Skip to main content

Eintritt in die Volljährigkeit: Das mündige Kind kann die Auszahlung des Kindergeldes von seinen Eltern verlangen

Kindergeld ist eine staatliche Leistung, die für die Kinder gezahlt wird, aber nicht an sie. Bezogen wird es stattdessen von einem der Elternteile. Ist ein Kind volljährig geworden, kann es aber die direkte Auszahlung des Kindergeldes verlangen.

Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart kürzlich so entschieden. Das Kindergeld bezog dabei der Vater. Das volljährige Kind studierte und verlangte von ihm die Weiterleitung, also auch die Auszahlung. Und das mit dem Fall betraute Gericht verpflichtete den Vater auch zur Zahlung.

Minderjährige Kinder, die bei einem Elternteil leben, erhalten von diesem den ihnen zustehenden Unterhalt als sogenannten „Naturalunterhalt“ in Form der Betreuung. Der andere Elternteil muss diesen Unterhalt zahlen und erbringt damit den sogenannten „Barunterhalt“. Diese beiden Unterhaltsarten sind dem Gesetz nach einander gleichgestellt. Hinzu kommt nun noch das staatliche Kindergeld. Dieses erhält zumeist der Elternteil, bei dem das Kind lebt. Da durch dieses Kindergeld sowohl die betreuende als auch die zahlende Unterhaltsleistung unterstützt werden sollen, behält der betreuende Elternteil das komplette Kindergeld; im Gegenzug reduziert sich dafür auch der Unterhalt, den der Barunterhaltspflichtige zu entrichten hat, um die Hälfte dieses Kindergeldbetrags.

Letzten Endes soll das Kindergeld – man ahnt es bei der Bezeichnung fast – dem Kind zugutekommen. Dieses hat mit Eintritt seiner Volljährigkeit den Anspruch, dass ihm das Kindergeld von dem beziehenden Elternteil ausbezahlt wird. Denn ab sofort sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig – das heißt, die Möglichkeit des Naturalunterhalts erlischt mit der Tatsache, dass dem nun erwachsenen Kind gegenüber keine Betreuungsleistungen mehr zu erbringen sind.

Ist gerichtlich oder sonst verbindlich geregelt, welcher Unterhalt von den Eltern an das Kind zu zahlen ist, ist dies in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Auszahlung des Kindergeldes kann also unabhängig davon verlangt werden, in welcher Höhe Kindesunterhalt zu zahlen ist.

Hinweis: Wichtig ist beim Kindesunterhalt, wie lange dieser zu zahlen ist. Wechsel in der Ausbildung sind teilweise hinzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch das Kindergeld von Bedeutung. Die Rechtsprechung neigt zu der Ansicht, dass Unterhalt maximal so lange zu zahlen ist, wie Kindergeld bezogen werden kann.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.01.2017 – 17 UF 193/16

Thema: Familienrecht

Erfolgreiche Anwohnerklage: Die Ablehnung, eine Ortsdurchfahrt für den Schwerlastverkehr zu beschränken, ist aufgehoben

In diesem Fall haben die Anwohner einer viel befahrenen Straße wohl alles richtig gemacht.

Es ging um eine starke Verkehrsbelastung in der von Wohnhäusern gesäumten Ortsdurchfahrt in Klein Oßnig bei Cottbus, etwa 140 km südlich von Berlin. Nach den Zählungen passieren diese täglich rund 11.000 Kraftfahrzeuge, darunter 11 % Lkws. Einer Anwohnerin reichte das und sie beantragte die Beschränkung des Schwerlastverkehrs. Die Straßenverkehrsbehörde lehnte dies ab und begründete die Entscheidung damit, dass der Schwerlastverkehr andernfalls nur über die Autobahnen gelenkt werden könnte, ein Autobahnzwang aber unmöglich sei. Dieser Begründung konnte das Verwaltungsgericht Cottbus (VG) jedoch nicht folgen.

