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Verwandte gesucht: Rechtliche Abstammung bestimmt die gesetzlichen Erben – nicht die biologische

Üblicherweise ist es nicht schwierig festzustellen, wer die gesetzlichen Erben eines Verstorbenen sind. In den Fällen von Adoptionen oder Vaterschaftsanerkennungen kann dies jedoch auch mal Gegenstand von Gerichtsverfahren werden.

Ein Mann verstarb unverheiratet und kinderlos, ohne ein Testament zu hinterlassen. Somit stellte sich die Frage, wer seine nächsten Verwandten seien. Der erste Ehemann seiner Mutter hatte die Vaterschaft für ihn anerkannt und ihr zweiter Mann hatte ihn adoptiert. Um das Erbe stritten sich nun mehrere seiner Cousins und sein Halbbruder. Der Halbbruder war dabei der leibliche Sohn des ersten Ehemannes der Mutter.

Das Gericht entschied, dass es keine Rolle spielt, dass der Verstorbene und sein Halbbruder nicht biologisch verwandt sind. Durch die Anerkennung der Vaterschaft wurden sie rechtlich zu Brüdern. Die spätere Adoption änderte auch nichts daran, da er als Volljähriger adoptiert wurde.

Bei der Adoption eines Volljährigen bleiben die Verwandtschaftsbeziehungen des Adoptierten zu seinen bisherigen Verwandten erhalten, so dass diese auch erben können. Als Erbe der zweiten Ordnung erbte somit der Halbbruder alles, während die Cousins leer ausgingen.

Hinweis: Gerade bei komplizierten und weit verzweigten Verwandtschaftsverhältnissen empfiehlt es sich, ein Testament aufzusetzen und sich nicht auf die gesetzliche Erbfolge zu verlassen, da dies zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2016 – I-3 Wx 294/15
Thema: Erbrecht

Beweis des ersten Anscheins: Nach Unfall beim Reißverschlussverfahren haftet der unvorsichtige Einfädler allein

Ereignet sich ein Verkehrsunfall im Zusammenhang mit einem Spurwechsel im Reißverschlussverfahren, greifen die Grundsätze des Anscheinsbeweises.

Ein Autofahrer wechselte im Rahmen eines Reißverschlussverfahrens in die Spur, in der sich ein Lkw befand. Dort bremste er seinen Wagen nach dem Spurwechsel bis zum Stillstand ab, woraufhin der Lkw auf das Heck des Pkw auffuhr.

Das Oberlandesgericht München entschied, dass den Einfädler die alleinige Schuld an dem Verkehrsunfall trifft. Für dessen Verschulden spricht der Beweis des ersten Anscheins, der hier nicht widerlegt werden konnte. Denn zu den entscheidenden Parametern – nämlich dem Zeitraum zwischen dem Stillstand des Pkw und der Kollision sowie dem Abstand zwischen dem Lkw und dem Auto bei Einleitung des Spurwechsels – konnte der Spurwechsler keine konkreten Angaben machen. Damit ist nach Auffassung des Gerichts nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass der Autofahrer den Fahrstreifen gewechselt hat, ohne eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Eine Mithaftung aus der Betriebsgefahr auf Seiten des Lkw-Fahrers tritt hinter den Verstoß vollständig zurück, bei einem Spurwechsel keine äußerste Sorgfalt walten haben zu lassen.

Hinweis: Die Verhaltensanforderungen beim Spurwechsel im Zusammenhang mit dem Reißverschlussverfahren sind in § 7 Abs. 4 Straßenverkehrsordnung geregelt. Das Reißverschlussverfahren ist bei Fahrbahnverengungen, endenden Fahrstreifen und Verkehrsbehinderungen anzuwenden. Hierbei gilt die Regel, dass das Fahrzeug, das auf dem freien Fahrstreifen fährt, zuerst fahren darf und derjenige, der die Spur wechselt, den Wechsel rechtzeitig anzuzeigen sowie äußerste Sorgfalt zu beachten hat.

