Silikonbrustimplantate einsetzen lassen, die von einem in Frankreich ansässigen Unternehmen hergestellt worden waren. Dieses hatte hierfür allerdings nur minderwertiges Industriesilikon verwendet – mit der Folge, dass die Implantate wieder entfernt werden mussten und die Frau ein Schmerzensgeld von mindestens 40.000 EUR verlangte. Da das französische Unternehmen insolvent war, klagte sie gegen den TÜV Rheinland, der die Angelegenheit angeblich nicht ordnungsgemäß überwacht hatte. Der TÜV Rheinland war hierbei nämlich mit den erforderlichen Prüfungen nach den medizinrechtlichen Regelungen beauftragt worden. Diese Prüfungen hatte der TÜV auch tatsächlich durchgeführt – allerdings an ordnungsgemäßen Implantaten, die der Hersteller später durch minderwertige Implantate ersetzt hatte. Die Frau meinte nun, der TÜV Rheinland hätte unter anderem unangemeldete Inspektionen durchführen müssen, um die ausgewiesene Produktsicherheit garantieren zu können.

 

Doch das sah der Bundesgerichtshof anders. Der TÜV war nicht verpflichtet, unangemeldete Inspektionen durchzuführen, Produkte zu prüfen und/oder Geschäftsunterlagen zu sichten. Es lagen keinerlei Hinweise vor, die darauf hindeuteten, dass die medizinischen Anforderungen möglicherweise gar nicht erfüllt waren.

Hinweis: Der TÜV Rheinland musste also keine zusätzlichen Prüfungen durchführen, da überhaupt keine Hinweise vorlagen, dass die in Einsatz gebrachten Brustimplantate mangelhaft waren. Das Urteil wird auch für andere Produkte Anwendung finden, die ein entsprechendes Prüfsiegel aufweisen.

Quelle: BGH, Urt. v. 22.06.2017 – VII ZR 36/14

  Sonstiges

Unterschlagung durch Makler: Verluste aus einem Betrug können als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden

Gerade im Bereich von Vermietung und Verpachtung entstehen immer wieder Verlustausfälle – knapp 4 Mio. DM sind allerdings schon eine Hausnummer, die im folgenden Fall Beachtung findet.

Im Jahr 2000 wollte ein Mann eine Villa kaufen und diese teilweise vermieten. Eigentümer war eine Stiftung in Liechtenstein. Der Mann übergab seinem Makler hierfür 3,5 Mio. DM als Kaufpreis, 400.000 DM als Provision und 100.000 US$ bar als „Handgeld“. Der Makler unterschlug jedoch das Geld und behielt es für sich. Dieser wurde dafür zu einer Freiheitsstrafe von über vier Jahren verurteilt.

 

Einige Monate später erwarb der kaufwillige Kunde das Objekt schließlich doch – zum Preis von 3,9 Mio. DM. Planmäßig vermietete er Teilflächen an gewerbliche Mieter und zog selbst in das Dachgeschoss. In seiner Einkommensteuererklärung machte er den anteilig auf den vermieteten Teil des Gebäudes entfallenden Betrugsschaden von über 3,5 Mio. DM als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt lehnte das ab, so dass der Bundesfinanzhof entscheiden musste.

Wer einem betrügerischen Grundstücksmakler Bargeld in der Annahme übergibt, dieser werde damit den Kaufpreis für ein bebautes Grundstück bezahlen, kann den Verlust bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Interessent bei Übergabe des Geldes zum Erwerb und zur Vermietung des Grundstücks entschlossen war.

Hinweis: Die Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Gebäudes können als Werbungskosten nur zeitanteilig abgezogen werden. Vergeblich aufgewandte Beträge sind allerdings in voller Höhe sofort als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar.

Quelle: BFH, Urt. v. 09.05.2017 – IX R 24/16

  Mietrecht

Minderjähriger Erbe: Testamentsvollstrecker kann gleichzeitig Ergänzungspfleger sein

Sind Erben minderjährig, werden sie bei allen Rechtsgeschäften von ihren Sorgerechtsberechtigten – also in der Regel von den Eltern – vertreten, so auch bei Fällen im Zusammenhang mit einer Erbschaft. Möchte der Erblasser jedoch nicht, dass diese über das ererbte Vermögen entscheiden, kann dieser einen Ergänzungspfleger bestellen.