Das VG hat die Ablehnung, die Ortsdurchfahrt für den Schwerlastverkehr zu beschränken, aufgehoben und den zuständigen Landrat verpflichtet, über den Antrag der Anwohnerin erneut zu entscheiden. Der Lärmpegel hatte die Schwelle zur Unzumutbarkeit eindeutig überschritten. Die vom Landesbetrieb errechneten Lärmpegel von 70,4 dB(A) tagsüber und 63 dB(A) nachts erreichen einen aus Sicht des Grundrechtschutzes kritischen Bereich, der bei etwa 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht liegt.

Hinweis: Der Lkw-Verkehr wird seit Jahren ausgesprochen kritisch gesehen, obwohl natürlich alle auf ihn angewiesen sind. Wenn die Schwelle zur Unzumutbarkeit erreicht ist, muss der Schwerlastverkehr in einer Ortsdurchfahrt allerdings beschränkt werden.

Quelle: VG Cottbus, Urt. v. 15.12.2016 – 5 K 983/14

Thema: Sonstiges

Fehlender Pkw-Stellplatz: Ablösebeiträge aufgrund fehlender baulicher Gegebenheiten müssen alle Eigentümer tragen

Die Schaffung eines öffentlich-rechtlich geforderten Stellplatzes in einer Wohnungseigentumsgemeinschaft ist Sache sämtlicher Eigentümer.

In einer Wohnungseigentumsanlage musste u.a. ein Pkw-Stellplatz nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben bereitgestellt werden. Die zuständige Stadt wies darauf hin, dass dieser Pkw-Stellplatz nachzuweisen oder alternativ ein Verzicht zu beantragen ist. Auf einer Wohnungseigentümergemeinschaft wurde dann beschlossen, dass der Stellplatz baurechtlich nicht geschaffen werden kann und bei der Stadt deshalb ein Ablöseantrag gestellt werden soll. Den Ablösebeitrag sollten alle Miteigentümer im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile zahlen.

Dagegen klagte eine Eigentümerin, die die Kosten nicht mittragen wollte. Der Bundesgerichtshof urteilte jedoch, dass die Eigentümerversammlung einen rechtmäßigen Beschluss gefasst hatte. Denn die beschlossene Kostenregelung entspricht der gesetzlichen Kostenregelung aus § 16 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes. Es handelt sich um Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, und für diese haften alle Eigentümer anteilig.

Hinweis: Die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen an den Stellplatznachweis ist Aufgabe aller Wohnungseigentümer.

Quelle: BGH, Urt. v. 09.12.2016 – V ZR 84/16

Thema: Mietrecht

Unwirksames Nottestament: Eine unheilbare Erkrankung begründet noch keine akute Todesgefahr

Immer wieder kommt es vor, dass Menschen, die schwer erkrankt sind oder vor riskanten Operationen stehen, ihre Angelegenheiten kurzfristig durch ein sogenanntes Nottestament oder Drei-Zeugen-Testament regeln möchten. Ein solches Testament ist jedoch aufgrund seiner eng gesteckten Rahmenbedingungen häufig unwirksam.

Eine Frau hatte ein Testament verfasst, in dem sie ihren hochverschuldeten Sohn zum Alleinerben einsetzte. Als die Frau ins Krankenhaus kam, um wegen ihrer unheilbaren Krebserkrankung behandelt zu werden, setzte sie im Krankenhaus mit einer Rechtsanwältin ein neues Testament auf. In diesem Testament wurde festgelegt, dass der Sohn zwar weiterhin Alleinerbe sei, die Rechtsanwältin jedoch bis zu dessen 65. Geburtstag zur Testamentsvollstreckerin eingesetzt wird. Dieses Nottestament wurde der Erblasserin im Krankenhaus laut vorgelesen, von ihr gebilligt und von drei anwesenden Zeugen unterschrieben. Nachdem sie kurz darauf verstarb, beantragte die Rechtsanwältin den Erbschein, wogegen sich der Sohn der Erblasserin wehrte.

