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Schlagwort: OLG Düsseldorf

Kollision mit Kehrmaschine: Eingeschaltetes Blinklicht führt nicht zu Sonderrechten im Straßenverkehr

Das gelbe Blinklicht einer Kehrmaschine warnt lediglich vor den spezifischen Gefahren, die mit dem Fahrzeugbetrieb während der Funktion des an der Fahrzeugfront installierten Reinigungsvorsatzes verbunden sind.

Am rechten Fahrbahnrand fuhr eine Kehrmaschine, bei der die geltenden Blinkleuchten auf dem Dach eingeschaltet waren. Von hinten näherte sich ein Pkw-Fahrer, der die Kehrmaschine links überholen wollte. Als er sich bereits neben der Kehrmaschine befand, zog deren Fahrer nach links, um seine Fahrt auf der anderen Straßenseite in Gegenrichtung fortzusetzen.

 

Des Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) ging wegen eines nicht vorschriftsmäßig durchgeführten Wendemanövers von einer Alleinhaftung des Kehrmaschinenfahrers aus. Hierbei wertet das Gericht den Verursachungs- und Verschuldensbeitrag jenes Fahrers derart hoch, dass ein Mitverschulden auf Seiten des Autofahrers nicht angenommen wurde. Denn der Fahrer der Kehrmaschine habe gegen die strengen Sorgfaltsanforderungen beim Wenden verstoßen.

Ein Fahrzeugführer muss sich beim Wenden so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Ein Wendevorgang erfordert äußerste Sorgfalt. Zudem ergeben sich keine Sonderrechte zugunsten des Kehrmaschinenfahrers aus den gelben Blinkleuchten auf dem Dach. Die Bedeutung eines solchen Blinklichts geht nicht über die Warnung vor Gefahren hinaus.

Hinweis: Das OLG weist zutreffend darauf hin, dass das gelbe Blinklicht dem Fahrzeugführer kein Vorrecht einräumt. Es ist nicht vergleichbar mit dem blauen Blinklicht (und Einsatzhorn) von Einsatzfahrzeugen von Polizei, Feuerwehr oder Rettung. Das gelbe Blinklicht an einer Kehrmaschine bezieht sich nur auf Gefahren, die von dem Fahrzeug bzw. von den damit ausgeführten Arbeiten ausgehen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 04.04.2017 – I-1 U 125/16

zum Thema: Verkehrsrecht

Verwandte gesucht: Rechtliche Abstammung bestimmt die gesetzlichen Erben – nicht die biologische

Üblicherweise ist es nicht schwierig festzustellen, wer die gesetzlichen Erben eines Verstorbenen sind. In den Fällen von Adoptionen oder Vaterschaftsanerkennungen kann dies jedoch auch mal Gegenstand von Gerichtsverfahren werden.

Ein Mann verstarb unverheiratet und kinderlos, ohne ein Testament zu hinterlassen. Somit stellte sich die Frage, wer seine nächsten Verwandten seien. Der erste Ehemann seiner Mutter hatte die Vaterschaft für ihn anerkannt und ihr zweiter Mann hatte ihn adoptiert. Um das Erbe stritten sich nun mehrere seiner Cousins und sein Halbbruder. Der Halbbruder war dabei der leibliche Sohn des ersten Ehemannes der Mutter.

Das Gericht entschied, dass es keine Rolle spielt, dass der Verstorbene und sein Halbbruder nicht biologisch verwandt sind. Durch die Anerkennung der Vaterschaft wurden sie rechtlich zu Brüdern. Die spätere Adoption änderte auch nichts daran, da er als Volljähriger adoptiert wurde.

Bei der Adoption eines Volljährigen bleiben die Verwandtschaftsbeziehungen des Adoptierten zu seinen bisherigen Verwandten erhalten, so dass diese auch erben können. Als Erbe der zweiten Ordnung erbte somit der Halbbruder alles, während die Cousins leer ausgingen.