Quelle: OLG München, Urt. v. 21.04.2017 – 10 U 4565/16
Thema: Verkehrsrecht

Beidseitige Rücksichtnahmepflicht: Haltlose Strafanzeige gegen den Arbeitgeber kann schnell zur Kündigung führen

Bevor Arbeitnehmer Strafanzeigen gegen ihren Arbeitgeber stellen, gilt es, einige Dinge zu beachten.

Eine Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht war bei einer Fachhochschule seit 2003 als Lehrbeauftragte angestellt. Dann ließ die Fachhochschule die Lehrveranstaltungen auf Grundlage einer sogenannten erlassenen Evaluierungsordnung bewerten. Die Rechtsanwältin hielt diese durchgeführte Evaluierung wegen der nach ihrer Auffassung nicht ordnungsgemäßen Bestellung eines Evaluierungsbeauftragten für rechtswidrig. Sie erstattete deshalb eine Strafanzeige wegen einer Straftat nach § 44 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren aber ein.

Als die Fachhochschule von dem Strafantrag erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Gegen die Kündigung erhob die Rechtsanwältin Klage. Die ordentliche Kündigung war jedoch wirksam. Insbesondere hätte die Anwältin auf die Arbeitgeberinteressen mehr Rücksicht nehmen müssen. Die Stellung des Strafantrags verstieß in besonderem Maße gegen diese Rücksichtnahmepflicht, da erkennbar eine Schädigungsabsicht der Fachhochschule fehlte. Die Rechtsanwältin hätte zunächst innerbetrieblich die Vorwürfe klären können.

Hinweis: Die Strafanzeige gegen den eigenen Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis sollte die Ausnahme sein. Arbeitnehmer sollten sich vorher unbedingt beraten lassen, bevor sie solch einen Schritt unternehmen.

Quelle: BAG, Urt. v. 15.12.2016 – 2 AZR 42/16
zum Thema: Arbeitsrecht

Abitur-Lehre-Studium-Fälle: Nach Lehrabschluss ist ein Unterhaltsanspruch zur weitergehenden Ausbildung möglich

Der Anspruch auf Kindesunterhalt besteht bis zum Abschluss einer angemessenen Ausbildung des Kindes. Was aber ist als angemessene Ausbildung anzusehen bzw. wie viel Ausbildung ist zu bezahlen?

Mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) auseinanderzusetzen. Eine Tochter absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Sie schloss das Studium der Wirtschaftspädagogik an, um Lehrerin an einer berufsbildenden Schule zu werden. Als allgemeines Schwerpunktfach wählte sie die katholische Theologie mit dem Studienziel „Bachelor of Science“, um danach noch im Master-Studiengang den „Master of Education“ machen.

Fälle wie dieser gehören in die Rubrik „Abitur-Lehre-Studium-Fälle“. In diesen Konstellationen ist Unterhalt für die Zeit des Studiums von den Eltern (weiter) zu zahlen, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und sich sinnvoll ergänzen. Dazu, so der BGH, reicht es aus, wenn die praktische Ausbildung eine sinnvolle und nützliche Vorbereitung für das gewählte Studium ist oder die beiden Ausbildungen sich fachlich ergänzen bzw. eine Weiterführung oder Vertiefung bedeuten. Für den zur Entscheidung anstehenden Fall stellte sich die Frage, ob der Schwerpunkt katholische Theologie gegen den Zusammenhang bzw. die Einheit spreche.

Der BGH meinte, dass dies nicht unbedingt so zu sehen ist. Im Schwerpunktbereich würde nur ein Drittel der Leistungspunkte vergeben, im Fachbereich der Wirtschaftswissenschaften dagegen nahezu die Hälfte. Etliche Einzelheiten des Falls waren hier aber noch zu unklar, woraufhin der BGH diesen Fall deshalb nicht abschließend entschied, sondern die Sache zur weiteren Behandlung an das Vorgericht zurückverwies.