Das Gericht entschied, dass das Nottestament unwirksam ist und somit keine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Für ein wirksames Nottestament ist es nämlich erforderlich, dass der Testierende sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar noch vor einem Bürgermeister möglich ist. Dies war aber hier nicht der Fall. Für eine unmittelbare Todesgefahr reicht es nicht, dass wegen einer fortgeschrittenen nicht (mehr) heilbaren Erkrankung der Erblasser nur noch kurze Zeit zu leben hat. Es ist vielmehr nötig, dass die konkrete Gefahr besteht, dass er vor dem Eintreffen des Notars verstirbt.

Hinweis: Das Nottestament ist nur für Ausnahmefälle gedacht. Die Rechtsprechung legt den Begriff der „unmittelbaren Todesgefahr“ daher sehr restriktiv aus. Immer dann, wenn es noch möglich ist, ein Testament selbst handschriftlich zu verfassen oder einen Notar hinzuzuziehen, wird ein Nottestament unwirksam sein. Es empfiehlt sich daher, seine erbrechtlichen Angelegenheiten rechtzeitig zu regeln.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 10.02.2017 – 15 W 587/15

Thema: Erbrecht

Unfall beim Überholvorgang: Plötzlich ausscherender Fahrer haftet trotz ungewissen Kollisionsvorgangs zu 80 %

Ein Pkw-Fahrer überholte eine längere Fahrzeugkolonne. Als er sich auf Höhe des zweiten Fahrzeugs in der Kolonne befand, scherte dessen Fahrer aus – es kam zur Kollision.

Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass den Ausscherenden eine 80%ige Haftung trifft. Bei der Bewertung zu dessen hohen Verschulden sind zwei Optionen denkbar gewesen: Zum einen ist es womöglich deshalb zum Unfall gekommen, weil sich der Fahrer schlicht und ergreifend einfach nicht hinreichend vergewissert hatte, ob er zum Überholen ausscheren konnte, ohne den nachfolgenden Verkehr zu gefährden. Zum anderen kann seine erhebliche Mitschuld an der Kollision auch daran gelegen haben, dass er den bereits überholenden Pkw erkannt hatte und dennoch – unter grober Verkennung der Umstände – nach links ausscherte, um noch vor dem Herannahenden das erste Fahrzeug der Kolonne zu überholen.

Welche dieser beiden denkbaren Situationen vorlag, blieb hypothetisch. Fakt ist jedoch, dass in beiden Fällen die Hauptschuld beim plötzlich ausscherenden Fahrer gelegen hätte. Ein Verschulden des Überholenden konnte das Gericht hier zwar nicht feststellen; es nahm aber eine Mithaftung aus der Betriebsgefahr an. Das Überholen der Kolonne ist durchaus nicht unzulässig – ein Idealfahrer hätte jedoch angesichts der mit derartigen Gefahren verbundenen abstrakten Selbst- und Fremdgefährdung das Überholen unterlassen. Und dieses Lehrgeld beträgt in diesem Fall eine Mithaftung von 20 %.

Hinweis: Das Überholen einer Fahrzeugkolonne stellt sich nicht als ein Überholen in einer unklaren Verkehrslage dar. Denn eine bloß abstrakte Gefahr reicht zur Annahme einer unklaren Verkehrslage nicht aus. Etwas anderes kann dann gelten, wenn besondere Umstände hinzukommen – zum Beispiel, wenn die zu überholenden Fahrzeuge langsamer werden und/oder Fahrzeuge links blinken.

Quelle: OLG München, Urt. v. 24.02.2017 – 10 U 4448/16

Thema: Verkehrsrecht

Straftaten am Arbeitsplatz: Fruchten mildere Maßnahmen nachweislich nicht, ist eine versteckte Überwachung möglich

Straftaten im Betrieb können mit diesem Urteil künftig besser aufgeklärt werden.