Hinweis: Gerade bei komplizierten und weit verzweigten Verwandtschaftsverhältnissen empfiehlt es sich, ein Testament aufzusetzen und sich nicht auf die gesetzliche Erbfolge zu verlassen, da dies zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2016 – I-3 Wx 294/15
Thema: Erbrecht

Gemeinschaftliches Testament: Für die Wirksamkeit genügt es, wenn nur ein Ehepartner Ort und Datum angibt

Ein gemeinschaftliches Testament ist bei Ehepartnern ein häufig genutztes Mittel, um ihre Erbfolge gemeinsam zu regeln. Bei der genauen Ausgestaltung solcher Testamente treten jedoch immer wieder Schwierigkeiten auf.

Ein Ehepaar verfasste ein gemeinschaftliches Testament, in dem es sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzte. Die Ehefrau schrieb dieses eigenhändig auf und ihr Mann unterschrieb das Dokument, ohne dabei seine Unterschrift mit einem Datum zu versehen. Nach dem Tod des Mannes zweifelten seine Kinder die Wirksamkeit dieses Testaments an.

Das Gericht entschied, dass das Testament nicht unwirksam ist, weil es von einem Ehepartner geschrieben wurde und der andere lediglich unterschrieben hatte. Auch die fehlende Datums- und Ortsangabe ändert nichts an der Wirksamkeit.

Hinweis: Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist entscheidend, dass es sich um eine gemeinsame Erklärung der Eheleute handelt. Dazu muss das Testament jedoch nicht gemeinsam verfasst werden. Es reicht aus, wenn ein Partner die Urkunde erstellt und der andere – auch zu einem späteren, nicht datierten Zeitpunkt – unterschreibt.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.01.2017 – I-3 Wx 55/16

zum Thema: Erbrecht

Erkennbarer Erbwille: Tierheim wird trotz zwischenzeitlichen Trägerwechsels nach Insolvenz zum Alleinerben

Neben natürlichen Personen können auch sogenannte „juristische Personen“ – wie etwa ein gemeinnütziger Verein, eine Gesellschaft oder Religionsgemeinschaft – als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt werden.

Ein unverheirateter und kinderloser Mann hinterließ nach seinem Tod ein notarielles Testament, in dem er ein Tierheim zum Alleinerben erklärte. Dieses Tierheim hatte jedoch bereits vor seinem Tod Insolvenz angemeldet, der entsprechende Verein wurde aufgelöst. Das Tierheim selbst wurde jedoch von einem neuen Betreiber gekauft und fortgeführt. Daher ging der neue Betreiber davon aus, nun der Alleinerbe zu sein – und beantragte einen Erbschein. Doch dagegen wehrte sich der Insolvenzverwalter.

Das Gericht vernahm daraufhin einen Zeugen, der aussagte, dass es dem Erblasser vor allem darum ging, den Tieren in dem Tierheim zu helfen. Wer juristisch der Träger des Tierheims war, hatte ihn dabei wenig beschäftigt. Entscheidend war für das Gericht daher, dass ein Erblasser bei einer Zuwendung an eine juristische Person den Zweck fördern will, dem eben jene juristische Person dient – und genau dieser Zweck wurde eben von dem neuen Träger fortgeführt. Somit entspricht es dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Mannes, dass die Erbschaft den Tieren zugutekommt und nicht den Gläubigern des insolventen Vereins. Daher war der beantragte Erbschein auch entsprechend auszustellen.

Hinweis: Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich bei der testamentarischen Zuwendung an juristische Personen, Regelungen für eine mögliche Insolvenz oder Rechtsnachfolge vorzusehen. Möchte man zudem eine ganz bestimmte Organisation bedenken, ist es ratsam, diese im Testament möglichst genau zu benennen – etwa unter Angabe der Vereinsregisternummer. Allgemein gilt: Organisationen, die vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt wurden, sind bei testamentarischen Zuwendungen oder auch Schenkungen zu Lebzeiten von der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer befreit.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2017 – I-3 Wx 257/16

Thema: Erbrecht

Unfall mit Rettungsfahrern: Sonderrechte greifen nur bei Wahrung größtmöglicher Sorgfalt und kompletter Signalgebung

Will der Fahrer eines Rettungswagens die für ihn geltenden Sonderrechte in Anspruch nehmen, muss er beweisen, dass er neben dem Blaulicht auch das Einsatzhorn genutzt hat.