Eine geschiedene Frau hatte in ihrem Testament verfügt, dass ihr Bruder der Testamentsvollstrecker und Ergänzungspfleger ihrer beiden minderjährigen Kinder sein soll. Das Familiengericht bestellte jedoch das Jugendamt als Ergänzungspfleger, da es der Auffassung war, dass der Bruder nicht beide Funktionen gleichzeitig wahrnehmen kann. Dagegen wehrte sich der Bruder.

Das Gericht war der Ansicht, dass ein Erblasser grundsätzlich rechtswirksam verfügen kann, dass der Testamentsvollstrecker zugleich Ergänzungspfleger für den minderjährigen Erben in Bezug auf das ererbte Vermögen sein soll. Die Bestellung als Ergänzungspfleger scheidet nur dann aus, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ergänzungspfleger seine Aufgabe nicht ordnungsgemäß wahrnehmen wird – was in diesem Fall nicht gegeben war.

Das minderjährige Kind hatte jedoch selbst der Bestellung des Onkels als Ergänzungspfleger widersprochen, und dies war nach Ansicht des Gerichts von entscheidender Bedeutung. Zwar schließt der Widerspruch eines Minderjährigen, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, die Bestellung der vom Erblasser als Ergänzungspfleger berufenen Person nicht grundsätzlich aus. Das Gericht ist in einem solchen Fall jedoch nicht mehr an den Willen des Erblassers gebunden und kann nach eigenem Ermessen einen anderen Ergänzungspfleger bestellen. In diesem Fall entschied es sich dazu, diese Funktion einer neutralen Stelle und damit dem Jugendamt zu übertragen, insbesondere da das Kind, das der Bestellung widersprochen hatte, fast volljährig war.

Hinweis: Unter der Ergänzungspflegschaft versteht man die Übertragung eines Teilbereichs der elterlichen Sorge auf eine andere Person. Das Sorgerecht verbleibt in einem solchen Fall weiterhin beim Sorgerechtsinhaber, in diesem Fall beim geschiedenen Mann der verstorbenen Frau. Der Ergänzungspfleger erhält hingegen nur die Entscheidungsbefugnis über einen bestimmten Teilbereich, wie etwa die Verwaltung des ererbten Vermögens. Der Erblasser kann die Person des Ergänzungspflegers dabei in seinem Testament selbst bestimmen. Grundsätzlich ist es dabei auch möglich, dass ein Elternteil, das das Sorgerecht hat, zusätzlich zum Ergänzungspfleger bestellt wird. In einigen Fällen – etwa wenn die Eltern selbst Miterben sind – muss das Familiengericht einen Ergänzungspfleger bestellen.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 15.05.2017 – 7 WF 240/16

  Erbrecht

Beilackierungskosten: Nicht jedes Gericht stimmt bei fiktiver Schadensabrechnung dem Erstattungsanspruch zu

Bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten sind sogenannte Beilackierungskosten nicht zu erstatten. Derartige Kosten fallen nur an, wenn sie bei der konkreten Lackierung tatsächlich notwendig sind.

Das Fahrzeug eines Unfallbeteiligten wurde bei einem Verkehrsunfall erheblich beschädigt. Er ließ die Schadenshöhe durch ein Sachverständigengutachten ermitteln. Da der Geschädigte nach Gutachten abrechnen wollte, zog die Versicherung aus den ermittelten Reparaturkosten die Kosten für eine sogenannte Beilackierung ab.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm sind solche Kosten bei einer fiktiven Schadensabrechnung nicht zu berücksichtigen. Denn Beilackierungskosten sind nur erstattungsfähig, wenn sich diese besondere Maßnahme bei der Lackierung als tatsächlich notwendig erweist. Dies war im konkreten Fall jedoch nicht feststellbar, da diese Reparatur hier gar nicht durchgeführt wurde.

Hinweis: Eine Beilackierung dient der Farbangleichung von nicht durch den Unfall selbst betroffenen angrenzenden Fahrzeugteilen. Ob diese Beilackierungskosten bei einer fiktiven Abrechnung zu erstatten sind, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Andere Gerichte sprechen diese Kosten auch bei fiktiver Abrechnung mit der Begründung zu, dass dem Geschädigten alle erforderlichen Kosten zur Behebung seines Unfallschadens zu ersetzen sind. Stellt ein Sachverständiger fest, dass eine Beilackierung grundsätzlich erforderlich ist, sollen diese Kosten dann auch erstattet werden.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 28.03.2017 – 26 U 72/16

  Verkehrsrecht