Bei einem Arbeitgeber wurde anlässlich einer Inventur festgestellt, dass Teile fehlten. Es handelte sich um einen Kfz-Betrieb, in dessen Lager die Diebstähle vorgekommen waren. Der Arbeitgeber verbot den einzelnen Monteuren, das Lager zu betreten und sich selbst Teile herauszunehmen. Das war ab sofort nur noch den Lageristen vorbehalten. Zudem wurde im Lagerraum eine Videokamera installiert. Das wurde den im Lager tätigen Arbeitnehmern auch mitgeteilt – den anderen Arbeitnehmern allerdings nicht, denn sie hatten ja ohnehin keine Zutrittsberechtigung mehr. Im Anschluss wurde ein Arbeitnehmer dabei gefilmt, wie er einen Diebstahl beging. Dieser erhielt daraufhin die fristlose Kündigung und klagte dagegen. Sein Argument: Die ihm nicht bekannte Videoüberwachung sei rechtswidrig und könne daher im Prozess nicht verwertet werden.

Laut Bundesarbeitsgericht waren diese Videoaufnahmen jedoch durchaus zulässig. Mildere Maßnahmen waren nicht mehr möglich, da der Arbeitgeber zuvor bereits entsprechende Gespräche geführt hatte. Deshalb durften die gewonnenen Daten auch entsprechend verwertet werden.

Hinweis: Der Anfangsverdacht einer Straftat kann also eine Videoüberwachung von Arbeitnehmern rechtfertigen. Dabei darf es sich allerdings nur in großen Ausnahmefällen um eine versteckte Überwachung handeln.

Quelle: BAG, Urt. v. 20.10.2016 – 2 AZR 395/15

Thema: Arbeitsrecht

Treue „Haushaltsgegenstände“: Der Rudelgedanke verhindert im Trennungsfall, gemeinschaftlich lebende Hunde aufzuteilen

Hierzulande ist die Beziehung zu unseren Haustieren meist sehr emotional – viele sehen in ihren vierbeinigen Freunden sogar eine Art Kinderersatz. Daher wird auch vor Gerichten ähnlich heftig gestritten, wenn es gilt, sich bei einer Trennung über den Verbleib des tierischen Hausgenossen zu einigen.

Mit diesem Problem hatte sich das Oberlandesgericht Nürnberg auseinanderzusetzen. Zwei Hunde brachte die Frau mit in die Ehe, vier weitere Hunde schafften sich die Eheleute schließlich noch gemeinsam an. Nach der Trennung nahm die Frau alle sechs Hunde zu sich. Der Mann wollte die gemeinsam angeschafften Hunde dagegen behalten. In der Zeit des gerichtlichen Verfahrens verstarben zwei dieser Hunde. Die beiden noch Verbliebenen bekam der Mann aber auch nicht zugesprochen.

So schwer es für leidenschaftliche Hundebesitzer zu verstehen ist: Rechtlich sind Hunde zwar keine Sachen, werden aber im Familienrecht in gewisser Weise dennoch als solche behandelt – nämlich als „Haushaltsgegenstände“. Zwar sind sie damit nicht Bügeleisen und Thermomix gleichgestellt, die als Haushaltsgegenstand jenem Ehegatten zugewiesen werden, der sie für die Haushaltsführung benötigt. Dennoch entscheidet auch bei Haustieren die sogenannte „Billigkeitsabwägung“ über die Frage, welcher Ehegatte die Tiere in der Trennungszeit und auch danach (be-)halten darf.

In diesem Fall urteilte das Gericht unter Berücksichtigung des sogenannten „Rudelgedankens“: Würden die vier verbliebenen Hunde getrennt, würde das Rudel getrennt. Dies sei den Tieren nicht zuzumuten – besonders angesichts dessen, dass ihre Gemeinschaft aktuell bereits durch den Tod zweier Hunde dezimiert wurde.