Auf einer großen innerstädtischen Kreuzung kam es zu einem Verkehrsunfall. Der Fahrer eines Rettungswagens fuhr bei für ihn bestehendem Rotlicht in die Kreuzung ein. Ein Pkw-Fahrer, der bei Grün in die Kreuzung eingefahren war, konnte gerade noch rechtzeitig bremsen. Der ihm nachfolgende Pkw-Fahrer fuhr allerdings auf dieses Fahrzeug auf. Daraufhin verlangte er von der Versicherung des Rettungswagens 50 % des ihm entstandenen Schadens.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dem Geschädigten Recht gegeben. Zwar habe der auffahrende Pkw-Fahrer entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand zu dem vorausfahrenden Pkw nicht eingehalten oder er war unaufmerksam, so dass eine 50%ige Mithaftung seinerseits in jedem Fall gegeben ist. Aber auch den Fahrer des Rettungswagens trifft ein Mitverschulden, da er nicht beweisen konnte, dass er neben dem Blaulicht auch das Einsatzhorn verwendet hatte.

Die für Rettungswagen bestehenden Sonderrechte gelten aber nur dann, wenn der Fahrer des Fahrzeugs die größtmögliche Sorgfalt walten lässt, was zwingend voraussetzt, dass nicht nur der Einsatz des optischen Warnsignals durch das Blaulicht, sondern auch das akustische Warnsignal in Form des Einsatzhorns verwendet wird.

Hinweis: Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Dass ihnen insofern zustehende Sonderrecht darf aber nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden. Will der Fahrer eines Rettungswagens bei Rotlicht eine Kreuzung überqueren, muss er – auch wenn er die Sonderrechte genießt – stets größtmögliche Sorgfalt beachten, da ihm nicht automatisch ein Vorfahrtsrecht zukommt.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.01.2017 –  I-1 U 46/16

Thema: Verkehrsrecht

Erbe ist kein Schatzfund: Der Käufer eines Hauses darf das dort eingemauerte Bargeld nicht behalten

Manchmal kommt es vor, dass ein Erblasser sein Vermögen so gut versteckt, dass es entweder gar nicht oder erst Jahre später gefunden wird.

Ein Hauseigentümer fand bei der Renovierung des neu erworbenen Hauses im Kachelofen eingemauerte Stahlkassetten mit über 300.000 DM Bargeld. Nun stellte sich die Frage, wem das Geld gehöre. Der Hauseigentümer war der Meinung, dass es sich dabei um einen Schatzfund handelte, da der ursprüngliche Eigentümer nicht mehr zu ermitteln sei.

Das Gericht sah dies jedoch anders. Es war der Ansicht, dass ausreichend Indizien vorlagen, um das Geld einer früheren, inzwischen verstorbenen Hausbesitzerin zuordnen zu können. Diese Indizien waren unter anderem die Banderolen an den Banknoten aus den Jahren 1971 bis 1977 und die Aussage einer Zeugin, die angab, dass die Verstorbene mehrfach „Es gibt Menschen, die Geld im Kamin verstecken.“ geäußert hatte. Der Hauseigentümer erhielt daher nur 5.000 EUR Finderlohn, während der Rest des gefundenen Betrags an die Erben der verstorbenen Frau gingen.

Hinweis: Sofern das Erbe an ungewöhnlichen Orten aufbewahrt wird, empfiehlt es sich, den Erben oder einer Vertrauensperson Hinweise zum Auffinden der Vermögenswerte zu hinterlassen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.07.2013 – I-11 U 35/12
Thema: Erbrecht

Unauffindbares Testament: Lediglich mündlich getätigte Aussagen haben keine rechtliche Testierkraft

Nach dem Tod des Erblassers kommt es immer wieder vor, dass handschriftliche Testamente nicht aufgefunden werden können. Dann stellt sich für die Erben die Frage, ob sie die Existenz des Testaments bzw. ihre Erbeinsetzung auf anderem Wege beweisen können. Das ist meist jedoch sehr schwierig.

Nachdem die Erblasserin verstorben war, behauptete ihre Enkelin, dass sie neben ihrer Mutter hälftige Miterbin geworden sei. Sie trug vor, dass die Erblasserin auf diversen Familienfeiern vor Zeugen mehrfach geäußert habe, ein entsprechendes Testament verfasst zu haben. Dieses blieb jedoch unauffindbar.