Hinweis: Tendenziell scheint der BGH seine bisher eher strenge Rechtsprechung zu lockern, wonach nur ganz ausnahmsweise nach Abschluss einer praktischen Ausbildung ein Unterhaltsanspruch für ein Studium besteht. Darauf haben sich Eltern künftig einzustellen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 08.03.2017 – XII ZB 192/16
Thema: Familienrecht

Das mitgekaufte Haustier: Ein sieben Jahre zurückliegender Marderbefall ist kein offenbarungspflichtiger Sachmangel

So ein Marder hat schon vielen Menschen Ärger verursacht und kann aufgrund dessen sicherlich eine lange Liste unrühmlicher Spitznamen aufweisen. Doch kann ein Marder auch ein sogenannter „Sachmangel“ sein?

Bereits seit dem Jahr 2007 gab es in einer Wohnungseigentumsanlage Probleme mit einem Marder. Sieben Jahre später, im Jahr 2014, wurde eine der Eigentumswohnungen verkauft. In dem notariellen Kaufvertrag vereinbarten die Parteien den Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel. Über den Marderbefall sagten die Verkäufer nichts. Als der Marder dann erneut zuschlug, verlangte der Käufer 20.000 EUR für den auf ihn entfallenden Anteil für eine Dachsanierung zum Schutz vor weiteren Mardern und klagte den Betrag ein.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied jedoch anders. Zwar ist ein akuter Marderbefall ein Sachmangel – aber ein sieben Jahre zurückliegender Marderbefall stellt keinen solchen offenbarungspflichtigen Sachmangel dar.

Hinweis: Dieser Grundsatz wird sicherlich auch für andere Mängel an einer Immobilie entsprechend gelten.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 13.02.2017 – 22 U 104/16

Thema: Mietrecht

Werbung nach Berufsrichtlinien: Erneuter Verweis nach wiederholter Werbung eines Rechtsanwalts mit Nacktkalendern

Einmal ist keinmal? Dieser Einstellung schien merkwürdigerweise ein Jurist zu sein, der das seit Jahren gelockerte Werbeverbot für Anwälte gleich zweimal überreizte. Aber: Zu locker sollte man auch nicht damit umgehen.

Einem Rechtsanwalt wurde von der Rechtsanwaltskammer bereits vor einigen Jahren wegen der Werbung durch Verteilung von Nacktkalendern ein Verweis erteilt. Das schien ihn aber nicht sonderlich zu interessieren, denn zwei Jahre später bestellte und verteilte er neue (nunmehr in schwarz-weiß gehaltene) Kalender mit gar nicht bzw. wenig bekleideten Frauen. Auf den Kalendern war dabei auch die Werbung seiner Kanzlei zu sehen. Und wen wundert’s? Die Rechtsanwaltskammer leitete daraufhin erneut ein Verfahren ein.

Dagegen wollte sich der Strafrechtler verteidigen und dafür seine Rechtsschutzversicherung beanspruchen. Diese lehnte jedoch die Deckungsanfrage ab, da sie der Auffassung war, dass der Rechtsanwalt den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt habe. Schließlich verklagte der Jurist seine Rechtsschutzversicherung. Diese Klage hatte allerdings keine Aussichten auf Erfolg, da der Kalender eine unzulässige Werbung nach den Berufsrichtlinien darstellt. Das Gericht erkannte zudem ebenfalls ein mutwilliges Handeln des Rechtsanwalts. Deshalb erhielt der Anwalt keine Deckungszusage von seiner Rechtsschutzversicherung.

Hinweis: Stört Sie die Werbung eines Rechtsanwalts, können Sie sich jederzeit an die Rechtsanwaltskammer wenden. Diese prüft dann, ob die Werbung ordnungsgemäß ist.

Quelle: LG Köln, Urt. v. 23.03.2017 – 24 S 22/16
Thema: Sonstiges

Neues zum Mindestlohn: Bauherr haftet für die Einhaltung nur, wenn er gleichzeitig als Bauträger auftritt

Sie planen, ein Haus zu bauen? Dann sollten Sie dieses Urteil zur Haftung des Bauherrn für den gesetzlichen Mindestlohn unbedingt kennen.