Hinweis: Es gibt immer wieder Entscheidungen zu Haustieren im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung. Frauchen und Herrchen schrecken mitunter nicht davor zurück, ein Besuchsrecht gerichtlich geltend zu machen. Das wurde bisher überwiegend verneint. Einheitlich ist die Rechtsprechung dazu aber nicht.

Quelle: OLG Nürnberg, Beschl. v. 07.12.2016 – 10 UF 1249/16

Thema: Familienrecht

Keine 0180er-Kundenhotline: Kontaktaufnahmen zu geschlossenen Verträgen enden kostentechnisch beim Grundtarif

Im März ist ein erfreuliches Urteil zu 0180er-Rufnummern ergangen, das jeder kennen sollte.

Ein Verbraucherschutzverein verklagte ein Unternehmen auf Unterlassung, das Elektro- und Elektronikartikel verkaufte. Dieses Unternehmen wies auf seiner Website auf einen telefonischen Kundendienst hin, dessen Telefonnummer eine sogenannte 0180er-Nummer war. Die Kosten für einen Anruf unter dieser Sondernummer lagen also wesentlich höher als bei einem normalen Anruf.

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs war das nicht in Ordnung. Nach einer EU-Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Verbraucher nicht verpflichtet sind, mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn die betreffende Telefonnummer dazu dient, ihm im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag die Kontaktaufnahme zu ermöglichen. Der Grundtarif entspricht im gewöhnlichen Sprachgebrauch den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf. Wäre es dem Unternehmer gestattet, höhere Tarife zu berechnen als den Tarif für einen gewöhnlichen Anruf, könnten die Verbraucher nämlich davon abgehalten werden, die Servicenummer zu nutzen.

Hinweis: Die Kosten eines Anrufs unter einer 0180er-Kundendiensttelefonnummer dürfen also nicht höher sein als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs.

Quelle: EuGH, Urt. v. 02.03.2017 – C-568/15

Thema: Sonstiges

„Ohne-Rechnung-Vereinbarung“: Die Beauftragung und Annahme von Schwarzarbeit führt zum Wegfall jeglicher Ansprüche

Finger weg von Schwarzarbeit! Die Rechtsprechung ist bei diesem Thema ausgesprochen konsequent.

Ein Mann beauftragte einen Handwerker, den alten Fußbodenbelag in seinem privaten Wohnhaus zu entfernen und durch einen neuen zu ersetzen. Bei den Arbeiten traten Mängel auf und der Hauseigentümer wollte die gezahlte Summe von über 15.000 EUR zurückerhalten. Vor dem vorinstanzlich mit diesem Fall befassten Oberlandesgericht kam dann die Wahrheit ans Licht: Ursprünglich war ein Vertrag über 16.164 EUR abgeschlossen worden, erst danach einigten sich die Parteien darauf, dass eine Rechnung über 8.619 EUR ausgestellt und weitere 6.400 EUR ohne Rechnung bar ausbezahlt werden sollten. Damit lag ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz vor – der Vertrag war somit nichtig. Daher konnte die Rückzahlung des Geldes nicht verlangt werden. Denn in solchen Fällen bestehen grundsätzlich keine gegenseitigen Ansprüche der Parteien.

Hinweis: Mängelgewährleistungsansprüche scheiden also auch aus, wenn nachträglich Schwarzarbeit durch eine „Ohne-Rechnung-Vereinbarung“ vereinbart wird. Auch aus diesem Grund sollte niemand Schwarzarbeit durchführen oder in Auftrag geben.

Quelle: BGH, Urt. v. 16.03.2017 – VII ZR 197/16

Thema: Mietrecht

Widerruf wegen groben Undanks: Eine Zuwendung kann bei gleichzeitigem Erbverzicht eine Schenkung darstellen

Schenkungen sind grundsätzlich eine gute Möglichkeit, Erbschaftsangelegenheiten bereits zu Lebzeiten zu regeln. Vor allem können durch die entsprechenden Freibeträge Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer gespart werden. Da nach einer Schenkung, die zu Lebzeiten des Erblassers erfolgt, naturgemäß einige Zeit bis zu dessen Ableben vergehen kann, kommt es immer wieder vor, dass sich das Verhältnis zum Beschenkten währenddessen ändert und der Erblasser die Schenkung gerne rückgängig machen möchte.