Das Gericht ging davon aus, dass durch eine solche Äußerung der Erblasserin weder bewiesen werden kann, dass sie tatsächlich ein solches Testament aufgesetzt hat, noch, was es genau beinhaltet. Zudem kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Testament formwirksam errichtet wurde, wenn keiner der Zeugen das Testament jemals gesehen hat. Somit wurde die Tochter der Erblasserin aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zur Alleinerbin.

Hinweis: Je nach den Umständen des Einzelfalls können unauffindbare Testamente durch Vorlage einer Kopie oder durch Zeugenaussagen bewiesen werden. Da dies jedoch sehr schwierig ist, empfiehlt es sich, handschriftliche Testamente gegen eine geringe Gebühr zur Verwahrung beim Amtsgericht abzugeben. Das hat auch den Vorteil, dass Testamente nicht nachträglich durch Hinterbliebene vernichtet oder verändert werden können.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.08.2013 – I-3 Wx 134/13
Thema: Erbrecht

Dreizeugentestament: Wirksamkeitsvoraussetzungen für Nottestamente sind sehr eng gesteckt

Steht der Tod des Erblassers kurz bevor, gibt es die Möglichkeit, ein Nottestament zu errichten.

Gerade in Krankenhäusern, etwa vor schwierigen Operationen, wird von dieser Möglichkeit häufig Gebrauch gemacht. Bei der Errichtung solcher Testamente kommt es jedoch immer wieder zu Schwierigkeiten, da diese nur in Ausnahmefällen zulässig sind und weil wichtige Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht beachtet werden.

Eine ältere Frau lag im Krankenhaus und befürchtete, bald zu sterben. Daher rief sie ihre zwei Cousinen und ihren langjährigen Bankberater zu sich, um ein Testament zu errichten. Da sie nicht mehr flüssig schreiben konnte, setze eine der Cousinen das Testament auf, das die Erblasserin sowie eine anwesende Krankenschwester unterschrieben.

Das Gericht ging davon aus, dass ein Dreizeugentestament nur wirksam ist, wenn die Zeugen in dem Bewusstsein und mit der Bereitschaft, an der Errichtung eines Nottestaments als Zeugen mitzuwirken, handeln. Im vorliegenden Fall konnte aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten sich dieser Zeugenfunktion bewusst waren. Vielmehr dachten sie, dass sie der Erblasserin bei der Errichtung eines handschriftlichen Testaments helfen. Somit lag kein wirksames Dreizeugentestament vor. Ein wirksames eigenhändiges Testament lag ebenfalls nicht vor, da die Erblasserin es nicht selbst geschrieben hatte.

Hinweis: Ein Testament kann grundsätzlich zur Niederschrift eines Notars (notarielles Testament) oder durch eigenhändige Niederschrift des Erblassers (eigenhändiges Testament) errichtet werden. Wenn zu befürchten ist, dass der Erblasser bald stirbt und kein Notar erreichbar ist, kann ein Testament in Notfällen auch zur Niederschrift des Bürgermeisters errichtet werden. Ist auch dies nicht möglich, kann ein sogenanntes Dreizeugentestament oder Nottestament errichtet werden. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn objektiv eine Todesgefahr vorliegt, der Erblasser also wenige Tage später stirbt, und kein Notar erreichbar war. Zudem müssen sich die Zeugen ihrer Beurkundungsfunktion bewusst sein. Ein Dreizeugentestament ist somit nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig und wirksam. Es empfiehlt sich daher, frühzeitig seine erbrechtlichen Angelegenheiten zu regeln.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.06.2015 – I-3 Wx 224/14
Thema: Erbrecht

Vorverstorbener Erbe: Gemeinschaftliches Testament erstreckt sich automatisch auf die Enkel der Erblasser

Bei gemeinschaftlichen Testamenten zwischen Eheleuten ist es üblich, dass sich diese gegenseitig als Erben einsetzen und nach ihrem Tod die gemeinsamen Kinder. Verstirbt eines der Kinder jedoch vorzeitig, stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit dessen Nachkommen – also die Enkel – den Erbanteil übernehmen.

Ein Ehepaar setzte sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig und nach dem Tod des Überlebenden die beiden gemeinsamen Töchter zu Erben ein. Der Ehemann und eine der Töchter verstarben kurz hintereinander, die Tochter hinterließ mehrere Kinder. Nach dem Tod der Ehefrau stritten die andere Tochter und die Kinder der bereits verstorbenen Tochter über das Erbe.