Ein Bauhelfer war bei einem Subunternehmer angestellt und half bei der Erstellung eines großen Gebäudes. Den Mindestlohn erhielt der Bauhelfer dafür aber nicht. Der Mann klagte diesen Lohn zwar erfolgreich ein, hatte aber keine Möglichkeiten, die Forderung einzutreiben. Daraufhin wandte er sich an den Generalunternehmer, der allerdings Insolvenz angemeldet hatte. Also verklagte er den Bauherrn auf Zahlung des Mindestlohns. Er meinte, der Bauherr sei als Bauträger anzusehen, da er von vornherein die Absicht gehabt hatte, das Gebäude als Einkaufszentrum zu nutzen und die darin befindlichen Geschäftsräume zu vermieten. Und Bauträger müssten wie Bürgen für die ausgebliebenen Lohnzahlungen geradestehen.

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage allerdings ab. Denn Bauträger ist im Sinne des Arbeitnehmerentsendegesetzes nur, wer baut, um das errichtete Gebäude gewinnbringend zu veräußern. Das lag hier jedoch nicht vor.

Hinweis: Ein Bauherr haftet also nur dann für den Mindestlohn, wenn er gleichzeitig auch als Bauträger auftritt.

Quelle: ArbG Berlin, Urt. v. 03.05.2017 – 14 Ca 14814/16
Thema: Mietrecht

Berücksichtigung eines Darlehens bei der Pflichtteilsberechnung: Beweis der Rückzahlung durch Quittungen kann entkräftet werden

Die Berechnung des Pflichtteils führt immer wieder zu Streitigkeiten. Da der Pflichtteil als Anteil am Nachlasswert ermittelt wird, versuchen Erben immer wieder, den Nachlasswert als möglichst gering anzugeben, während Pflichtteilsberechtigte daran interessiert sind, dass dieser Wert und somit ihr Anteil möglichst hoch sind. Grundsätzlich wird für die Ermittlung des Nachlasswerts die Differenz zwischen Aktivnachlass – also Grundstücke, Geld, Forderungen des Erblassers usw. – und den Schulden des Verstorbenen gebildet. Dazu müssen jedoch alle einzelnen Posten belegt werden.

Ein Ehepaar hatte in einem handschriftlichen Testament nach ihrer beider Tod einen ihrer Söhne als Alleinerben eingesetzt. Dessen Geschwister verlangten ihren Pflichtteil und trugen vor, dass der Bruder bereits zu Lebzeiten der Eltern ein Darlehen von 167.000 DM bekommen habe, das bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt werden müsse. Der Sohn behauptete jedoch, das Darlehen bereits zurückgezahlt zu haben, und legte dafür handschriftliche Quittungen vor.

Das Gericht ließ diese Quittungen von einem Sachverständigen untersuchen und kam zu dem Schluss, dass möglicherweise nachgetragene Ziffern, Durchdruckspuren und auffällig einheitlich gefertigte Unterschriften ernsthafte Zweifel begründen, dass die quittierten Zahlungen tatsächlich erfolgt sind. Es entschied daher, dass der Darlehensbetrag bei der Pflichtteilsberechnung mit herangezogen werden muss.

Hinweis: Auch wenn Quittungen sehr häufig als Beleg für Zahlungen genutzt werden, sollte man dabei bedenken, dass die Beweiskraft einer Quittung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und durch Gegenbeweise entkräftet werden kann. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, die Rückzahlung per Überweisung vorzunehmen, so dass die Kontoauszüge als Beleg herangezogen werden können, oder auch die Quittung im Beisein von Zeugen zu erstellen.

Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 22.01.2014 – 4 U 88/13
Thema: Erbrecht

Kaputt, repariert und verkauft: Dem Versicherer muss eine Begutachtung zur Regulierung unbedingt ermöglicht werden

Der Halter eines Pkw behauptete, am 18.04. einen Unfall verschuldet zu haben. Am 20.04. beauftragte er eine Werkstatt mit der Reparatur. Am 30.04. teilte er mündlich seiner Vollkaskoversicherung den Schaden mit. Am 18.05. verkaufte er das reparierte Fahrzeug nach Kasachstan. Die von ihm ausgefüllte Schadensanzeige ging bei seiner Kaskoversicherung am 05.06.  ein. Die Versicherung lehnte die Schadensregulierung mit dem Hinweis ab, dass der geschädigte Versicherungsnehmer eine Obliegenheitsverletzung begangen habe.

Nach Auffassung des Kammergerichts (KG) erfolgte die Ablehnung zu Recht. Der Geschädigte habe seiner Versicherung nicht die Möglichkeit gegeben, den behaupteten Schaden durch einen eigenen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Hierzu war er allerdings nach den Versicherungsbedingungen verpflichtet. Aus den Versicherungsbedingungen ergab sich, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, vor Beginn der Verwertung oder der Reparatur des versicherten Fahrzeugs Weisungen des Versicherers einzuholen. Der Versicherungsnehmer behauptete zwar, keine Kenntnis vom Inhalt der Versicherungsbedingungen gehabt zu haben. Das Gericht ließ dieses Argument allerdings nicht gelten. Es vertritt die Auffassung, dass es zum Allgemeinwissen eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers gehört, dass Versicherungen eigene Feststellungen zum Eintritt des Versicherungsfalls und zum Umfang der Entschädigungsleistung treffen wollen, sobald sie auf eine Entschädigungszahlung in Anspruch genommen werden.

Hinweis: Die Entscheidung des Gerichts macht deutlich, dass die Kenntnis der eigenen Versicherungsbedingungen im Schadensfall vorausgesetzt wird. Ist ein Schaden entstanden und soll die eigene Versicherung diesen regulieren, ist ein Blick in die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zwingend erforderlich, um dem Vorwurf einer Obliegenheitsverletzung zu entgehen.

Quelle: KG, Beschl. v. 12.12.2016 – 6 U 122/14
Thema: Verkehrsrecht

Eingeklagte Überstunden: Arbeitgeber muss die pflichtgemäßen Darlegungen des Arbeitnehmers einzeln widerlegen können

Die Klage auf eine Vergütung von Überstunden ist alles andere als einfach zu führen. Das zeigt auch wieder einmal dieser Fall.

Ein Berufskraftfahrer verlangte die Vergütung für knapp 370 Überstunden aus den letzten drei Jahren. Dabei reichte er in der ersten Instanz eine Auswertung seiner Fahrerkarte ein und trug dann gerade noch rechtzeitig in der zweiten Instanz durch seine Rechtsanwälte in einem Schriftsatz detailliert vor, an welchen Tagen er gearbeitet hatte. Die Arbeitgeberin bestritt die Überstunden und machte geltend, die angegebenen Arbeitszeiten seien nicht nachvollziehbar.

Das sah das Bundesarbeitsgericht allerdings anders und verwies die Angelegenheit an das Landesarbeitsgericht zurück. Ein Arbeitnehmer muss auf der ersten Stufe darlegen, von wann bis wann er gearbeitet hat. Das hat der Arbeitnehmer hier durch den Schriftsatz in der zweiten Instanz getan, indem er die einzelnen Arbeitszeiten anlässlich der einzelnen Touren dargelegt hatte. Ebenso hatte er dabei vorgetragen, dass zur Arbeitszeit nicht nur die Lenkzeiten, sondern auch Arbeitsvorbereitungszeiten sowie Be- und Entladezeiten zählten. Damit hatte er zunächst sämtliche ihm zukommenden prozessualen Darlegungslasten erfüllt. Nun ist es an der Arbeitgeberin, die behaupteten Arbeitszeiten im Einzelnen zu widerlegen.

Hinweis: Arbeitnehmer haben also jede einzelne Überstunde genau darzulegen. Ist das nicht mehr möglich, sind die Erfolgsaussichten für eine Klage eher gering.

Quelle: BAG, Urt. v. 21.12.2016 – 5 AZR 362/16
Thema: Arbeitsrecht