Ein Mann schloss mit seiner Tochter einen notariellen Vertrag ab, der als „mittelbare Grundbesitzschenkung – Erbvertrag – Erb- und Pflichtteilsverzicht“ bezeichnet wurde. Darin wurde festgehalten, dass der Mann seiner Tochter einen Geldbetrag schenkt, den sie ausschließlich zum Erwerb einer bestimmten Eigentumswohnung verwenden darf. Im Gegenzug erklärte die Tochter in einem weiteren Vertragsteil den Verzicht auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht. Noch vor seinem Tod forderte der Mann die Schenkung jedoch wegen groben Undanks zurück. Als Begründung gab er an, dass seine Tochter ihm umfangreiche Unterhaltszahlungen, die sie für seine Enkelin erhielt, verschwiegen und den Kontakt zu der Enkelin unterbunden hatte. Die Tochter wehrte sich mit dem Argument, dass überhaupt keine Schenkung vorliegen würde, da der Geldbetrag nicht unentgeltlich, sondern als Gegenleistung für den Erbverzicht geleistet worden war.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine im Zusammenhang mit einem Erbverzicht gewährte Zuwendung nicht notgedrungen entgeltlich sein muss, sondern dies vorrangig davon abhängt, was die Beteiligten gewollt haben. Entspricht die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung oder übersteigt sie diese sogar, ist davon auszugehen, dass eine Schenkung vorliegt. Weitere Hinweise können der Wortlaut des Vertrags, die Umstände seines Zustandekommens und die Ausgestaltung im Einzelnen sein. Der BGH konnte diese hier jedoch nicht endgültig aufklären, so dass er den Fall an die Vorinstanz zurückverwies.

Das Oberlandesgericht München stellte daraufhin fest, dass im vorliegenden Fall die Verknüpfung der Zuwendungen mit der Auflage, das Geld zum Erwerb von Wohnraum zu verwenden, durchaus für eine Schenkung sprach. Wäre es dem Erblasser vorrangig auf den Erbverzicht angekommen, hätte er die Zuwendung ohne diese Auflage gewähren können. Kommt es dem Erblasser in erster Linie genau darauf an – nämlich dass der Empfänger auf sein Erbrecht verzichtet -, spricht dies dafür, eine hierfür ausgleichende Zuwendung als „entgeltlich“ anzusehen. Steht dagegen die Zuwendung im Vordergrund und wird der Erbverzicht lediglich als eine besondere Form der Anrechnung auf das Erbrecht gewählt, ist in der Regel von einem „unentgeltlichen“ Charakter auszugehen. Entsprechend liegt in dem vorliegenden Fall eine Schenkung vor. Diese Entscheidung allein half dem verärgerten Vater mit seinem Wunsch jedoch nicht weiter – nach Auffassung des Gerichts stellten die verschwiegenen Unterhaltszahlungen nämlich keinen groben Undank dar. Der Mann konnte das Geld somit nicht zurückverlangen.
Hinweis: Von der Rechtsprechung wurde somit klargestellt, dass eine Schenkung grundsätzlich mit einem Erbverzicht verbunden werden kann. Da es dabei jedoch entscheidend auf die Ausgestaltung und Formulierung der Vereinbarung ankommt, empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen. In dem Vertrag sollte zudem geregelt werden, unter welchen Umständen die Zuwendung zurückverlangt werden kann, so dass im Streitfall nicht auf die gesetzlichen Regelungen zum groben Undank zurückgegriffen werden muss.

Quelle: BGH, Urt. v. 07.07.2015 – X ZR 59/13

Thema: Erbrecht