Das Gericht entschied, dass die Bestimmungen im Testament grundsätzlich so ausgelegt werden, dass sich die Erbeinsetzung auch auf die Abkömmlinge erstreckt, wenn kein entgegenstehender Wille der Erblasser erkennbar ist. Im vorliegenden Fall lagen keine Belege dafür vor, dass das Ehepaar ihre von der verstorbenen Tochter abstammenden Enkelkinder vom Erbe ausschließen wollten. Daher erbten die Kinder der verstorbenen Tochter deren Erbanteil und wurden nach dem Tod der Großeltern gemeinsam mit ihrer Tante zu Miterben.

Hinweis: Möchten Eltern in einem Testament nur ihr Kind bedenken und ausschließen, dass im Fall dessen Todes seine Erben profitieren, muss dies eindeutig geregelt werden. Dies kann dadurch erfolgen, dass ein Ersatzerbe für den Fall des Vorversterbens bestimmt wird. Wird keine eindeutige Regelung getroffen, wird nach den gesetzlichen Bestimmungen im Zweifel angenommen, dass ein Erblasser auch die Abkömmlinge des Erben bedenken wollte.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.07.2015 – I-3 Wx 86/15

Thema: Erbrecht

Amtliche Verwahrung: Gültigkeit eines Testaments trotz Rücknahme

Testamente können beim Amtsgericht in Verwahrung gegeben werden. Das bietet den Vorteil, dass sie nicht verlorengehen oder zerstört werden können. Der Nachteil ist jedoch, dass sie nicht mehr änderbar sind, da eine Rücknahme des Testaments aus der Verwahrung als Widerruf gilt und das Testament somit ungültig macht.

Eine Frau hinterlegte zwei notarielle Testamente zur Verwahrung beim Amtsgericht. Darin setzte sie ihre Enkelin, von der sie gepflegt wurde, zur Alleinerbin ein und bedachte ihre Tochter mit einem Geldbetrag. Ein paar Jahre später verlangte sie die Testamente vom Amtsgericht wieder heraus. Das Amtsgericht belehrte die Frau darüber, dass die Testamente durch die Rückgabe als widerrufen gelten, und vermerkte dies entsprechend auf den Testamenten. In den folgenden zwei Jahren verfasste die Frau noch mehrere Schreiben, die sich auf die Testamente bezogen, die Formulierung „Betrifft mein Testament. Ich muss mein Testament ändern …“ enthielten und das Vermächtnis der Tochter einschränkten. Als die Frau verstarb, machte die Enkelin geltend, sie sei aufgrund der notariellen Testamente Alleinerbin.

Das Gericht musste entscheiden, ob die Testamente durch die Rücknahme wirksam widerrufen worden waren oder nicht. Zwar wurde die Erblasserin über die Folgen des Widerrufs ausdrücklich belehrt, jedoch befand sie sich trotzdem über die Rechtsfolgen im Irrtum. Dies ergibt sich daraus, dass sie immer wieder auf die Testamente Bezug genommen hatte und es ihr offenkundig sehr wichtig war, die Angelegenheit zu regeln. Hätte sie die Rechtsfolge der Rücknahme verstanden und wäre ihr damit klar gewesen, dass das Testament damit als widerrufen gilt, wäre es nicht erforderlich gewesen, diesen Widerruf durch weitere Schreiben erneut zu erklären. Damit sah das Gericht die Testamente als weiterhin gültig und somit die Enkelin als Alleinerbin an.

Hinweis: Sowohl ein notarielles als auch ein eigenhändig verfasstes Testament kann in amtliche Verwahrung beim zuständigen Amtsgericht gegeben werden. Für die Verwahrung muss eine pauschale Gebühr in Höhe von 75 EUR entrichtet werden. Die Verwahrung bietet einen hohen Schutz davor, dass das Testament nicht gefunden, vernichtet oder gefälscht wird, und vermeidet somit Streitigkeiten im Erbfall. Möchte man ein amtlich verwahrtes Testament ändern, muss das Testament persönlich herausverlangt und ein neues, geändertes in amtliche Verwahrung geben werden.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.2015 – I-3 Wx 285/14
Thema: Erbrecht